BSG Urteil v. - B 11 AL 32/07 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SGB III § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4, Abs 3

Instanzenzug: LSG Baden-Württemberg, L 8 AL 158/06 vom SG Freiburg, S 8 AL 379/05 vom

Gründe

I

Die Beteiligten streiten, ob der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen des Bezugs von Altersleistungen nach dem Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) der Schweiz ruht.

Der am geborene Kläger mit deutscher Staatsangehörigkeit war ab 1975 in der Schweiz beschäftigt. Seine letzte Arbeitgeberin, die Fa I., kündigte das Arbeitsverhältnis wegen Reorganisationsmaßnahmen mit Wirkung zum . Seit dem erhält der Kläger von der Personalvorsorgestiftung seiner Arbeitgeberin Rentenzahlungen von monatlich 5.782 Schweizer Franken (SFr). Seinen im Juli 2004 beim Arbeitsamt L. gestellten Antrag auf Zahlung von Alg lehnte die Beklagte ab, da ein Alg-Anspruch nach § 142 Abs 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ruhe. Der Kläger erhalte wegen seines Ausscheidens aus dem Erwerbsleben eine Pensions- bzw Rentenleistung in Höhe von mindestens 5.782 SFr (3.786,42 Euro) monatlich und damit mindestens 65 % seines Bemessungsentgeltes (Bescheid vom , Widerspruchsbescheid vom ).

Vor dem Sozialgericht (SG) hatte die Klage Erfolg (Urteil vom ). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Der Anspruch auf Alg ruhe nach § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB III iVm § 142 Abs 3 SGB III, da der Kläger ab eine der Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Leistung eines schweizerischen Trägers erhalte. Die registrierte Vorsorgeeinrichtung der Firma I. sei als öffentlich-rechtlicher Träger anzusehen oder einem solchen gleichzustellen, wenn sie auch in der Rechtsform einer Stiftung nach dem schweizerischen bürgerlichen Recht geführt werde. Dies folge aus den Vorschriften des BVG zur Registrierung, Organisation, Finanzierung und Verwaltung der die obligatorische Versicherung durchführenden Vorsorgeeinrichtungen bzw zur Beteiligung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern (ua Art 11, 48, 51, 61 BVG). Auch weise die dem Kläger gewährte Rente in Höhe von monatlich 5.782 SFr die gleichen und typischen Strukturen wie eine Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung nach deutschem Recht auf. Nach Art 1 Abs 1 BVG umfasse die berufliche Vorsorge alle Maßnahmen auf kollektiver Basis, die den älteren Menschen, den Hinterlassenen und Invaliden beim Eintreten eines Versicherungsfalles (Alter, Tod oder Invalidität) zusammen mit den Leistungen der eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV) die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise erlaube. Dabei dürfe nach Art 1 Abs 2 BVG der in der beruflichen Vorsorge versicherbare Lohn oder das versicherbare Einkommen der Selbständigerwerbenden das AHV-beitragspflichtige Einkommen nicht übersteigen. Diesen und weiteren Bestimmungen wie Art 7 Abs 1, Art 13 Abs 2 oder Art 49 Abs 1 BVG sei zu entnehmen, dass die Altersrente, die der Kläger von der Vorsorgeeinrichtung seiner (früheren) Arbeitgeberin erhalte, auch soweit sie über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehe, eine der Altersrente nach deutschem Recht vergleichbare Leistung sei. Sie werde zwar im Fall des Klägers als Vorschussrente erst ab Beendigung der Erwerbstätigkeit gezahlt (vgl Art 5 Abs 2 des Reglements der Vorsorgestiftung) und sei nach dem Reglement bis zum (Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers) befristet, verliere aber dadurch nicht den Charakter einer Altersrente. Auf die Frage, ob die Altersleistung, die der Kläger aus der schweizerischen Versicherung erhalte, auch als Vorruhestandsgeld oder eine vergleichbare Leistung des Arbeitgebers gemäß § 142 Abs 4 SGB III gewertet werden könne - wie die Beklage in ihren Verwaltungsentscheidungen ausgeführt habe - komme es deshalb nicht mehr an (Urteil vom ).

