Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGB V § 43 Abs 1; SGB IX § 44 Abs 1 Nr 4
Instanzenzug: LSG Rheinland-Pfalz, L 5 KR 12/07 vom SG Koblenz, S 12 KR 360/05 vom
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für die Teilnahme an ärztlich verordnetem Funktionstraining.
Die 1935 geborene, bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Klägerin leidet an rheumatoider Arthritis mit schmerzhaft eingeschränkter Beweglichkeit beider Schultern sowie der Fingergelenke mit Schwellneigung und zunehmender Bewegungseinschränkung. Wegen dieser Erkrankungen nahm sie seit 1994 regelmäßig am Funktionstraining der Deutschen Rheuma-Liga teil, für das ihr die Beklagte Kostenzusagen erteilt hatte, zuletzt bis .
Die Klägerin beantragte, die Kostenübernahme zu verlängern, und berief sich auf die Verordnung von Funktionstraining durch die Allgemeinmedizinerin Dr. D. vom (Wassergymnastik für weitere zwölf Monate zweimal wöchentlich). Die Beklagte lehnte dies ab: Nach Nr 4.4.4 der "Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining" vom (im Folgenden: Rahmenvereinbarung 2003) betrage der Leistungsumfang grundsätzlich maximal 24 Monate; darauf seien die von April bis Dezember 2003 gewährten Leistungen anzurechnen (Nr 20.4 Rahmenvereinbarung 2003), sodass die Kostenübernahme am geendet habe; eine längere Leistungsdauer sei nach Nr 4.4.1 aaO nur möglich, wenn die Motivation zur langfristigen Durchführung des Übungsprogramms in Eigenverantwortung krankheits- oder behinderungsbedingt nicht oder noch nicht gegeben sei und ein in besonderer Weise qualifizierter Arzt dies bestätigt habe; daran fehle es bei der Klägerin (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ). Die Klägerin nahm vom bis am Funktionstraining in Rheumatherapiegruppen als Selbstzahlerin teil und wandte dafür 260 Euro auf.
Das gegen die Entscheidung der Beklagten angerufene Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V, § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX greife nicht ein, weil die Beklagte die begehrte Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt habe. Anspruch auf Funktionstraining nach § 43 Abs 1 SGB V iVm § 44 Abs 1 Nr 4 SGB IX bestehe generell nur zeitlich befristet entsprechend der Rahmenvereinbarung 2003. Es bestehe kein Anhalt für Gründe, um bei der Klägerin ausnahmsweise davon abzuweichen; für die Zeit vom bis fehle vielmehr eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung, die der Rahmenvereinbarung 2003 genüge (Urteil vom ).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 43 Abs 1 SGB V iVm § 44 Abs 1 Nr 4 SGB IX. SGB V und SGB IX berechtigten die Rehabilitationsträger nicht dazu, den Anspruch auf Funktionstraining einschränkend zu regeln. Die Rahmenvereinbarung 2003 dürfe als bloße "Empfehlung" iS von § 13 SGB IX nur der Koordination und Kooperation der Rehabilitationsträger dienen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom und das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom zu verurteilen, ihr 260 Euro zu zahlen, hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, weil die beklagte Ersatzkasse und die Vorinstanzen einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung von 260 Euro für die Teilnahme am Funktionstraining vom bis zu Unrecht aus allgemeinen Rechtsgründen verneint haben. Ob und in welchem Umfang die Klägerin einen Kostenerstattungsanspruch hat, lässt sich ohne weitere, vom LSG nachzuholende Feststellungen nicht beurteilen.
Die Klägerin kann von der Beklagten Kostenerstattung ausschließlich gemäß § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V verlangen, wenn dessen noch festzustellende Voraussetzungen erfüllt sind (dazu 1.). Weil das LSG die geltend gemachte Erstattung nicht mit der Begründung verneinen durfte, der Anspruch auf Funktionstraining sei wegen seiner generellen Befristung am erschöpft gewesen (dazu 2.), muss das LSG - mangels getroffener Feststellungen - noch die Voraussetzungen dafür ermitteln, dass die Klägerin Funktionstraining vom bis beanspruchen konnte (dazu 3.).
1. § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V bestimmt: "Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war." Allein diese Rechtsgrundlage kommt hier in Betracht. Zwar sieht § 13 Abs 3 Satz 2 SGB V vor, dass die Kosten für selbst beschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem SGB IX nach § 15 SGB IX erstattet werden. Der Klägerin geht es aber nicht um solche Leistungen. Vielmehr handelt es sich beim Funktionstraining um "ergänzende Leistungen" iS von § 11 Abs 2 Satz 1 letzter Fall SGB V, § 43 Abs 1 SGB V, § 44 Abs 1 Nr 4 SGB IX.
Ob die Voraussetzungen des § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V für die Erstattung von 260 Euro für das von der Klägerin für die gesamte Zeit vom bis in Anspruch genommene Funktionstraining erfüllt sind, bedarf weiterer Ermittlungen.
a) Es fehlt an hinreichenden Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 SGB V. Die Anwendung dieser Regelung kommt hier in Betracht, denn die Klägerin hat das Funktionstraining ab in Anspruch genommen und auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG möglicherweise teilweise die Kosten hierfür schon getragen, bevor die Beklagte die Leistung abgelehnt hat (Bescheid vom ). Konnte die Klägerin das Funktionstraining ab bis als Naturalleistung beanspruchen (dazu 3.), hat die Beklagte der Klägerin diese Kosten insgesamt zu erstatten, soweit die Inanspruchnahme des Funktionstrainings vor der Entscheidung der Beklagten unaufschiebbar war. Dazu fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts. Sie sind nicht etwa entbehrlich, weil ohne Weiteres vom Fortbestehen eines entsprechenden durchgehenden Bedarfs der Klägerin an Funktionstraining ausgegangen werden könnte; denn es ist denkbar, dass das Training zB auch wegen Urlaubs oder Krankheit vorübergehend ausgesetzt werden muss, ohne dass Unaufschiebbarkeit besteht. In diesem Zusammenhang kann auch von Belang sein, dass dann, wenn eine Behandlung ohne Einschaltung der Krankenkasse begonnen wurde, eine Erstattung auch für die nachfolgenden Leistungen ausscheidet, wenn sich die Ablehnung (bei Vorliegen einer nicht teilbaren Behandlungseinheit) auf den weiteren Behandlungsverlauf nicht mehr auswirken kann (vgl BSG SozR 3-2500 § 28 Nr 6 S 35 f).
b) Das LSG hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - auch nicht (alternativ) festgestellt, dass die Klägerin bezogen auf den gesamten betroffenen Zeitraum iS von § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 SGB V durch eine rechtswidrige Leistungsablehnung der Beklagten dazu veranlasst wurde, sich die Leistung selbst zu beschaffen und Kosten für die begehrte Leistung selbst aufzubringen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss zwischen der rechtswidrigen Ablehnung durch den Leistungsträger und der Kostenlast des Versicherten ein Ursachenzusammenhang bestehen. An einem solchen Zusammenhang fehlt es nicht nur, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren überhaupt nicht befasst wurde, sondern auch dann, wenn dies zwar der Fall war, der Versicherte die Entscheidung der Krankenkasse aber nicht zunächst abgewartet hat, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre. Das Abwarten einer abschlägigen Verwaltungsentscheidung der Krankenkasse ist selbst dann nicht entbehrlich, wenn die Ablehnung des Leistungsbegehrens - etwa auf Grund von Erfahrungen aus anderen Fällen - von vornherein feststeht (stRspr, vgl zB BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 15 S 75 mwN; BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 22 S 105 f; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, jeweils RdNr 23); dies gilt auch, wenn es - wie hier - um Leistungen geht, die kraft Gesetzes oder durch untergesetzliche Regelwerke (vermeintlich) ausgeschlossen sind (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 12 RdNr 10 ff, für einen gesetzlichen Leistungsausschluss). Auch zur Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung muss das LSG - wenn es nicht schon zum Vorliegen unaufschiebbarer Maßnahmen gelangt - die erforderlichen Feststellungen nachholen. Die Bejahung der Kausalität kommt hier in Betracht, weil sich die Klägerin in ihrem an die Beklagte gerichteten Antragsschreiben vom bereits auf eine - allerdings nicht in den Akten befindliche und vom LSG nicht festgestellte - "schriftliche Ablehnung vom " bezieht.
c) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V nur so weit reicht wie ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Die selbst beschaffte Leistung muss zu den Leistungen gehören, welche die Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, zuletzt zB , RdNr 13, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, mwN). Es fehlt an hinreichenden Feststellungen, um zu entscheiden, ob die Klägerin Anspruch auf das begehrte Funktionstraining vom bis gehabt hat.
