BGH Beschluss v. - IX ZB 15/11

Vereinfachtes Insolvenzverfahren: Erstrecken der Treuhänderbestellung auf die Restschuldbefreiung und Entlassung des Treuhänders aus wichtigem Grund

Gesetze: § 59 Abs 1 S 1 InsO, § 288 InsO, § 291 Abs 2 InsO, § 292 ZPO, § 313 Abs 1 S 3 InsO

Instanzenzug: Az: 85 T 253/09vorgehend AG Berlin-Mitte Az: 33 IK 138/05nachgehend Az: IX ZB 15/11 Beschluss

Gründe

I.

1Der weitere Beteiligte zu 1 wurde mit Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am zum Treuhänder bestellt. Nach Durchführung des Schlusstermins hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom der Schuldnerin die Erteilung der Restschuldbefreiung angekündigt und für die Wohlverhaltensphase den weiteren Beteiligten zu 2 zum Treuhänder bestellt. Die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 wegen seiner Entlassung hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der weitere Beteiligte zu 1 mit der Rechtsbeschwerde.

II.

2Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO i.V.m. Art. 103 f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen.

31. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Zwischen dem Treuhänder des vereinfachten Insolvenzverfahrens und demjenigen des Restschuldbefreiungsverfahrens müsse keine Personenidentität bestehen. Für das Restschuldbefreiungsverfahren könne ohne weiteres und insbesondere ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ein neuer Treuhänder bestellt werden. Die Gegenansicht vermöge nicht zu erklären, welchen Sinn bei der von ihr vertretenen nur eingeschränkten Austauschbarkeit eines Treuhänders für das Restschuldbefreiungsverfahren die Vorschrift des § 288 InsO habe.

42. Diese Begründung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

5a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats umfasst die Bestellung zum Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren auch das Restschuldbefreiungsverfahren, sofern die Bestellung im Eröffnungsbeschluss - wie hier - keine Einschränkung enthält (, ZInsO 2003, 750; vom - IX ZB 92/03, ZVI 2004, 544; vom - IX ZB 237/06, WM 2008, 35 Rn. 8; vom - IX ZB 8/07, juris Rn. 2). Dies folgt aus der gesetzlichen Regelung in § 313 Abs. 1 InsO, wonach im vereinfachten Insolvenzverfahren der Treuhänder (§ 292 InsO) auch die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt und deshalb abweichend von § 291 Abs. 2 InsO bereits bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmt wird. Es entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers, der mit der Regelung in § 313 Abs. 1 InsO gewährleisten wollte, dass bei Kleininsolvenzen nur eine Person für die Wahrnehmung der Verwalter- und Treuhänderaufgaben bestellt wird, weil dies zu einer Vereinfachung des Verfahrens und damit auch dazu führe, dass kostengünstiger abgewickelt werden könne (BT-Drucks. 12/7302, S. 193 zu § 357j RegE-InsO).

6b) Bestellt das Insolvenzgericht im vereinfachten Insolvenzverfahren für die Wohlverhaltensperiode einen neuen Treuhänder, liegt darin zugleich die schlüssige Entlassung des ursprünglich - mit Wirkung auch für die Wohlverhaltensphase - bestellten Treuhänders; denn es können für die Wohlverhaltensperiode nicht nebeneinander zwei Treuhänder bestellt sein, die unabhängig voneinander dieselben Aufgaben wahrzunehmen haben (, aaO Rn. 5; vom - IX ZB 8/07, aaO).

7c) Die Entlassung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren setzt wie die Entlassung eines Insolvenzverwalters einen wichtigen, die Entlassung rechtfertigenden Grund voraus (§ 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Ansicht des Beschwerdegerichts, der Treuhänder könne zu Beginn der Wohlverhaltensperiode ohne sachlichen Grund ausgewechselt werden, trifft nicht zu. Sie kann insbesondere nicht auf die Regelung in § 288 InsO gestützt werden, wonach der Schuldner und die Gläubiger dem Insolvenzgericht als Treuhänder eine geeignete Person vorschlagen können. Diese Norm erlangt Bedeutung vor allem im Regelinsolvenzverfahren, wenn mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens das Amt des Insolvenzverwalters endet und für die Laufzeit der Abtretungserklärung ein Treuhänder zu bestellen ist, der mit dem bisherigen Insolvenzverwalter nicht personenidentisch sein muss. Im vereinfachten Insolvenzverfahren wird der Treuhänder nach der den allgemeinen Vorschriften gemäß § 304 Abs. 1 Satz 1 InsO vorgehenden Norm des § 313 Abs. 1 Satz 2 InsO bereits bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmt. Das Vorschlagsrecht des § 288 InsO kann sich deshalb nur auf diesen Zeitpunkt beziehen.

83. Die angefochtenen Entscheidungen des Beschwerdegerichts und des Insolvenzgerichts sind daher aufzuheben (§ 577 Abs. 4 und 5 ZPO). Da die Auswechslung des Treuhänders auf eine bloße Anregung der Schuldnerin von Amts wegen erfolgte, kommt die Zurückweisung eines Antrags der Schuldnerin nicht in Betracht. Die vom Beschwerdegericht angesprochenen Vorgänge um das Fahrzeug der Schuldnerin ergeben auch bei Zugrundelegung des Vorbringens der Schuldnerin keinen wichtigen Grund im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO, der die Entlassung des Treuhänders rechtfertigen würde.

III.

9Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Da dem Rechtsbeschwerdeführer keine Partei im zivilprozessrechtlichen Sinne gegenübersteht, scheidet eine Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten nach § 4 InsO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO trotz des Obsiegens im Verfahren aus (vgl. , BGHZ 170, 378 Rn. 7; vom - IX ZB 125/09, WM 2010, 2122, 2125 f). Gerichtsgebühren fallen aufgrund des erfolgreichen Rechtsmittels nicht an (vgl. Nr. 2362 - 2364 Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

Kayser                                Gehrlein                                   Vill

                   Fischer                                   Grupp

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Fundstelle(n):
UAAAE-02774