Zu § 3 UStG
32. Dienstleistungskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) [1]
(1) 1Wird ein Unternehmer (Auftragnehmer) in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen und für fremde Rechnung (Dienstleistungskommission), gilt diese sonstige Leistung als an ihn und von ihm erbracht. 2Dabei wird eine Leistungskette fingiert. 3Sie behandelt den Auftragnehmer als Leistungsempfänger und zugleich Leistenden. 4Die Dienstleistungskommission erfasst die Fälle des sog. Leistungseinkaufs und des sog. Leistungsverkaufs. 5Ein sog. Leistungseinkauf liegt vor, wenn ein von einem Auftraggeber bei der Beschaffung einer sonstigen Leistung eingeschalteter Unternehmer (Auftragnehmer) für Rechnung des Auftraggebers im eigenen Namen eine sonstige Leistung durch einen Dritten erbringen lässt. 6Ein sog. Leistungsverkauf liegt vor, wenn ein von einem Auftraggeber bei der Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschalteter Unternehmer (Auftragnehmer) für Rechnung des Auftraggebers im eigenen Namen eine sonstige Leistung an einen Dritten erbringt.
(2) 1Die Leistungen der Leistungskette, d.h. die an den Auftragnehmer erbrachte und die von ihm ausgeführte Leistung, werden bezüglich ihres Leistungsinhalts gleich behandelt. 2Die Leistungen werden zum selben Zeitpunkt erbracht. 3Im Übrigen ist jede der beiden Leistungen unter Berücksichtigung der Leistungsbeziehung gesondert für sich nach den allgemeinen Regeln des UStG zu beurteilen. 4Dies gilt z.B. in den Fällen des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG (Option). 5Fungiert ein Unternehmer bei der Erbringung einer steuerfreien sonstigen Leistung als Strohmann für einen Dritten („Hintermann”), liegt ein Kommissionsgeschäft nach § 3 Abs. 11 UStG vor mit der Folge, dass auch die Besorgungsleistung des Hintermanns steuerfrei zu behandeln ist (vgl. , BStBl II S. 278).
(3) 1Personenbezogene Merkmale der an der Leistungskette Beteiligten sind weiterhin für jede Leistung innerhalb einer Dienstleistungskommission gesondert in die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung einzubeziehen. 2Dies kann z.B. für die Anwendung von Steuerbefreiungsvorschriften von Bedeutung sein (vgl. z.B. § 4 Nr. 19 Buchstabe a UStG) oder für die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung, wenn er davon abhängig ist, ob die Leistung an einen Unternehmer oder einen Nichtunternehmer erbracht wird. 3Die Steuer kann nach § 13 UStG für die jeweilige Leistung zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstehen; z.B. wenn der Auftraggeber der Leistung die Steuer nach vereinbarten und der Auftragnehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet. 4Außerdem ist z.B. zu berücksichtigen, ob die an der Leistungskette Beteiligten Nichtunternehmer, Kleinunternehmer (§ 19 UStG), Land- und Forstwirte, die für ihren Betrieb die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwenden, sind.
1Der Bauunternehmer G besorgt für den Bauherrn B die sonstige Leistung des Handwerkers C, für dessen Umsätze die Umsatzsteuer nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird.
2Das personenbezogene Merkmal – Kleinunternehmer – des C ist nicht auf den Bauunternehmer G übertragbar. 3Die Leistung des G unterliegt dem allgemeinen Steuersatz.
(4) 1Die zivilrechtlich vom Auftragnehmer an den Auftraggeber erbrachte Besorgungsleistung bleibt umsatzsteuerrechtlich ebenso wie beim Kommissionsgeschäft nach § 3 Abs. 3 UStG unberücksichtigt. 2Der Auftragnehmer erbringt im Rahmen einer Dienstleistungskommission nicht noch eine (andere) Leistung (Vermittlungsleistung). 3Der Auftragnehmer darf für die vereinbarte Geschäftsbesorgung keine Rechnung erstellen. 4Eine solche Rechnung, in der die Umsatzsteuer offen ausgewiesen ist, führt zu einer Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG. 5Soweit der Auftragnehmer im eigenen Namen für fremde Rechnung auftritt, findet § 25 UStG keine Anwendung.
