Rente wegen voller Erwerbsminderung - angenommenes Anerkenntnis - Vergleich - wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - Teilanerkenntnis
Leitsatz
1. Eine in Ausführung eines angenommenen Anerkenntnisses bewilligte Rente kann bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse nach § 48 SGB 10 aufgehoben werden.
2. Ein Teilanerkenntnis ist gegeben, wenn eine Rechtsfolge ohne "Drehen und Wenden" zugegeben ist.
Gesetze: § 48 Abs 1 S 1 SGB 10, § 53 Abs 1 S 2 SGB 10, § 54 Abs 1 SGB 10, § 59 SGB 10, § 43 SGB 6, § 100 Abs 3 SGB 6, § 102 Abs 1 S 2 SGB 6, § 101 Abs 1 SGG, § 101 Abs 2 SGG, § 199 Abs 1 Nr 3 SGG
Instanzenzug: Az: S 12 RJ 284/04 Urteilvorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Az: L 2 R 90/06 Urteil
Tatbestand
1Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit streitig.
2Im Rahmen eines Rechtsstreits auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vor dem SG (S 1 RI 432/02) erklärte die Beklagte mit Schriftsatz vom gegenüber dem Gericht: "… erkennen wir einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf der Grundlage eines Leistungsfalls am (…) mit Rentenbeginn zum (…) auf Zeit bis zum an, soweit keine Rentenausschlussgründe vorliegen, wie Verletztengeld oder Versorgungskrankengeld". Grundlage hierfür war ein orthopädisches Gutachten vom Mai 2003, das zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Klägerin wegen ihrer Dysplasie-Coxarthrose rechts nur noch in der Lage sei, maximal drei bis vier Stunden am Tag zu arbeiten. Nach einer für Sommer 2003 geplanten hüftendoprothetischen Versorgung des Gelenks werde sich die Erwerbsfähigkeit wieder bessern. Auf eine entsprechende Anfrage des SG nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom "das Angebot der Beklagten vom an" und erklärte den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt. Daraufhin teilte das Gericht den Beteiligten mit, der Rechtsstreit sei "laut richterlicher Verfügung erledigt durch Anerkenntnis".
3Mit Datum vom erließ die Beklagte "aufgrund des Anerkenntnisses vom " einen Rentenbescheid und bewilligte eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom bis mit einem monatlichen Zahlbetrag von 47,69 Euro.
4Die im Juni 2003 durchgeführte Totalendoprothesenoperation des rechten Hüftgelenks und die bis durchgeführte Anschlussheilbehandlung verliefen komplikationslos. Ausweislich des Entlassungsberichts vom war die Klägerin wieder imstande, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel der Körperhaltungen, jedoch überwiegend im Sitzen, in einem Umfang von täglich mindestens sechs Stunden und mehr zu verrichten.
5Nach Anhörung der Klägerin hob die Beklagte mit (am abgesandtem) Bescheid vom in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom die Bewilligung der Rente wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X mit Ablauf des auf. Es bestehe wieder ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen pro Tag für leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt; damit sei keine Erwerbsminderung mehr gegeben.
6Im Klageverfahren hat die Beklagte neben der Abweisung der Klage hilfsweise im Wege der Widerklage beantragt, das angenommene Anerkenntnis aus dem Vorprozess zum aufzuheben. Das den Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom aufgehoben und die Widerklage abgewiesen.
7Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das LSG in seinem Urteil vom im Wesentlichen ausgeführt: Die Entziehung der Rente sei rechtswidrig, denn Grundlage für die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis sei die in dem Vorprozess vor dem SG zwischen den Beteiligten geschlossene Vereinbarung. Bei dieser handele es sich nicht um ein angenommenes Anerkenntnis iS des § 101 Abs 2 SGG, weil das als "Anerkenntnis" bezeichnete Angebot auf Bewilligung einer befristeten Rente hinter dem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer unbefristeten Erwerbsminderungsrente zurückgeblieben sei. Vielmehr liege ein außergerichtlicher Vergleich vor, der als öffentlich-rechtlicher Vergleichsvertrag für die Beklagte bindend sei, denn er sei weder gemäß § 58 SGB X nichtig, noch komme eine Anpassung oder Kündigung wegen wesentlich geänderter Verhältnisse nach § 59 SGB X in Betracht. Eine Aufhebung des Ausführungsbescheids vom scheitere bereits daran, dass dieser kein Verwaltungsakt iS des § 31 Satz 1 SGB X sei, da er keine eigenständige Regelung hinsichtlich der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarung enthalte. Auch mit der hilfsweise erhobenen Widerklage auf Abänderung des angenommenen Anerkenntnisses aus dem Vorprozess mit Wirkung ab könne die Beklagte nicht durchdringen.
8Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, § 101 Abs 2 SGG und § 323 ZPO. Entgegen der Ansicht des LSG habe sie im Vorprozess ein Teilanerkenntnis abgegeben, denn sie habe mit ihrem Schriftsatz vom einen Anspruch der Klägerin auf eine nach Rentenart, Zahlungsbeginn und -ende konkretisierte Rente dem Grunde nach anerkannt. Hierin könne kein Angebot auf Abschluss eines Vergleichsvertrags gesehen werden, weil sie die Wirksamkeit ihrer dort getroffenen Feststellung eines Rentenanspruchs nicht von einem wie auch immer gearteten Nachgeben oder einer Annahme durch die Klägerin abhängig gemacht habe. Diese wäre durch die Annahme des Teilanerkenntnisses nicht darin gehindert gewesen, ihr Begehren auf Gewährung einer unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung im Vorprozess weiterzuverfolgen.
9Ihr Anerkenntnis vom über einen Teil des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs erfülle alle Tatbestandsmerkmale eines Verwaltungsakts. Entgegen der Rechtsmeinung des LSG sei daher die Frage, ob die anerkannte Rente auf Grund einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse entzogen werden könne, nicht auf der Grundlage des § 59 SGB X zu beantworten. Vielmehr habe die durch das Anerkenntnis dem Grunde nach festgestellte und durch den Bescheid vom der Höhe nach konkretisierte Rente nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung zum entzogen werden müssen. Doch selbst wenn man der Meinung des LSG folge, könnten wiederkehrende Sozialleistungen in entsprechender Anwendung des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Kündigung des Vertrags nach § 59 SGB X entzogen werden. Soweit das LSG den im Wege der Widerklage hilfsweise verfolgten Anspruch auf Aufhebung des angenommenen Anerkenntnisses aus dem Vorprozess für die Zeit ab verneint habe, habe es die über § 202 SGG auf solche Vollstreckungstitel über wiederkehrende Sozialleistungen entsprechend anwendbare Bestimmung des § 323 Abs 4 ZPO verletzt, da eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS dieser Bestimmung eingetreten sei.
10Die Beklagte beantragt,das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom und das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom aufzuheben und die Klage abzuweisen,hilfsweise, das Anerkenntnis vom für die Zeit ab aufzuheben.
11Die Klägerin beantragt,die Revision zurückzuweisen.
12Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
13Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).
Gründe
14Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Entscheidungen der Vorinstanzen können keinen Bestand haben; die Klage ist abzuweisen. Die in dem angefochtenen Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom verfügte Aufhebung der Rentenbewilligung mit Wirkung zum ist rechtmäßig. Denn die Voraussetzungen des hier anzuwendenden § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X sind erfüllt.
151. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der befristeten Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Wirkung für die Zukunft ist § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm § 102 Abs 1 Satz 2 SGB VI. Gemäß § 102 Abs 1 Satz 2 SGB VI ist bei befristet bewilligten Renten vor Ablauf der Frist eine Änderung oder Beendigung aus anderen Gründen nicht ausgeschlossen. Solche "anderen Gründe" können darin liegen, dass in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Rentenbewilligung - dh dem Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts mit Dauerwirkung - vorgelegen haben, nachträglich eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen iS von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X eintritt; in diesem Fall ist der Verwaltungsakt jedenfalls mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Voraussetzungen der genannten Bestimmung sind erfüllt, wenn der Verwaltungsakt entsprechend den bei seinem Erlass vorliegenden tatsächlichen Verhältnissen und übereinstimmend mit der damals gegebenen Rechtslage ergangen war und erst nach diesem Zeitpunkt infolge einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse rechtswidrig geworden ist, so dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Umständen den Verwaltungsakt nicht oder nicht mit seinem ursprünglichen Inhalt hätte erlassen dürfen ( BSGE 59, 111, 112 = SozR 1300 § 48 Nr 19 S 36; SozR 1300 § 45 Nr 32 S 101; - SozR 4-5870 § 1 Nr 2 RdNr 15).
