Leitsatz
[1] 1. Nach § 2 Abs. 2 TV ATZ haben Arbeitnehmer ab Vollendung ihres 60. Lebensjahres Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags. Der Anspruch ist auf die ungekürzte Laufdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses bis zum Übergang in den Ruhestand nach § 9 TV ATZ gerichtet.
2. § 2 Abs. 4 Satz 1 TV ATZ räumt dem Arbeitgeber keine Befugnis ein, die Dauer eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses auf zwei Jahre zu begrenzen.
Gesetze: ZPO § 894; AltTZG § 3; AltTZG § 7; TV ATZ vom idF vom § 2; TV ATZ vom idF vom § 9; SGB IV § 7 Abs. 1a; SGB VI § 237; EStG § 3 Nr. 28; EStG § 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
Instanzenzug: ArbG München 7 Ca 8663/04 vom LAG München 10 Sa 321/05 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags.
Der im November 1943 geborene Kläger ist seit Oktober 1974 bei der Beklagten als Verwaltungsangestellter beschäftigt. Die Beklagte ist eine in der Rechtsform einer GmbH betriebene Forschungseinrichtung, die zu 90 % von der Bundesrepublik Deutschland und zu 10 % vom Freistaat Bayern gefördert wird. Sie ist Mitglied der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V. Der Etat wird in Abstimmung zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Helmholtz-Gemeinschaft e.V. festgelegt.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) und der diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge in der jeweiligen Fassung anzuwenden. Der Kläger ist in der wissenschaftlich-technischen Abteilung - Antragstellung für Sonderfinanzierung - eingesetzt und bezieht eine Vergütung nach der VergGr. Ia BAT. Mit Schreiben vom beantragte er die Umwandlung seines Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis, das vom bis durchgeführt werden sollte. Dies lehnte die Beklagte im März 2004 schriftlich ab. Sie bot dem Kläger stattdessen einen Altersteilzeitarbeitsvertrag mit einer Laufzeit von zwei Jahren an. Über Beginn und Ende wolle man sich noch verständigen. Damit war der Kläger nicht einverstanden.
Die Vorschriften des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom lauten auszugsweise:
"§ 2 Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit
(1) Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die
a) das 55. Lebensjahr vollendet haben,
b) eine Beschäftigungszeit (z.B. § 19 BAT/BAT-O) von fünf Jahren vollendet haben und
c) innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein.
(2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.
(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.
(4) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem beginnen."
Während der Altersteilzeit erhält der Arbeitnehmer zum Teilzeitentgelt Aufstockungsleistungen nach Maßgabe von § 5 TV ATZ (Mindestnettobetrag sowie zusätzlich abzuführende Beiträge zur Rentenversicherung).
Mit seiner im Juni 2004 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte sei verpflichtet, mit ihm den gewünschten Altersteilzeitarbeitsvertrag zu schließen. Ablehnungsgründe bestünden nicht. Ein rückwirkender Abschluss sei zulässig.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger eine Altersteilzeitvereinbarung abzuschließen, in der Altersteilzeit in Form des Blockmodells vom bis zum vereinbart wird.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, der tarifliche Anspruch richte sich auf ein Altersteilzeitarbeitsverhält-nis, das auf zwei Jahre befristet sei. Über Verträge mit einer längeren Laufzeit könne der Arbeitgeber nach billigem Ermessen entscheiden. Ihre angespannte Haushaltslage lasse solche Verträge nicht zu. Die Mittel für den Verwaltungsbereich seien nach Vorgabe der Zuwendungsgeber seit 2003 eingefroren; die Mittel seien verstärkt dem vorrangigen Forschungshaushalt vorbehalten. Die Kosten eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses von vier Jahren und zehn Monaten lägen um 92.160,00 Euro höher als das von ihr angebotene Altersteilzeitarbeitsverhältnis von zwei Jahren. Des Weiteren greife der Überforderungsschutz des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AltTZG ein. Die Quote von 5 vH der (Tarif-)Beschäftigten betrage 48 Altersteilzeitarbeitsverträge. Tatsächlich habe sie in dem Referenzzeitraum 2/2003 bis 1/2004 bereits 53 Altersteilzeitarbeitsverträge geführt. Unbeachtlich sei, dass hiervon fünfzehn Verträge vor dem ausgelaufen seien.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision.
Gründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Die Klage ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger erstrebt die Verurteilung der Beklagten zum Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung für die Zeit vom bis zum . Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll im Blockmodell geführt werden. Die bisher vom Kläger geschuldete regelmäßige Arbeitszeit soll halbiert und insgesamt in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erbracht werden. Hieran soll sich die Freistellungsphase anschließen. Inhaltlich soll sich das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach den kraft Vereinbarung anzuwendenden Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes richten. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils soll der Altersteilzeitarbeitsvertrag zustande kommen (§ 894 ZPO).
II. Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, mit dem Kläger beginnend mit dem und endend mit dem einen Altersteilzeitarbeitsvertrag in der Form des Blockmodells abzuschließen.
1. Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 2 Abs. 2 TV ATZ.
a) Nach dieser Vorschrift haben Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, gegen den Arbeitgeber Anspruch auf den Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung, soweit die übrigen Anforderungen des § 2 Abs. 1 TV ATZ erfüllt sind. Diese sind hier sämtlich festgestellt: Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll nach der Vollendung des 60. Lebensjahres am beginnen. Der im November 1943 geborene Kläger war vor dem innerhalb der Rahmenfrist von fünf Jahren sozialversicherungspflichtig beschäftigt; auch nach der Verringerung seiner bisherigen regelmäßigen vollen Arbeitszeit auf die Hälfte (§ 3 Abs. 1 TV ATZ) bleibt er sozialversicherungspflichtig. Der Kläger hat die Altersteilzeit rechtzeitig beantragt, nämlich im Oktober 2003. Dazu hat er auch die tariflich bestimmte Schriftform gewahrt.
b) Entgegen der Revision regelt § 2 Abs. 2 TV ATZ auch die Dauer des vom Arbeitnehmer beantragten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses.
aa) Dem vorrangig zu berücksichtigenden Wortlaut des § 2 Abs. 2 TV ATZ ist die von der Beklagten angenommene Beschränkung des Anspruchs auf ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit einer Laufzeit von zwei Jahren nicht zu entnehmen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Vorschrift begründet für Arbeitnehmer ab Vollendung des 60. Lebensjahres einen Anspruch auf Vereinbarung eines zum Übergang in den Ruhestand führenden Altersteilzeitarbeitsvertrags. Nach der Legaldefinition des § 194 BGB heißt das, er kann vom Arbeitgeber ein "Tun" verlangen, nämlich die Annahme seines Antrags auf Änderung des bestehenden Arbeitsvertrags. Zu der Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses enthält die Vorschrift keine Angaben. Dies ist auch nicht erforderlich. Denn die Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ergibt sich aus den in § 9 TV ATZ geregelten Beendigungstatbeständen und dem in der Präambel des TV ATZ genannten Zweck des Tarifvertrags, "älteren Beschäftigten einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand (zu) ermöglichen". Das lässt nur den Schluss zu, dass die Tarifvertragsparteien es dem Arbeitnehmer freistellen, ob er überhaupt von der tariflichen Möglichkeit eines derartigen Übergangs in den Ruhestand Gebrauch macht und ihm für diesen Fall auch die Entscheidung überlassen, für welchen Zeitraum er ab Vollendung seines 60. Lebensjahres den Anspruch auf Altersteilzeit geltend macht.
bb) Die Beklagte meint zu Unrecht, die zeitliche Begrenzung ergebe sich aus der Formulierung in § 2 Abs. 2 TV ATZ, der Arbeitnehmer habe Anspruch auf Abschluss "eines" Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Er könne mithin nicht dessen Inhalt bestimmen und damit auch nicht dessen Dauer. Mit dieser Argumentation übersieht die Beklagte, dass zwischen dem "Inhalt" des Anspruchs und dem "Inhalt" des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu unterscheiden ist.
