NWB Nr. 25 vom Seite 2033

„Licht am Ende des Tunnels?”

Achim Rigod | Rechtsanwalt, Hannover

Zur einkommensteuerrechtlichen Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften

Erfordert Art. 3 GG die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern und Eheleuten bezüglich der einkommensteuerrechtlichen Veranlagung (§ 26 EStG)? Während der BFH dies in ständiger Rechtsprechung ablehnte und sich hierbei auf die verfassungsrechtlich hervorgehobene Rolle der Familie (Art. 6 GG) als zulässiges Differenzierungskriterium berief, konnten eine Großzahl von Finanzgerichten und die Leiter oberster Landesfinanzbehörden keinen verfassungskonformen Grund für eine Ungleichbehandlung erkennen. Sowohl Gerichte als auch Landesbehörden stimmen darin überein, eingetragenen Lebenspartnern im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Vorteile des Splittingtarifs zu gewähren.

Mit dem vorliegendem Beschluss vom - III B 134/11 hat der BFH nun zu Erkennen gegeben, an seiner bisher ablehnenden Rechtsprechung zur Zusammenveranlagung eingetragener Lebenspartnerschaften nicht zwingend festzuhalten. Im konkreten Fall hat der III. Senat die vom FG Niedersachsen gewährte Aussetzung der Vollziehung (Beschluss vom - 3 V 125/11) gegen die Beschwerde des Finanzamts aufrechterhalten. Gegenstand des Verfahrens war die vom Finanzamt abgelehnte Anwendung des Splittingtarifs auf eingetragene Lebenspartner, wogegen der Steuerpflichtige zunächst Einspruch und dann Antrag auf AdV beim Finanzgericht eingelegt hatte.

Erstmalig hat der BFH damit zugunsten der eingetragenen Lebenspartnerschaft entschieden. Der für die Steuerpflichtigen positive Ausgang beruhte allerdings nicht auf einer geänderten Rechtsauffassung des Senats. Wie dieser hervorhob, sei die Zurückweisung der Beschwerde allein darauf gegründet, dass seit dem Ergehen der bisherigen ablehnenden Urteile erhebliche Zweifel an der Rechtsauffassung des Senats entstanden und zudem zwei die Rechtsfrage betreffende Verfahren beim BVerfG anhängig seien (Az. 2 BvR 909/06; 2 BvR 288/07). Dieses hatte nämlich bereits für das Erb- und Schenkungsteuerrecht sowie die Hinterbliebenenversorgung entschieden, dass eingetragene Lebenspartnerschaften gleichzustellen seien.

Die Zweifel des Senats sind mehr als berechtigt. In Anbetracht der bisherigen Linie des BVerfG ist zu erwarten, dass auch im Einkommensteuerrecht die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern als verfassungswidrig eingestuft wird. Spätestens nach einem entsprechenden Urteil ist es dann aber an der Politik, endlich zu einer diskriminierungsfreien Neuregelung zu gelangen, was die Bundesregierung bislang trotz mehrerer parlamentarischer Anfragen allerdings ablehnt. Bis eine entsprechende Gesetzesänderung in Kraft tritt, ist eingetragenen Lebenspartner zu raten, den Splittingtarif zu beantragen und bei Ablehnung unter Bezugnahme auf den besprochenen Beschluss Rechtsmittel einzulegen.

Achim Rigod

Fundstelle(n):
NWB 2012 Seite 2033
NWB OAAAE-11245