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Grunderwerbsteuer; Gesetzentwurf zur Erhöhung des Steuersatzes; hier: Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs

Bezug:

Mit der Bezugsverfügung habe ich Ihnen den Dringlichen Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer vom (LT-Drs. 18/6228) mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Danach ist vorgesehen, den Steuersatz für die Grunderwerbsteuer in Hessen zum von 3,5 % auf 5 % anzuheben.

Bereits mit Gesetzentwurf vom hatte auch die Fraktion Die Linke einen vergleichbaren Gesetzentwurf für ein Hessisches Gesetz über die Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer (LT-Drs. 18/5540) in den Hessischen Landtag eingebracht. Auch diesen Gesetzentwurf habe ich Ihnen übersandt.

Auch wenn das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist und letztendlich abzuwarten bleibt, spricht doch einiges dafür, dass der Steuersatz für die Grunderwerbsteuer in Hessen zum auf 5 % angehoben wird.

Der erhöhte Steuersatz gilt dann für alle Erwerbsvorgänge, die nach dem verwirklicht werden.

Zur Erleichterung der Entscheidung, wann ein Erwerbsvorgang im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne verwirklicht worden ist, möchte ich auf Folgendes hinweisen.

Nach ständiger höchstrichterlicher Finanzrechtsprechung ist ein grunderwerbsteuerrechtlicher Erwerbsvorgang verwirklicht, wenn das auf einen Erwerbsvorgang abzielende „Wollen” in rechtsgeschäftliche Erklärungen umgesetzt worden ist, wenn also die Vertragspartner im Verhältnis zueinander gebunden sind, und zwar unabhängig davon, ob dieser verwirklichte Rechtsvorgang bereits die Entstehung der Grunderwerbsteuer auslöst oder nicht (, BStBl 1987 II, 35; vom , BStBl. 1990 II, 234; vom , BStBl. 1993 II, 308; vom , BStBl. 1999 II, 606; vom , BStBl. 2000 II, 318; vom , BFH/NV 2005, 1137 und vom , BStBl. 2006 II, 137).

Grundsätzlich tritt die Bindung der Beteiligten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein, wenn ein Rechtsgeschäft unbedingt abgeschlossen wurde und die abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärungen zu ihrer Wirksamkeit keiner Genehmigung bedürfen.

Zeitliche Rückbeziehungen nach Zivilrecht (vgl. § 184 BGB und § 17 Abs. 2 UmwG) und Steuerrecht (vgl. § 2 Abs. 1 UmwStG i. V. m. § 17 Abs. 2 UmwG) bleiben für Zwecke der Grunderwerbsteuer unberücksichtigt.

Auch der Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzen und Lasten am Grundstück, der Zahlung des Kaufpreises und der Eintragung des Grundstückserwerbers im Grundbuch haben keine Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs.

Der erhöhte Grunderwerbsteuersatz von 5 % ist nach dem Gesetzentwurf auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem verwirklicht werden. Verwirklicht ist der Erwerbsvorgang, wenn sich die Vertragsparteien im Verhältnis zueinander gebunden haben, wobei unerheblich ist, ob der Rechtsvorgang bereits die Entstehung der Grunderwerbsteuer ausgelöst hat.

Relevant ist die Unterscheidung zwischen der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs einerseits und dem Eintritt des Erwerbs andererseits bei den Tatbeständen in § 1 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 5 – 7, Abs. 3 Nr. 1 und 3 GrEStG. Unter diese Tatbestände fallende Erwerbsvorgänge sind noch nicht verwirklicht, wenn das Rechtsgeschäft von einem vollmachtlosen Vertreter vorgenommen wurde und der Vertretene die Genehmigung noch nicht erteilt hat. Gleiches gilt, wenn eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung oder eine Genehmigung durch das Nachlassgericht erforderlich, aber noch nicht erteilt ist.

Bei aufschiebend bedingten Rechtsgeschäften ist die Bindung der Vertragsparteien im Regelfall bereits vor Eintritt der aufschiebenden Bedingung eingetreten und deshalb der Erwerbsvorgang bereits verwirklicht, es sei denn der Eintritt der aufschiebenden Bedingung hängt vom Willen einer der Vertragsparteien ab (sog. Potestativbedingung).

Bei den Tatbeständen in § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2a, Abs. 3 Nr. 2 und 4 GrEStG fallen die Verwirklichung des Erwerbsvorgangs und der Eintritt des Erwerbs zeitlich zusammen. Bei übertragenden Umwandlungen entspricht der Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs daher dem Zeitpunkt, zu dem die Rechtsänderung im Handelsregister eingetragen wird. In den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG wird der Erwerbsvorgang im Zeitpunkt des Eintritts der dinglichen Rechtsänderung verwirklicht, die den Übergang von mindestens 95 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft auf neue Gesellschafter bewirkt. Im Falle von § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG wird der Erwerbsvorgang mit wirksamer Erklärung der Auflassung verwirklicht und bei § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG mit der wirksamen Abgabe des Meistgebots. Im Rahmen des § 1 Abs. 2 GrEStG ist der Zeitpunkt des Eintritts der Bindung der Vertragsparteien an den Rechtsvorgang entscheidend, der es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung dem Erwerber rechtlich oder wirtschaftlich ermöglicht, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

Der nach den vorstehenden Grundsätzen maßgebliche Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs und der sich nach diesem Zeitpunkt richtende maßgebliche Steuersatz kann der beigefügten tabellarischen Übersicht entnommen werden.


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Tabellarische Übersicht

Verwirklichung
Kaufvertrag
mit wirksamem Vertragsabschluss
Kaufvertrag (einheitliches Vertragswerk)
mit wirksamem Vertragsabschluss (unbebautes Grundstück)
Erwerb Erbbaurecht
mit wirksamem Abschluss des Erbbaurechtsvertrages
Erwerb Gebäude auf fremdem Grund und Boden
mit wirksamem Vertragsabschluss
Ausübung Vorkaufsrecht
mit wirksamer Ausübung des Vorkaufsrechts
 
 
 
Auflassung
mit wirksamer Erklärung der Auflassung
 
 
 
Verschmelzung
mit Eintragung in das Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers
Spaltung
mit Eintragung in das Handelsregister des übertragenden Rechtsträgers
Vermögensübertragung
mit Eintragung in das Handelsregister des übertragenden Rechtsträgers
Anwachsung
im Zeitpunkt der Vereinbarung über das Ausscheiden der übrigen Gesellschafter
Baulandumlegung
mit öffentlicher Bekanntgabe der Unanfechtbarkeit des Umlegungsbeschlusses
Flurbereinigung
im Zeitpunkt gemäß Ausführungsanordnung
Enteignung
mit Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes
 
 
 
Meistgebot
mit wirksamer Abgabe des Meistgebotes
 
 
 
Zwischengeschäfte
mit wirksamer Abtretung des Übereignungsanspruches
 
 
Rechtsgeschäfte § 1 Abs. 2 GrEStG
 
Verwertungsbefugnis
mit wirksamer Verschaffung der Verwertungsbefugnis
 
 
Rechtsgeschäfte § 1 Abs. 2a GrEStG
 
Gesellschafterwechsel
mit tatsächlicher Erlangung der Gesellschafterstellung
 
 
mit wirksamem Abschluss des Vertrags über die Anteilsübertragung
mit Eintragung im maßgeblichen Handelsregister
 
 

Bei weiteren Zweifelsfragen und Problemen zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs wird auf die einschlägige Kommentarliteratur und Rechtsprechung zu §§ 14, 23 GrEStG verwiesen.

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Fundstelle(n):
HAAAE-32326