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Grundlagen - Stand: 10.03.2024

Entfernungspauschale bzw. Pendlerpauschale

Bernd Langenkämper

A. Problemanalyse

I. Allgemeines

1Natur der Entfernungspauschale

Die Entfernungspauschale bzw. Pendlerpauschale erlaubt es, Kosten steuermindernd geltend zu machen, welche dadurch entstehen, dass Steuerpflichtige zwischen ihrer Wohnung und ihrer ersten Tätigkeitsstätte pendeln.

Es liegt in der Natur der Entfernungspauschale, dass die tatsächlichen Aufwendungen grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind. Sie gelten als mit der Pauschale abgegolten. Lediglich im Falle ausgewählter Verkehrsmittel wie Fähren und Flugzeuge können die tatsächlichen Kosten berücksichtigt werden. Dieses Prinzip gilt jedoch nicht für behinderte Arbeitnehmer, welche stets ein Wahlrecht zwischen der Pauschale und ihren tatsächlichen Aufwendungen haben, mithin individuelle Kilometersätze ermitteln können.

2 Die Entfernungspauschale (wonach für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte 0,30 € für die ersten 20 Entfernungskilometer bzw. 0,35 € (2021)/0,38 € (2022-2026) ab dem 21. Entfernungskilometer anzusetzen sind) ist grundsätzlich auf einen Höchstbetrag von 4.500 € im Kalenderjahr begrenzt. Diese Begrenzung gilt allerdings nicht für die Fahrten mit einem eigenen oder zur Nutzung überlassenen Pkw sowie für den Fall, dass die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel die Entfernungspauschale übersteigen.

II. Grundfall

1. Grundlegende Definitionen
a) Wohnung im Sinne der Entfernungspauschale

3 Besteht nur eine Wohnung, bereitet dieser Punkt keine besonderen Schwierigkeiten. Denn als Ausgangspunkt für die Wege kommt so gut wie jede Bleibe in Betracht, die regelmäßig zur Übernachtung genutzt und von welcher aus die erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird. Als Wohnung ist z. B. auch ein möbliertes Zimmer, eine Schiffskajüte, ein Gartenhaus, ein auf eine gewisse Dauer abgestellter Wohnwagen oder ein Schlafplatz in einer Massenunterkunft anzusehen. Es spielt außerdem keine Rolle, ob sich die Wohnung im Inland oder im Ausland befindet. Zu beachten ist jedoch, dass eine Wohnung dann nicht vorliegt, wenn jemand nur kurzfristig aus privaten Gründen in einer fremden Wohnung übernachtet oder ein Hotelzimmer mietet. Eine Wohnung kann auch ein Zimmer im Haus der Eltern sein.

4Erste Tätigkeitsstätte bei mehreren Wohnungen

Hat eine Person mehrere Wohnungen im Sinne der gerade dargestellten Definition, so ist davon eine für die Anwendung der Entfernungspauschale auszuwählen. Grundsätzlich ist diejenige Wohnung für die Entfernungspauschale heranzuziehen, welche der ersten Tätigkeitsstätte am nächsten liegt. Dies bestimmt sich unter Zuhilfenahme der noch darzustellenden Definition einer ersten Tätigkeitsstätte und der anzusetzenden Wegstrecke.

5Weiter entfernt liegende Wohnung

Eine Ausnahme hiervon kann jedoch dann gemacht werden, wenn die weiter entfernt liegende Wohnung

  • den örtlichen Mittelpunkt der Lebensinteressen darstellt und

  • nicht nur gelegentlich aufgesucht wird.

6Mittelpunkt der Lebensinteressen

Nach der Rechtsprechung ist anhand einer Gesamtwürdigung zu beurteilen, ob ein Arbeitnehmer seine weiter entfernt liegende Familienwohnung nicht nur gelegentlich aufsucht. So sollen fünf Fahrten im Kalenderjahr ausreichend sein, wenn ein türkischer Staatsbürger, welcher im Inland als Arbeitnehmer beschäftigt ist, den örtlichen Mittelpunkt seiner Lebensinteressen (die Wohnung seiner Familie in der Türkei) (nur) fünf Mal im Kalenderjahr besucht. Es sei hier darauf hingewiesen, dass der BFH im vorliegenden Fall gerade nicht von einer doppelten Haushaltsführung ausging (Familienwohnung getrennt von Zweitwohnung am Arbeitsort). Es kann also die Wohnung in der Türkei zur Berechnung der Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte (in Deutschland) herangezogen werden.

