Erweiterte Übergangsregelung des § 13 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 EStG verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz
Leitsatz
1. Die Fortführung der Nutzungswertbesteuerung für Baudenkmale von Land- und Forstwirten nach § 13 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 EStG verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz. Obschon diese Norm Steuerpflichtige mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gegenüber Steuerpflichtigen, die keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen, begünstigt, geschieht dies nicht ohne sachliche Rechtfertigung.
2. Die Beschränkung des - nicht auf den kindbedingten Bedarf ausgerichteten - Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 EStG auf 18 000 DM ist mit Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 76/207/EWG vereinbar.
Gesetze: EStG § 10 Abs. 1 Nr. 8, EStG § 13 Abs. 2 Nr. 2, EStG § 13 Abs. 4, GG Art 3 Abs. 1
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden als Eheleute im Streitjahr 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Die Klägerin hat drei in den Jahren 1982, 1984 und 1985 geborene Kinder, für die sie im Streitjahr insgesamt 9 600 DM Kindergeld erhielt. Sie ist Eigentümerin eines unter Denkmalschutz stehenden Mehrfamilienhauses mit drei Wohnungen. Die Wohnung im Erdgeschoss wird seit dem Jahr 1986 von der Klägerin selbst bewohnt, die Wohnungen im ersten und zweiten Obergeschoss sind vermietet.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin Schuldzinsen in Höhe von 89 243 DM für das gesamte Grundstück als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend; auf die selbst genutzte Wohnung entfielen 33 334 DM. Ferner erklärten die Kläger Aufwendungen in Höhe von 31 877 DM für die Beschäftigung einer sozialversicherungspflichtigen Haushaltshilfe.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr fest, ohne den Nutzungswert der selbst genutzten Wohnung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen; für hauswirtschaftliche Beschäftigungsverhältnisse setzte es Sonderausgaben in Höhe von 18 000 DM an. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.
Während des Klageverfahrens erging ein geänderter Einkommensteuerbescheid; die Änderung berührte nicht die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffes. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 297 veröffentlichten Gründen ab.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts und einen Verstoß gegen § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausschluss der Besteuerung des Nutzungswerts für selbst bewohnte Baudenkmale ab dem Jahr 1999 sei wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verfassungswidrig, da der Gesetzgeber in § 13 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) für Baudenkmale von Land- und Forstwirten die Fortführung der Nutzungswertbesteuerung angeordnet habe. Die in § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG vorgesehene Höchstgrenze von 18 000 DM verstoße gegen Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, da vornehmlich den Müttern und nicht den Vätern durch realitätswidrige steuerliche Abzugsbeträge die Aufnahme einer Berufstätigkeit erschwert werde.
Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr dahin zu ändern, dass negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 123 889 DM und Kinderbetreuungskosten in Höhe von 31 876,86 DM berücksichtigt werden.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und deshalb nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.
Nach zutreffender Entscheidung des FG ist der Nutzungswert der von der Klägerin selbst genutzten Wohnung bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht zu berücksichtigen. Auch hat das FG zu Recht entschieden, dass die Aufwendungen für das hauswirtschaftliche Beschäftigungsverhältnis über den Betrag von 18 000 DM hinaus nicht abziehbar sind.
1. Die erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch; der Senat sieht insoweit gemäß § 126 Abs. 6 Satz 1 FGO von einer Begründung ab.
2. Der Nutzungswert der von der Klägerin selbst genutzten Wohnung ist nicht steuerbar.
a) Die Klägerin hat aus der von ihr selbst genutzten Wohnung keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG erzielt. Der Nutzungswert einer selbst genutzten Wohnung im eigenen Haus gehört seit dem Veranlagungszeitraum 1987 nicht mehr zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 21 Satz 1 EStG a.F.). Nach der sog. großen Übergangsregelung in § 52 Abs. 21 Sätze 2 und 3 EStG a.F. war § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. längstens bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1998 weiter anzuwenden.
b) Der Nutzungswert unterliegt nicht gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 EStG der Besteuerung. Nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG gehört zu den Einkünften i.S. des § 13 Abs. 1 EStG auch der Nutzungswert der Wohnung des Steuerpflichtigen, wenn die Wohnung die bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben gleicher Art übliche Größe nicht überschreitet und das Gebäude oder der Gebäudeteil nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist. § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG ist nur anwendbar, sofern im Veranlagungszeitraum 1986 bei einem Steuerpflichtigen für die von ihm zu eigenen Wohnzwecken oder zu Wohnzwecken des Altenteilers genutzte Wohnung die Voraussetzungen für die Anwendung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG i.d.F. der Bekanntmachung vom (BGBl I 1997, 821) vorlagen (§ 13 Abs. 4 Satz 1 EStG). Die Klägerin hat jedoch keine Einkünfte aus Land- und Fortwirtschaft nach § 13 Abs. 1 EStG erzielt.
