Betriebliche Altersversorgung - Direktversicherung - Insolvenz - Aussonderung der Direktversicherung - Schadensersatz
Gesetze: § 1b Abs 1 S 4 BetrAVG, § 1b Abs 5 BetrAVG, § 30f Abs 1 S 1 BetrAVG, § 30f Abs 1 S 2 BetrAVG, § 249 Abs 1 BGB, § 47 InsO, § 80 Abs 1 InsO, § 159 VVG 2008
Instanzenzug: Az: 10 Ca 183/05 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamburg Az: 2 Sa 127/09 Urteil
Tatbestand
1Der Kläger begehrt vom Beklagten die Übertragung einer Lebensversicherung, hilfsweise die Zahlung von Schadensersatz.
2Der Kläger war vom bis zum für die D gGmbH (im Folgenden: Schuldnerin) und deren Rechtsvorgänger, zuletzt als Personalleiter, tätig.
Am vereinbarten die Schuldnerin und der Kläger zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung - wie bereits zuvor im Anstellungsvertrag vom - den Abschluss einer Direktversicherung bei der N Lebensversicherung AG. Ausweislich des Versicherungsscheins war Versicherungsnehmer die Schuldnerin und versicherte Person der Kläger. Als Versicherungsbeginn war der vorgesehen. § 14 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen (Nr. 201158) für die Lebensversicherung mit spezieller Kapitalanlage (N Konzept-Tarif N2068) lautet auszugsweise:
Die zusätzliche Vereinbarung (Nr. 531) zur Direktversicherung - Unwiderruflichkeitsklausel - bestimmt:
5Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg - Insolvenzgericht - vom wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom kündigte der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum . Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage wurde rechtskräftig abgewiesen.
6Im Zuge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte der Beklagte gegenüber der N Lebensversicherung AG das Bezugsrecht des Klägers aus der Direktversicherung widerrufen und anschließend bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses die bisher für die Direktversicherung geleisteten Beiträge als Gehalt an den Kläger ausbezahlt.
7Mit seiner Klage hat der Kläger ua. die Übertragung der Direktversicherung begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, der Widerruf des Bezugsrechts gegenüber der N Lebensversicherung AG sei unwirksam; jedenfalls stehe ihm aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ein Anspruch auf Aussonderung der Direktversicherung zu. Der Beklagte habe zahlreichen anderen Mitarbeitern die Direktversicherung übertragen, ihm und zwei weiteren Mitarbeitern jedoch nicht. Für den Fall, dass ein Anspruch auf Übertragung der Direktversicherung nicht bestehe, sei der Beklagte verpflichtet, ihm im Wege des Schadensersatzes die seit Abschluss der Versicherung eingezahlten Beiträge iHv. insgesamt 11.029,07 Euro zu erstatten, zumindest aber den Rückkaufswert der Versicherung iHv. 7.593,43 Euro zu zahlen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
9Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe kein Aussonderungsrecht an der Versicherung zu. Ihm sei kein unwiderrufliches Bezugsrecht aus dem Versicherungsvertrag eingeräumt worden. Das Gleichbehandlungsgebot sei nicht verletzt. Er habe nur die Bezugsrechte des Klägers sowie zweier weiterer Arbeitnehmer der Schuldnerin widerrufen können, da lediglich deren Bezugsrechte widerruflich gewesen seien. Da er das Bezugsrecht des Klägers wirksam widerrufen habe, stehe dem Kläger auch kein Schadensersatzanspruch zu.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
11Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen die die Klage abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist im Haupt- wie im Hilfsantrag unbegründet. Dem Kläger steht kein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO an der Direktversicherung zu. Der Beklagte konnte das Bezugsrecht des Klägers aus der Direktversicherung aufgrund der versicherungsvertraglichen Regelungen wirksam widerrufen. Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger im Wege des Schadensersatzes die seit Abschluss der Direktversicherung zu dieser entrichteten Beiträge oder den Rückkaufswert der Versicherung zu zahlen.