2. Anders als das LSG entschieden hat, beträgt der höchstzulässige Leistungsumfang des Funktionstrainings bei Krankheiten, wie sie bei der Klägerin bestehen, nicht grundsätzlich 24 Monate. Aus den für die Beurteilung dieser Frage heranzuziehenden maßgeblichen Rechtsgrundlagen lässt sich eine derartige Beschränkung des Leistungsanspruchs für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht gesetzeskonform herleiten. Vielmehr ergibt sich derzeit eine Einschränkung der Anspruchshöchstdauer nur dadurch, dass die Leistungen individuell im Einzelfall geeignet, notwendig und wirtschaftlich sein müssen (vgl § 11 Abs 2 Satz 1 SGB V, § 43 Abs 1 SGB V iVm § 44 Abs 1 Nr 4 SGB IX, § 12 Abs 1 SGB V).
a) Versicherte der GKV - wie die Klägerin - haben gemäß § 11 Abs 2 Satz 1 SGB V "Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung ... abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern oder auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern." Diese Leistungen werden unter Beachtung des SGB IX erbracht, soweit im SGB V nichts anderes bestimmt ist (§ 11 Abs 2 Satz 3 SGB V; zur Reichweite vgl , RdNr 18 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). § 43 Abs 1 Nr 1 SGB V regelt, dass die Krankenkasse neben den Leistungen, die nach § 44 Abs 1 Nr 2 bis 6 SGB IX sowie nach §§ 53 und 54 SGB IX als ergänzende Leistungen zu erbringen sind, weitere Leistungen zur Rehabilitation ganz oder teilweise erbringen oder fördern kann, wenn sie zuletzt Krankenbehandlung gewährt hat oder leistet. § 44 Abs 1 Nr 4 SGB IX sieht als ergänzende Leistung ua zur medizinischen Rehabilitation, welche die in § 6 Abs 1 Nr 1 bis 5 SGB IX genannten Rehabilitationsträger (ua die Beklagte, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB IX) zu erbringen haben, "ärztlich verordnetes Funktionstraining in Gruppen unter fachkundiger Anleitung und Überwachung" vor.
Aus dem Wortlaut des § 43 Abs 1 SGB V ("zu erbringen ... sind") folgt, dass ein Rechtsanspruch auf die ergänzende Leistung Funktionstraining besteht, wenn die in der Regelung genannten Voraussetzungen vorliegen. Die Verweisung des § 43 Abs 1 SGB V auf die darin angesprochenen Regelungen des SGB IX über die Erbringung ergänzender Leistungen zur Rehabilitation bewirkt, dass diese Regelungen im Bereich der GKV Anwendung finden, weil das SGB V für das in § 44 Abs 1 Nr 4 SGB IX geregelte Funktionstraining nichts Abweichendes iS von § 11 Abs 2 Satz 3 SGB V und § 7 SGB IX bestimmt (vgl entsprechend , RdNr 18 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; Urteil vom - B 1 KR 22/07 R, RdNr 30, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
Eine Begrenzung der Anspruchshöchstdauer für das Funktionstraining auf zwölf bzw 24 Monate sehen das SGB V und das SGB IX selbst nicht ausdrücklich vor. Allerdings enthält die "Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining" vom ("Rahmenvereinbarung 2003") derartige allgemeine Befristungen. Sie wurde im Wesentlichen zwischen Leistungsträgern aus dem Bereich der Rehabilitation einerseits und verschiedenen Behinderten(sport)verbänden andererseits geschlossen. Die Rahmenvereinbarung 2003 ist im Falle der Klägerin noch anwendbar, nicht aber die zum geänderte Neufassung, die sich nur auf ärztliche Verordnungen vom an bezieht (Nr 20.3 Rahmenvereinbarung 2007).