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4, Abs 3 SGB III. Er erhalte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres neben seiner Altersrente eine Vorschussrente nach Art 23 des Reglements der Personalvorsorgestiftung der I. in Höhe von 2.110 SFr, die in dem Betrag der Rente von 5.782 SFr enthalten sei. Insoweit sei das LSG zu korrigieren, das in seiner Entscheidung einerseits von einer "dem Kläger gewährten Altersrente in Höhe von monatlich 5.782,-- SFr" und andererseits von einer "sog Vorschussrente in Höhe von 5.782,-- SFr" gesprochen habe. Bei diesen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gezahlten Renten handele es sich ausschließlich um überobligatorische, auf rein privatrechtlichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beruhenden Leistungen. Einen vergleichbaren Anspruch im Sinne von § 142 Abs 3 SGB III stelle bezogen auf die Schweiz allein die von der AHV/IV gewährte Altersrente, nicht aber die nach dem BVG gewährte obligatorische oder überobligatorische Leistung dar, da diese Leistung nicht allein dazu diene, den Lebensunterhalt sicherzustellen. Dementsprechend habe das Bundessozialgericht (BSG) auch das vorgezogene Altersruhegeld der Versorgungsanstalt der Deutschen Bühnen nicht als Leistung im Sinne von § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB III angesehen, weil es sich nur um eine Zusatzversorgung handele (, SozR 3-4100 § 118 Nr 7). Im Übrigen sei die Vorsorgestiftung der I. kein öffentlich-rechtlicher, sondern ein privatrechtlicher Träger und die Leistungen stammten auch nicht aus öffentlichen Kassen, sondern seien vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer finanziert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das Urteil des LSG für zutreffend.

II

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Der Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom , mit dem die Beklagte die Zahlung von Alg ab abgelehnt hat, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger erhält ab diesem Zeitpunkt eine mit der Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare Leistung eines schweizerischen Trägers.

1. Nach § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB III idF des Arbeitsförderungsreformgesetzes (AFRG) vom (BGBl I 594) ruht ein Anspruch auf Alg während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder eine Knappschaftsausgleichsleistung oder eine ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art zuerkannt ist. Dies gilt nach § 142 Abs 3 SGB III (ebenfalls idF des AFRG) auch für einen vergleichbaren Anspruch auf eine andere Sozialleistung, den ein ausländischer Träger zuerkannt hat.

Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass ein Anspruch des Klägers auf Alg wegen der von ihm ab bezogenen schweizerischen Rente ruht, weil diese unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG (dazu 2.) eine mit der Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung oder der deutschen Knappschaftsausgleichsleistung vergleichbare Leistung eines ausländischen Trägers darstellt (dazu 3.). Dabei kann der Senat offen lassen, ob es sich auch bei der in dieser Rente von insgesamt 5.782 SFr enthaltenen Vorschussrente in Höhe von 2.110 SFr um eine vergleichbare Leistung handelt (dazu 3.c), da auch die verbleibende Rente in Höhe von 3.672 SFr höher ist als ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Alg (dazu 4.). Schließlich verletzt die Anwendung der Ruhensvorschrift des § 142 SGB III nicht - wie der Kläger meint - Verfassungs- oder internationales Recht (dazu 5.).

2. Zutreffend hat sich das LSG an der Rechtsprechung des BSG zu § 118 Abs 1 Nr 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und zu § 142 AFG, den Vorgängerregelungen des hier maßgeblichen § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und Abs 3 SGB III, orientiert (vgl BSGE 43, 26 = SozR 4100 § 118 Nr 3; BSGE 73, 10 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4; BSGE 81, 134 = SozR 3-4100 § 142 Nr 2). Während § 118 Abs 1 Nr 4 AFG so wie jetzt § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB III formuliert war, entsprach der erst mit Wirkung vom in Reaktion auf Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz [GG]) eingeführte § 142 AFG (idF des Gesetzes vom , BGBl I 2044) weitgehend der jetzigen Regelung in § 142 Abs 3 SGB III. Da die vor Inkrafttreten des § 142 AFG insbesondere unter Hinweis auf den Gleichheitsgrundsatz vorgenommene unmittelbare Anwendung des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG auch auf ausländische vergleichbare Leistungen (vgl BSGE 73, 10, 13 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4 mwN) durch die Einführung des § 142 AFG bestätigt worden ist (BSGE aaO S 14 f), sind die in der Rechtsprechung des BSG zum AFG entwickelten Kriterien zur Vergleichbarkeit ausländischer Leistungen auch für die Rechtslage nach dem SGB III maßgebend (vgl auch Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 142 RdNr 91 ff; Hünecke in Gagel, SGB III, § 142 RdNr 61; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 142 RdNr 54 ff).