12I. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger die Direktversicherung zu übertragen. Dem Kläger steht kein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO an der Direktversicherung zu. Der Beklagte hat das Bezugsrecht des Klägers nach den versicherungsvertraglichen Regelungen wirksam widerrufen. Dem Kläger war lediglich ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt, das zum Zeitpunkt des Widerrufs im Zuge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht unwiderruflich geworden war. Auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kann der Kläger sein Begehren auf Übertragung der Direktversicherung nicht mit Erfolg stützen.
131. Die Frage, ob die Rechte aus einer vom Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers abgeschlossenen Direktversicherung in der Insolvenz des Arbeitgebers der Masse zustehen oder ob der Arbeitnehmer ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO hat, ist allein nach der versicherungsrechtlichen Lage zu beantworten. Für das Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Versicherung kommt es grundsätzlich nicht darauf an, welche Befugnisse dem Arbeitgeber - und im Falle seiner Insolvenz dem Verwalter - im Versorgungsverhältnis zum Arbeitnehmer zustehen. Dies kann dazu führen, dass der Arbeitgeber - und in der Insolvenz des Arbeitgebers der Verwalter - aus dem Versicherungsvertrag abgeleitete Rechte versicherungsrechtlich ausüben kann, obwohl er dies arbeitsrechtlich im Verhältnis zum Arbeitnehmer nicht darf. Versicherungsrechtlich ist in diesem Fall die Ausübung wirksam. Im Versorgungsverhältnis können jedoch Ansprüche des Arbeitnehmers, insbesondere Schadensersatzansprüche entstehen (st. Rspr., vgl. etwa - Rn. 17, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 32; - 3 AZR 334/06 - Rn. 17, BAGE 134, 372; - AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 25). Somit richtet es sich allein nach der versicherungsrechtlichen Lage, ob die Rechte an der Versicherung zum Vermögen des Arbeitgebers gehören, in dessen Rechtsposition der Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO bei Insolvenzeröffnung eintritt (st. Rspr., zuletzt - Rn. 19, BAGE 134, 372; - 3 AZR 446/05 - Rn. 14, NZA-RR 2008, 32; - 3 AZR 136/98 - zu B I der Gründe, BAGE 92, 1; ebenso: - zu II der Gründe, DB 2002, 2104; 1 C 20.92 - zu 2 c cc ccc der Gründe, BVerwGE 96, 160).
14a) Hat der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer dem Arbeitnehmer als Versichertem lediglich ein widerrufliches Bezugsrecht im Versicherungsfall eingeräumt - was nach § 159 VVG (früher: § 166 VVG) der gesetzliche Normalfall ist -, kann er die bezugsberechtigte Person jederzeit ersetzen. Der Versicherte hat vorher lediglich eine Hoffnung auf die später fällig werdende Leistung (vgl. - DB 1984, 1776). In der Insolvenz fallen die Rechte aus der Lebensversicherung deshalb in das Vermögen des Arbeitgebers und gehören zur Insolvenzmasse (vgl. zB - zu I der Gründe, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 7; - zu II der Gründe, DB 2002, 2104).
15b) Räumt der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer dem Arbeitnehmer als Versichertem dagegen abweichend vom gesetzlichen Normalfall ein unwiderrufliches Bezugsrecht ein, stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag von vornherein dem Arbeitnehmer zu ( - zu II der Gründe, BGHZ 45, 162). Mit der Unwiderruflichkeit erhält das Bezugsrecht dingliche Wirkung ( - zu 1 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 25). Insolvenzrechtlich hat dies zur Folge, dass die Rechte aus dem Versicherungsvertrag von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zum Vermögen des Arbeitgebers und damit auch nicht mehr zur Insolvenzmasse gehören. Sie stehen vielmehr dem Arbeitnehmer zu, der deshalb ein Aussonderungsrecht hat ( - zu 2 b der Gründe, BAGE 65, 208; - 3 AZR 2/89 - zu 2 b der Gründe, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 12 = EzA KO § 43 Nr. 1).