Richtig ist: Der Anspruch richtet sich auf die Begründung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Dessen Inhalt, das "Wie", richtet sich nach den Tarifbestimmungen. Dagegen betrifft die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses das "Ob" der Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses und schließt notwendig die Entscheidung des Arbeitnehmers über dessen Beginn und Ende ein.
cc) Der Regelung in § 2 Abs. 4 TV ATZ ist nichts anderes zu entnehmen. Danach soll jedes Altersteilzeitarbeitsverhältnis mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Schon der Wortlaut verbietet, aus dieser "Mindestlaufzeit" eine Höchstfrist abzuleiten. Entgegen der Revision hat die Tarifnorm einen Regelungsgehalt. Er erschließt sich aus dem gesetzlichen Rentenrecht. Anspruch auf Rente nach Altersteilzeitarbeit besteht nach § 237 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b SGB VI nur, wenn der Arbeitnehmer 24 Kalendermonate Altersteilzeit ausgeübt hat. Mit der "Soll"-Regelung weisen die Tarifvertragsparteien die Arbeitsvertragsparteien ersichtlich darauf hin, dass bei Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses von weniger als zwei Jahren der Arbeitnehmer auf die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine andere Altersrente als die nach Altersteilzeitarbeit angewiesen ist (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Teil VI Altersteilzeit-TV Stand Juni 2006 Erl. 13.4).
dd) Der systematische Zusammenhang der Tarifvorschriften bestätigt das Auslegungsergebnis des Senats. Der Altersteilzeitarbeitsvertrag ist typischerweise befristet; Beginn und Ende sind vertraglich festzulegen. Nach § 9 Abs. 1 TV ATZ endet das Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit dem vereinbarten Endzeitpunkt. Der Endtermin muss lediglich den Vorschriften über die Befristung von Arbeitsverträgen standhalten (dazu - AP ATG § 8 Nr. 2 = EzA ATG § 8 Nr. 1). Ist das gewährleistet, so hat es damit sein Bewenden. Der Altersteilzeitarbeitsvertrag ist vorbehaltlich entgegenstehender dringender dienstlicher oder betrieblicher Gründe abzuschließen.
Verdeutlicht wird dies zusätzlich durch die Regelungen des § 9 Abs. 2 TV ATZ, in denen die Tarifvertragsparteien festgelegt haben, unter welchen Voraussetzungen ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis "vorzeitig" endet, nämlich vor dem Erreichen des vereinbarten Endtermins (§ 9 Abs. 1 TV ATZ). Das sind der mögliche Bezug einer (abschlagfreien) Altersrente (Buchst. a) und der tatsächliche Bezug einer Altersrente (Buchst. b), auch wenn sie nicht abschlagfrei ist. Die Annahme der Beklagten, das Altersteilzeitarbeitsverhältnis ende bereits bei einem "möglichen" Bezug einer Altersrente, die Tarifvertragsparteien sicherten dem Arbeitnehmer mithin keinen nahtlosen Übergang bis zum Bezug einer abschlagfreien Altersrente, widerspricht dem unmissverständlichen Wortlaut der Tarifvorschrift.
Eine abschlagfreie Altersrente setzt nach § 36 SGB VI jedoch das Erreichen des 65. Lebensjahres voraus; alle anderen Renten sind mit Abschlägen verbunden; das gilt auch für die Rente nach Altersteilzeitarbeit (§ 237 SGB VI). Ein früherer Rentenbeginn ist Schwerbehinderten vorbehalten (§ 236a Satz 5 Nr. 1 SGB VI). Diese konnten allerdings gerade wegen ihres Anspruchs auf ungekürzte Rente ab Vollendung des 60. Lebensjahres nicht in den Genuss von Altersteilzeit kommen (vgl. Senat - 9 AZR 18/03 - BAGE 110, 208; - 9 AZR 122/03 -BAGE 108, 333). Die von der Beklagten angenommene Begrenzung des Anspruchs auf ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis von zwei Jahren hätte mithin zur Folge, dass Altersteilzeitarbeitsverträge ab Vollendung des 60. Lebensjahres ausschließlich unter Inkaufnahme von Rentenabschlägen in Anspruch genommen werden könnten. Mit dem differenzierten System der vorzeitigen Beendigung in § 9 Abs. 2 TV ATZ ist dies unvereinbar.