Hinweis

Im Falle einer doppelten Haushaltsführung dagegen ist die Zweitwohnung am Beschäftigungsort Ausgangspunkt der Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte; die Fahrten zur Familienwohnung können allenfalls als sog. Familienheimfahrten geltend gemacht werden (Details siehe unten Rn. 11).

7Differenzierung nach Familienstand

Aus Vereinfachungsgründen unterscheidet die Finanzverwaltung des Weiteren zwischen verheirateten und ledigen Personen:

  • Im Falle einer verheirateten Person befindet sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen regelmäßig am tatsächlichen Wohnort der Familie, unabhängig von der Frage, ob dieser näher an der ersten Tätigkeitsstätte liegt als irgendeine andere, zur Verfügung stehende Wohnung. Voraussetzung für die Anwendung der Vereinfachungsregelung ist, dass der Arbeitnehmer die Wohnung mindestens sechsmal im Kalenderjahr aufsucht. Nur dann kann die Wohnung ohne nähere Prüfung berücksichtigt werden.

  • Nicht verheiratete Personen haben den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen an dem Ort, zu dem sie die engeren persönlichen Beziehungen haben. Darunter sind insbesondere zu verstehen: Bindungen an Personen wie Eltern, Freunde und Bekannte, sowie das Vorliegen von Vereinszugehörigkeiten, anderen Aktivitäten oder auch eine etwaige Verlobung. Darüber hinaus muss die an diesem Ort befindliche Wohnung im Durchschnitt mindestens zweimal monatlich aufgesucht werden.

8Wechsel des Lebensmittelpunkts

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen kann dabei durchaus innerhalb eines Jahres, auch regelmäßig, wechseln.

Beispiel

Lebt ein Steuerpflichtiger während der Sommermonate nicht in seiner Stadtwohnung, sondern in einem massiven, mit dem notwendigen Komfort ausgestatteten Holzhaus auf einem Laubengrundstück und fährt er während dieser Zeit von dort aus täglich zu seinem Arbeitsplatz, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass das Haus auf dem Laubengrundstück in dieser Zeit den örtlichen Mittelpunkt seiner Lebensinteressen bildet. Die Aufwendungen für die Fahrten zwischen dem weiter als die Stadtwohnung entfernt liegenden Laubengrundstück und der ersten Tätigkeitsstätte stellen dann Werbungskosten dar.

9Allgemeine Beweisregeln

Liegen die Voraussetzungen dieser Vereinfachungsregeln nicht vor, gilt die normale Darlegungslast. Es obliegt also dem Steuerpflichtigen, welcher die Werbungskosten ansetzen will, darzulegen und zu beweisen, von welcher Wohnung aus er den Weg zur ersten Tätigkeitsstätte antritt. Entsprechendes gilt für die Möglichkeit, bei Vorliegen der Vereinfachungsregeln das Gegenteil zu beweisen – etwa, dass trotz einer bestehenden Ehe der Lebensmittelpunkt nicht bei der Familie liegt.

10Unterbrechung der Fahrt

Steht einmal fest, dass eine andere als die der Tätigkeitsstätte am nächsten gelegene Wohnung zur Anwendung der Entfernungspauschale heranzuziehen ist, ist es unbeachtlich, wenn die Fahrt zwischen diesen beiden Orten an der anderen, also der ersten Tätigkeitsstätte näher gelegenen Wohnung, unterbrochen wird. Anzusetzen ist weiterhin die Entfernung zwischen dem Ort, welcher den Mittelpunkt der Lebensinteressen darstellt und der ersten Tätigkeitsstätte.

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