16c) Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Versicherungsvertrag ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt, dieses jedoch unter bestimmten Voraussetzungen mit einem Widerrufsvorbehalt versehen - sog. eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht -, so ist zu unterscheiden: Wenn die Voraussetzungen des Widerrufsvorbehalts vorliegen, bleibt das Widerrufsrecht erhalten. Das Bezugsrecht kann dann widerrufen werden. Der Insolvenzverwalter kann von der Widerrufsmöglichkeit Gebrauch machen mit der Folge, dass der Rückkaufswert der Masse zusteht ( - zu B I 2 der Gründe, BAGE 92, 1). Sind die Voraussetzungen des Vorbehalts demgegenüber nicht gegeben, kann das Bezugsrecht nicht widerrufen werden ( - zu 3 und 4 der Gründe, BAGE 65, 208; - 3 AZR 2/89 - zu 3 und 4 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 12 = EzA KO § 43 Nr. 1; ebenso: - zu 2 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 25). Die Rechte aus dem Versicherungsvertrag gehören dann zum Vermögen des Arbeitnehmers und nicht zur Masse. Der Arbeitnehmer hat ein Aussonderungsrecht.
17d) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Direktversicherung arbeitsrechtlich eine Entgeltumwandlung zugrunde liegt, für die die Neuregelung über die sofortige gesetzliche Unverfallbarkeit noch nicht anwendbar ist, weil die Versorgungszusage vor dem erteilt wurde (§ 1b Abs. 5, § 30f Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BetrAVG), oder wenn die Rentenanwartschaft arbeitsvertraglich unverfallbar ist. Auch bei einer derartigen Fallgestaltung liegt kein Treuhandverhältnis vor, aufgrund dessen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag vom sonstigen Vermögen des Arbeitgebers ausreichend getrennt wären, um sie nicht der Masse zuzuordnen (vgl. - Rn. 19, BAGE 134, 372; - 3 AZR 622/94 - zu I 1 b der Gründe, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 7; - zu II 2 der Gründe, DB 2002, 2104).
182. Danach hat der Kläger keinen Anspruch auf Übertragung bzw. Aussonderung der Direktversicherung. Die Schuldnerin hatte dem Kläger lediglich ein bis zum Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist widerrufliches Bezugsrecht an den Versicherungsleistungen eingeräumt. Dies ergibt eine Auslegung der Versicherungsbedingungen nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätzen unter Berücksichtigung betriebsrentenrechtlicher Wertungen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufs des Bezugsrechts im Zuge der Insolvenzeröffnung war die gesetzliche Unverfallbarkeitsfrist noch nicht abgelaufen, weshalb der Widerruf versicherungsrechtlich zulässig war. Ob der Direktversicherung - wie der Kläger meint - eine Entgeltumwandlung zugrunde lag, ist unerheblich.
19a) Der Versicherungsvertrag zwischen der Schuldnerin und der N Lebensversicherung AG ist dahin auszulegen, dass die Schuldnerin dem Kläger ein bis zum Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt hat. Hierin unterscheidet sich der vorliegende Rechtsstreit von dem Sachverhalt, der dem vom Kläger angezogenen Urteil des Bundesgerichtshofs ( - IV ZR 30/04 - ZIP 2005, 1973) zugrunde lag. Im dortigen Rechtsstreit hatten die Parteien des Versicherungsvertrags ein eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht vereinbart.
20aa) Der Versicherungsvertrag - einschließlich der zusätzlichen Vereinbarung (Nr. 531) zur Direktversicherung - Unwiderruflichkeitsklausel - enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen, die der Senat als Revisionsgericht selbst auslegen kann ( - Rn. 17, NZA 2012, 738).
21bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (vgl. - Rn. 22, BAGE 116, 267).
22Bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen einer Lebensversicherung, mit denen Ansprüche von Arbeitnehmern auf betriebliche Altersversorgung durchgeführt werden sollen, sind entsprechend dem Zweck dieser Versicherung auch die Interessen der versicherten Beschäftigten zu berücksichtigen ( - Rn. 23; - 3 AZR 446/05 - Rn. 20, DB 2008, 939; - Rn. 12 mwN, NJW-RR 2006, 1258). Dabei sind insbesondere betriebsrentenrechtliche Wertungen zu beachten. Die Parteien eines Vertragsgefüges, das dazu dient, dem Arbeitnehmer auf der Grundlage des Betriebsrentengesetzes Ansprüche zu verschaffen, wollen in der Regel an das anknüpfen, was nach dem Betriebsrentengesetz maßgeblich ist ( - Rn. 28; ähnlich bereits - Rn. 24, AP BetrAVG § 2 Nr. 61 = EzA BetrAVG § 1b Nr. 6; - 3 AZR 446/05 - Rn. 18 ff., aaO). Das gilt etwa dann, wenn die maßgeblichen Vertragsbestimmungen auf die gesetzliche Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft nach dem Betriebsrentengesetz abstellen.
