Rin in die Kartoffeln …
… und raus aus die Kartoffeln
So [i]Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gebäuden spricht der Volksmund, wenn verwirrenderweise erst das eine gelten soll und dann plötzlich das andere. Mit dieser Redensart lässt sich – zugegeben eher wenig schmeichelhaft – die jüngste BFH-Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gebäuden beschreiben.
Als Lebenssachverhalt ist ein sowohl für die Erzielung von umsatzsteuerpflichtigen als auch umsatzsteuerfreien Umsätzen verwendetes Gebäude in der Praxis eher alltäglich. Die Bauherren und Käufer versuchen, durch eine Mischkalkulation eine höhere Durchschnittsmiete zu erzielen, weil die Wohnungsmieten meist niedriger sind als die gewerblichen Mieten. Und da Immobilien teuer sind, ist es lohnend, auch einen Blick auf die Umsatzsteuer zu werfen und zumindest einen Teil der Vorsteuer geltend zu machen. Aber welchen? Während die Aufteilung eines gemischt genutzten Gebäudes für die Umsatzsteuer eigentlich im Regelfall nach den Flächenanteilen erfolgen soll – so zumindest die Idee des Gesetzgebers – führt eine Aufteilung nach den Umsatzanteilen oft zu einer höheren abziehbaren Vorsteuer. Und diese Aufteilung nach der Umsatzhöhe liegt der MwStSystRL zugrunde. Kein Wunder also, dass die Aufteilung streitbehaftet ist und die Finanzverwaltung bestrebt ist, das für den Fiskus günstigere Ergebnis zu erzielen. Der BFH hat sich in zwei Entscheidungen 2013 und 2014 mit dem Thema befasst und dabei innerhalb eines dreiviertel Jahres Kernaussagen zurückgenommen und die Frage zusätzlich auch dem EuGH erneut vorgelegt.
Dass [i]Kompliziertes verständlich gemacht eine solche abrupt wechselnde Rechtsprechung im Sinne der Redensart zur Verwirrung beiträgt, ist nicht überraschend. Und eine solche Verwirrung aufzulösen und auf den Kern zu konzentrieren ist letztlich Aufgabe einer Fachzeitschrift. VRiFG Bernd Rätke, BBK-Herausgeber, und RiFG Dr. Kai Tiede vom Finanzgericht Berlin-Brandenburg haben in ihrem Beitrag ab Seite 706 das Thema noch einmal auf wenigen Seiten ausgebreitet und die Grundlagen der Vorschrift und ihre Auslegung mit Praxisfällen verständlich gemacht. Dass es derzeit jedenfalls noch keine endgültige Lösung geben kann, ist unbefriedigend, aber nicht zu vermeiden.
Glaubt man der Internetseite www.redensarten-index.de, so geht das Sprichwort darauf zurück, die durch Befehl während eines Manövers im Kartoffelacker hockenden Soldaten nach kurzer Zeit wieder aufzuscheuchen, um Flurschäden zu vermeiden. Es bleibt also zu hoffen, dass der EuGH und der BFH ihren Teil dazu beitragen, den umsatzsteuerlichen Flurschaden klein zu halten.
Beste Grüße
Christoph Linkemann
Fundstelle(n):
BBK 2014 Seite 689
NWB EAAAE-69961