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EuGH  - C-643/11 Verfahrensverlauf - Status: erledigt

Gesetze: RL 2006/112 Art 73, RL 2006/112 Art 179, RL 2006/112 Art 203, RL 2006/112 Art 395, RL 2006/112 Art 167, RL 2006/112 Art 168 Buchstabe a

Rechtsfrage

Umfasst Art. 203 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem alle Fälle von unrichtig in Rechnung gestellter Mehrwertsteuer, einschließlich der Fälle, in denen eine Rechnung mit darin ausgewiesener Mehrwertsteuer ausgestellt wurde, ohne dass ein Steuertatbestand eingetreten ist? Falls diese Frage bejaht wird: Erfordern die Art. 203 und 273 der Richtlinie 2006/112, dass die Mitgliedstaaten ausdrücklich regeln, dass die Mehrwertsteuer, die in einer Rechnung ausgewiesen wurde, hinsichtlich deren kein Umsatz bewirkt worden ist, geschuldet wird, oder genügt die Umsetzung der allgemeinen Regel der Richtlinie, wonach die Steuer von jedem geschuldet wird, der sie in einer Rechnung ausweist?

Erfordern die Art. 73, 179 und 203 der Richtlinie 2006/112 in Anbetracht des 39. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2006/112 und zur Gewährleistung der Genauigkeit der Vorsteuerabzüge, dass, wenn in einer Rechnung Mehrwertsteuer ausgewiesen wurde, ohne dass ein Steuertatbestand eingetreten ist, die für Einnahmen zuständigen Stellen eine Berichtigung der Steuerbemessungsgrundlage und der in Rechnung gestellten Steuer vornehmen?

Können die Sondermaßnahmen nach Art. 395 der Richtlinie 2006/112 in einer Steuerpraxis wie der des Ausgangsverfahrens bestehen, wonach die für Einnahmen zuständigen Stellen zwecks Kontrolle der Vorsteuerabzüge nur den ausgeübten Vorsteuerabzug überprüfen, während die Steuer auf die bewirkten Umsätze bereits deswegen als unbedingt geschuldet angesehen wird, weil sie in einer Rechnung ausgewiesen wurde? Für den Fall, dass diese Frage bejaht wird: Ist es nach Art. 203 der Richtlinie 2006/112 zulässig - und wenn ja, in welchen Fällen -, dass für denselben Umsatz Mehrwertsteuer einmal beim Lieferer oder Dienstleistenden erhoben wird, weil er die Steuer in einer Rechnung ausgewiesen hat, und ein zweites Mal beim Erwerber der Lieferung oder Empfänger der Dienstleistung, indem ihm das Recht auf Vorsteuerabzug versagt wird?

Wird durch eine Steuerpraxis wie die des Ausgangsverfahrens - wonach dem Erwerber einer steuerbaren Lieferung oder Empfänger einer steuerbaren Dienstleistung ein Recht auf Vorsteuerabzug wegen "fehlenden Nachweises der Bewirkung des Umsatzes" versagt wird, ohne die bereits getroffenen Feststellungen zu berücksichtigen, dass ein Steueranspruch gegen den Lieferer oder Dienstleistenden entstanden ist und die Steuer von ihm geschuldet wird, wobei bis zum Zeitpunkt der Beurteilung des Entstehens des Vorsteuerabzugsrechts der betreffende Steuerprüfungsbescheid nicht abgeändert wurde bzw. kein Grund auftrat und festgestellt wurde, ihn auf dem vom Staat vorgesehenen Weg abzuändern -, die Nichtkumulierbarkeit der Mehrwertsteuer verletzt, und widerspricht diese Steuerpraxis den Grundsätzen der Rechtssicherheit, der Gleichbehandlung und der steuerlichen Neutralität?

Ist es nach den Art. 167 und 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 zulässig, dass das Recht auf Vorsteuerabzug dem Erwerber einer steuerbaren Lieferung oder Empfänger einer steuerbaren Dienstleistung, der alle Bedingungen des Art. 178 der Richtlinie erfüllt, versagt wird, nachdem mit einem gegenüber dem Lieferer oder Dienstleistenden erlassenen und bestandskräftigen gewordenen Steuerprüfungsbescheid keine Berichtigung der für diesen Umsatz in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer wegen "fehlenden Eintretens eines Steuertatbestands" vorgenommen wurde, sondern der Steueranspruch als entstanden anerkannt wurde und bei der Ermittlung des Ergebnisses des betreffenden Steuerzeitraums berücksichtigt wurde? Ist für die Beantwortung dieser Frage der Umstand von Bedeutung, dass der Lieferer oder Dienstleistende im Verlauf der Steuerprüfung keine Buchführungsunterlagen vorgelegt hat und das Ergebnis für diesen Zeitraum lediglich anhand der Angaben in den Mehrwertsteuererklärungen sowie in den Verkaufs- und den Einkaufsbüchern ermittelt wurde?

Je nach Beantwortung der vorstehenden Fragen: Sind die Art. 167 und 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass die Neutralität der Mehrwertsteuer es unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens erfordert, dass der Steuerpflichtige die für die Umsätze in Rechnung gestellte Steuer abziehen kann?

Ausgangsverfahren; Berichtigung; Mehrwertsteuer; Neutralität; Rechnung; Steuerausweis; Vorsteuerabzug

Fundstelle(n):
IAAAE-05707

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