Nach dieser Rechtsprechung führt zum Ruhen des Alg-Anspruchs eine ausländische Leistung nur dann, wenn im Wege rechtsvergleichender Qualifizierung (dazu im Folgenden unter 3.a) festgestellt werden kann, dass es sich um eine Leistung öffentlich-rechtlicher Art handelt (dazu 3.b) und dass von Ähnlichkeit bzw Vergleichbarkeit der ausländischen mit der inländischen Sozialleistung auszugehen ist. Letzteres ist der Fall, wenn die ausländische Leistung in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entspricht. Dabei muss sich, da völlige Identität kaum denkbar ist, die Beurteilung notwendigerweise auf bestimmte Eigenschaften der beiden Leistungsarten beschränken und es können andere als für den Vergleich unwesentlich ausscheiden (vgl BSGE 81, 134, 138 = SozR 3-4100 § 142 Nr 2 S 11 mwN). Vergleichbarkeit kommt insbesondere in Betracht, wenn die ausländische Leistung an das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze anknüpft (dazu 3.c) und wenn sie Lohnersatz nach einer im Allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellenden Gesamtkonzeption darstellt (dazu 3.d).

3. Unter Anwendung der genannten Kriterien ist die vom Kläger aus der Personalvorsorgestiftung der I. bezogene Altersrente als Leistung öffentlich-rechtlicher Art und als eine mit der Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung oder der Knappschaftsausgleichsleistung vergleichbare Leistung iS von § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4, Abs 3 SGB III anzusehen.

a) Bei der gebotenen rechtsvergleichenden Qualifizierung von Funktion und Struktur der Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung bzw der deutschen Knappschaftsausgleichsleistung im Verhältnis zur zuerkannten schweizerischen Altersrente sind die von der Tatsacheninstanz zum ausländischen Recht getroffenen Feststellungen, die darauf beruhende Rechtsauslegung und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen grundsätzlich unverändert der Entscheidung über die Revision zugrunde zu legen, weil es sich insoweit nicht um revisibles Recht iS des § 162 SGG handelt (vgl BSGE 68, 184, 187 = SozR 3-2400 § 18a Nr 2 mwN; BSGE 80, 295, 299 = SozR 3-4100 § 142 Nr 1; SozR 4-4200 § 11 Nr 7, RdNr 25). Eine Bindung an entsprechende Feststellungen besteht für die Revisionsinstanz allerdings dann nicht, wenn die Tatsacheninstanz - wie im vorliegenden Fall (dazu unter 3c) - eine Rechtsnorm übersehen hat. Denn dann geht es nicht um die Überprüfung der Auslegung einer irrevisiblen Norm, sondern um die Anwendung des geltenden Rechts auf einen vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt (vgl BSG SozR 3-2400 § 18a Nr 1 S 5; BSGE 71, 163, 165 = SozR 3-5050 § 15 Nr 4 S 12; BSG SozR 3-4100 § 118 Nr 4 mwN; B 5a/5 R 20/06 R - zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, RdNr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 162 RdNr 6c).

Für die Beurteilung der dem Kläger zuerkannten schweizerischen Rente ist auszugehen von dem am (Amtliche Sammlung des Bundesrechts der Schweiz [AS] 1983, 797) in Kraft getretenen BVG vom (Bundesblatt der Schweiz [BBl] 1982 II 385). Der Kläger beanstandet zwar, das LSG habe auf Bestimmungen (zB Art 1, 7 und 13) idF des Änderungsgesetzes vom (1. BVG-Revision, AS 2004, 1677) verwiesen, die erst am in Kraft getreten seien, also im Zeitpunkt des Rentenbeginns () noch gar nicht gegolten hätten. Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidungserheblich an. Denn abgesehen davon, dass das LSG in seinen Entscheidungsgründen keine bestimmte Fassung des BVG genannt hat, entsprechen die zu Grunde gelegten Regelungen (vgl Art 1 BVG in der bis zum gültigen Fassung vom , BBl 1982 II 385 und die ab gültige Regelung idF des Änderungsgesetzes vom - 1. BVG-Revision, AS 2004, 1677, 1700 sowie Art 13 in der [unveränderten] Fassung des BVG) - die veränderten Wertgrenzen (vgl Art 7) ausgenommen - nahezu wortgleich den maßgeblichen Regelungen, sodass das LSG im Ergebnis von einer zutreffenden Gesetzeslage ausgegangen ist. Soweit der Kläger in seiner Revisionsbegründung im Kern eine fehlerhafte Gleichstellung seiner Rente mit einer deutschen Altersrente geltend macht, trifft dies - wie im Folgenden dargelegt wird - nicht zu.