2. Dem Antrag des Klägers stehen keine dringenden betrieblichen oder dienstlichen Gründe iSv. § 2 Abs. 3 TV ATZ entgegen.
a) Die Tarifvertragsparteien haben den in der Tarifnorm verwendeten unbestimmten Rechtsbegriff "dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe" nicht näher erläutert. Er bedarf deshalb unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs der Auslegung.
aa) Nach allgemeinem Sprachverständnis müssen sich die entgegenstehenden Gründe auf die Verhältnisse der Dienststelle/des Beschäftigungsbetriebs beziehen. Die Belange des Arbeitgebers müssen betroffen sein. Dieser Begriff schränkt die möglichen Umstände, die dem Altersteilzeitwunsch des Arbeitnehmers entgegenstehen können, nicht von vornherein ein. Auch finanzielle Gründe können zum Tragen kommen. Eine Beschränkung ergibt sich jedoch aus dem Erfordernis, dass die entgegenstehenden Gründe "dringend" sein müssen. Damit haben die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass die betroffenen Interessen des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigt sein müssen; die vorgetragenen Belange müssen besonders gewichtig sein (vgl. Senat - 9 AZR 126/02 - BAGE 105, 248).
bb) Für den Regelungsgegenstand "Altersteilzeit" ergibt sich daraus, dass die Aufwendungen des Arbeitgebers, die typischerweise mit jedem Altersteilzeitarbeitsver-hältnis verbunden sind, für sich allein regelmäßig noch keine dringenden betrieblichen/dienstlichen Gründe darstellen (so auch 2 C 21.03 - BVerwGE 120, 382). Zu den typischen Aufwendungen gehören die finanziellen Lasten, die dem Arbeitgeber auf Grund der gesetzlichen und tariflichen Vorschriften mit jedem Altersteilzeitarbeitsverhältnis entstehen. Das sind: Die tariflich vorgeschriebene Aufstockung des Entgelts auf 83 vH des Nettoentgelts, die Abführung zusätzlicher Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und die gebotenen Rückstellungen beim Blockmodell (vgl. - BFHE 212, 83). Letztere verbleiben in voller Höhe beim Arbeitgeber, soweit er nicht durch Nachbesetzung des Arbeitsplatzes Förderleistungen der Bundesagentur erhält.
Nicht ausgeschlossen ist, dass im Einzelfall eine unverhältnismäßig hohe finanzielle Belastung eintreten kann, die unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Lage den Arbeitgeber berechtigt, die Begründung eines Altersteilzeitarbeitsvertrags aus dringenden entgegenstehenden betrieblichen Gründen abzulehnen. Unter welchen Umständen dies in Betracht kommt, kann hier offenbleiben. Die von der Beklagten vorgebrachten Belastungen gehen über die üblichen Kosten nicht hinaus.
(1) Das gilt zunächst für die Auflistung der mit der Begründung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses für die Dauer von vier Jahren und zehn Monaten verbundenen Kosten als solchen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der von der Beklagten genannte Betrag von 92.160,00 Euro zutrifft oder ob er sich entsprechend den Angaben des Klägers auf 54.271,00 Euro beläuft.
(2) Nichts anderes gilt hinsichtlich des Vorbringens der Beklagten, auf Grund der Vorgaben der Zuwendungsgeber seien die Mittel für den Verwaltungshaushalt eingefroren, sie habe stattdessen neue Forschungsvorhaben zu implementieren und dementsprechend deutlich mehr wissenschaftliches Personal einzustellen. Angesprochen ist damit die Frage der internen Verteilung der Haushaltsmittel. Die Beklagte macht nicht geltend, die Mittel selbst würden von Dritten nur zweckbestimmt geleistet. Der hier festgestellte Sachverhalt ist mit dem des vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Rechtsstreits nicht vergleichbar (vgl. 2 C 21.03 - BVerwGE 120, 382). Dort bestand dringender Bedarf an der Tätigkeit des Beamten. Auf Grund einer Haushaltssperre konnte die Stelle jedoch nicht wiederbesetzt werden. Eine solche arbeitsplatzbezogene Betroffenheit macht die Beklagte nicht geltend.
(3) Ein Ablehnungsgrund ergibt sich auch nicht aus dem gesetzlichen Überforderungsschutz des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AltTZG.
