Kein Vertretungszwang für die Erhebung der Gegenvorstellung; Statthaftigkeit der Gegenvorstellung
Gesetze: FGO § 62a
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Senat hat den Antrag der —in Bolivien lebenden— Kläger und Antragsteller (Antragsteller) auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) mit Beschluss vom III S 29/06 (PKH) mangels Erfolgsaussicht ihrer beabsichtigten Nichtzulassungsbeschwerde abgelehnt. Der Senat führte dort u.a. aus, den Antragstellern könne eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist nicht gewährt werden, weil sie weder innerhalb der Beschwerdefrist einen Antrag auf PKH gestellt noch eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem dafür vorgeschriebenen Formblatt vorgelegt hätten. Für die Berechnung der Beschwerdefrist komme es nicht auf den tatsächlichen Zugang des Urteils bei den Antragstellern an, da das Urteil gemäß § 53 Abs. 3 Satz 2 FGO den Antragstellern bereits mit der Aufgabe zur Post am als zugestellt gelte.
Mit Schreiben vom wenden sich die Antragsteller gegen die Ablehnung der PKH. Zur Begründung berufen sie sich sinngemäß auf die Unregelmäßigkeiten der Postbehörde in Bolivien.
II. 1. Die Gegenvorstellung hat keinen Erfolg.
Gegenvorstellungen sind auch nach Inkrafttreten des § 133a FGO durch das Anhörungsrügengesetz statthaft. Durch die Schaffung und Reglementierung der Anhörungsrüge in allen Verfahrensordnungen sollte das Institut der Gegenvorstellung nicht ausgeschlossen werden (vgl. BTDrucks 15/3706, S. 14; z.B. , BFHE 211, 13, BStBl II 2006, 76).
Die Antragsteller konnten die Gegenvorstellung trotz des für Verfahren vor dem BFH geltenden Vertretungszwangs (§ 62a FGO) auch persönlich erheben, da sich die Gegenvorstellung gegen einen Beschluss des BFH im PKH-Verfahren richtet, für das der Vertretungszwang nicht gilt (, BFH/NV 2005, 366).
Als außerordentlicher, nicht förmlicher Rechtsbehelf, mit dem die Änderung einer materiell oder formell rechtskräftigen Entscheidung begehrt wird, ist die Gegenvorstellung jedoch nur in Ausnahmefällen eröffnet, insbesondere bei schwerwiegenden Grundrechtsverstößen oder bei einer Entscheidung ohne jegliche gesetzliche Grundlage (BFH-Beschluss in BFHE 211, 13, BStBl II 2006, 76, m.w.N.). Derartiges haben die Antragsteller nicht vorgetragen.
2. Im Übrigen hätte das Begehren der Antragsteller auch dann keinen Erfolg, wenn man ihr Schreiben als wiederholten Antrag auf PKH auslegte, da die Antragsteller keine neuen Gründe vorgebracht haben (vgl. , BFH/NV 2002, 1049). Die Antragsteller hatten bereits mit ihrem Antrag auf PKH geltend gemacht, dass ihnen das Urteil des Finanzgerichts (FG) tatsächlich erst nach dem zugegangen sei. Da sie trotz Aufforderung des FG keinen inländischen Zustellungsbevollmächtigten bestellt hatten, galt ihnen das Urteil des FG aber gemäß § 53 Abs. 3 Satz 2 FGO mit der Aufgabe zur Post am als zugestellt. Durch diese Regelung wird die Zustellung zu dem Zeitpunkt fingiert, zu dem das Urteil bei der Post aufgegeben wird und zwar selbst dann, wenn das Schriftstück als unzustellbar zurückkommt. Ab der Aufgabe zur Post beginnt die Beschwerdefrist zu laufen. Auf den Zeitpunkt, zu dem das Urteil den Antragstellern tatsächlich zugegangen ist, kommt es daher nicht an (vgl. , BFH/NV 1986, 755, und vom III R 19/04, BFH/NV 2004, 1668).
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bolivien nicht als Zustellungsbevollmächtigte bestellt werden kann, weil Zustellungsbevollmächtigte ihren Wohnsitz oder Sitz im Geltungsbereich der FGO, also in der Bundesrepublik Deutschland, haben müssen.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, da für Verfahren betreffend PKH oder Gegenvorstellung kein Gebührentatbestand vorgesehen ist.
Fundstelle(n):
BAAAC-40982