„1 %-Regelung und 1 %-Beteiligungsgrenze”
Gestaltungsfreiheit und Typisierungsbefugnis des Steuergesetzgebers
Gleich zweimal stand eine 1 %-Grenze auf dem Prüfstand des Bundesfinanzhofs: beim VI. Senat die 1 %-Regelung bei einer Dienstwagenüberlassung und beim IX. Senat die 1 %-Beteiligungsgrenze des § 17 EStG. In beiden Fällen kommt das höchste deutsche Finanzgericht zu dem Ergebnis – alles verfassungsgemäß. Zwar lasse – so räumt der VI. Senat ein – die 1 %-Regelung auf Grundlage des Bruttolistenneupreises als grundsätzlich zwingende und stark typisierende sowie pauschalierende Bewertungsregelung individuelle Besonderheiten in Bezug auf die Art und die Nutzung des Dienstwagens grundsätzlich unberücksichtigt. Jedoch liege der Vorteil des Arbeitnehmers bei einer Dienstwagenüberlassung nicht nur in der Fahrzeugüberlassung selber, sondern auch in der Übernahme sämtlicher damit verbundener Kosten wie Steuern, Versicherungsprämien, Reparatur und Wartungskosten sowie insbesondere der Treibstoffkosten. Und diese seien vom Bruttolistenneupreis nicht erfasst. Heinrich kommentiert die Entscheidung auf Seite 816. Noch deutlicher fällt das Urteil des IX. Senats aus: Die Beteiligungsgrenze von 1 % gem. § 17 EStG ist verfassungsgemäß. Gewinne aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft sind danach einkommensteuerpflichtig, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft zu mindestens 1 % beteiligt war. Die Entscheidung, ob Gewinne aus der Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens besteuert werden, sei – so der IX. Senat – eine politische, und die Wahl der Untergrenze von 1 % von der Gestaltungsfreiheit und Typisierungsbefugnis des Steuergesetzgebers umfasst. Nicht zu beanstanden sei auch die steuerliche Erfassung der Wertsteigerungen im Zeitraum von der Gesetzesverkündung bis zum Inkrafttreten der 1 %-Grenze. Intemann unterzieht auf Seite 828 die Entscheidungsgründe des Bundesfinanzhofs einer kritischen Analyse.
Schon 2008 warnten Dörr/Fehling vor der Gewerbesteuerfalle bei Teilbetriebsveräußerungen (s. NWB F. 5 S. 1685). Damals hatte der Bundesfinanzhof sich bei Personengesellschaften für eine teilbetriebsbezogene Prüfung der Unternehmensidentität als eine Voraussetzung für den Abzug gewerbesteuerlicher Fehlbeträge gem. § 10a GewStG entschieden. Mit der jetzt erfolgten Veröffentlichung des BFH-Urteils im Bundessteuerblatt wendet die Finanzverwaltung diese neuen Rechtsgrundsätze nunmehr allgemein an. Dies birgt für den steuerlichen Berater sowie die betroffenen Firmen erhebliche Gefahren im Hinblick auf ihre gewerbesteuerlichen Verlustvorträge. So kann bereits die Schließung bzw. Umwandlung eines verlustträchtigen Teilbetriebs bei einer Personengesellschaft zum teilweisen oder ganzen Wegfall des Verlustvortrags führen. Schöneborn erläutert auf Seite 863 anhand von elf Beispielen die wichtigsten Fragen zur Unternehmensidentität sowie ihre Praxislösungen.
Beste Grüße
Reinhild Foitzik
Fundstelle(n):
NWB 2013 Seite 809
NWB YAAAE-31707