23cc) Danach ergibt die Auslegung der versicherungsrechtlichen Bestimmungen, dass die Schuldnerin dem Kläger ein bis zum Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt hatte.
24Dafür spricht bereits der Wortlaut von § 14 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen (Nr. 201158) für die Lebensversicherung mit spezieller Kapitalanlage (N Konzept-Tarif N2068) und der zusätzlichen Vereinbarung (Nr. 531) zur Direktversicherung - Unwiderruflichkeitsklausel. Nach § 14 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen (Nr. 201158) für die Lebensversicherung mit spezieller Kapitalanlage (N Konzept-Tarif N2068) war das Bezugsrecht bis zum Versicherungsfall jederzeit widerruflich. Nach der zusätzlichen Vereinbarung (Nr. 531) zur Direktversicherung - Unwiderruflichkeitsklausel - sollte das Bezugsrecht allerdings nach Ablauf der Fristen nach § 1 Abs. 2 BetrAVG aF unwiderruflich werden. Die Klausel soll unter Berücksichtigung betriebsrentenrechtlicher Wertungen dem Versicherungsnehmer (vorliegend der Schuldnerin) die Möglichkeit belassen, das Bezugsrecht aus der Direktversicherung zu widerrufen, solange der Arbeitnehmer nach den gesetzlichen Bestimmungen des Betriebsrentengesetzes noch keine unverfallbare Anwartschaft erworben hat. Zugleich will die Klausel sicherstellen, dass mit Eintritt der Unverfallbarkeit im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer auch im versicherungsrechtlichen Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Versicherungsgesellschaft die versicherte Person eine gesicherte Rechtsposition, nämlich ein unwiderrufliches Bezugsrecht, erhält. Der Versicherungsvertrag sieht damit bis zum Ablauf der Unverfallbarkeitsfrist ein widerrufliches Bezugsrecht des Arbeitgebers vor, das erst mit Ablauf der Unverfallbarkeitsfrist im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis zum unwiderruflichen Bezugsrecht wird. Davor bleibt das Bezugsrecht widerruflich. Die gesetzliche Unverfallbarkeitsfrist für Versorgungsanwartschaften war im Zeitpunkt des Abschlusses der Direktversicherung in § 1 Abs. 2 BetrAVG aF geregelt. Deshalb nimmt die zusätzliche Vereinbarung (Nr. 531) zur Direktversicherung - Unwiderruflichkeitsklausel - auf diese Bestimmung Bezug. Zum wurde § 1 Abs. 2 BetrAVG aF durch § 1b BetrAVG ersetzt. Nach Sinn und Zweck der Regelung in der zusätzlichen Vereinbarung (Nr. 531) zur Direktversicherung - Unwiderruflichkeitsklausel - kommt es auf die für das arbeitsrechtliche Grundverhältnis geltende gesetzliche Unverfallbarkeitsfrist an.
25b) Der Kläger hatte im Zeitpunkt des Widerrufs des Bezugsrechts durch den Beklagten im Herbst 2005 noch kein unwiderrufliches Bezugsrecht erlangt, denn zum Zeitpunkt des Widerrufs war die gesetzliche Unverfallbarkeitsfrist für die Versorgungsanwartschaft des Klägers noch nicht abgelaufen. Da die Versorgungszusage dem Kläger vor dem erteilt worden war, richtet sich die Unverfallbarkeit nach § 30f BetrAVG. Danach ist für die Unverfallbarkeit ua. erforderlich, dass die Versorgungszusage entweder mindestens zehn Jahre oder bei mindestens zwölfjähriger Betriebszugehörigkeit mindestens drei Jahre oder ab dem mindestens fünf Jahre bestanden hat. Diese Voraussetzungen waren im Zeitpunkt des Widerrufs des Bezugsrechts nicht erfüllt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Direktversicherung im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis - wie vom Kläger behauptet - eine Entgeltumwandlung zugrunde lag. Nach § 30f Abs. 1 Satz 2 BetrAVG gilt § 1b Abs. 5 BetrAVG, der bei Entgeltumwandlungen die sofortige Unverfallbarkeit vorsieht, nicht, wenn die Versorgungszusage - wie vorliegend - vor dem erteilt wurde.
