Beschluss des EU-Parlaments zur Prüferreform! Steigt die Qualität der Abschlussprüfung?
Seitdem die EU-Kommission als Reaktion auf die letzte Finanzkrise im Herbst 2010 ein Grünbuch zur Reformierung der Abschlussprüfung vorgelegt hatte, ist in Forschung und Praxis eine lebhafte Kontroverse hinsichtlich der ökonomischen Notwendigkeit der europäischen Regulierungsmaßnahmen entstanden. Am hat das EU-Parlament nunmehr die Reformmaßnahmen zur Qualitätssicherung der Abschlussprüfung verabschiedet. Wenngleich diese gegenüber den Regulierungsentwürfen der EU-Kommission aus dem Jahre 2011 deutlich moderater ausgefallen sind, lassen sich dennoch vielfältige Neuerungen wiederfinden. Neben die (aktualisierte) Achte EG-Richtlinie tritt eine neue Verordnung als „lex specialis“ für die Prüfung von Unternehmen des öffentlichen Interesses („PIEs“).
Ganz oben auf der Reformagenda steht die seit vielen Jahren umstrittene Einführung einer externen Pflichtrotation (= Wechsel der Prüfungsgesellschaft) bei der Prüfung von PIEs, welche die bestehende interne Rotation (= Wechsel innerhalb der Prüfungsgesellschaft) ergänzen soll. Im Grundsatz soll jede Prüfungsgesellschaft nach zehn Jahren das Mandat wechseln, wobei dankbare Mitgliedstaatenwahlrechte zur Verlängerung um weitere zehn Jahre bei einer öffentlichen Ausschreibung bzw. 14 Jahre bei einem freiwilligen Joint Audit implementiert sind. Im Ausnahmefall kann der Mandant auch einen Antrag stellen, für maximal zwei Jahre bei Überschreitung der Frist die Prüfungsgesellschaft noch zu beauftragen.
Ebenfalls umstritten war und ist die Einschränkung einer kombinierten Prüfungs- und Beratungstätigkeit bei PIEs. Im Fokus steht die Durchführung von Steuerberatungsleistungen, die grds. nunmehr neben der parallelen Prüfung unzulässig sind. Allerdings werden analog zur externen Rotation Abmilderungen durch Mitgliedstaatenwahlrechte eingefügt. Hiernach bleiben bestimmte Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen zulässig, sofern diese keine direkten oder wesentlichen Auswirkungen auf den Abschluss besitzen, eine genaue Erläuterung im Prüfungsbericht erfolgt und die regulären Unabhängigkeitsanforderungen nach der Achten EG-Richtlinie (u. a. Selbstprüfungsverbot) eingehalten werden. Sämtliche Nichtprüfungsleistungen, die nicht explizit durch die neue Verordnung verboten sind, müssen ferner künftig zwingend einem Zustimmungsvorbehalt durch den Prüfungsausschuss unterliegen und ggf. zusätzlich durch Leitlinien für ihre künftige Durchführung flankiert werden.
In einer Gesamtschau sollen die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und die Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat bzw. Prüfungsausschuss gestärkt werden, auch durch die EU-weite Einführung des Prüfungsberichts. Inwiefern aus der externen Rotation und der weiteren Eingrenzung einer kombinierten Prüfungs- und Beratungstätigkeit tatsächlich eine intendierte Qualitätssteigerung der Abschlussprüfung eintritt, ist vor dem Hintergrund der uneinheitlichen empirischen Ergebnisse der Prüfungsforschung weiterhin zu hinterfragen.
Patrick Velte
Fundstelle(n):
StuB 8/2014 Seite 1
NWB CAAAE-61567