162. Der Anwendung des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X steht hier nicht entgegen, dass der mit dem angefochtenen Bescheid vom aufgehobene Rentenbescheid vom seinerseits auf dem Ergebnis des vorangegangenen Klageverfahrens vor dem SG (S 1 RI 432/02) beruhte. Dabei kann offen bleiben, ob - wie das LSG dies angenommen hat - im Fall einer Rentengewährung auf der Grundlage eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs eine nachträgliche Anpassung wegen geänderter Verhältnisse nur nach Maßgabe der Voraussetzungen des § 59 SGB X in Frage kommt, oder ob anzunehmen ist, dass in einem Vergleich über Rentenleistungen diese Norm regelmäßig zugunsten einer Anwendung des § 48 Abs 1 SGB X abbedungen wird (vgl zum Meinungsstand Steinwedel in Kasseler Komm, Stand April 2010, § 48 SGB X RdNr 12; Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, Vor §§ 44 bis 49 ff RdNr 7; s auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 101 RdNr 15a). Denn jedenfalls ist § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X auf einen zur Umsetzung eines gerichtlichen Anerkenntnisses erlassenen Rentenbescheid anwendbar (s nachfolgend unter b); auf einem solchen Anerkenntnis der Beklagten iS von § 101 Abs 2 SGG beruhte der Bescheid vom (sogleich unter a).
17a) Die Beklagte hat mit ihrer Erklärung vom , dass sie "einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf der Grundlage eines Leistungsfalls am (…) mit Rentenbeginn zum (…) auf Zeit bis zum " anerkenne, kein "Angebot" auf Abschluss eines (außergerichtlichen) Vergleichsvertrags abgegeben, sondern den von der Klägerin geltend gemachten (prozessualen) Anspruch teilweise anerkannt.
18aa) Nach § 101 Abs 2 SGG erledigt das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs "insoweit" den Rechtsstreit in der Hauptsache. Bereits aus dieser Formulierung geht hervor, dass es auch ein Teilanerkenntnis geben kann, das den geltend gemachten Klageanspruch nicht vollständig umfasst. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich insoweit um einen teilbaren (prozessualen) Anspruch (Streitgegenstand) handelt (stRspr, - SozR Nr 3 zu § 101 SGG; - KOV 1966, 17; BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12; BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 10). Alternativ dazu können die Beteiligten gemäß § 101 Abs 1 SGG einen gerichtlich geltend gemachten Anspruch aber auch dadurch vollständig oder zum Teil (unstreitig) erledigen, dass sie einen Vergleich schließen.
19Ein Anerkenntnis und kein Vergleichsangebot liegt vor, wenn der/die Beklagte einseitig und ohne Einschränkung erklärt, die vom Kläger begehrte Rechtsfolge werde "ohne Drehen und Wenden" zugegeben (vgl - SozR Nr 3 zu § 101 SGG; - Juris RdNr 20 f; 9a/9 RV 30/81 - Juris RdNr 13; - Juris RdNr 30; BSGE 65, 160, 164 = SozR 1200 § 44 Nr 24 S 64; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 101 RdNr 20; Masuch/Blüggel, SGb 2005, 613 f); im begrifflichen Gegensatz dazu steht der (Prozess-)Vergleich, der unter beiderseitigem Nachgeben den Rechtsstreit beenden soll ( - Juris RdNr 30).
20Welche der beiden Handlungsformen vorliegt, ist bei Zweifeln durch Auslegung der abgegebenen Erklärungen zu ermitteln (s bereits aaO). Im Einzelfall kann ein Beteiligter ein Anerkenntnis iS des § 101 Abs 2 SGG auch ohne die Verwendung der entsprechenden Bezeichnung ("Anerkenntnis" bzw "anerkennen") abgeben. Die Erklärung muss aber stets gekennzeichnet sein durch den unbedingten Bindungswillen des Anerkennenden, und zwar auch für den Fall, dass das Anerkenntnis nicht angenommen wird. Erforderlich ist, dass sich ein darauf gerichteter Wille hinreichend deutlich aus dem gesamten Inhalt der Äußerung und aus dem Zusammenhang, in dem sie steht, ergibt (vgl 9a/9 RV 30/81 - Juris RdNr 14; - Juris RdNr 30).
