Erhebung von Gerichtsgebühren bei unrichtiger Sachbehandlung; Umwandlung eines Sachurteils in ein Prozessurteil im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
Gesetze: FGO § 44 Abs. 1, FGO § 116 Abs. 6, GKG § 21 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
1 bDie Beschwerde ist unbegründet. Der Tenor der Vorentscheidung wird jedoch gemäß § 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dahin abgeändert, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.
2 1. Die Vorentscheidung beruht auf einem Verfahrensmangel, weil das Finanzgericht (FG) zu Unrecht durch Sachurteil statt durch Prozessurteil entschieden hat (vgl. , BFH/NV 1990, 178; vom IX R 92/91, BFHE 173, 204, BStBl II 1994, 403, und vom IV R 40/98, BFHE 188, 523, BStBl II 1999, 563). Nach § 116 Abs. 6 FGO kann der BFH ein Urteil, das auf einem Verfahrensfehler beruht, im Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde aufheben und den Rechtsstreit an das FG zurückverweisen. Die Vorschrift ist vor dem Hintergrund, dass sie der Prozessökonomie dienen soll, über ihren Wortlaut hinaus dahin zu verstehen, dass sie auch eine Endentscheidung des BFH ermöglicht, wenn die im Fall der Zurückverweisung zu treffende Entscheidung feststeht. Die Endentscheidung kann etwa in der Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils bestehen (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler —HHSp—, § 116 FGO Rz 290; vgl. zu § 133 Abs. 6 der Verwaltungsgerichtsordnung —VwGO— , Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht -Rechtsprechung-Report —NVwZ-RR— 1999, 694), in einer endgültigen Klageabweisung (Lange in HHSp, § 116 FGO Rz 291; zu § 133 Abs. 6 VwGO , Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 28), aber auch in der Umwandlung eines Sachurteils in ein Prozessurteil (vgl. zu § 133 Abs. 6 VwGO , NVwZ-RR 2012, 86). Der Senat sieht deshalb von einer Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung gemäß § 116 Abs. 6 FGO ab. Der Tenor der Vorentscheidung wird dahin geändert, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.
3 a) Gegenstand des Klageverfahrens waren ausweislich der Klage-schrift vom sowohl der Bescheid vom über die Ablehnung der von der Klägerin und Beschwerde-führerin (Klägerin) begehrten verbindlichen Auskunft in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom als auch der Bescheid vom über die Festsetzung einer Gebühr für die Bearbeitung der beantragten Auskunft in Höhe von 265 € (sog. objektive Klagehäufung). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausweislich der Protokollniederschrift vom nur noch beantragt, die Gebühr für die verbindliche Auskunft zu stornieren. Dieser Antrag kann bei rechtsschutzwahrender Auslegung nur dahin verstanden werden, dass die Klägerin (nur noch) die Aufhebung des Gebührenbescheides vom beantragt hat. Damit hat sie zugleich, was das FG wohl stillschweigend angenommen hat, den Antrag auf Erteilung der begehrten Auskunft gemäß § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung zurückgenommen und die Rechtshängigkeit der Klage bezüglich dieses selbständigen Streitgegenstandes beendet.
4 b) Die Klage, die sich danach nur noch gegen den Gebührenbescheid vom richtete, war indes mangels Durchführung eines Vorverfahrens gemäß § 44 Abs. 1 FGO unzulässig. Nach Aktenlage und auch nach dem insoweit unwidersprochenen Vorbringen der Klägerin ist über den Einspruch gegen den Gebührenbescheid während des anhängigen Klageverfahrens nicht entschieden worden. Da die Voraussetzungen einer Sprungklage gemäß § 45 FGO und einer Untätigkeitsklage gemäß § 46 FGO ersichtlich nicht vorlagen, hätte das FG die Klage daher nicht wie geschehen als unbegründet, sondern als unzulässig abweisen müssen.
5 2. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass es der Klägerin auf Grund der vorliegenden Entscheidung nunmehr unbenommen bleibt, den Gebührenbescheid innerhalb der Frist von einem Monat (§ 47 Abs. 1 FGO) erneut anzufechten, sobald der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) über den Einspruch gegen den Gebührenbescheid vom mit Einspruchsentscheidung entschieden hat.
6 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Der Senat hält es angesichts der Besonderheiten des Einzelfalls für gerechtfertigt, von der Erhebung der Gerichtsgebühren für das vorliegende Beschwerdeverfahren gemäß § 21 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes abzusehen.
7 4. Von einer weiteren Begründung und insbesondere der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2014 S. 1570 Nr. 10
RAAAE-70686