PiR Nr. 6 vom Seite 1

Von der Bilanz zur Finanzberichterstattung

WP/StB Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann | Herausgeber | pir-redaktion@nwb.de

Der Mönch und genial begabte Mathematiker Luca Paccioli gilt gemeinhin als „Erfinder” der Doppik und deren Abschlusses, gewöhnlich Bilanz genannt. Bis 1985 führte sie in der Ausweitung durch die Darstellung ergebniswirksamer Veränderungen des Eigenkapitals in Gestalt der Gewinn- und Verlustrechnung das Zepter. Danach gesellten sich weitere Informationsinstrumente in den Pflichtenkatalog vieler Unternehmen mit entsprechender Rechtsform, Kapitalmarktorientierung oder Branchenzugehörigkeit. Einen dieser zusätzlichen Abschlussbestandteile stellt die Segmentberichterstattung nach IFRS 8 bzw. § 297 Abs. 1 Satz 2 HGB im Konzernabschluss (nur Option) dar. Im Fokus-Beitrag von Norbert Lüdenbach und Kevin Lukat werden einige in IFRS 8 nicht eindeutig geregelte Anwendungsbereiche analysiert, besonders die Problematik des Übergangs vom internen Reporting auf die externe Berichterstattung auf der Grundlage des managing approach. Die Abschlussadressaten sollen die Informationen und Sichtweisen des Managements mit dessen Augen sehen. Bei der Übernahme dieses Konzepts stößt man allerdings sehr schnell an seine Grenzen. Alle intern verfügbaren Daten kann und will man nicht der Öffentlichkeit präsentieren.

Aber mit der Ergänzung des „klassischen” Abschlusses durch Zusatzbestandteile wie Anhang oder Kapitalflussrechnung wollen sich der Gesetzgeber oder die Rechnungslegungsstandardisierer nicht begnügen. Schon im Bilanzrichtliniengesetz war der Lagebericht in § 289 bzw. § 315 HGB als weiteres zusätzliches Informationsinstrument aus der Taufe gehoben worden. Der Gesetzestext war damals sehr kurz, wurde dann dem Zeitgeist entsprechend immer voluminöser. Begleitend hat die Wissenschaft ihre lichtvollen Analysen beigesteuert und Gliederungen für die Berichterstattungen bereitgestellt. Das konnten die deutschen Standardisierer nicht auf sich beruhen lassen; sie mussten ähnlich der Wissenschaft in die Praxis der Lageberichterstattung verbessernd, jedenfalls ausweitend, eingreifen. Ob dies alles den Informationsbedürfnissen der Adressaten immer gedient hat oder dient? Die Lagebericht-Produkte haben sich bei kapitalmarktorientierten Unternehmen mittlerweile auf teilweise 60 A4-Seiten oder mehr ausgeweitet. Das schiere Volumen soll überzeugen, ein Trend der sich auch in kleineren Unternehmenseinheiten fortsetzt, schließlich ordnet man sich gern der „ best practice” unter. Seitens der Unternehmen wird diese Quantitätsorientierung auch dankbar aufgenommen, weil dadurch unangenehme Berichtspflichten bestens in vielem BlaBla versteckt werden können.

Die Herausgeber der PiR haben schon mehrfach das auch bei der Informationsverarbeitung gültige Gossen'sche Gesetz abnehmender Ertragszuwächse bei zusätzlichem Input aufgespießt und gehen eher von einer „ worst practice” aus. Unverändert empfehlen wir eine Beschränkung der Lageberichtserstattung auf etwa zehn Seiten bei Kapitalmarktorientierung, dann aber mit einem Inhalt, der die Interessenten wirklich informiert. Die politische Entwicklung bewegt sich gerade in die andere Richtung. Jetzt sollen auch der EU-Kommission folgend die sozialen und ökonomischen Belange in die Berichterstattung einfließen. Entsprechender Beratungs- und Prüfungsbedarf tut sich auf. Knöpfen Sie sich, liebe PiR-Verkoster, das Pro und Contra hierzu in der Rubrik vor.

Nicht übersehen sollten Sie den empirisch aufgezogenen Fokus-Beitrag von Michael Freese und Dirk Schilling über die Bedeutung des goodwill in den IFRS-Bankbilanzen. Auch stellt sich der Fokus-Beitrag von Günter Neumeier über die ab 2013 anzuwendenden Neuerungen des IAS 19 als für den Praktiker besonders instruktiv dar.

Wolf-Dieter Hoffmann

Fundstelle(n):
PiR 6/2013 Seite 1
NWB NAAAE-36984