Abzweigung des Kindergelds durch die Familienkasse wegen Verletzung der Unterhaltspflicht
Gesetze: EStG § 74 Abs. 1, BGB § 1612, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist die Mutter der Beigeladenen, die seit April 2006 in einer eigenen Wohnung lebt. Die Klägerin bezog für die Beigeladene laufend Kindergeld. Diese beantragte im April 2006, das Kindergeld an sie selbst auszuzahlen, weil die Eltern keinen Unterhalt leisteten. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) lehnte den Abzweigungsantrag durch Bescheid vom ab, ebenso einen erneuten Abzweigungsantrag vom durch Bescheid vom .
Hiergegen wandte sich die Beigeladene mit ihrem Einspruch. Im Rechtsbehelfsverfahren führte das Jugendamt aus, die Beigeladene könne aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern verwiesen werden, eine Rückkehr in den elterlichen Haushalt sei nicht zumutbar. Die Beigeladene bestreite ihren Lebensunterhalt mit Hilfe von Arbeitslosengeld II. Die Eltern unterstützten sie weder finanziell noch moralisch. Die Familienkasse half dem Einspruch der Beigeladenen ab und verfügte durch Bescheid vom die Abzweigung an die Beigeladene.
Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg, ebenso wenig die anschließend erhobene Klage. Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus, die Klägerin sei ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber der Beigeladenen nicht nachgekommen. Unterhalt sei nach § 1612 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) grundsätzlich durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Allerdings könnten Eltern gemäß § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB bestimmen, in welcher Art Unterhalt geleistet werde. Der von der Klägerin angebotene Unterhalt beschränke sich auf Kost und Logis. Von einem für eine wirksame Unterhaltbestimmung erforderlichen Gesamtkonzept könne nicht gesprochen werden. Die Familienkasse habe zu Recht berücksichtigt, dass der Beigeladenen die Gewährung von Unterhalt im Haushalt der Klägerin nicht zugemutet werden könne. Nach Überzeugung des Gerichts sei das Verhältnis zwischen der Beigeladenen und der Klägerin zerrüttet. Dem Aspekt der selbständigen Entscheidung der Beigeladenen über die Art der Lebensführung habe Vorrang vor dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin, den Unterhalt in einer für sie finanziell günstigen Form zu leisten. Die Klägerin sei daher ihrer Unterhaltspflicht nicht nachgekommen. Die Familienkasse habe zutreffend entschieden, dass der Zweck des § 74 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Streitfall nur dann erreicht werde, wenn das Kindergeld an die Beigeladene ausgezahlt werde.
Zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde trägt die Klägerin vor, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Die volljährige Beigeladene habe ohne ihre Zustimmung die elterliche Wohnung verlassen. Sie, die Klägerin, würde gerne ihrer Unterhaltspflicht nachkommen, sie sei jedoch wegen der Weigerung der Beigeladenen daran gehindert. Sie habe über mehrere Wochen ihre Tochter, die damals wieder nach Hause gekommen sei, betreut und versorgt. Zwischendurch sei es immer wieder zu Kontakten gekommen. Sie habe sich immer um die Belange ihrer Tochter gekümmert und habe Kost und Logis angeboten. Die Beigeladene habe sich dem aber verweigert. Es könne nicht sein, dass volljährige Kinder an keine Regeln gebunden seien. Außerdem werde bestritten, dass es zwischen ihr, der Klägerin, und der Beigeladenen tiefgreifende Differenzen gebe. Sie habe eine wirksame Bestimmung des Unterhalts vorgenommen, die von der Beigeladenen nicht angenommen worden sei.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg und ist deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Dabei kann dahinstehen, ob der Vortrag der Klägerin den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht. Jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.
1. Macht ein Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), so muss er zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Des Weiteren muss er substantiiert darauf eingehen, weshalb die Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Außerdem muss er begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs —BFH—).
2. Dem Vorbringen der Klägerin lässt sich entnehmen, dass sie die Entscheidung des FG für unzutreffend hält, weil sie der Beigeladenen (Natural-)Unterhalt durch Gewährung von Kost und Logis angeboten habe und deshalb ihre gesetzliche Unterhaltspflicht nicht verletzt habe, so wie dies in § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG als Tatbestandsvoraussetzung einer Abzweigung gefordert werde. Der Senat hat allerdings bereits entschieden, dass der Unterhalt bei einem volljährigen, auswärts lebenden Kind regelmäßig durch eine Geldrente und nur ausnahmsweise durch Naturalunterhalt zu leisten ist (Beschluss vom III B 135/05, BFH/NV 2006, 1285). Das FG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils dargelegt, weshalb die Gewährung von Naturalunterhalt im Streitfall nicht in Betracht kam. Letztlich wendet sich die Klägerin gegen die materielle Rechtmäßigkeit des Urteils. Mit derartigen Einwänden ist sie im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision allerdings ausgeschlossen (s. z.B. , BFH/NV 2006, 1892; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 24 und 45).
Fundstelle(n):
LAAAD-18488