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Thüringer FG Beschluss v. - 2 K 35/07 (PKH)

Gesetze: EStG § 4 Abs. 1, EStG § 5 Abs. 1, EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, EStG § 15 Abs. 2, HGB § 249 Abs. 1, HGB § 246 Abs. 1 S. 1, FGO § 142 Abs. 1, FGO § 114, AO § 162

Betrügerisch erlangte Kundengelder eines Unternehmensberaters als gewerbliche Einkünfte

Passivierungspflicht der Rückzahlungsverbindlichkeiten für betrügerisch einbehaltene Kundengelder auch bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners

Leitsatz

1. Stellt ein Unternehmensberater zahlreichen Kunden die Vermittlung von Darlehen in Aussicht, schließt er mit den Kunden entsprechende Darlehensverträge, worin sich die Kunden verpflichten, für die Vermittlung und als Voraussetzung für die Auszahlung des Darlehens „Eigenkapitalleistungen” i. H. v. bis zu 10 % der zu vermittelnden Darlehenssumme an den Unternehmensberater zu erbringen, und kommt der Unternehmensberater seiner für den Fall der Erfolglosigkeit der Darlehensvermittlung übernommenen Verpflichtung, die vereinnahmten „Eigenkapitalzahlungen” ohne Abzug an die Kunden zurückzuzahlen, in mindestens 31 Fällen in betrügerischer Absicht nicht nach, so sind die betrügerisch erlangten Kundengelder als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG zu qualifizieren.

2. Hat das Finanzamt die gewerblichen Einkünfte des Unternehmensberaters anhand geschätzter Besteuerungsgrundlagen durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, so war bei Aktivierung der Ansprüche auf Zahlung der 10 %-igen „Eigenkapitalzahlungen” im Hinblick auf die damit verbundenen, möglichen Rückzahlungsverpflichtungen jeweils eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gem. § 249 Abs. 1 HGB zu passivieren. Diese Rückstellungen waren später jeweils im Wege eines Passivtauschs als Verbindlichkeiten zu erfassen, wenn es nicht zu einer Auszahlung der Darlehensvaluta kam und somit eine vertragliche Verpflichtung zur Rückzahlung der erhaltenen „Eigenkapitalzahlungen” entstand (hier: nach Ablauf eines Jahres seit Darlehensabschluss).

3. Die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmensberaters und die Einleitung eines Insolvenzverfahrens führen für sich genommen nicht dazu, dass die Rückzahlungsverbindlichkeiten nicht mehr als (passiver) Bestandteil des Vermögens in der Schlussbilanz des Unternehmensberaters auszuweisen wären.

4. Eine andere Beurteilung ist erst denkbar, wenn es nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens zu einer Restschuldbefreiung kommen sollte oder sobald die Rückzahlungsverpflichtungen des Antragstellers aus anderen Gründen erlöschen oder verjähren.

Tatbestand

Fundstelle(n):
FAAAD-19650

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