Berufung in Zivilsachen: Voraussetzungen für den Beginn der Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung
Leitsatz
Der Beginn der Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung setzt die Zustellung einer Ausfertigung des Urteils voraus (im Anschluss an , NJW 2010, 2519) .
Gesetze: § 517 ZPO, § 520 Abs 2 ZPO
Instanzenzug: Az: I-21 U 152/08 Beschlussvorgehend LG Wuppertal Az: 7 O 332/07 Urteil
Gründe
I.
1Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom zur Zahlung von 88.780,73 € nebst Zinsen verurteilt. Eine beglaubigte Abschrift des Urteils ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am zugestellt worden, eine mit einem Ausfertigungsvermerk versehene Abschrift am . Die Beklagte hat gegen das Urteil am Berufung eingelegt. Auf ihren Antrag vom und weitere Anträge wurde die Frist zur Berufungsbegründung mehrfach, zuletzt bis zum , verlängert. An diesem Tag ist die Berufungsbegründung beim Berufungsgericht eingegangen.
2Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, da sie nicht fristgerecht begründet worden sei. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht begehrt.
II.
3Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO. Sie ist zulässig; zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich, § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
41. Das Berufungsgericht meint, die Frist zur Berufungsbegründung habe mit der Zustellung der beglaubigten Abschrift des Urteils am begonnen und am Montag, dem geendet. Der Zustellung einer Urteilsausfertigung bedürfe es nicht, um die Rechtsmittelfristen in Gang zu setzen. Der am eingegangene Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist sei daher verspätet gewesen.
52. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist davon auszugehen, dass der Beklagten erst am eine Urteilsausfertigung zugestellt worden ist. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte die Berufungsbegründungsfrist nicht versäumt.
6a) Voraussetzung für den Beginn der Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung, §§ 517, 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO, ist, dass eine Ausfertigung des Urteils i.S.v. § 317 Abs. 4 ZPO zugestellt wird. Eine Ausfertigung besteht in einer Abschrift der Urschrift, die mit dem Ausfertigungsvermerk versehen ist, § 49 Abs. 1 Satz 1 BeurkG. Die zuzustellende Urteilsabschrift muss zumindest durch die Unterschrift des Urkundsbeamten, das Gerichtssiegel oder den Dienststempel und Worte wie "Ausfertigung" oder "ausgefertigt" erkennen lassen, dass es sich um eine Ausfertigung in diesem Sinne handeln soll. Die Zustellung nur einer beglaubigten Urteilsabschrift reicht nicht aus, um die Rechtsmittelfristen in Gang zu setzen (, NJW 2010, 2519).
7b) Den Prozessbevollmächtigten der Beklagten wurde nach deren Vorbringen am lediglich eine beglaubigte Abschrift des Urteils ohne Ausfertigungsvermerk, eine Abschrift mit Ausfertigungsvermerk erst am zugestellt. Damit lief die Frist zur Berufungsbegründung nicht am Montag, dem , sondern erst am Montag, dem ab. Vor diesem Zeitpunkt, nämlich am , und damit rechtzeitig ging der Antrag auf Verlängerung der Frist beim Berufungsgericht ein. Auch die weiteren Verlängerungsanträge wurden fristgerecht gestellt. Allen Anträgen wurde stattgegeben. Damit lief die Berufungsbegründungsfrist erst am ab. An diesem Tag ging die Begründung beim Berufungsgericht ein. Das Berufungsgericht hat die Berufung daher zu Unrecht verworfen.
Kniffka Bauner Safari Chabestari
Eick Halfmeier
Fundstelle(n):
HFR 2011 S. 489 Nr. 4
KAAAD-55540