Unter Nr 4 Rahmenvereinbarung 2003 werden "Leistungsumfang, Dauer und Leistungsausschlüsse" angesprochen: Die Erforderlichkeit für Funktionstraining im Sinne der Vereinbarung ist danach grundsätzlich so lange gegeben, wie der behinderte oder von Behinderung bedrohte Mensch während der Übungsveranstaltungen auf die fachkundige Leitung des/der Übungsleiter/-in/Therapeuten/-in angewiesen ist, um die in Nr 2.3 und 3.3 genannten Ziele zu erreichen (Nr 4.1 Rahmenvereinbarung 2003). In der GKV wird Funktionstraining zur Erreichung dieser Ziele längstens für die in Nr 4.4.2 bis 4.4.4 genannten Zeiträume erbracht (Nr 4.4 Rahmenvereinbarung 2003). Unter Nr 4.4.4 Rahmenvereinbarung 2003 heißt es dazu: "In der GKV beträgt der Leistungsumfang des Funktionstrainings zwölf Monate. Bei schwerer Beeinträchtigung der Beweglichkeit/Mobilität durch chronisch bzw chronisch progredient verlaufende entzündlich rheumatische Erkrankungen (rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew, Psoriasis-Arthritis), schwere Polyarthrosen, Kollagenosen, Fibromyalgie-Syndrome und Osteoporose beträgt der Leistungsumfang 24 Monate." Eine längere Leistungsdauer ist nur vorgesehen, wenn die Motivation zur Durchführung des Übungsprogramms in Eigenverantwortung krankheits- oder behinderungsbedingt nicht oder noch nicht gegeben ist (Nr 4.4.1 Rahmenvereinbarung 2003).
b) Entgegen der Ansicht des LSG lässt sich eine generelle, allgemeine Befristung des Funktionstrainings nicht aus dem Gesetz ableiten (dazu aa bis cc). Soweit die Rahmenvereinbarung 2003 die Leistung auf zwölf, ausnahmsweise 24 Monate begrenzt und nur in engen Grenzen darüber hinaus anerkennt, ist die Vereinbarung in Bezug auf Rechte der Anspruchsberechtigten der GKV nach § 43 SGB V nichtig (dazu dd).
aa) Dem LSG kann nicht darin gefolgt werden, dass das Funktionstraining schon "begrifflich" nach der Konzeption des Gesetzes nur ein mit zeitlicher Begrenzung zu gewährendes Übungsprogramm sei und bereits daher einer Höchstförderungsdauer unterliege. Denn weder definieren SGB V und SGB IX den Begriff des Funktionstrainings in diesem Sinne selbst, noch kann sonst angenommen werden, dass ihm ein bestimmter einheitlicher Bedeutungsgehalt im Sinne einer immanenten zeitlichen Begrenzung innewohnt, die zwangsläufig zu einer nach Monaten oder Jahren zu bemessenden Höchstdauer führt.
Das Funktionstraining wurde durch Art 1 Nr 21 des Gesetzes zur Reform der GKV ab dem Jahr 2000 vom (BGBl I 2626) mit Wirkung vom in § 43 Nr 1 Halbsatz 2 SGB V explizit als Leistung der GKV benannt ("Die Krankenkasse kann als ergänzende Leistungen ... den Rehabilitationssport fördern, der Versicherten ärztlich verordnet und in Gruppen unter ärztlicher Betreuung ausgeübt wird; das gilt auch für das Funktionstraining"). Seit Schaffung des SGB IX wird es mit Wirkung vom - wiederum ohne eine Legaldefinition - systematisch in der Weise erfasst, dass § 43 Abs 1 SGB V auf § 44 Abs 1 Nr 4 SGB IX verweist.
bb) Es bedarf keiner Entscheidung, ob § 43 Abs 1 SGB V iVm § 44 Abs 1 Nr 4 SGB IX an die seit geltende "Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining" (BKK 1993, 681; im Folgenden: Gesamtvereinbarung 1993) anknüpfen wollte, wie das LSG meint. Jedenfalls gibt auch die Gesamtvereinbarung 1993 für eine grundsätzlich befristete Leistungsdauer des Funktionstrainings nichts her.