21Ein Anerkenntnis ist gegenüber dem Gericht abzugeben; dies kann in einem Schriftsatz - wie vorliegend -, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll des Gerichts (§ 122 SGG iVm § 160 Abs 3 Nr 1 ZPO) erfolgen. Nach § 101 Abs 2 SGG erledigt zwar nur das angenommene Anerkenntnis des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs den Rechtsstreit in der Hauptsache. Ein nicht angenommenes Anerkenntnis bleibt aber gleichfalls eine Prozesserklärung, wenngleich ohne unmittelbare prozessuale Wirkung, dh es erledigt als solches den Rechtsstreit in der Hauptsache nicht. Dennoch bleibt auch ohne eine Annahme der Beteiligte, der die Erklärung abgegeben hat, an ihren materiell-rechtlichen Inhalt gebunden, weil es sich bei dem Anerkenntnis um eine einseitige, nicht zustimmungsbedürftige Erklärung handelt (vgl - SozR Nr 3 zu § 101 SGG; - Juris RdNr 21). Diese Bindung führt dazu, dass auch im sozialgerichtlichen Verfahren auf ein nicht angenommenes Anerkenntnis ein Anerkenntnisurteil (§ 202 SGG iVm § 307 ZPO) zu ergehen hat (stRspr, zB SozR 1750 § 307 Nr 1 S 2; SozR 1750 § 307 Nr 2 S 5; SozR 1500 § 101 Nr 6 S 6; - Juris RdNr 18).
22bb) Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass die Beklagte im Vorprozess mit Schriftsatz vom ein Teilanerkenntnis abgegeben hat.
23Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom das Wort "Vergleichsangebot" nicht verwendet. Die Erklärung sollte auch nicht die Ungewissheit über das Ausmaß des verbliebenen Leistungsvermögens der Klägerin beseitigen. Vielmehr gab die Beklagte nach Auswertung des vom SG eingeholten orthopädischen Sachverständigengutachtens vom Mai 2003 "ohne Drehen und Wenden" zu, dass der Klageanspruch zumindest teilweise begründet ist. Bereits aus der Formulierung "erkennen wir einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf der Grundlage eines Leistungsfalls am (…) mit Rentenbeginn zum (…) auf Zeit bis zum an" lässt sich unschwer der Wille der Beklagten entnehmen, den von der Klägerin geltend gemachten Rentenanspruch (nur) teilweise, nämlich als Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit - aber insoweit ohne Einschränkungen - anzuerkennen. Die Einschränkung "soweit keine Rentenausschlussgründe vorliegen, wie Verletztengeld oder Versorgungskrankengeld" vermag an der beabsichtigten Bindungswirkung der Erklärung nichts zu ändern, sondern verdeutlicht, dass keine weiteren Vorbehalte bestehen. Dass die Beklagte ihre insoweit getroffenen materiell-rechtlichen Feststellungen hinsichtlich Art, Beginn und Dauer der Rente von einer "Annahme" dieser Erklärung durch die Klägerin abhängig gemacht hat, lässt sich dem Schriftsatz vom nicht entnehmen. Vielmehr hat sie im vorletzten Absatz nochmals ausdrücklich das Wort "Anerkenntnis" verwendet. Soweit die Beklagte ausführt, "wenn das Anerkenntnis angenommen wird, ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt", weist sie nur auf die sich aus § 101 Abs 2 SGG ergebenden Folgen hin.
24Hiergegen lässt sich nicht mit Erfolg einwenden, der Anspruch auf "Zeitrente" wegen voller Erwerbsminderung sei kein selbstständiger Teil des Anspruchs einer "Dauerrente" wegen voller Erwerbsminderung, sondern ein "eigenständiger Anspruch", so dass sich beide Ansprüche gegenseitig ausschlössen. Diese Argumentation geht bereits deshalb fehl, weil es nach § 33 Abs 3 Nr 2, § 89 Abs 1 Satz 2 Nr 7 SGB VI nur eine "Rente wegen voller Erwerbsminderung" gibt. Diese ist vom Rentenversicherungsträger nach § 102 Abs 2 Satz 1 und 5 SGB VI lediglich (grundsätzlich) zunächst für einen begrenzten Zeitraum als befristete Rente ("auf Zeit") zu leisten (s zum Beginn und Ende befristeter Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit § 101 Abs 1, § 102 Abs 1, Abs 2 Satz 2 bis 4 SGB VI); hieraus ergibt sich ohne weiteres die für ein Teilanerkenntnis erforderliche Teilbarkeit des Streitgegenstands.
25Auf dieser Grundlage hat die damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen. Hierzu passt, dass sie gleichzeitig "im Übrigen (den) Rechtsstreit für erledigt erklärt" hat; denn wenn der Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs gewollt gewesen wäre, hätte die Klägerin den Rechtsstreit insgesamt für erledigt erklären müssen. Dies hat auch das damalige Prozessgericht so gesehen, das nach der richterlichen Verfügung vom von einer Verfahrenserledigung durch angenommenes Anerkenntnis ausgegangen ist und dies den Beteiligten mitgeteilt hat.
