„Baustelle Umsatzsteuer”
Anwendungs- und Einführungsschreiben zur Umsatzsteuer
Vor gut einem Jahr hat der Bundesfinanzhof zeitgleich mehrere Grundsatzurteile zum Verhältnis von Vorsteuerabzug und Entnahmebesteuerung bei der Umsatzsteuer veröffentlicht. In diesen Entscheidungen betont das höchste deutsche Finanzgericht: Das Recht auf Vorsteuerabzug besteht nur, wenn der Unternehmer die bezogene Leistung für bestimmte Ausgangsumsätze verwendet. Es muss sich um Ausgangsumsätze handeln, die der Unternehmer gegen Entgelt erbringt und die entweder steuerpflichtig oder – wie z. B. Ausfuhrlieferungen – einer steuerpflichtigen Lieferung gleichgestellt sind. Darüber hinaus muss zwischen der Eingangsleistung und diesen Ausgangsumsätzen ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Anfang dieses Jahres erfolgte nun die Veröffentlichung der Urteile im Bundessteuerblatt. Damit hat die Finanzverwaltung diese Grundsätze anzuwenden. Welche Konsequenzen sie aus der BFH-Rechtsprechung zieht, hat sie in einem ausführlichen Anwendungsschreiben zusammengefasst. Rondorf erläutert auf Seite 891, wer von den neuen Grundsätzen betroffen und was zu beachten ist.
Noch auf sich warten lässt das Anwendungsschreiben zur Gelangensbestätigung. Die Gelangensbestätigung ersetzt seit Januar alle bislang geltenden Nachweismöglichkeiten für Warenlieferungen ins EU-Ausland. Eine Bestätigung des Abnehmers, an einem bestimmten Tag und Ort die Ware erhalten zu haben, ist im Ausland aber häufig unbekannt. Die Praxis befürchtet daher neue Handelshemmnisse, weshalb das Bundesfinanzministerium für innergemeinschaftliche Lieferungen bis zum 30. Juni dieses Jahres nicht beanstandet, wenn der Nachweis für eine Steuerbefreiung noch auf alter Rechtslage erbracht wird. – Heftig diskutiert wird hingegen schon der Entwurf eines einführenden BMF-Schreibens zur Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung. Nachdem der Deutsche Steuerberaterverband die Sorge geäußert hat, ursprünglich bereits in einem Frage-Antwort-Katalog beantwortete Fragen seien nunmehr wieder offen (s. NWB 10/2012 S. 777), weist die Bundessteuerberaterkammer insbesondere auf die Problematik der Steuerschuldnerschaft bei unrichtiger Rechnungsstellung hin (s. Seite 883).
Der Europäische Gerichtshof sorgt derweil für Bewegung beim ermäßigten Umsatzsteuersatz. Als Reaktion auf seine Rechtsprechung soll der ermäßigte Umsatzsteuersatz auf Pferde aufgehoben werden. Die Kunstgegenstände werden wohl folgen (s. Seite 883; NWB 10/2012 S. 795). Gescheitert ist auch die Initiative des Bundesrats, den bis zum Jahresende 2011 geltenden ermäßigten Steuersatz für die Personenbeförderungen mit Schiffen bis Ende 2013 zu verlängern. Und die umstrittene Steuerermäßigung auf Übernachtungsdienstleistungen? Die Hotelbranche kämpft noch. Ihr Argument: Alle Nachbarländer Deutschlands mit Ausnahme Dänemarks würden ermäßigte Mehrwertsteuersätze anwenden.
Beste Grüße
Reinhild Foitzik
Fundstelle(n):
NWB 2012 Seite 865
KAAAE-03583