Finanzministerium Baden-Württemberg - 3 - S 4505/25

Grunderwerbsteuer;
Anwendung der Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG bei mehreren Veräußerern und Erwerbern

Bezug:

Es ist die Frage gestellt worden, wie die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 1 GrEStG in den Fällen anzuwenden ist, in denen mehrere Miteigentümer ein Grundstück an einen oder mehrere Erwerber zu Miteigentum veräußern.

Nach dem Ergebnis der Besprechung mit den zuständigen Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder bittet das FinMin dazu folgende Auffassung zu vertreten:

Nach § 3 Nr. 1 GrEStG ist von der Besteuerung ausgenommen der Erwerb eines Grundstücks, wenn der für die Berechnung der Steuer maßgebende Wert 2.500 € nicht übersteigt. Als Grundstück im Sinne des § 2 GrEStG gilt auch ein ideeller Miteigentumsanteil (Bruchteilseigentum) an einem Grundstück. Grundsätzlich erfüllt daher jeder Erwerb eines Miteigentumsanteils einen Grunderwerbsteuertatbestand und ist für die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG als selbständiger Steuerfall zu betrachten. Mehrere Steuerfälle sind auch dann anzunehmen, wenn mehrere Miteigentümer sich verpflichten, das Grundstück auf einen Erwerber zu Alleineigentum zu übertragen.

Dies gilt auch für Eheleute, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben. Veräußern diese ein Grundstück an einen Dritten, so liegen zwei Erwerbsvorgänge unabhängig von der vertraglichen Gestaltung vor. Denn jeder Ehegatte einer Zugewinngemeinschaft kann nach § 1364 BGB sein Vermögen selbständig verwalten und hierüber verfügen. Jeder Verkäufer gibt in diesem Fall grunderwerbsteuerrechtlich nur seinen Anteil auf ().

Anders ist die Rechtslage bei in Gütergemeinschaft lebenden Eheleuten hinsichtlich eines zum Gesamtgut gehörenden Grundstücks; denn der einzelne Ehegatte kann nach § 1419 Abs. 1 BGB nicht allein über seinen Anteil am Gesamtgut und an den einzelnen Gegenständen, die zum Gesamtgut gehören, verfügen. Deshalb liegt beim Erwerb eines Grundstücks, das zum Gesamtgut von in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten gehört, durch einen Erwerber nur ein Erwerb vor (. BFH/NV 2007, 1349).

Beispiel 1:

Zwei Miteigentümer A und B verkaufen ein Grundstück durch Übertragung ihres jeweiligen Miteigentumsanteils zu einem Gesamtpreis von 4 000 € an einen Erwerber C zu Alleineigentum.

Es liegen zwei Erwerbsvorgänge vor, auf die jeweils die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG anzuwenden ist, selbst wenn beide Übertragungen in einer notariellen Urkunde erfolgen. Entsprechendes gilt, wenn die Miteigentümer A und B das Grundstück im Ganzen gemeinschaftlich (§ 747 Satz 2 BGB) auf den Erwerber C übertragen.

Beispiel 2:

Ein Veräußerer A verkauft sein Grundstück in einem Rechtsgeschäft zu einem Preis von 5.000 € an zwei Erwerber B und C zu hälftigem Miteigentum.

Es liegen zwei Erwerbsvorgänge vor. Die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG kommt zur Anwendung, weil die Gegenleistung mit jeweils 2.500 € die Grenze nicht übersteigt.

Beispiel 3:

Die Ehegatten A und B sind je zur Hälfte Eigentümer eines Grundstücks. Sie übertragen das Grundstück in einem Rechtsgeschäft zu einem Kaufpreis von insgesamt 10.000 € auf die Eheleute C und D, die das Grundstück ebenfalls zu jeweils hälftigem Eigentum erwerben. Sämtliche Ehegatten leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Es liegen nur zwei Erwerbsvorgänge vor. Die Eheleute C und D erhalten nicht je ein Viertel von jedem Veräußerer-Ehegatten A und B, sondern jeder Erwerber-Ehegatte erhält eine ideelle Grundstückshälfte. Es kann nicht bestimmt werden, von welchem Miteigentümer der jeweilige Anteil erworben wird. Die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG wird nicht berücksichtigt, weil sie bei einem Kaufpreis von jeweils 5.000 € überschritten ist.

Beispiel 4:

Die Geschwister A, B, C sind zu je einem Drittel Miteigentümer eines Grundstücks. In gesonderten Rechtsgeschäften überträgt A ausdrücklich seinen Miteigentumsanteil an D, B seinen Miteigentumsanteil an E und C seinen Miteigentumsanteil an F zu einem Kaufpreis von jeweils 2.500 €.

Es liegen drei Erwerbsvorgänge vor. Für jeden Erwerb kommt die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG zur Anwendung, so dass keine Grunderwerbsteuer festzusetzen ist.

Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder. Er tritt an die Stelle des Bezugserlasses und ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

Finanzministerium Baden-Württemberg v. - 3 - S 4505/25

Fundstelle(n):
MAAAC-79307