Funktionstraining wirkt nach § 3 Abs 1 Gesamtvereinbarung 1993 besonders mit den Mitteln der Krankengymnastik und der Ergotherapie gezielt auf spezielle körperliche Strukturen (Muskeln, Gelenke usw) des Behinderten ein, ist immer organorientiert und dient dem Erhalt von Funktionen, der Beseitigung oder Verbesserung von Störungen der Funktionen sowie dem Hinauszögern von Funktionsverlusten einzelner Organsysteme/Körperteile. Das Funktionstraining umfasst danach bewegungstherapeutische Übungen, die als Gruppenbehandlung unter fachkundiger Anleitung und Überwachung vor allem durch Krankengymnastinnen/Krankengymnasten im Rahmen regelmäßig abgehaltener Übungsveranstaltungen durchgeführt werden. Im Zusammenhang mit der Umschreibung weiterer Ziele dieser Maßnahmen (ähnlich Nr 3 ff Rahmenvereinbarung 2003) heißt es dann, Funktionstraining sei "auch Hilfe zur Selbsthilfe, insbesondere um die eigene Verantwortlichkeit des/der Behinderten für seine/ihre Gesundheit und seine/ihre Motivation zum angemessenen täglichen Bewegungstraining zu stärken und ihn/sie zur Selbstübung zu befähigen." Dies spricht indessen nicht für eine generelle, allgemeine Befristung, sondern lässt ebenso individuelle Begrenzungen je nach Notwendigkeit im Einzelfall zu. Nichts anderes gilt für den "Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe" vom , soweit er betont, Funktionstraining solle (wie Rehabilitationssport) in erster Linie "Hilfe zur Selbsthilfe" bieten und seien "nicht als Dauerleistung angelegt" (BT-Drucks 15/4575 S 59 unter 3.27).
Dass die Gesamtvereinbarung 1993 Funktionstraining individuell begrenzen wollte, verdeutlicht deren § 3 Abs 2: "Die Notwendigkeit für die Durchführung von Funktionstraining liegt so lange vor, wie der/die Behinderte während des Funktionstrainings der Anleitung durch den Therapeuten bedarf, also noch nicht über Fertigkeiten in den Bewegungsabläufen verfügt, die ihn/sie in die Lage versetzen, das Funktionstraining selbstständig durchzuführen. Diese Selbstständigkeit kann bei bestimmten chronischen Krankheiten dauerhaft fehlen." Ähnliches ergab sich aus den Regelungen über die ärztliche Bescheinigung zur Notwendigkeit von Funktionstraining. Die einzelne Bescheinigung galt zwar längstens für sechs Monate, maßgeblich für eine angemessene Förderungsdauer sollten jedoch die Verhältnisse des Einzelfalls sein; die Notwendigkeit von Funktionstraining konnte auch wiederholt bescheinigt werden, sofern dies zur Erreichung oder Sicherung des Rehabilitationszieles erforderlich war (§ 13 Abs 3 Gesamtvereinbarung 1993).
cc) Entgegen der Ansicht des LSG lassen sich die Grenzen der Leistungsdauer für Heilmittel, zu denen auch krankengymnastische Maßnahmen gehören (vgl § 32 Abs 2 Satz 2 SGB V), nicht auf das Funktionstraining übertragen. Die Leistungsgrenzen für Heilmittel ergeben sich daraus, dass die Mittel nur bis zum Erreichen der festgelegten Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls verordnet werden dürfen (vgl II. Nr 11.2.2 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses <GBA> über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung vom /, BAnz 2004 Nr 106a).
Obwohl Funktionstraining der Sache nach partiell in ähnlicher Weise wirken mag wie Krankengymnastik, nimmt das Gesetz für sie eine grundsätzlich andere rechtliche Zuordnung vor. Heilmittel unterliegen nämlich nicht denselben oder sonst deckungsgleichen Regelungen wie ergänzende Leistungen zur Rehabilitation. Bereits § 11 SGB V differenziert bei den Leistungsarten der GKV zwischen "Leistungen zur Behandlung einer Krankheit" (Abs 1 Nr 4) einerseits und ua "ergänzenden Leistungen" (Abs 2) andererseits. Diese Unterschiede setzen sich in anderen Regelungszusammenhängen fort. Der Gesetzgeber des SGB V unterscheidet stets bewusst zwischen "Heilmitteln" (vgl zB § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3, § 32, § 34, § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6, § 138 SGB V) und "ergänzenden Leistungen" (zB § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 6, § 43, § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 8 und Abs 5 SGB V). Rückschlüsse von dem einen auf den anderen Regelungskomplex sind nicht zulässig. Dementsprechend sind die Regelungsbefugnisse auch des GBA für einerseits Heilmittel und andererseits ergänzende Leistungen unterschiedlich ausgestaltet (vgl § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6, Abs 2, Abs 3a und Abs 6, § 138 SGB V zum einen und § 91 Abs 1 Satz 1, Abs 1 Satz 2 Nr 8 und Abs 5 SGB V zum anderen).
dd) Soweit die Rahmenvereinbarung 2003 den Leistungsanspruch krankenversicherter behinderter Menschen gegen ihre Krankenkasse auf Funktionstraining auf grundsätzlich zwölf, ausnahmsweise 24 Monate begrenzt, ist sie hinsichtlich der Leistungen des § 43 SGB V nichtig. Es fehlt an einer gesetzlichen Grundlage dafür, dass die Rahmenvereinbarung 2003 Leistungen nach § 43 SGB V begrenzt.
