Welche Erfahrungen hat die Erstanwendung des BilMoG mit sich gebracht?
Analytische Auswertung der ersten BilMoG-Abschlüsse
Ziel des BilMoG war es, [i]Anspruch und Wirklichkeit das HGB zu einer echten Alternative zur Internationalen Rechnungslegung weiterzuentwickeln. Dies gelang an vielen Stellen allerdings nur um den Preis einer erhöhten Komplexität. Hinzu kommen viele Ermessensspielräume und Unwägbarkeiten. Auch durch die intensive Auseinandersetzung in der Fachliteratur mit den vielen Zweifelsfragen ist das Bilanzrecht nicht einfacher geworden.
Wie hat nun die [i]BilMoG als Herausforderung an die Praxis Praxis die ersten Hürden des BilMoG gemeistert? Für eine erste Analyse stehen die Jahresabschlüsse im elektronischen Unternehmensregister beziehungsweise im elektronischen Bundesanzeiger bereit. Im Laufe des Jahres 2010 publizierten die Erstanwender des BilMoG dort ihre Jahresabschlüsse und setzten die Neuerungen vollumfänglich für das Wirtschaftsjahr 2009 um. Dies betrifft nicht etwa nur die DAX-Konzerne, sondern auch mittelständische Unternehmen haben das neue HGB vorzeitig angewendet. Gleichwohl: Die Masse der Anwender ist seit Anfang des Jahres dabei, die Jahresabschlüsse nach BilMoG zu erstellen und/oder zu prüfen.
Prof. Dr. Holger Philipps [i]Empirische Untersuchung mit dem Ziel, Tendenzen abzuleitenhat eine naturgemäß begrenzte Zahl von BilMoG-Jahresabschlüssen analysiert und stellt das Ergebnis in diesem Heft ab Seite 307 vor. Ziel war nicht, eine repräsentative Untersuchung durchzuführen – dafür ist die Stichprobe zu klein. Ziel war es vielmehr, erste Tendenzen der Rechnungslegungspraxis kleiner und mittlerer Unternehmen abzuleiten. Dies betraf die Frage,
wie die neuen Bilanzierungswahlrechte insgesamt ausgeübt werden, z. B. bei der Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände,
wie die Unternehmen Beibehaltungs- und Fortführungswahlrechte ausüben und
wie sie die Ermessensausübung wesentlicher Bewertungsänderungen vornehmen.
So waren beispielsweise [i]Deutliche Hinweise auf Bilanzierungsfehler in den Jahresabschlüssenin rund 16 % der untersuchten Abschlüsse selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände aktiviert – meist mit dem Ziel, das Eigenkapital zu entlasten – und rund 42 % berechneten latente Steuern. Überwiegend hat die Praxis die Herausforderungen des BilMoG gut gemeistert. Es zeigen sich aber auch die Schattenseiten einer komplizierter gewordenen HGB-Rechnungslegung: Denn eine nicht unwesentliche Anzahl von Jahresabschlüssen enthielt deutliche Hinweise auf Fehler, z. B. bei latenten Steuern, bei fehlenden oder zu knappen Anhang-Angaben und zum Teil auch bei den Pensionsrückstellungen.
Beste Grüße
Christoph Linkemann
Fundstelle(n):
BBK 2011 Seite 289
NWB XAAAD-79494