(3.1) Der Rechtsstreit bedarf keiner Entscheidung, ob die Überschreitung der in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AltTZG bestimmten Quote von 5 vH der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer als dringender dienstlicher oder betrieblicher Grund iSv. § 2 Abs. 3 TV ATZ anzusehen ist und der Arbeitgeber deshalb den Abschluss einer Altersteilzeitarbeitsvereinbarung berechtigt ablehnt (so das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom (GMBl. S. 1346) zur Altersteilzeitarbeit von Tarifbeschäftigten des Bundes - D II 2 - 220 770 - 1/18 -). Auch kann offenbleiben, ob die Beklagte für die Berechnung der Zahl ihrer Beschäftigten iSv. § 7 Abs. 2 AltTZG zu Recht ausschließlich die Tarifbeschäftigten berücksichtigt hat, obgleich die gesetzliche Bestimmung nicht zwischen Arbeitnehmern, deren Arbeitsbedingungen tariflich geregelt sind, und solchen, die auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarung beschäftigt werden, differenziert (vgl. Senat - 9 AZR 397/00 - BAGE 99, 60).
(3.2) Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AltTZG liegen auch dann nicht vor, wenn die von der Beklagten genannten Daten zugrunde gelegt werden. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die fünfzehn am bereits beendeten Altersteilzeitarbeitsverhältnisse von der Gesamtzahl (53) abgezogen mit dem Ergebnis, dass die von der Beklagten angegebene Quote von 48 deutlich unterschritten wird.
Der Überforderungsschutz des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AltTZG knüpft nach dem Wortlaut der Vorschrift an die sicherzustellende freie Entscheidung des Arbeitgebers bei einer über fünf vom Hundert der Arbeitnehmer des Betriebs "hinausgehenden" Inanspruchnahme an. Er greift mithin nicht bereits dann ein, wenn der Arbeitgeber überhaupt eine die 5 vH-Quote übersteigende Zahl von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen eingegangen ist. Die Quote muss vielmehr durch das "neue" Altersteilzeitarbeitsverhältnis überschritten werden. Bereits beendete Altersteilzeitarbeitsverhältnisse sind nicht zu berücksichtigen (vgl. auch Senat - 9 AZR 590/02 -BAGE 108, 36).
Der Zweck der Regelung bestätigt dieses Verständnis. Bei ungünstiger Altersstruktur kann Altersteilzeit zu einem (ungewollten) Personalverlust und zu finanziellen Belastungen führen, die den Arbeitgeber überfordern. Nehmen mehr als 5 vH der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer Altersteilzeit in Anspruch, soll deshalb die freie Entscheidung des Arbeitgebers über die Begründung von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen gewahrt bleiben.
Ob der Arbeitgeber durch die Vereinbarung eines "neuen" Altersteilzeitarbeitsverhältnisses überfordert wird, kann nur auf der Grundlage der gegenwärtigen Verhältnisse, also den zur Zeit des Beginns des "neuen" Altersteilzeitarbeitsverhältnisses bestehenden Umständen, beurteilt werden. Die von der Beklagten befürwortete vergangenheitsbezogene Betrachtung besagt dagegen lediglich etwas über eine frühere Belastung. Aus der Berechnungsvorschrift des § 7 Abs. 2 AltTZG ergibt sich nichts anderes. Sie bezieht sich allein auf die Ermittlung der Quote selbst; der Rückgriff auf die Zahl der im Referenzzeitraum beschäftigten Betriebsangehörigen dient der Vermeidung von Zufallsergebnissen.
3. Der Kläger kann auch die Durchführung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell beanspruchen.
a) Der Arbeitnehmer hat nach den Tarifvorschriften des öffentlichen Dienstes keinen Anspruch auf eine bestimmte Verteilung der während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistenden Arbeitszeit. Das zeigt § 3 Abs. 3 TV ATZ, nach der der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer die Arbeitszeitverteilung erörtern soll. Diese Bestimmung wäre überflüssig, wenn der Arbeitnehmer die Lage der Arbeitszeit selbst bestimmen könnte. Die Verteilung der Arbeitszeit obliegt deshalb nach § 106 Satz 1 GewO vorbehaltlich abweichender tariflicher Regelungen dem allgemeinen Weisungsrecht des Arbeitgebers. Bei der Ausübung seines Weisungsrechts ist er an den Maßstab des billigen Ermessens gebunden.
b) Der Rechtsstreit bedarf keiner Erörterung, welche Gesichtspunkte der Arbeitgeber bei seiner Ermessensentscheidung zu berücksichtigen hat. Die Beklagte hat sich nicht gegen eine Durchführung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell gewandt. Sie hat lediglich am Tag vor dem zur Verkündung einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren anberaumten Termin per Fax den Runderlass des Bundesministeriums vom (- D II 2 - 220 770 - 1/18 -) übersandt, nach dem "ab sofort" Altersteilzeitarbeitsverträge nur im Teilzeitmodell vereinbart werden sollen.