26cc) Der Senat ist aufgrund der Regelung in § 163 SGG nicht daran gehindert, die im Vorprozess von der Beklagten im Schriftsatz vom abgegebene Erklärung abweichend vom Berufungsgericht selbst als Teilanerkenntnis auszulegen.
27Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob dies bereits daraus folgt, dass es sich bei ihr um eine Prozesserklärung handelt, zu deren Auslegung das Revisionsgericht stets befugt ist (vgl - Juris RdNr 19; - Juris RdNr 19; 9a/9 RV 30/81 - Juris RdNr 11; - Juris RdNr 28; - Juris RdNr 21). Die Anwendung dieser Regel würde hier voraussetzen, dass sie auch für sämtliche Prozesserklärungen in anderen Gerichtsverfahren, jedenfalls aber für solche in einem "Vorprozess" wie im vorliegenden Fall gälte (vgl BAGE 48, 351, 359 f - und vom - BAGE 42, 244, 249, wonach ein vorprozessualer Prozessvergleich durch das Revisionsgericht unbeschränkt und selbstständig auslegbar ist; einschränkend BSGE 43, 37, 39 = SozR 2200 § 1265 Nr 24 S 75; BSGE 75, 92, 95 = SozR 3-4100 § 141b Nr 10 S 46; - Juris RdNr 66 <in BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1 insoweit nicht veröffentlicht> - in Bezug auf den materiellen Teil eines gerichtlichen Vergleichs). Darauf kommt es vorliegend jedoch nicht an, weil auch bei Zugrundelegung der zuletzt genannten Rechtsmeinung hier keine Bindung des Revisionsgerichts an die tatsächlichen Feststellungen des LSG besteht (vgl § 163 Halbs 2 SGG). Denn die Auslegung des LSG beruht - wie die Beklagte zu Recht rügt - auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 162 SGG), nämlich des § 101 Abs 2 SGG. Das Berufungsgericht hat seine Auslegung der Erklärung der Beklagten vom als Vergleichsangebot nämlich maßgeblich darauf gestützt, dass es sich dabei "nicht um die Abgabe eines (vollen) Anerkenntnisses" gehandelt und deshalb das Angebot zur Gewährung lediglich einer befristeten Rente "ein gegenseitiges Nachgeben zur Beseitigung einer Ungewissheit" enthalten habe. Diese Begründung belegt, dass das LSG bei seiner Auslegung das - oben unter aa) näher dargestellte - entscheidende Kriterium zur Abgrenzung von (Teil-)Anerkenntnis und Vergleich nicht berücksichtigt hat.
28b) Die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit in Ausführung eines von der Beklagten abgegebenen und von der Klägerin angenommenen Teilanerkenntnisses (§ 101 Abs 2 SGG) und die dadurch erlangte verfahrensrechtliche Stellung der Klägerin (Erwirkung eines Vollstreckungstitels nach § 199 Abs 1 Nr 3 SGG) stehen einer späteren Aufhebung der Rentenbewilligung gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht entgegen. Denn selbst die Bestätigung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung durch ein rechtskräftiges sozialgerichtliches Urteil würde dessen Aufhebung bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse iS von § 48 SGB X nicht hindern. Entsprechendes gilt für einen in Ausführung eines zusprechenden Urteils ergangenen (Ausführungs-)Bescheid mit Dauerwirkung (vgl zum früheren Recht SozR 4100 § 151 Nr 10 S 18 f; s auch Schütze in von Wulffen, aaO, Vor §§ 44 bis 49 ff RdNr 7; Waschull in Diering/Timme/Waschull, Lehr- und PraxisKomm, SGB X, 2. Aufl 2007, Vor §§ 44 bis 51 RdNr 22).
29Aus den Ausführungen im Urteil des 4. Senats des (SozR 4-8570 § 5 Nr 5 RdNr 7) lässt sich nichts Abweichendes herleiten; denn sie bezogen sich insoweit nicht auf ein angenommenes Teilanerkenntnis iS von § 101 Abs 2 SGG, sondern auf eine Vereinbarung der Prozessbeteiligten zum Vorliegen eines für den geltend gemachten prozessualen Anspruch (auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz) maßgeblichen Sachverhaltselements (zu solchen - gelegentlich unscharf ebenfalls als "Teilanerkenntnis" bezeichneten - Unstreitigstellungen des Vorliegens einzelner Tatbestandsmerkmale s zB BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 22; BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12 f). Gegenstand eines Anerkenntnisses iS von § 101 Abs 2 SGG kann aber nur - wie oben unter aa) bereits dargestellt - der prozessuale Anspruch oder ein abtrennbarer Teil des Anspruchs, also die Anerkennung einer Rechtsfolge aus dem vom Kläger behaupteten Tatbestand, nicht der Tatbestand selbst oder ein Tatbestandselement sein ( BSGE 65, 160, 164 = SozR 1200 § 44 Nr 24 S 64).
