BFH Beschluss v. - III B 113/08

Änderung eines Kindergeldbescheids wegen fehlender Nachweise

Gesetze: AO § 173 Abs. 1 Nr. 2, FGO § 76 Abs. 1, FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug: (Kg)

Gründe

I. Nachdem die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) am Kindergeld für die im April 1986 geborene Tochter der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) festgesetzt hatte, forderte sie mehrmals vergeblich Unterlagen zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen an. Im Mai 2006 hob die Familienkasse daher die Kindergeldfestsetzung ab Mai 2004 auf, weil die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten verletzt habe. Der Einspruch wurde, nachdem am gemäß § 364b Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) fruchtlos eine Frist zur Vorlage der Unterlagen gesetzt worden war, am als unbegründet zurückgewiesen.

Die von der Klägerin am eingereichte Erklärung nebst Bescheinigungen behandelte die Familienkasse als Antrag auf Änderung des Aufhebungsbescheides. Sie lehnte eine Korrektur ab und wies den dagegen eingelegten Einspruch zurück.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es entschied, einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO stehe entgegen, dass die Klägerin am nachträglichen Bekanntwerden der anspruchserheblichen Tatsachen grobes Verschulden treffe.

Zur Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde trägt die Klägerin vor, die Frage, ob in der Nichteinreichung angeforderter Unterlagen auch dann grobes Verschulden gesehen werden könne, wenn auf die Folgen nicht rechtzeitig hingewiesen werde, habe grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Dem FG sei auch ein Verfahrensfehler unterlaufen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Sachbearbeiterin der Familienkasse habe ihr zur Einreichung der Unterlagen am telefonisch eine Fristverlängerung gewährt. Das FG habe dies jedoch nicht festgestellt, da es ohne mündliche Verhandlung und damit ohne Vernehmung der Sachbearbeiterin entschieden habe.

II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO).

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, denn der Begriff des groben Verschuldens i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist durch die Rechtsprechung geklärt, desgleichen die Anforderungen, die in diesem Zusammenhang an den Steuerpflichtigen zu stellen sind (, BFH/NV 1997, 827). Ein Steuerpflichtiger handelt regelmäßig grob schuldhaft i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte Frage nicht beantwortet, und zwar selbst dann, wenn die Finanzbehörde ihre Aufklärungs- oder Fürsorgepflicht verletzt hat (, BFHE 165, 454, BStBl II 1992, 65; vom III R 72/91, BFH/NV 1994, 217, und vom III R 78/91, BFH/NV 1993, 641). Dies gilt umso mehr, wenn ausdrückliche Nachfragen einer Finanzbehörde nicht beantwortet werden. Die sich im Streitfall stellende Frage, ob es am groben Verschulden fehlen kann, wenn trotz mehrfacher Anforderung durch die Familienkasse offenkundig anspruchserhebliche Tatsachen nicht mitgeteilt oder nachgewiesen werden, weil über die Folgen fehlender Mitwirkung nicht belehrt wurde, ist daher unzweifelhaft zu verneinen und somit nicht klärungsbedürftig.

2. Die Rüge, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt, indem es ohne Vernehmung der Sachbearbeiterin über die von der Klägerin behauptete Fristverlängerung entschied, genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO und ist daher unzulässig.

Zur ordnungsgemäßen Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht bedarf es u.a. der Darlegung, warum der Kläger nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat und warum sich die Notwendigkeit der Beweiserhebung gleichwohl dem FG hätte aufdrängen müssen, ferner ist darzulegen, dass die vermeintlich unzulängliche Sachaufklärung vor dem FG gerügt wurde oder warum eine solche Rüge nicht möglich gewesen war (z.B. Senatsbeschluss vom III B 143/05, BFH/NV 2006, 1058). Dazu hat die Klägerin nichts vorgetragen. Tatsächlich hatte sie nach der Mitteilung der Familienkasse, dass die behauptete Terminsverlängerung weder der Sachbearbeiterin bekannt noch in der Akte vermerkt sei, von einem Beweisantrag abgesehen.

Da die Rüge den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht entspricht, kommt es nicht darauf an, ob die behauptete mündliche Fristverlängerung wegen der danach von der Familienkasse gesetzten Ausschlussfrist überhaupt rechtserheblich wäre (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 30).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1239 Nr. 8
SAAAD-24059