(5) 1Erbringen Sanierungsträger, die ihre Aufgaben nach § 159 Abs. 1 BauGB im eigenen Namen und für Rechnung der auftraggebenden Körperschaften des öffentlichen Rechts (Gemeinden) als deren Treuhänder erfüllen, Leistungen nach § 157 BauGB und beauftragen sie zur Erbringung dieser Leistungen andere Unternehmer, gelten die von den beauftragten Unternehmern erbrachten Leistungen als an den Sanierungsträger und von diesem an die treugebende Gemeinde erbracht. 2Satz 1 gilt entsprechend für vergleichbare Leistungen der Entwicklungsträger nach § 167 BauGB.
( 6 ) Beispiele zur sog. Leistungseinkaufskommission:
1Der im Inland ansässige Spediteur G besorgt für den im Inland ansässigen Unternehmer B im eigenen Namen und für Rechnung des B die inländische Beförderung eines Gegenstands von München nach Berlin. 2Die Beförderungsleistung bewirkt der im Inland ansässige Unternehmer C.
3Da G in die Erbringung einer Beförderungsleistung eingeschaltet wird und dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.
4Die Leistungskette wird fingiert. 5Die zivilrechtlich vereinbarte Geschäftsbesorgungsleistung ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich.
6C erbringt an G eine im Inland steuerpflichtige Beförderungsleistung (§ 3b UStG). 7G hat gegenüber B ebenfalls eine im Inland steuerpflichtige Beförderungsleistung abzurechnen.
1Spediteur G besorgt für den in Frankreich ansässigen Unternehmer B im eigenen Namen und für Rechnung des B die Beförderung eines Gegenstands von Paris nach München. 2Die Beförderungsleistung bewirkt der im Inland ansässige Unternehmer C. 3G und C verwenden jeweils ihre deutsche, B seine französische USt-IdNr.
4Die Leistungskette wird fingiert. 5Die zivilrechtlich vereinbarte Geschäftsbesorgungsleistung ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich.
6C erbringt an G eine in Deutschland steuerbare Beförderungsleistung (§ 3b Abs. 3 Satz 2 UStG). 7G hat gegenüber B eine nach § 3b Abs. 3 Sätze 1 und 2 UStG in Frankreich steuerbare Beförderungsleistung abzurechnen.
1Der private Endverbraucher E beauftragt das im Inland ansässige Reisebüro R mit der Beschaffung der für die Reise notwendigen Betreuungsleistungen durch das Referenzunternehmen D mit Sitz im Drittland. 2R besorgt diese sonstige Leistung im eigenen Namen, für Rechnung des E.
3Da R in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet wird und dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.
4Die Leistungskette wird fingiert. 5Die zivilrechtlich vereinbarte Geschäftsbesorgungsleistung ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich. 6Die Leistungen der Leistungskette, d.h. die an R erbrachte und die von R ausgeführte Leistung, werden bezüglich des Leistungsinhalts gleich behandelt. 7Im Übrigen ist jede der beiden Leistungen unter Berücksichtigung der Leistungsbeziehungen gesondert für sich nach den allgemeinen Regeln des UStG zu beurteilen (vgl. Absatz 2).
8Die von D an R erbrachte Betreuungsleistung wird als sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 1 UStG), also im Drittlandsgebiet. 9Diese Leistung ist in Deutschland nicht steuerbar. 10R erbringt nach § 3 Abs. 11 UStG ebenfalls eine Betreuungsleistung, die nach § 3a Abs. 1 UStG im Inland ausgeführt wird. 11Sie ist damit steuerbar und, soweit keine Steuerbefreiung greift, steuerpflichtig.
12§ 25 UStG findet in diesem Fall keine Anwendung (vgl. Absatz 4 Satz 5).
( 7 ) Beispiele zur sog. Leistungsverkaufskommission:
1Der im Inland ansässige Eigentümer E eines im Inland belegenen Ferienhauses beauftragt G mit Sitz im Inland im eigenen Namen und für Rechnung des E, Mieter für kurzfristige Ferienaufenthalte in seinem Ferienhaus zu besorgen.
2Da G in die Erbringung sonstiger Leistungen (kurzfristige – steuerpflichtige – Vermietungsleistungen nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) eingeschaltet wird und dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt, gelten die Leistungen als an ihn und von ihm erbracht.
3Die Leistungskette wird fingiert. 4Die zivilrechtlich vereinbarte Geschäftsbesorgungsleistung ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich.