§ 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG lässt sich auch nicht dahingehend verfassungskonform auslegen, der Nutzungswert eines vom Steuerpflichtigen bewohnten Baudenkmals müsse auch außerhalb der Einkünfte aus Land- und Fortwirtschaft steuerbar sein (a.A. hinsichtlich der anderen betrieblichen Einkunftsarten Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, § 13 EStG Rz 342). § 13 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 EStG verletzen nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Obschon diese Normen Steuerpflichtige mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gegenüber Steuerpflichtigen, die keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen, begünstigen, geschieht dies nicht ohne sachliche Rechtfertigung (a.A. Stephan in Der Betrieb 1990, 1157; Leingärtner/Kanzler, Besteuerung der Landwirte, Kap. 17, Rz 68). Das Gesetz behandelt nicht gleiche Sachverhalte (in Bezug auf die Lage der selbst genutzten Wohnung in einem Denkmal), sondern ungleiche Sachverhalte ungleich. Die Situation der Klägerin ist mit einem Land- und Forstwirt nicht vergleichbar. Bei der Nutzungswertbesteuerung nach § 13 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 EStG handelt es sich um eine fortgeführte Übergangsregelung. Die Nutzung der Wohnung steht dabei im Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung; denn § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG setzt voraus, dass Wohnung und Wohngebäude dazu bestimmt sind, dauernd dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu dienen, und deshalb mit dem Betrieb eine wirtschaftliche Einheit bilden (vgl. , BFHE 129, 543, BStBl II 1980, 323; sowie HHR/Kanzler, § 13 EStG Rz 346). Aus diesem Grund kann ein Land- und Forstwirt —im Unterschied zur Klägerin— regelmäßig ein von ihm selbst bewohntes Baudenkmal nicht ohne Weiteres —z.B. durch Verkauf oder Vermietung— zu anderen als betrieblichen Zwecken nutzen.
3. Aufwendungen der Kläger für das hauswirtschaftliche Beschäftigungsverhältnis sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 EStG nur bis zu einem Höchstbetrag von 18 000 DM im Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehbar.
Es bestehen keinerlei Zweifel daran, dass die Beschränkung des —nicht auf den kindbedingten Bedarf ausgerichteten— Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 EStG auf 18 000 DM mit Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 76/207/EWG (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 39/40) vereinbar ist; der Senat ist daher nicht verpflichtet, die Rechtsfrage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorzulegen (vgl. 283/81, Srl C.I.L.F.i T. und Lanificio di Gavardo SpA, Slg. 1982, 3415). Die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG fällt schon nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie, da die Vorschrift —anders als z.B. ein Nachtarbeitsverbot (hierzu , Slg. 1991, I-4047-4068)— nicht den Zugang zur Beschäftigung oder zur Berufsbildung regelt (vgl. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 76/207/EWG). Sie soll vielmehr einen Anreiz geben, legale und vollwertige Arbeitsverhältnisse in privaten Haushalten zu schaffen (vgl. BTDrucks 11/4507, S. 10, und BRDrucks 390/96, S. 77). Im Übrigen beinhaltet § 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG auch keine mittelbare Diskriminierung von Frauen i.S. des Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 76/207/EWG, da es nicht auf die Abzugsbeschränkung der Vorschrift zurückzuführen wäre, wenn vornehmlich Müttern die Aufnahme einer Berufstätigkeit durch realitätswidrige Abzugsbeträge für Kinderbetreuungskosten erschwert würde (so aber Ahmann, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 633), sondern auf die interne Aufgabenverteilung zwischen den Eltern. Die Richtlinie 76/207/EWG hat nicht zum Gegenstand, diese Aufgabenverteilung zu ändern (vgl. 184/83, Slg. 1984, 3047).
Soweit es sich bei den Aufwendungen der Kläger für das hauswirtschaftliche Beschäftigungsverhältnis um erwerbsbedingt entstandene Kinderbetreuungskosten handeln sollte —was vom FG indes nicht festgestellt wurde—, wäre es für das Streitjahr von Verfassungs wegen auch nicht geboten, die Aufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen (, BFH/NV 2007, 1312).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1802 Nr. 11
EStB 2009 S. 391 Nr. 11
HFR 2010 S. 123 Nr. 2
EAAAD-29327