Nach § 31 SGB I dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen des SGB nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt. Spezielle, iS von § 37 Satz 1 SGB I davon abweichende Regelungen enthalten das SGB V oder SGB IX nicht. Im Wortlaut des Gesetzes hat keinen Niederschlag gefunden, dass die nähere Ausgestaltung des Funktionstrainings durch die Rahmenvereinbarung 2003 verbindlich sein sollte. Der Gesetzgeber hat - wie dargelegt - das Funktionstraining als GKV-Leistung weder selbst allgemein befristet (vgl dagegen zB § 34 Abs 1 SGB V) noch hat er diese Aufgabe gezielt dem Verordnungsgeber übertragen wie etwa in § 34 Abs 2 bis 4, § 35a SGB V. Andere untergesetzliche Normgeber (vgl zB § 36, § 139 SGB V) als den GBA hat er nicht zur Leistungsbegrenzung berufen. Inwieweit der GBA hierzu nach § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V ermächtigt ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn der GBA hat bisher Richtlinien nur nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 8 SGB V erlassen. Die auf § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 8 SGB V beruhenden Richtlinien des GBA über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation vom (BAnz S 6769) enthalten gerade keine expliziten Höchstgrenzen für die Gewährung von Funktionstraining an Versicherte der GKV.
Den Partnern der Rahmenvereinbarung 2003 hat der Gesetzgeber keine Regelungsbefugnis dazu eingeräumt, den Leistungsanspruch auf Funktionstraining grundsätzlich zu befristen (zutreffend: ). Es fehlt dem SGB V und dem SGB IX seit dem an einer solchen Rechtsgrundlage. §§ 13 Abs 1 und 2 sowie § 20 SGB IX sehen lediglich vor, dass die Rehabilitationsträger (§ 6 Abs 1 Nr 1 bis 5 SGB IX) verpflichtet sind, zur Sicherung ihrer Zusammenarbeit (§ 12 Abs 1 SGB IX) und darüber hinaus zu bestimmten, im einzelnen in § 13 Abs 2 Nr 1 bis 9 SGB IX und § 20 SGB IX (Qualitätssicherung) genannten Punkten gemeinsame Empfehlungen zu vereinbaren. Zwar handelt es sich bei der Rahmenvereinbarung 2003 (schon mangels Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit) nicht unmittelbar um eine derartige gemeinsame Empfehlung. Sie nimmt aber von der Funktion her diese Rolle wahr; denn zu einer gemeinsamen Empfehlung über Rehabilitationssport und Funktionstraining kam es gerade nicht, weil sie wegen der schon zur Thematik vorhandenen Rahmenvereinbarung 2003, die in ausreichendem Maße die praxisorientierte Durchführung realisiere, insoweit entbehrlich schien (so zum Ganzen: Löschau in Großmann ua, GK-SGB IX, Stand April 2007, § 13 RdNr 43, 48). Mit den auf § 13 SGB IX beruhenden Gemeinsamen Empfehlungen soll indessen - ebenso wie dies für sie ersetzende vergleichbare Regelwerke wie die Rahmenvereinbarung 2003 gelten muss - nicht die Zielrichtung verfolgt werden, Leistungsansprüche der GKV-Versicherten zu konkretisieren, vielmehr geht es darum, die Koordination und Kooperation der Rehabilitationsträger als eines der Hauptanliegen des SGB IX durch wirksame Instrumente sicherzustellen. Es sollen nicht Voraussetzungen und Inhalte von Leistungen neu bestimmt, sondern im Rahmen des geltenden Rechts eine einheitliche und eine koordinierte Leistungserbringung bewirkt werden (so: Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Entwurf des SGB IX, BT-Drucks 14/5074 S 101 zu § 13). Ausdrücklich heißt es dort: "Die Empfehlungen richten sich ... nur an die an ihnen beteiligten Rehabilitationsträger und lassen die Rechtsansprüche leistungsberechtigter Bürgerinnen und Bürger unberührt" (Gesetzentwurf, ebenda, S 101 f).