5Die Vermietungsleistungen des E an G sind im Inland steuerbar (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe a UStG) und als kurzfristige Vermietungsleistungen (§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) steuerpflichtig.
6G erbringt steuerbare und steuerpflichtige Vermietungsleistungen an die Mieter (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe a UStG, § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG).
1Sachverhalt wie in Beispiel 1, jedoch befindet sich das Ferienhaus des E in Belgien.
2Die Vermietungsleistungen des E an G und die Vermietungsleistungen des G an die Mieter sind im Inland nicht steuerbar. 3Der Ort der sonstigen Leistungen ist nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe a UStG Belgien (Belegenheitsort). 4Die Besteuerung von E und G in Belgien erfolgt nach belgischem Recht.
1Sachverhalt wie in Beispiel 1, jedoch ist G Unternehmer mit Sitz in Belgien.
2Die Vermietungsleistungen des E an G und die Vermietungsleistungen des G an die Mieter sind im Inland steuerbar (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe a UStG) und als kurzfristige Vermietungsleistungen (§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) steuerpflichtig. 3G muss sich in Deutschland für Zwecke der Umsatzbesteuerung registrieren lassen, soweit die Mieter Nichtunternehmer sind. 4Ist ein Mieter Unternehmer oder juristische Person des öffentlichen Rechts, schuldet dieser als Leistungsempfänger die Steuer, auch wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen worden ist (§ 13b Abs. 1 und 2 UStG).
1Ein nicht im Inland ansässiges Kreditinstitut K (ausländischer Geldgeber) beauftragt eine im Inland ansässige GmbH G mit der Anlage von Termingeldern im eigenen Namen für fremde Rechnung bei inländischen Banken.
2Da G als Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung (Kreditgewährungsleistung im Sinne des § 4 Nr. 8 Buchstabe a UStG) eingeschaltet wird und dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt, gilt die Leistung als an sie und von ihr erbracht.
3Die Leistungskette wird fingiert. 4Die zivilrechtlich vereinbarte Geschäftsbesorgungsleistung ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich.
5K erbringt an G und G an die inländischen Banken durch die Kreditgewährung im Inland steuerbare (§ 3a Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 6 Buchstabe a UStG), jedoch steuerfreie Leistungen (§ 4 Nr. 8 Buchstabe a UStG).
1Ein im Inland ansässiger Netzbetreiber T beauftragt eine im Inland ansässige GmbH G mit der Vermietung von Telekommunikationsanlagen (ohne Einräumung von Nutzungsmöglichkeiten von Übertragungskapazitäten) im eigenen Namen für fremde Rechnung an den im Ausland ansässigen Unternehmer U.
2Da G als Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung (Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände) eingeschaltet wird und dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt, gilt die Leistung als an sie und von ihr erbracht.
3Die Leistungskette wird fingiert. 4Die zivilrechtlich vereinbarte Geschäftsbesorgungsleistung ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich. 5Die Leistungen der Leistungskette, d.h. die an G erbrachte und die von G ausgeführte Leistung, werden bezüglich des Leistungsinhalts gleich behandelt. 6Im Übrigen ist jede der beiden Leistungen unter Berücksichtigung der Leistungsbeziehungen gesondert für sich nach den allgemeinen Regeln des UStG zu beurteilen (vgl. Absatz 2).
7T erbringt an G durch die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände im Inland steuerbare (§ 3a Abs. 3 und 4 Nr. 11 UStG) und, soweit keine Steuerbefreiung greift, steuerpflichtige Leistungen.
8G erbringt an den im Ausland ansässigen U durch die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände nicht im Inland steuerbare (§ 3a Abs. 3 und 4 Nr. 11 UStG) Leistungen.
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zur Änderungsdokumentation
JAAAC-53796
1Der neue Satz 5 in Absatz 2 greift das zur Zurechnung von Glücksspielumsätzen auf. Der neue Absatz 5 greift die Rechtsgrundsätze des , BStBl 2005 I S. 938 zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistungen von Sanierungsträgern nach § 157 BauGB auf. In den Absätzen 6 und 7 wurde jeweils ein weiteres Beispiel zur Darstellung der Auswirkungen des § 3 Abs. 11 gegenüber dem bis geltenden alten Recht aufgenommen.