UStR 217c. (Zu § 15a UStG (§§ 44 und 45 UStDV))

Zu § 15a UStG (§§ 44 und 45 UStDV)

217c. Berichtigung nach § 15a Abs. 4 UStG [1]

(1)  1Eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 4 UStG ist vorzunehmen, wenn der Unternehmer eine sonstige Leistung bezieht, die nicht in einen Gegenstand eingeht oder an diesem ausgeführt wird und deren Verwendung anders zu beurteilen ist, als dies zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs beabsichtigt war. 2Sonstige Leistungen, die unter die Berichtigungspflicht nach § 15a Abs. 4 UStG fallen, sind z.B.:

  1. Beratungsleistungen (z.B. für ein Unternehmenskonzept, eine Produktkonzeption);

  2. gutachterliche Leistungen;

  3. Anmietung eines Wirtschaftsguts;

  4. Patente, Urheberrechte, Lizenzen;

  5. bestimmte Computerprogramme;

  6. Werbeleistungen;

  7. Anzahlung für längerfristiges Mietleasing.

(2)  1Wird die sonstige Leistung mehrfach zur Erzielung von Einnahmen verwendet, erfolgt die Vorsteuerberichtigung pro rata temporis (§ 15a Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 UStG). 2Wird die bezogene sonstige Leistung hingegen nur einmalig zur Erzielung von Umsätzen verwendet, erfolgt die Berichtigung des gesamten Vorsteuerbetrags unmittelbar für den Zeitpunkt der Verwendung.

(3)  1Gemäß § 15a Abs. 4 Satz 2 UStG ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei sonstigen Leistungen, die nicht unter § 15a Abs. 3 UStG fallen, auf solche sonstigen Leistungen zu beschränken, für die in der Steuerbilanz ein Aktivierungsgebot bestünde. 2Unerheblich ist, ob der Unternehmer nach den §§ 140, 141 AO tatsächlich zur Buchführung verpflichtet ist oder freiwillig Bücher führt oder einkommensteuerrechtlich insoweit Einkünfte erzielt, die als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt werden. 3Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs kommt gemäß § 15a Abs. 4 Satz 3 UStG jedoch stets in Betracht, wenn der Leistungsempfänger für einen Zeitraum vor Ausführung der Leistung den Vorsteuerabzug vornehmen konnte (An- oder Vorauszahlungen).

(4)  1Sonstige Leistungen sind umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich erst im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt (Abschnitt 177 Abs. 3 Satz 1). 2Werden sonstige Leistungen im Sinne des § 15a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 UStG bereits vor ihrer Vollendung im Unternehmen des Leistungsempfängers verwendet, kommt eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs bereits vor Leistungsbezug (Vollendung) in denjenigen Fällen in Betracht, in denen bereits vor Leistungsbezug die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG gegeben sind (Zahlung vor Ausführung der Leistung). 3Auch hier ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs durchzuführen, wenn sich im Zeitpunkt der Verwendung die Verhältnisse gegenüber den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen ändern.

Beispiel 1:

1Unternehmer U schließt mit dem Vermieter V einen Vertrag über die Anmietung eines Bürogebäudes (Fertigstellung vor dem und Baubeginn vor dem ) über eine Laufzeit von fünf Jahren beginnend am . 2Da U beabsichtigt, in den Büroräumen zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze auszuführen, vermietet V das Gebäude unter Verzicht auf die Steuerbefreiung (§ 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a i.V.m. § 9 Abs. 1 und 2 UStG) zum Pauschalpreis von 1 000 000 € zzgl. 190 000 € Umsatzsteuer für die gesamte Mietlaufzeit. 3Vereinbarungsgemäß zahlt U die vertraglich vereinbarte Miete zum Beginn der Vertragslaufzeit und macht entsprechend den Vorsteuerabzug geltend. 4Ab dem nutzt U das Gebäude bis zum Vertragsende am nur noch zur Erzielung von nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen.

5U wäre bei bestehender Buchführungspflicht verpflichtet, für die vorausbezahlte Miete für die Jahre 02 bis 05 in der Steuerbilanz einen Rechnungsabgrenzungsposten zu bilanzieren.

6Bei der von V erbrachten Leistung handelt es sich nicht um Teilleistungen. 7U ist nach § 15a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 UStG verpflichtet, die Vorsteuer in den Jahren 02 bis 05 um jeweils 38 000 € (190 000 €/5 Jahre) zu berichtigen.

Beispiel 2:

1Unternehmer U ist Chirurg und schließt mit A einen für die Zeit vom bis zum befristeten Leasingvertrag für ein medizinisches Gerät ab. 2Als Leasingvorauszahlung wird ein Betrag von 100 000 € zzgl. 19 000 € Umsatzsteuer vereinbart; Teilleistungen liegen nach der vertraglichen Vereinbarung nicht vor. 3U leistet im Januar 01 die gesamte Leasingvorauszahlung. 4U beabsichtigt bei Zahlung, das Gerät zur Ausführung zum Vorsteuerabzug berechtigender Ausgangsumsätze (Schönheitsoperationen) zu verwenden. 5Er macht für den Januar 01 deshalb den Vorsteuerabzug in voller Höhe geltend und nutzt das Gerät ab . 6Tatsächlich kommt es ab dem jedoch nur noch zur Erzielung nicht zum Vorsteuerabzug berechtigender Ausgangsumsätze. 7Bei der Leasingvorauszahlung handelt es sich um eine Ausgabe, die nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen als Rechnungsabgrenzungsposten zu bilanzieren wäre.

