Oberfinanzdirektion Münster - Kurzinfo Grundbesitzbewertung 4/2011

Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts nach § 138 Abs. 4 und § 198 BewG

Im Zusammenhang mit der Frage, welchem Wert bei zeitgleichem Vorliegen eines Kaufpreises und eines Gutachtenwerts der Vorzug im Rahmen des Nachweises des niedrigeren gemeinen Werts nach § 138 Abs. 4 und § 198 BewG zu geben ist, wird gebeten, folgende Rechtsauffassung zu vertreten:

Weist der Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert durch ein Sachverständigengutachten nach, so ist das Finanzamt nicht gehindert, die Erkenntnisse aus einem innerhalb eines Jahres erfolgten Grundstücksverkauf, bei dem ein höherer Preis als laut dem Gutachten erzielt wurde, zu berücksichtigen und den Grundbesitzwert in Höhe des erzielten Kaufpreises festzustellen. Ist der Kaufpreis außerhalb des Jahres nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommen, gilt Vorstehendes entsprechend, soweit sich die maßgeblichen Verhältnisse gegenüber den Verhältnissen zum Stichtag nicht verändert haben.

Diese Entscheidung basiert auf dem Gedanken, dass beim Vorliegen sowohl eines vom Steuerpflichtigen beigebrachten Sachverständigengutachtens als auch eines zeitnahen Grundstückskaufvertrags beide Beweismittel für eine Überzeugungsbildung heranzuziehen sind. Bei der Wertung sind auch weitere Erkenntnisse, die durch eigene Ermittlungstätigkeit des Bearbeiters gewonnen werden, bei der Rechtsfindung zu berücksichtigen.

Der bei einer Veräußerung an einen fremden Dritten erzielte Kaufpreis für ein Wirtschaftsgut liefert den sichersten Anhaltspunkt für den Wert (gemeiner Wert bzw. Verkehrswert nach § 9 BewG) des Wirtschaftsguts. Der nach den Regeln von Angebot und Nachfrage frei ausgehandelte Marktpreis für ein Wirtschaftsgut bietet die beste Gewähr dafür, den wahren Wert eines Wirtschaftsguts abzubilden. Die Wertermittlung durch einen Gutachter stellt demgegenüber stets eine Schätzung dar.

Hinsichtlich dieser Rechtsauffassung wird auf das , EFG 2011, S. 1386 verwiesen.

Ist der nach dem Stichtag durch Veräußerung an einen fremden Dritten erzielte Kaufpreis niedriger als der Gutachtenwert, ist der Grundbesitzwert ebenfalls in Höhe des erzielten Kaufpreises festzustellen, soweit sich die maßgeblichen Verhältnisse gegenüber den Verhältnissen zum Stichtag nicht verändert haben.

Oberfinanzdirektion Münster v. - Kurzinfo Grundbesitzbewertung 4/2011

Fundstelle(n):
ZAAAD-98644