4. Der Begründetheit der Klage steht nicht entgegen, dass der Kläger eine rückwirkende Vertragsänderung begehrt.
a) Arbeitsvertragsparteien sind rechtlich nicht gehindert, das zwischen ihnen bereits begründete Arbeitsverhältnis zu ändern. Auch eine rückwirkende Vertragsänderung ist zulässig und unterliegt vorbehaltlich zwingenden Rechts keinen Beschränkungen (vgl. - AP BGB § 151 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 3). Dementsprechend ist, soweit der Arbeitnehmer Anspruch auf Abschluss eines Änderungsvertrags zu einem bestimmten, in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt hat, der Arbeitgeber zur Abgabe einer auf dieses Datum bezogenen Willenserklärung zu verurteilen (vgl. Senat - 9 AZR 522/03 - BAGE 110, 232; - 9 AZR 278/05 - AP BErzGG § 15 Nr. 47; so auch - zur Veröffentlichung in BAGE vorgesehen). Soweit Leistungen tatsächlich erbracht worden sind, die nach dem nunmehr geltenden Vertrag nicht oder nicht so geschuldet sind, sind sie dann rückabzuwickeln.
b) Das gilt auch für den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags.
aa) Bei einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis handelt es sich um ein reguläres Arbeitsverhältnis iSv. § 611 Abs. 1 BGB. Hauptpflicht des Arbeitnehmers ist die Erbringung der geschuldeten Arbeit, hierfür hat der Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung zu zahlen. Arbeitsrechtliche Besonderheiten kommen zum Tragen, wenn die Arbeitszeit wie im Blockmodell disparat auf eine Arbeits- und eine Freistellungsphase verteilt wird. Der Arbeitnehmer erhält, obwohl er zunächst unverändert mit seiner bisherigen Arbeitszeit tätig bleibt, monatlich ein der vereinbarten Teilzeitarbeit entsprechendes verstetigtes Entgelt. Stets sind zusätzlich die Aufstockungsleistungen zu erbringen.
bb) Die steuerrechtlich und sozialversicherungsrechtlich erforderliche Neuordnung des Arbeitsverhältnisses steht einer rückwirkenden Begründung nicht entgegen.
(1) Die Berücksichtigung der materiellen Rechtslage und deshalb erforderlich werdende nachträgliche Anpassungen von gewährten und zu gewährenden Leistungen sind sowohl im Steuerrecht als auch im Sozialversicherungsrecht tägliche Praxis.
(2) Altersteilzeitarbeit wird vielfach gesetzlich begünstigt. Diese Vergünstigungen dienen der effektiven Durchsetzung der mit Altersteilzeit verfolgten arbeitsmarktpolitischen Ziele. Altersteilzeit wird durch die Bundesagentur für Arbeit gefördert, indem der Arbeitgeber nach Maßgabe des AltTZG bei Wiederbesetzung des freigewordenen Arbeitsplatzes Anspruch auf (teilweise) Erstattung seiner Aufwendungen für gewährte Aufstockungsleistungen und die Kosten der Ersatzkraft erwirbt. Die gesetzlich und tariflich bestimmten Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers sollen ältere Arbeitnehmer motivieren, vorzeitig (vor Erreichung der Regelaltersgrenze) aus dem Erwerbsleben auszuscheiden oder durch vorzeitige Verringerung ihrer Arbeitszeit Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitslose oder Auszubildende zu schaffen. Der zu zahlende Aufstockungsbetrag ist deshalb steuerfrei (§ 3 Nr. 28 EStG) und unterliegt nur dem Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG). Die vom Arbeitgeber zusätzlich an die gesetzliche Rentenversicherung abzuführenden Beiträge mindern die durch die vorzeitige Verringerung der Arbeitszeit oder das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entstehenden Nachteile in der Rentenversicherung. Der Arbeitnehmer erhält eine nahezu ungeschmälerte Rente. Schließlich kann nach mindestens zweijähriger Dauer der Altersteilzeit Rente nach Altersteilzeitarbeit in Anspruch genommen werden (§ 237 SGB VI). Im Blockmodell ermöglicht § 7 Abs. 1a SGB IV die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses auch als Beschäftigungsverhältnis iSd. Sozialrechts. Trotz fehlender Beschäftigung rechnen die Freistellungszeiten als Versicherungszeiten.
