GVG § 119b

Achter Titel: Oberlandesgerichte

§ 119b [1]

(1) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, jeweils durch Rechtsverordnung einen oder mehrere Senate bei einem Oberlandesgericht oder einem Obersten Landesgericht als Commercial Court einzurichten, der im ersten Rechtszug zuständig ist für folgende Streitigkeiten mit einem Streitwert ab 500 000 Euro:

  1. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Unternehmern (§ 14 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit Ausnahmevon solchen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, des Urheberrechts sowie über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb,

  2. Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Unternehmens oder von Anteilen an einemUnternehmen,

  3. Streitigkeiten zwischen Gesellschaft und Mitgliedern des Leitungsorgans oder Aufsichtsrats.

2Die Zuständigkeit des Commercial Courts nach Satz 1 kann auf bestimmte Sachgebiete beschränkt werden. 3Die Zuständigkeit nach Satz 1 kann auch auf Sachgebiete erstreckt werden, in denen die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts oder ein sonstiger ausschließlicher Gerichtsstand vorgesehen ist. 4Die Zuständigkeit des Commercial Courts nach Satz 1 kann nicht vorgesehen werden für Streitigkeiten über die Wirksamkeit oder Rechtmäßigkeit von Beschlüssen von Gesellschaftern oder Gesellschaftsorganen, Verfahren nach § 71 Absatz 2 Nummer 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes oder nach § 375 des Gesetzes über Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(2) 1Der Commercial Court wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteienzuständig, sofern die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen. 2Die vereinbarte Zuständigkeit ist ausschließlich, sofern die Parteien nichts anderes ausdrücklich vereinbart haben. 3Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 wird der Commercial Court auch zuständig, wenn der Kläger dies in der Klageschrift beantragt hat und der Beklagte sich in der Klageerwiderung rügelos darauf einlässt.

(3) Sind in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet, so kann die Landesregierung die Zuständigkeit des Commercial Courts durch Rechtsverordnung über das Gebiet des Oberlandesgerichts hinaus bestimmen.

(4) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung abweichend von § 119 Absatz 1 Nummer 2 dem Commercial Court die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Berufung und der Beschwerde gegen solche Entscheidungen der Landgerichte zuzuweisen, denen eine Streitigkeit zugrunde liegt, die die Sachgebiete des Commercial Courts betrifft.

(5) Die Landesregierungen können die in den Absätzen 1, 3 und 4 genannten Ermächtigungen durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(6) 1Mehrere Länder können vereinbaren, einen gemeinsamen Commercial Court an einem Oberlandesgericht oder an einem Obersten Landesgericht einzurichten. 2Die Zuständigkeit eines gemeinsamen Commercial Courts nach Satz 1 kann über Ländergrenzen hinaus vereinbart werden.

(7) 1Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen gehen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, dieser Vorschrift vor. 2Regelungen in Rechtsakten der Europäischen Union bleiben unberührt. 3Die zur Aus- und Durchführung von Vereinbarungen und Rechtsakten im Sinne der Sätze 1 und 2 erlassenen Bestimmungen bleiben unberührt. 4Soweit eine Gerichtsstandsvereinbarung zur internationalen und gegebenenfalls örtlichen Zuständigkeit nach vorrangig anzuwendendem internationalen Recht unter geringeren Voraussetzungen wirksam wäre, gilt dies im Rahmen des Anwendungsbereiches dieses Rechts in gleicher Weise für die Vereinbarung nach Absatz 2 Satz 1.

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1Anm. d. Red.: Gemäß Art. 1 Nr. 1 i. V. mit Art. 7 Abs. 1 Gesetz v. (BGBl 2024 I Nr. 302) wird nach § 119a folgender § 119b –kursiv– mit Wirkung v. 1.4.2025eingefügt.