b) Eine Leistung öffentlich-rechtlicher Art iS von § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4, Abs 3 SGB III liegt vor, wenn die Leistung von einem öffentlichen Träger gewährt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Bezüge auf öffentlichem oder privatem Recht beruhen, sondern darauf, ob sie aus Mitteln gezahlt werden, die für öffentliche Aufgaben vorgesehen sind (vgl BSGE 73, 10, 15 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4 S 21 mwN).

Nach den bindenden Feststellungen des LSG ist die Vorsorgestiftung der I., die dem Kläger Leistungen gewährt, Träger einer gesetzlich angeordneten obligatorischen Versicherung. Registrierte, der Aufsichtsbehörde unterstehende Vorsorgeeinrichtungen müssen danach (vgl Art 48 Abs 2 BVG) die Rechtsform einer Stiftung oder einer Genossenschaft haben oder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts sein. Die Vorsorgeeinrichtung legt auch die Höhe der Beiträge des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer fest und zieht den in den reglementarischen Bestimmungen (Art 50 BVG) festgelegten Beitragsanteil des Arbeitnehmers vom Lohn ab (vgl Art 66 Abs 1 bis 3 BVG). Sie wird vom Arbeitgeber und den Arbeitnehmern paritätisch verwaltet und erfüllt eine öffentliche Aufgabe, die auch von einer Einrichtung des öffentlichen Rechts wahrgenommen werden könnte, wobei - entgegen der Rechtsauffassung des Klägers - die Rechtsform als Stiftung nach nationalem Verständnis eine solche öffentlich-rechtliche Natur nicht ausschließt (vgl BSGE aaO, S 15; Naef in Zacher, Alterssicherung im Rechtsvergleich 1991, 409, 417).

Zwar ist für die Annahme einer Leistung öffentlich-rechtlicher Art iS von § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4, Abs 3 SGB III noch nicht ausreichend, dass die Institution, die die Leistung gewährt, an sich Träger einer öffentlichen Aufgabe ist. Sie muss die öffentliche Aufgabe vielmehr gerade durch die gewährte Leistung erfüllen. Dies ist jedoch hinsichtlich der Altersrente, die der Kläger von der Vorsorgeeinrichtung erhält, der Fall, und zwar auch soweit diese Rente über die obligatorische Mindestversorgung nach dem BVG hinausgeht. Das LSG hat bei seinen Feststellungen durchaus berücksichtigt, dass das BVG (vgl Art 49 Satz 2) einer Vorsorgeeinrichtung die Möglichkeit einräumt, mehr als die Mindestleistungen zu gewähren, und der Kläger zum Kreis der Versicherten gehört, deren anrechenbares Jahreseinkommen den gemäß BVG obligatorisch zu versichernden Jahreslohn übersteigt (Art 7 des vom LSG in Bezug genommenen Reglements der Personalvorsorgestiftung I. vom , revidierte Fassung vom , Stand [im Folgenden Reglement]). Es hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass gleichwohl die Leistung insgesamt der Altersvorsorge dient (Art 13 Satz 2 BVG iVm Art 23 des Reglements), auf diese festgelegt ist (Art 21 ff des Reglements) und für den Versicherten während der Zugehörigkeit zu dem entsprechenden Arbeitgeber verpflichtend ist (Art 5 Abs 3 und 5, Art 50 Abs 2 bis 4 des Reglements). Dies bedeutet aber auch, dass die Mittel, aus denen die dem Kläger gewährte Rente gezahlt wird, für eine öffentliche Aufgabe vorgesehen sind. Damit stellt die Gewährung dieser Rente eine Leistung öffentlich-rechtlicher Art iS von § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4, Abs 3 SGB III dar. Es handelt sich bei der Rente also um keine von § 142 SGB III nicht erfasste Betriebsrente oder ein dem Arbeitsentgelt vergleichbares Erwerbsersatzeinkommen (zur Differenzierung vgl BSG SozR 3-2400 § 18a Nr 7; vgl zum Rechtscharakter der BVG-Rente Brombacher-Steiner in Rentenpolitik in Europa, 2000, 93 ff).