3. Obwohl ein Naturalleistungsanspruch der Klägerin nach alledem nicht mit der vom LSG gegebenen Begründung verneint werden darf, könnte der Revision - unbeschadet der unter 1. angesprochenen, ohnehin noch aufzuklärenden Problematik des § 13 Abs 3 SGB V - gleichwohl nicht im Sinne einer Verurteilung der Beklagten zur Leistungsgewährung stattgegeben werden; denn das Vorliegen der medizinischen Anspruchsvoraussetzungen ist in ihrem Fall noch nicht geklärt.
a) Das Funktionstraining muss zumindest Maßnahmen der Krankenbehandlung einschließlich medizinischer Rehabilitation ergänzt haben. Denn ergänzende Leistungen zur Rehabilitation sind von den Krankenkassen akzessorisch zu einer zuvor oder gleichzeitig von ihnen zu gewährenden Hauptleistung zu erbringen (vgl auch , RdNr 31 mwN). Schon § 43 SGB V idF des Gesetzes zur Reform der GKV ab dem Jahr 2000 vom (BGBl I 2626) ließ hierfür - entsprechend § 43 Abs 1 aE SGB V nF - "Krankenbehandlung" genügen. Nichts anderes gilt für die nach § 43 Abs 1 SGB V nF zu erbringenden Pflichtleistungen nach § 44 Abs 1 Nr 4 SGB IX. Das folgt aus dem Regelungszusammenhang des letzten Halbsatzes des § 43 Abs 1 SGB V mit den dort eingangs benannten Leistungen des SGB IX und dem Regelungszweck, an die frühere Rechtslage anzuknüpfen (vgl BT-Drucks 14/5800 S 28). Dass es sich bei der "Krankenbehandlung" um eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation gehandelt hat, kann danach nicht verlangt werden. Feststellungen dazu, dass das Funktionstraining Maßnahmen der Krankenbehandlung ergänzt hat, fehlen.
b) Das Funktionstraining muss auch notwendig gewesen sein (§ 11 Abs 2 Satz 1 SGB V, § 43 Abs 1 SGB V iVm § 44 Abs 1 Nr 4 SGB IX, § 12 Abs 1 SGB V). Auch insoweit kann die Rahmenvereinbarung 2003 das Gesetz zwar nicht konkretisieren. Auf der Grundlage des LSG-Urteils steht aber nicht fest, dass die Klägerin aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen einer ergänzenden Leistung zur Rehabilitation in Form des über den hinaus bis fortgesetzten Funktionstrainings bedurfte. Das Funktionstraining war nur "notwendig", wenn bei der Klägerin eine Behinderung vorlag, die nur durch die weitere Teilnahme am Funktionstraining zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen oder deren Verschlimmerung zu verhüten oder deren Folgen nur hierdurch zu mildern waren.
Zwar ist die behandelnde Ärztin Dr. D. in ihrer Verordnung vom vom Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ausgegangen. Einer solchen Bescheinigung kommt aber lediglich die Bedeutung einer ärztlich-gutachtlichen Stellungnahme zu. Krankenkasse und Gericht sind an deren Inhalt nicht gebunden (vgl BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 7 RdNr 20 mwN -Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung). Krankenkassen können sie nach § 275 Abs 1 SGB V vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung überprüfen lassen. So kommt in Betracht, dass die Klägerin (inzwischen) in der Lage gewesen ist, das in Form von Wassergymnastik begehrte Funktionstraining eigenständig durchzuführen und deshalb einer gruppenweise durchgeführten Maßnahme nicht bedurfte. Hierauf hat sich die Beklagte berufen. Im Rahmen der vom LSG nachzuholenden Feststellungen zur Notwendigkeit bedarf es dagegen keiner besonderen Beweismittel, wie sie Nr 4.4.1 Rahmenvereinbarung 2003 fordert (= Bescheinigung der Notwendigkeit nur durch Ärzte aus dem neurologischen, psychiatrischen oder psychotherapeutischen Fachgebiet, Ärzte mit der Gebietsbezeichnung Physikalische oder Rehabilitative Medizin und Ärzte mit Zusatzausbildung in psychosomatischer Grundversorgung). Denn die Vereinbarung ist auch insoweit mangels hinreichender Rechtsgrundlage und Regelungsbefugnisse nichtig.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
VAAAC-88804