Vermögensart eines Grundstücks bei Mehrfachnutzung (Nutzung zu Freizeit- und Erholungszwecken und zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken)
Gesetze: BewG § 68 Abs. 1 Nr. 1
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hatte einen Teil seines ursprünglich land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitzes zur Kiesausbeute verpachtet. Der dadurch entstandene See mit einer Fläche von ca. 40 ha ist inzwischen Teil eines Sondergebiets „Freizeit und Erholung”. Mit Pachtvertrag vom Januar 1985 verpachtete der Kläger den See und die angrenzenden Ufer für die Dauer von 30 Jahren an die X-GmbH & Co. KG (KG).
Die KG gestattet den Gästen eines von ihr betriebenen Camping- und Mobilheimplatzes die Nutzung des Sees zu Bade- und Sportbootzwecken (Ruder-, Paddel-, Schlauchboote) sowie zum Windsurfen und richtete im Südwesten des Sees eine spezielle Badebucht ein. Außerdem schloss die KG im November 1985 mit Zustimmung des Klägers einen „Fischereipachtvertrag” ebenfalls auf 30 Jahre mit einem Anglerverein (AV). Der AV erhielt das Recht, den gesamten See für Fischereizwecke zu nutzen. Abgesehen von einem Bereich im Nordosten des Sees ist das Angeln allerdings nur insoweit gestattet, als die Freizeitbetätigungen der Gäste der KG nicht beeinträchtigt werden. Insoweit ist die KG berechtigt, dem AV Weisungen zu erteilen. Als Pacht zahlte der AV für die ersten Jahre ... DM im Voraus.
Mit Bescheid vom bewertete der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) das Seegrundstück auf den als Grundvermögen mit einem Einheitswert von ... DM. Dabei waren die Wasserfläche mit 0,50 DM/qm und die Uferflächen teils mit 1 DM/qm und teils mit 1,50 DM/qm bewertet. Zugleich setzte er den Grundsteuermessbetrag auf den auf ... DM fest. Die dagegen erhobene Sprungklage, mit der der Kläger geltend gemacht hatte, das Grundstück sei wegen der Verpachtung für Zwecke der Sportfischerei weiterhin als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten, blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse komme der Nutzung des Sees zu Freizeit- und Erholungszwecken gegenüber der Nutzung zu Fischereizwecken eine überragende Bedeutung zu. Für das baurechtliche Sondergebiet „Freizeit und Erholung” sei die Wasserfläche von entscheidender Bedeutung.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, welcher Nutzung bei mehreren Nutzungen bewertungsrechtlich der Vorrang einzuräumen ist. Dazu gebe es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Lediglich die bayerische Finanzverwaltung habe sich in einem Erlass vom -34-S 3171-165-44982/86 (Steuererlasse in Karteiform —StEK—, § 33 BewG 1965 Nr. 24) dahin geäußert, dass darauf abzustellen sei, welche der Nutzungen gemessen am Geldrohertrag überwiege. Das wäre vorliegend die Nutzung zu Fischereizwecken, da die Nutzung zu Freizeit- und Erholungszwecken unentgeltlich erfolge. Die aufgeworfene Rechtsfrage erfordere auch eine Revisionsentscheidung zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Die Vorentscheidung weiche nämlich von dem (BFHE 149, 71, BStBl II 1987, 370, 372) ab.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. In der abstrakten Weise, wie der Kläger die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung formuliert hat, ist sie im Streitfall nicht klärungsfähig.
Der Streitfall weist nämlich die Besonderheit auf, dass die Grundstücksnutzung zu Zwecken der (Sport-)Fischerei nur insoweit gestattet ist, als sie die Nutzung zum Baden, Bootfahren und Windsurfen nicht beeinträchtigt. Damit tritt die Nutzung zum Fischen bereits als solche hinter die Nutzung zu den (sonstigen) Freizeitzwecken zurück. Die Rechtsfrage, die im Streitfall zu entscheiden ist, lautet daher, gehört ein in einem Erholungsgebiet liegendes Grundstück auch dann noch zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, wenn die Nutzung zur Binnenfischerei als eine Art der sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes —BewG—) im Konkurrenzfall hinter der auch gegebenen Nutzung zu Erholungszwecken zurückstehen muss.