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Einwand des Klägers, das LSG habe nicht beachtet, dass nach Art 49 Satz 2 BVG für Leistungen, die über die von der Versorgungseinrichtung zu gewährenden Mindestleistungen hinausgingen, nur ganz bestimmte Vorschriften gälten, zu denen die vom LSG genannten Art 7 und 13 BVG gerade nicht gehörten. Denn dies erklärt sich schon daraus, dass die Art 7 und 13 BVG Voraussetzungen und Inhalt der obligatorischen Mindestversorgung nach dem BVG regeln, an die das LSG bei seiner Prüfung der Vergleichbarkeit zu Recht angeknüpft hat.

c) Die dem Kläger gewährte Leistung öffentlich-rechtlicher Art ist jedenfalls teilweise mit der Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung oder der deutschen Knappschaftsausgleichsleistung iS von § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4, Abs 3 SGB III vergleichbar, da sie die gleichen gemeinsamen und typischen Merkmale aufweist wie die im Gesetz aufgezählten Ruhegelder und Ausgleichsleistungen (vgl BSGE 73, 10, 16 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4, S 21 mwN). Denn die Bezüge werden bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze gewährt (BSGE aaO).

Das LSG hat zwar festgestellt, dass dem Kläger ab dem 61. Lebensjahr eine Altersrente in Höhe von 5.782 SFr als "Vorschussrente ab Beendigung der Erwerbstätigkeit" gezahlt wird. Damit ordnet das LSG die dem Kläger gewährte Rente einheitlich als Altersrente ein, die insgesamt in Form einer Vorschussrente gewährt wird. Diese Feststellung ist indes - wie der Kläger zu Recht geltend macht - zumindest missverständlich. Dies wirkt sich aber im Ergebnis rechtlich nicht aus.

Wie oben (unter 3.a) ausgeführt, steht dem Senat eine Überprüfungskompetenz zu, wenn und soweit das LSG eine Rechtsnorm des ausländischen Rechts, zu der auch die Bestimmungen des Reglements der Personalvorsorgestiftung zu rechnen sind, übersehen hat. Letzteres ist hier der Fall. Denn Art 13 Abs 1 Satz 2 des Reglements sieht vor, dass die Vorschussrente maximal 2.110 Sfr betragen konnte (Art 34 Abs 3 und 5 in der ab in Kraft getretenen Fassung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung [AHVG] vom , 10. AHV-Revision, AS 1996, 2466 iVm Art 3 Abs 1 der Verordnung 03 über Anpassungen an die Lohn- und Preisentwicklung bei der AHV/IV/EO vom , AS 2002, 3340). Damit kann die vom Kläger in Höhe von 5.782 SFr bezogene Rente - entgegen der Annahme des LSG - rein rechnerisch nicht insgesamt eine Vorschussrente darstellen, es sei denn, das LSG wollte mit dieser Feststellung zum Ausdruck bringen, dass diese Rente - was zutrifft (Art 23 des Reglements) - ab Vollendung des 65. Lebensjahres neu berechnet wird. Aus dem Vortrag des Klägers und der Mitteilung der Vorsorgestiftung der I. vom ergibt sich jedenfalls, dass an den Kläger eine Vorschussrente nur in Höhe von 2.110 SFr gezahlt wird. Ob diese Vorschussrente eine mit der Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung oder - ebenfalls in § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB III erfasste - der deutschen Knappschaftsausgleichsleistung vergleichbare Leistung eines ausländischen Trägers darstellt, kann der Senat indes offen lassen, da die Rentenleistung jedenfalls im Übrigen eine Altersleistung darstellt und ihr Betrag von 3.672 SFr höher ist als ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Alg.