8Umsatzsteuerrechtlich ist davon auszugehen, dass es sich um eine Zahlung für eine sonstige Leistung handelt, die nicht mit der erstmaligen Verwendung verbraucht ist. 9Der Vorsteuerabzug ist nach § 15a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 UStG pro rata temporis zu berichtigen. 10Der Berichtigungszeitraum beträgt fünf Jahre, beginnt am und endet am , obwohl der Leasingvertrag bis zum befristet ist.

11U muss für die Jahre 03 bis 05 jeweils 3 800 € im Rahmen der Berichtigung des Vorsteuerabzugs zurückzahlen.

Beispiel 3:

1Unternehmer U schließt am mit Vermieter V einen Vertrag über die Anmietung eines Pavillons für die Dauer vom bis zum zum Preis von 7 500 € zzgl. 1 425 € USt. 2Vereinbarungsgemäß zahlt U bereits bei Vertragsschluss das vereinbarte Mietentgelt und macht für den Februar 01 den Vorsteuerabzug geltend, da er beabsichtigt, in dem Pavillon zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze (Veräußerung von Kraftfahrzeugen) auszuführen. 3Tatsächlich nutzt er den Pavillon aber dann für eine Präsentation der von ihm betriebenen Versicherungsagentur.

4U muss den Vorsteuerabzug nach § 15a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 UStG berichtigen, weil die tatsächliche Verwendung von der Verwendungsabsicht abweicht. 5U muss für das Kalenderjahr 01 1 425 € Vorsteuer zurückzahlen. 6Nach § 15a Abs. 5 Satz 2 UStG ist die kürzere Verwendungsdauer zu berücksichtigen.

Fundstelle(n):
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JAAAC-53796

1Der Abschnitt ist neu und geht auf Rz. 43 bis 47 des -25/05, BStBl 2005 I S. 1068 zur Neufassung des § 15a UStG durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (Richtlinien-Umsetzungsgesetz - EURLUmsG), BGBl I S. 3310, zurück. Außerdem berücksichtigt der Abschnitt die Änderung von § 15a Abs. 4 UStG (und dementsprechend auch das , 2007/0161365, BStBl 2007 I S. 466) durch das Erste Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft v. (BGBl 2006 I S. 1970). Damit wurde klargestellt, welche sonstigen Leistungen der Berichtigung des Vorsteuerabzugs unterliegen. Die Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs wurde grundsätzlich auf solche sonstigen Leistungen beschränkt, für die steuerrechtlich ein Bilanzierungsgebot besteht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Unternehmer nach den §§ 140, 141 AO selbst zur Buchführung verpflichtet ist. Die Regelung gilt somit auch für Unternehmer, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ("Einnahmenüberschussrechnung") oder das Einkommen als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermitteln. Eine Ausnahme gilt für Lieferungen und sonstige Leistungen, für die der Unternehmer den Vorsteuerabzug geltend machen kann, bevor er die Leistung bezogen hat (Anzahlungen oder Vorauszahlungen).
Mit Urteil vom , V R 43/03, BStBl 2007II S. 417, hat der BFH u.a. entschieden, dass für den Umfang des Vorsteuerabzugs bei Erwerb und erheblichem Umbau eines Gebäudes, das anschließend vom Erwerber für steuerpflichtige und steuerfreie Verwendungsumsätze verwendet werden soll, vorgreiflich zu entscheiden ist, ob es sich bei den Umbaumaßnahmen um Erhaltungsaufwand am Gebäude oder um anschaffungsnahen Aufwand zur Gebäudeanschaffung handelt oder ob insgesamt die Herstellung eines neuen Gebäudes anzunehmen ist. Vorsteuerbeträge, die den Gegenstand selbst oder die Erhaltung, Nutzung oder Gebrauch des Gegenstands betreffen, sind danach gesondert zu beurteilen. Handelt es sich um Aufwendungen für den Gegenstand selbst, kommt für den BFH eine Aufteilung der gesamten Vorsteuerbeträge nach einem sachgerechten Aufteilungsmaßstab (§ 15 Abs. 4 UStG) in Betracht. Dieser kann ein Flächenschlüssel oder ein Umsatzschlüssel sein. Der Umfang der abziehbaren Vorsteuerbeträge auf so genannte Erhaltungsaufwendungen kann sich danach richten, für welchen Nutzungsbereich des gemischt genutzten Gegenstands die Aufwendungen vorgenommen werden. Die Verwaltung hat zu dem BFH-Urteil einen Nichtanwendungserlass herausgegeben ( (2007/0223039), BStBl 2007 I S. 482).