Wird die Beschwerdebegründung dahin ausgelegt, dass die solchermaßen auf den Streitfall zugeschnittene Rechtsfrage aufgeworfen werden sollte —diese Auslegung ist gerade noch möglich—, ergibt sich, dass die Frage offensichtlich zu Gunsten einer Zugehörigkeit des streitbefangenen Grundstücks zum Grundvermögen i.S. des § 68 Abs. 1 BewG zu entscheiden ist.
Nach den vom Kläger zitierten Urteilen des (BFHE 133, 212, BStBl II 1981, 498) sowie in BFHE 149, 71, BStBl II 1987, 370 hat der BFH bei Grundstücken, die zwar in einem Naherholungsgebiet lagen, aber gärtnerisch (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d BewG) genutzt wurden, entschieden, sie seien dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuzuordnen, wenn die Grundstücke hinsichtlich Arbeitseinsatz, Investitionen zur Erhaltung oder Steigerung der Ertragsfähigkeit sowie erzielbarem Ertrag einem Vergleich mit einem durchschnittlichen Haupterwerbsbetrieb der gleichen Nutzungsart standhalten können. Im Zweifelsfall seien außerdem alle Umstände des Einzelfalls entsprechend ihrem Gewicht zusätzlich in die Beurteilung mit einzubeziehen, so z.B. die Grundstückspreise, die auf dem Grundstücksmarkt für vergleichbare Grundstücke gezahlt werden, der Beruf desjenigen, der das Grundstück nutzt, sowie das Vorhandensein von Einrichtungen, die der Erholung und Freizeitgestaltung dienen. Mit diesen Kriterien soll erreicht werden, dass der Umstand allein, dass Flächen in einer Erholungslandschaft von weiten Teilen der Bevölkerung auch zur Erholung genutzt werden, nicht zu einer Bewertung als Grundvermögen führt (BFHE 133, 212, BStBl II 1981, 498).
Diese Kriterien ergeben im Streitfall ohne weiteres die Zugehörigkeit des Grundstücks zum Grundvermögen. Das Grundstück wird zu Erholungs- und Freizeitzwecken genutzt. Dieser Art der Nutzung gebührt im Konkurrenzfall —von einem begrenzten schmalen Streifen abgesehen— der Vorrang vor der Nutzung zu Fischereizwecken. Angrenzend an das Grundstück sind Freitzeiteinrichtungen vorhanden, die auf den See ausgerichtet sind und die ohne den See nicht vorhanden wären. Die Pacht wird nicht dem Kläger, sondern der KG geschuldet. Dass die Pachteinnahmen überdies mit dem erzielbaren Ertrag eines durchschnittlichen Haupterwerbsbetriebs der Binnenfischerei vergleichbar sind, ist weder vorgetragen noch sonstwie erkennbar.
Fehlt es somit an einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, bedarf es auch keiner Revisionsentscheidung zur Fortbildung des Rechts i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Auch einer Revisionsentscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO bedarf es nicht. Das FG hat zwar den Rechtssatz aufgestellt, der Wille des Eigentümers müsse darauf gerichtet sein, einen angemessenen Nutzen in Form eines nachhaltig erzielbaren Rohertrags zu erwirtschaften; dieser Rechtssatz ist jedoch nicht tragend geworden. Die anschließenden Ausführungen (ab dem 2. Absatz auf S. 4 der Vorentscheidung), die die Begründung dafür enthalten, warum im Streitfall nach Ansicht des FG Grundvermögen anzunehmen ist, nehmen auf den Rechtssatz keinen Bezug.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 653 Nr. 4
DStRE 2007 S. 698 Nr. 11
WAAAC-38795