(3) Diese Vergünstigungen beschränken Arbeitsvertragsparteien bei der Gestaltung von Altersteilzeitarbeit. Die Leistungen können nur in Anspruch genommen werden, wenn die sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der zuständige Sozialversicherungsträger beispielhaft die zusätzlich abgeführten Rentenbeiträge nicht "annimmt", die Gewährung der Altersrente nach Altersteilzeitarbeit ablehnt oder - im Blockmodell - Freistellungszeiten nicht als Beschäftigungszeit iSd. Rentenrechts anerkennt (vgl. Senat - 9 AZR 401/02 - BAGE 109, 294; - 9 AZR 369/05 - AP ATG § 2 Nr. 7 = EzA ATG § 2 Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in BAGE vorgesehen). Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss deshalb vor seinem Beginn vereinbart worden sein (allgemeine Meinung vgl. Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom Seite 30 unter 2.1.6). Eine rückwirkende Umwidmung oder Umwandlung eines "normalen" Arbeitsvertrags in einen Altersteilzeitarbeitsvertrag mit Wirkung gegenüber der Sozialversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit ist deshalb grundsätzlich ausgeschlossen.
(4) Hiervon ist jedoch für den Fall abzusehen, dass die rückwirkende Begründung des Altersteilzeitarbeitsvertrags das Ergebnis einer (gerichtlichen) Auseinandersetzung ist.
(4.1) Die strikte Handhabung des Sozialrechts sichert die Interessen des Arbeitnehmers an einem sozialverträglichen Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand (§ 1 Abs. 1 AltTZG). Sie soll außerdem der rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung der sozialversicherungsrechtlichen Vergünstigungen entgegenwirken. Insoweit gilt nichts anderes als für die Einführung von Altersteilzeit überhaupt, die insbesondere der Frühverrentungspraxis, die zu einer nach Einschätzung des Gesetzgebers nicht hinnehmbaren Belastung der Sozialversicherung und des Bundeshaushalts durch zweckentfremdete Ausnutzung von Ausnahmeregelungen geführt hatte, ein Ende setzen sollte (BT-Drucks. 13/4336 S. 1, 14). Eine derartige Gefährdung der Interessen der Sozialversicherung und des Bundes liegt dann nicht vor, wenn die rückwirkende Vereinbarung das Ergebnis einer (gerichtlichen) Auseinandersetzung ist, auf Grund derer der Arbeitnehmer seinen rechtzeitig geltend gemachten Anspruch auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit Erfolg durchsetzt. In einem solchen Fall bestehen gegen eine Rückwirkung keine Bedenken (Nimscholz/Oppermann/Ostrowicz Altersteilzeit 5. Aufl. S. 42 f.; zweifelnd Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese BAT Teil VI Altersteilzeit-TV Erl. 13.1; aA - DB 2001, 1890).
(4.2) Die Solidargemeinschaft wird hierdurch nicht zu Unrecht belastet. Der rückwirkende Vertragsschluss stellt lediglich den Zustand her, der bestünde, wenn der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers pflichtgemäß erfüllt hätte. Daran sind die Sozialversicherungsträger gebunden; insoweit folgt das Sozialrecht dem Arbeitsrecht (vgl. - NZA-RR 2005, 543). Eine andere Beurteilung würde dagegen das arbeitsmarktpolitische Ziel von Altersteilzeit vereiteln. Der Arbeitgeber hätte es in der Hand, ohne Rechtsgrund die vorzeitige Beendigung eines Arbeitsverhältnisses oder die vorzeitige Verringerung der Arbeitszeit und damit eine Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes zu verhindern.
III. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2007 S. 1476 Nr. 26
NWB-Eilnachricht Nr. 21/2007 S. 1760
DAAAC-46323
1Für die amtliche Sammlung: ja; Für die Fachpresse: nein