Dass die Rentenleistung eine Altersleistung darstellt, ergibt sich aus den vom LSG genannten reglementarischen Bestimmungen auf der Grundlage des Art 13 Abs 2 Satz 1 BVG, wonach abweichend vom gesetzlich geregelten Versicherungsfall als Zugangsvoraussetzung vorgesehen werden kann, dass "der Anspruch auf Altersleistungen mit der Beendigung der Erwerbstätigkeit entsteht". Dementsprechend sehen Art 21 Abs 1 iVm Art 5 Abs 2 des Reglements vor, dass ein Anspruch auf die Altersrente auch im Zeitpunkt des vorzeitigen Rücktritts besteht und dass ein vorzeitiger Rücktritt ab dem Monatsersten nach Vollendung des 55. Altersjahres möglich ist, sofern die versicherte Person keiner für den Lebensunterhalt notwendigen Erwerbstätigkeit mehr nachgehen wird. Letztere Voraussetzung schließt allerdings - wie den vom LSG in Bezug genommenen SG-Akten und der eingeholten Arbeitgeberauskunft zu entnehmen ist - die Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit in diesem Fall nicht aus, sondern beruht auf der Erwägung, dass eine solche den Umständen nach im allgemeinen nicht mehr erstrebt wird. Damit hängt die dem Kläger gewährte Leistung vom Erreichen einer bestimmten Altersgrenze ab und stellt eine Altersleistung dar (vgl BSG SozR 4100 § 118 Nr 9 - zur Übergangsversorgung im öffentlichen Dienst). Dass diese Altersgrenze bereits auf die Vollendung des 55. Lebensjahres abstellt, ändert nichts an ihrem Charakter als Altersrente (vgl BSGE 43, 26 = SozR 4100 § 118 Nr 3 - zu einer auf das 55. Lebensjahr abstellenden ausländischen Rente).

d) Mit Bindung für das BSG (§ 163 SGG) hat das LSG ferner festgestellt, dass die vom Kläger bezogene Altersrente Lohnersatzcharakter hat (vgl BSGE 73, 10, 16 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4 S 21). Außerdem hat das LSG bindend festgestellt, dass die vom Kläger bezogene Altersrente - ggf zusammen mit anderen Leistungen - im Allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellen soll (BSGE aaO S 17). Für die Vergleichbarkeit einer ausländischen Leistung mit der Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung oder der deutschen Knappschaftsausgleichsleistung iS von § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4, Abs 3 SGB III ist nicht notwendig, dass diese Leistung nach ihrer Konzeption so bemessen ist, dass im Allgemeinen allein durch diese Leistung der Lebensunterhalt sichergestellt wird. Ausreichend ist vielmehr auch, wenn sie ein Teil einer entsprechenden, sich aus mehreren Leistungen zusammensetzenden Gesamtkonzeption ist. Dies ist nach den Feststellungen des LSG bei der vom Kläger bezogenen Altersrente der Fall. Damit stellt diese Leistung auch nicht - wie von der Revision angeführt - eine dem vorgezogenen Altersruhegeld der Versorgungsanstalt der Deutschen Bühnen entsprechende Zusatzversorgung dar, die lediglich die Funktion hat, eine zusätzliche Sicherung für den Versicherten bereitzustellen und die gesetzliche Altersrente aufstocken soll (s dazu BSGE 83, 166, 169 = SozR 3-4100 § 118 Nr 7, S 38). Ebenso geht der Einwand des Klägers fehl, die an ihn ausbezahlten Leistungen stammten aus privaten Mitteln, nämlich seinen Beiträgen als Arbeitnehmer und den Arbeitgeberbeiträgen, und seien im Kern als Alterskapital wie bei einer Kapitallebensversicherung angespart, weshalb er - vorausgesetzt er hätte die Schweiz endgültig verlassen - nach Art 5 des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen-. und Invalidenvorsorge (FZG) auch eine Barauszahlung der Austrittsleistung hätte verlangen können. Denn auch wenn die BVG-Rente anders als die deutsche Altersrente nicht umlage-, sondern kapitalfinanziert ist (vgl Murer in Funktion und rechtliche Ausgestaltung zusätzlicher Alterssicherung, 2005, 11, 15), ändert dies nichts an ihrem Lohnersatzcharakter. Sie wird im Übrigen auch - anders als die vom Kläger angesprochene private Lebensversicherung (vgl BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 9) - nicht allein vom Arbeitnehmer finanziert und abgeschlossen.

4. Ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Alg ruht mit Beginn der Rentenzahlungen ab in voller Höhe. Zwar ruht nach § 142 Abs 2 Satz 1 Nr 3 Buchst b) SGB III der Anspruch im Falle des § 142 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB III nur bis zur Höhe der zuerkannten Leistung, wenn die Leistung auch während einer Beschäftigung und ohne Rücksicht auf die Höhe des Arbeitsentgelts gewährt wird (vgl dazu - veröffentlicht in juris). Ob die dem Kläger von der Personalvorsorgestiftung der IBM Schweiz gewährte Rente auch während einer Beschäftigung und ohne Rücksicht auf die Höhe des Arbeitsentgelts gewährt wird, kann jedoch offen bleiben, weil diese Rente - auch ohne Berücksichtigung der Vorschussrente in Höhe von 2.110 SFr - mit 3.672 SFr (= 2.404,66 Euro) monatlich immer noch höher ist als ein etwaiger - unter Zugrundelegung des maßgeblichen, bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigenden Bemessungsentgelts anhand der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2004 vom (BGBl I 3100) errechneter - Leistungsanspruch des verheirateten Klägers in Höhe von 443,80 Euro wöchentlich (= 1.902 Euro monatlich), sodass ein etwaiger Anspruch auf Alg ab in voller Höhe ruht.

5. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers verstößt dieses Ergebnis nach Auffassung des Senats weder gegen internationales noch gegen Verfassungs-Recht.

Eine Verletzung des Abkommens vom zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl II 2001, 810) liegt nicht vor. Das Abkommen ist von der Bundesrepublik Deutschland durch das entsprechende Gesetz vom (BGBl II 2001, 810) ratifiziert worden und insoweit am in Kraft getreten (BGBl II 2002, 1692). Danach verpflichten sich die Vertragsparteien durch Art 8 iVm Art 1 Abs 1 und Abschnitt A Nr 1 des Anhangs II des Abkommens ihre Systeme der sozialen Sicherheit durch Anwendung der Verordnung (EWGV) Nr 1408/71 des Rates vom über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, zu koordinieren. Dabei gehört zur Sozialversicherung auch die berufliche Vorsorge nach dem BVG (s auch Art 89a ff BVG, der auf das Abkommen verweist; vgl ferner Brechbühl in Murer, Das Personenverkehrsabkommen mit der EU und seine Auswirkungen auf die soziale Sicherheit der Schweiz, 2001, 104 ff - differenzierend beim so genannten Freizügigkeitsguthaben). Art 12 Abs 2 der Verordnung, der auf den Kläger anwendbar ist, sieht aber ausdrücklich vor, dass die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates über das Ruhen von Leistungen für den Fall des Zusammentreffens einer Leistung mit anderen Leistungen der sozialen Sicherheit einem Berechtigten gegenüber auch dann anwendbar sind, wenn es sich um Leistungen handelt, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats erworben wurden. Dies steht lediglich unter dem Vorbehalt des Eingreifens anderer Bestimmungen (vgl BSGE 73, 10, 11 ff = SozR 3-4100 § 118 Nr 4, S 17 f). Solche Ausnahmebestimmungen sind nicht ersichtlich. Damit bleibt § 142 SGB III anwendbar.

Die Regelung des § 142 SGB III verletzt den Kläger auch nicht in seinen Grundrechten aus Art 14 Abs 1 GG und Art 3 Abs 1 GG. Denn die Vorschrift des § 142 Abs 3 SGB III dient - ebenso wie die Vorgängervorschrift des § 142 AFG - nach ihrer Begründung und gesetzgeberischen Zielsetzung der Gleichbehandlung von Beziehern inländischer und ausländischer Leistungen (vgl BSGE 81, 134, 136 ff = SozR 3-4100 § 142 Nr 2, S 9 ff). Sie stellt auch eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar, denn der Gesetzgeber durfte typisierend davon ausgehen, dass bei einer an das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben geknüpften Altersrente die Sicherstellung des Lebensunterhalts gewährleistet ist und unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von Doppelleistungen ein Ruhen des Anspruchs auf Alg sachlich gerechtfertigt ist (vgl BVerfGE 53, 313, 331 = SozR 4100 § 168 Nr 12).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Fundstelle(n):
EAAAD-21022