263. Der Kläger kann sein Aussonderungsverlangen auch nicht mit Erfolg auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.
27a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Im Bereich des Betriebsrentenrechts hat der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz damit kraft Gesetzes anspruchsbegründende Wirkung. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage als auch eine sachfremde Gruppenbildung ( - Rn. 22 mwN).
28b) Der Kläger hat die Voraussetzungen für eine sachwidrige Ungleichbehandlung nicht dargelegt. Er hat lediglich geltend gemacht, der Beklagte habe das Bezugsrecht des Klägers und zweier weiterer vormaliger Mitarbeiter der Schuldnerin widerrufen, während er dies bei 19 anderen Arbeitnehmern nicht getan habe. Der Kläger hat jedoch nicht behauptet, dass das Bezugsrecht bei den 19 begünstigten Arbeitnehmern ebenfalls noch widerruflich war. Dies war nach dem vom Kläger nicht in Abrede gestellten Vorbringen des Beklagten nicht der Fall. Die 19 anderen Arbeitnehmer, deren Bezugsrechte durch Ablauf der Unverfallbarkeitsfristen bereits unwiderruflich waren, befanden sich damit in keiner mit dem Kläger vergleichbaren Situation.
29II. Dem Kläger steht der mit dem Hilfsantrag verfolgte Schadensersatzanspruch nicht zu. Er kann vom Beklagten im Wege des Schadensersatzes weder Ersatz der geleisteten Beiträge für die Direktversicherung noch die Zahlung des Rückkaufswerts der Versicherung verlangen.
301. Es kann dahinstehen, ob der Versorgungszusage - wie der Kläger meint - eine Entgeltumwandlung zugrunde liegt. Einen Anspruch auf Zahlung der in diesem Fall aus dem Entgelt des Klägers erbrachten Leistungen zur Direktversicherung bestünde nur dann, wenn die zugrunde liegende Entgeltumwandlungsvereinbarung unwirksam wäre (vgl. - Rn. 19, BAGE 132, 100). Das hat der Kläger selbst nicht behauptet. Im Übrigen wären diese Ansprüche auf Zahlung von Arbeitsentgelt aus Zeiten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerichtet, die allenfalls als Insolvenzforderungen geltend gemacht werden könnten.
312. Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auch nicht deshalb zu, weil der Beklagte das Bezugsrecht des Klägers aus der Direktversicherung zwar versicherungsvertraglich wirksam widerrufen hat, er mit dem Widerruf aber arbeitsrechtliche Pflichten gegenüber dem Kläger verletzt hätte. Es mag dahinstehen, ob der Beklagte zum Widerruf des Bezugsrechts auch im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis berechtigt war. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, bestünde der dem Kläger durch den Widerruf des Bezugsrechts entstandene Schaden nicht in den gezahlten Versicherungsbeiträgen oder dem Rückkaufswert der Versicherung, sondern in dem im Versicherungsfall eintretenden Versorgungsschaden.
32Wird das Bezugsrecht aus einer Direktversicherung arbeitsvertragswidrig widerrufen, ist der Versorgungsberechtigte im Wege der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) so zu stellen, wie er ohne den Widerruf des Bezugsrechts stünde. Dann erhielte er im Versorgungsfall die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag. Ein Schadensersatzanspruch ist daher auf diese entgangenen Leistungen gerichtet. Ein derartiger Anspruch ist jedoch nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens.
III. Der Kläger hat die Kosten der Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BB 2012 S. 2431 Nr. 39
BB 2012 S. 2944 Nr. 47
DB 2012 S. 28 Nr. 38
DB 2013 S. 407 Nr. 8
DStR 2012 S. 12 Nr. 39
NWB-Eilnachricht Nr. 40/2012 S. 3226
StBW 2012 S. 996 Nr. 21
StuB-Bilanzreport Nr. 21/2012 S. 848
ZIP 2012 S. 2269 Nr. 46
ZIP 2012 S. 5 Nr. 38
ZAAAE-22049