30Allerdings trifft zu, dass der Bescheid vom hinsichtlich Rentenart, Rentenbeginn und Rentendauer keine selbstständigen Regelungen iS des § 31 Satz 1 SGB X mehr enthält. Diese (Grund-)Entscheidungen waren nämlich schon in dem Teilanerkenntnis der Beklagten vom enthalten. Denn bereits darin hatte die Beklagte der Klägerin "ohne Drehen und Wenden" zugestanden, dass nach den zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden tatsächlichen Umständen ihr Rentenanspruch für die Zeit vom bis dem Grunde nach besteht. Dementsprechend hat die Beklagte mit Bescheid vom "aufgrund des Anerkenntnisses vom " eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom bis bewilligt und insoweit ihre bereits im Anerkenntnis getroffenen Entscheidungen deklaratorisch wiederholt. Der Bescheid vom enthielt jedoch eine selbstständige Regelung über die Rentenhöhe; hierzu war über das Anerkenntnis vom hinaus noch eine Konkretisierung durch eine Regelung im Ausführungsbescheid erforderlich (allgemein zum Verwaltungsaktcharakter von so genannten Ausführungsbescheiden Engelmann in von Wulffen, aaO, § 31 RdNr 30; vgl auch 9a RV 2/91 - Juris RdNr 13; SozR 3-3200 § 88 Nr 2 S 8; - Juris RdNr 6).
313. Die Beklagte war verpflichtet, die in dem angenommenen Teilanerkenntnis und in dem zu dessen Ausführung erlassenen Rentenbescheid vom getroffenen Regelungen hinsichtlich Rentenart, Rentendauer und Rentenhöhe nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben; ein Ermessen stand ihr insoweit nicht zu (vgl - Juris RdNr 14; BSGE 85, 92, 96 = SozR 3-1300 § 48 Nr 68 S 163).
32Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X für die im angefochtenen Bescheid vom verfügte Aufhebung der Rentenbewilligung mit Wirkung vom sind erfüllt. Dabei umfasst die Aufhebungsentscheidung der Beklagen auch die bereits im Anerkenntnis vom getroffenen Regelungen über Rentenart und Rentendauer; denn diese waren im Ausführungsbescheid vom zur Regelung der Rentenhöhe wiederholt worden. In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Abgabe des Teilanerkenntnisses mit Schriftsatz vom - und auch noch bei Erlass des Ausführungsbescheids vom - vorlagen, war nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) eine wesentliche Änderung eingetreten. Nach der Totalendoprothesenoperation des rechten Hüftgelenks und der im Anschluss bis Anfang August 2003 durchgeführten Heilbehandlungsmaßnahme war die Klägerin wieder in der Lage, zumindest leichte körperliche Arbeiten in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten, so dass sie wegen des Wegfalls der Erwerbsminderung keinen Anspruch auf Rente wegen (voller oder teilweiser) Erwerbsminderung mehr hatte (vgl § 43 SGB VI).
33Die Aufhebung der Leistungsbewilligung mit Wirkung für die Zukunft (dh für einen Zeitpunkt nach Bekanntgabe des Aufhebungsbescheids: BSGE 65, 185, 188 = SozR 1300 § 48 Nr 57 S 173) nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X war an keine Frist gebunden. Dass diese mit Ablauf des Monats wirksam werden sollte, in dem der am zur Post gegebene Aufhebungsbescheid vom der Klägerin bekanntgegeben worden war (vgl § 37 Abs 2 SGB X), hier somit zum , und damit über vier Monate nach Abschluss der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme und Wegfall der Erwerbsminderung im August 2003, ist auch unter Berücksichtigung der Vorgabe in § 100 Abs 3 Satz 2 SGB VI nicht zu beanstanden.
344. Da die Beklagte bereits mit ihrem Hauptantrag erfolgreich war, bedurfte es keiner Entscheidung über den Hilfsantrag.
35Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2010:060510UB13R1609R0
Fundstelle(n):
AAAAD-54473