Schriftlicher Antrag auf Kindergeld durch einen Vertreter
Gesetze: EStG § 67
Instanzenzug:
Gründe
I. Der für den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) tätige Lohnsteuerhilfeverein hatte Kindergeld für den Zeitraum Januar bis November 2003 beantragt. Mit dem Antrag legte der Verein eine Bestätigung vor, dass sich die Tochter des Klägers in Ausbildung befunden habe, außerdem u.a. Ablichtungen der Lohnsteuerkarten und eine Berechnung, dass die Einkünfte und Bezüge der Tochter den Grenzbetrag nicht erreichten.
Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) forderte den Kläger auf, einen Kindergeldantrag-Vordruck auszufüllen; anderenfalls müsse der Antrag abgelehnt werden. Nachdem die dafür gesetzte Frist fruchtlos verstrichen war, lehnte die Familienkasse den Antrag ab.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens forderte die Familienkasse unter Fristsetzung die Vorlage einer Vollmacht sowie des vollständig ausgefüllten Antragsformulars mit entsprechenden Nachweisen. Auf Nachfrage des Lohnsteuerhilfevereins beanstandete die Familienkasse, dass die Angaben zum Kind nicht vollständig ausgefüllt worden seien und die Unterschriften des Klägers und seiner Ehefrau fehlten. Mit dieser Begründung wurde der Einspruch sodann als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klage blieb ohne Erfolg. Nachdem das Finanzgericht (FG) den Lohnsteuerhilfeverein ohne Erfolg aufgefordert hatte, die von der Familienkasse für erforderlich gehaltenen Angaben zu machen und die Unterschriften vorzulegen, wies es die Klage ab. Es entschied, für den Antrag auf Kindergeld bestehe nach einhelliger Auffassung kein Formularzwang. Da der Kindergeldberechtigte aber im weiteren Verfahren zur Mitwirkung verpflichtet sei, könne er nach § 149 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) auch zur Abgabe eines ausgefüllten Kindergeldformulars aufgefordert werden. Nach Widersprüchen zwischen dem Antrag und den Ausführungen des Lohnsteuerhilfevereins verblieben Zweifel an der Haushaltsaufnahme der Tochter, von der u.a. die Berechtigtenbestimmung bei mehreren Kindergeldberechtigten abhinge. Die Unterschrift der Ehefrau diene der Berechtigtenbestimmung und liege im Aufklärungsinteresse der Familienkasse, weil sie einen weiteren Antrag durch diese ausschließe. Die vom Lohnsteuerhilfeverein in Vertretung für beide Eltern abgegebene Erklärung sei wegen möglicher gegenläufiger Interessen im Hinblick auf § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) unwirksam.
Mit seiner gegen die Nichtzulassung der Revision gerichteten Beschwerde trägt der Kläger vor, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Die Revision sei auch zuzulassen, weil das FG-Urteil in einer Weise fehlerhaft sei, die das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen könne. Das FG habe nicht berücksichtigt, dass die Familienkasse am mitgeteilt habe, alle erforderlichen Informationen lägen vor, in der Einspruchsentscheidung vom aber beanstandet habe, dass der Antrag weder vollständig ausgefüllt noch unterzeichnet worden sei. Es habe auch die in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Erklärungen über die Haushaltsgemeinschaft, die Berechtigtenbestimmung und den Lebensmittelpunkt des Kindes möglicherweise nicht berücksichtigt. Die auf die Lohnsteuerkarte des Kindes gegründeten Zweifel an der Eingliederung in seinen, des Klägers, Haushalt seien nicht tragfähig.
II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärbar sein (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2008, 1838). Die vom Kläger für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), ob für einen wirksamen Kindergeldantrag der Formularvordruck erforderlich sei oder ein formloser Antrag genüge, könnte in einem Revisionsverfahren mangels Entscheidungserheblichkeit nicht geklärt werden. Das FG hat zutreffend entschieden, dass für den Antrag auf Kindergeld nicht das amtliche Formular verwendet werden muss. Dies ergibt sich aus § 67 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), der einen schriftlichen Antrag genügen lässt (vgl. demgegenüber § 25 Abs. 3 EStG i.V.m. § 150 Abs. 1 Satz 1 AO), und entspricht auch der Ansicht der Verwaltung (Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes —DA-FamEStG— 67.2.1).
Die Klagabweisung durch das FG beruhte nicht auf der Unwirksamkeit des Antrags, sondern auf Zweifeln an der Kindergeldberechtigung des Klägers, die nach Auffassung des FG durch das vollständig ausgefüllte und von beiden Elternteilen unterzeichnete Formular hätten ausgeräumt werden können.
2. Auch die vom Kläger für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, ob die Familienkasse nach § 149 Abs. 1 Satz 2 AO oder gemäß § 364b Abs. 1 Nr. 3 AO zur Abgabe des Formularvordrucks auffordern könne, wäre in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Denn die Klage wurde nicht abgewiesen, weil der Kläger die von der Familienkasse gesetzte Frist versäumt hatte. Dies ergibt sich schon daraus, dass das FG mehr als ein Jahr vor der mündlichen Verhandlung anheim gestellt hatte, die von der Familienkasse für erforderlich gehaltenen Angaben und Unterschriften nachzureichen.
3. Die Frage, ob der Kindergeldantrag eigenhändig zu unterzeichnen sei und der Vertreter damit gehindert werde, den Antrag selbständig zu stellen, ist ebenfalls nicht grundsätzlich bedeutsam. Denn sie ist offensichtlich dahin zu beantworten, dass der Antrag durch einen Vertreter gestellt werden kann; davon gehen auch das FG und die Verwaltung aus (DA-FamEStG 67.2.1 Abs. 4).
4. Zu den Darlegungserfordernissen im Falle einer behaupteten grundsätzlichen Bedeutung gehört, dass sich die Beschwerde mit etwaiger Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit den ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzt und auf die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Rechtsfrage eingeht. Der Hinweis des Klägers auf die Frage, ob die Berechtigtenbestimmung durch den Vertreter erfolgen könne oder § 181 BGB dem entgegenstehe, genügt dem nicht.
5. Die vom Kläger für möglich gehaltenen materiell-rechtlichen Fehler des FG-Urteils rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht; sie wären —falls sie vorlägen— jedenfalls nicht geeignet, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
VAAAD-30564