BVerwG Beschluss v. - 2 B 43.09

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gründe

Die Beschwerde des Klägers kann keinen Erfolg haben. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO vorliegen. Die Prüfung des Senats ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO auf die fristgerecht geltend gemachten Beschwerdegründe beschränkt.

Der Kläger stand als Rechtsreferendar in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis mit der Beklagten. Bei Aufnahme in den Vorbereitungsdienst war er verheiratet und Vater eines Kindes. In der Ausbildungszeit wurde ein zweites Kind geboren. Die Beklagte rechnete den 500 EUR übersteigenden Teil seines monatlichen Einkommens aus genehmigter Nebentätigkeit zur Hälfte auf die monatliche Unterhaltsbeihilfe von 850 EUR an. Rechtsgrundlage dieser Anrechnung ist § 3 der Verordnung der Beklagten zur Regelung der Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare vom (HmbGVBl S. 216), der den anrechnungsfreien Hinzuverdienst einheitlich auf 500 EUR festlegt. Der Kläger hat Anfechtungsklage gegen den Anrechnungsbescheid erhoben, um die Auszahlung der einbehaltenen Beträge zu erreichen. Er macht geltend, in Anbetracht der jedem Rechtsreferendar gewährten Unterhaltsbeihilfe von 850 EUR müsse die Anrechnungsgrenze für Rechtsreferendare mit Unterhaltspflichten zur Vermeidung einer gleichheitswidrigen Benachteiligung dieser Gruppe höher festgesetzt werden.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Nach der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts sind die Nachteile, die sich aus der einheitlichen Anrechnungsgrenze für Rechtsreferendare mit Unterhaltsverpflichtungen ergeben, sachlich gerechtfertigt.

Mit der Beschwerde wirft der Kläger als rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Frage auf, ob der Hamburgische Verordnungsgeber Unterhaltspflichten von Rechtsreferendaren bei der Anrechnung von Nebenerwerbseinkommen auf die Unterhaltsbeihilfe soweit berücksichtigen müsse, als das steuerliche und sozialhilferechtliche Existenzminimum nicht unterschritten werden dürfe.

Die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf ( BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18; stRspr). Diese Voraussetzungen liegen bei der vom Kläger aufgeworfenen Frage nicht vor. Sie betrifft zwar nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO revisibles Recht. Die Frage nach der Vereinbarkeit der Anrechnungsregelung des § 3 der Hamburgischen Verordnung vom mit Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG kann jedoch bereits aufgrund der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Rechtsprechung des Senats zur Besoldung der Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst (Anwärter) sowie zur Unterhaltsbeihilfe für hamburgische Rechtsreferendare beantwortet werden, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

Beamtenverhältnisse auf Widerruf und öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnisse werden zum Zweck der Ausbildung begründet; sie enden mit deren Abschluss. Dementsprechend steht die Ausbildung im Vordergrund; die Dienstleistung für den Dienstherrn spielt nur eine untergeordnete Rolle. Für Anwärter gilt der Alimentationsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 5 GG nicht. Sie können nicht beanspruchen, dass ihnen der Dienstherr während der Ausbildungszeit die finanziellen Mittel zur Verfügung stellt, die erforderlich sind, um den angemessenen Lebensunterhalt sicherzustellen. Dementsprechend sind die Anwärterbezüge gemäß §§ 59 ff. BBesG nicht darauf ausgelegt, den Lebensunterhalt zu decken. Vielmehr stellen sie lediglich eine Hilfe für das Bestreiten des Lebensunterhalts während der Ausbildungszeit dar. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in der Fürsorgepflicht. Dies gilt auch, wenn unterhaltsrechtliche Belastungen durch Ehe und Familie bestehen. Aufgrund des Charakters der Anwärterbezüge als Zuschuss zum Lebensunterhalt folgt aus Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG grundsätzlich keine Verpflichtung, bei der Festlegung ihrer Höhe dem durch Ehe und Kinder bedingten Mehrbedarf Rechnung zu tragen ( - DVBl 1992, 1597; BVerwG, Beschlüsse vom - BVerwG 2 B 21.88 - Buchholz 240 § 59 BBesG Nr. 3; vom - BVerwG 2 B 82.88 - Buchholz 240 § 62 BBesG Nr. 5 und vom - BVerwG 2 B 2.89 - Buchholz 240 § 61 BBesG Nr. 1).

Diese Grundsätze gelten für die Unterhaltsbeihilfe nach der Hamburgischen Verordnung vom entsprechend. Danach verstößt die einheitliche Grenze für die Anrechnung von Erwerbseinkommen nach § 3 der Verordnung nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG, weil sie unabhängig von Familienstand und Unterhaltspflichten der Rechtsreferendare gilt ( - DÖD 2008, 177).

Auch die Berechnungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach das im Jahr 2007 steuerrechtlich anerkannte Existenzminimum für allein verdienende verheiratete Rechtsreferendare mit einem Kind bei einem Nebenerwerbseinkommen von 800 EUR im Monat unterschritten wird, gebieten die Erhöhung des Anrechnungsfreibetrags von 500 EUR für diese Gruppe im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG nicht. Die Festsetzung einer einheitlichen Grenze für die Anrechnung von Erwerbseinkommen aus genehmigten Nebentätigkeiten ist auch sachlich gerechtfertigt. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass die Anrechnung den Anreiz vermindern soll, die nur noch zweijährige Ausbildung zugunsten von Nebentätigkeiten zu vernachlässigen. Dies gilt für alle Rechtsreferendare gleichermaßen.

Gesetz- und Verordnungsgeber können eine Schlechterstellung der Rechtsreferendare mit Unterhaltsverpflichtungen vermeiden, indem sie dem ehe- und familienbedingten Mehrbedarf durch die Erhöhung der Unterhaltsbeihilfe, etwa durch die Gewährung von Familienzuschlägen, Rechnung tragen. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine derartige Erhöhung trotz des Zuschusscharakters der Unterhaltsbeihilfe aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten ist, kann hier nicht zur Revisionszulassung führen, weil sie sich im Revisionsverfahren nicht stellen würde. Das Oberverwaltungsgericht hat in der Berufungsinstanz nur noch über Ansprüche des Klägers auf Aufhebung des Anrechnungsbescheids und Nachzahlung des auf die Unterhaltsbeihilfe angerechneten Erwerbseinkommens entschieden, sodass der Senat im Revisionsverfahren auf die Prüfung dieses Klagebegehrens beschränkt wäre (vgl. § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass die Revision wegen Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen ist. Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn die Entscheidung der Vorinstanz auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht, der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder das Bundesverfassungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt haben ( BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 26; stRspr).

Danach liegt die behauptete Divergenz schon deshalb nicht vor, weil die vom Kläger bezeichneten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG weder Anwärterbezüge noch diesen gleichstehende Fürsorgeleistungen aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses betreffen. Der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG stellt einen bereichsspezifischen Prüfungsmaßstab dar. Die Frage, ob Gleich- oder Ungleichbehandlungen von Personengruppen sachlich gerechtfertigt sind, kann nur aufgrund der Besonderheiten des jeweiligen Sachbereichs und der danach zu bildenden Vergleichsgruppen beantwortet werden. Wie dargelegt ist für die hier vorzunehmende Gleichheitsprüfung maßgebend, dass Anwärterbezüge und entsprechende Leistungen wie die Unterhaltsbeihilfe nach ihrem Zweck nur zum Lebensunterhalt beitragen, diesen aber nicht sicherstellen sollen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Fundstelle(n):
OAAAD-35607