Mitteilung der Unterlagen der Besteuerung bei einem Schätzungsbescheid
Gesetze: FGO § 75; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein Professor, ist selbständig unternehmerisch tätig. Er gibt seit mehreren Jahren die Steuererklärungen mit erheblicher Verspätung und teilweise erst im Klageverfahren ab.
Wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung für 2003 (Streitjahr) schätzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) durch Bescheid vom die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Umsatzsteuer auf 6 200 € fest. Aufgrund der geleisteten Vorauszahlungen aus den Voranmeldungen in Höhe von 5 903,46 € ergab sich eine Zahllast von 296,54 €. Zudem setzte das FA in dem Bescheid einen Verspätungszuschlag in Höhe von 600 € fest.
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage des Klägers gab das Finanzgericht (FG) insoweit statt, als es den Verspätungszuschlag wegen fehlender Begründung aufhob. Soweit der Kläger ferner beantragt hatte, den Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom aufzuheben, hilfsweise, das FA zu verpflichten, die Unterlagen der Besteuerung mitzuteilen und die Schätzung unter den Vorbehalt der Nachprüfung zu stellen, wies das FG die Klage ab.
Das Urteil ist in „Entscheidungen der Finanzgerichte” (EFG) 2006, 864 veröffentlicht.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde, die er auf sämtliche Revisionszulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 FGO nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (Nr. 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
2. Die vom Kläger in erster Linie gerügte Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, §§ 75 und 96 Abs. 2 FGO) liegt nicht vor.
Der Kläger macht insoweit im Wesentlichen geltend, er sei mangels ausreichender Informationen zu keinem Zeitpunkt in der Lage gewesen, sich inhaltlich gegen die Schätzung zu wehren. Hierzu hat das FG indes ausgeführt, ihm, dem Kläger, sei aufgrund der Erläuterungen und der Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen im Umsatzsteuerbescheid vom sowohl die Tatsache bekannt gewesen, dass die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden seien als auch die Höhe der jeweiligen Besteuerungsgrundlage. Ihm habe zudem aufgrund des Vergleichs mit den Besteuerungsgrundlagen der Vorjahre unschwer aufgefallen sein müssen, dass sich die Schätzung des Streitjahres mangels näherer Anhaltspunkte an den Grundlagen der Vorjahre orientiert habe. Folglich habe es keiner weiteren Mitteilung der Unterlagen der Besteuerung bedurft. Ihm hätten bereits mit Bekanntgabe des Schätzungsbescheides alle wesentlichen Grundlagen zur Verfügung gestanden, um die Rechtmäßigkeit der Schätzung zu beurteilen.
Das FG hat also ausdrücklich —und nachvollziehbar— dargelegt, warum es keinen Anlass zu einer gesonderten Mitteilung der Unterlagen der Besteuerung gemäß § 75 FGO gesehen hat. Für die Beurteilung, ob die Revision wegen eines Verfahrensmangels gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen ist, kommt es aber grundsätzlich auf die materiell-rechtliche Auffassung des FG an (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz. 79, m.w.N.).
Überdies hat der Kläger nicht dargelegt, was er im Falle der von ihm vermissten Mitteilung der Unterlagen der Besteuerung ausgeführt hätte. Insbesondere hat er die Umsatzsteuererklärung für 2003 jedenfalls bis Abschluss des Klageverfahrens nicht vorgelegt.
3. Soweit der Kläger rügt, die Vorentscheidung weiche von vier Urteilen des BFH ab, hat er entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO nicht dargelegt. Der Kläger hat keine divergierenden Rechtssätze aus den BFH-Urteilen einerseits und der Vorentscheidung andererseits so gegenübergestellt, dass eine Abweichung erkennbar wird (vgl. dazu z.B. , BFH/NV 2006, 1495, m.w.N.).
4. Soweit der Kläger die Zulassung der Revision deswegen begehrt, weil der angefochtene Schätzungsbescheid sowie die diesen bestätigende Entscheidung des FG objektiv willkürlich sei, gibt es für eine derartige Willkür keinen Anhaltspunkt.
5. Schließlich liegt entgegen der Auffassung des Klägers auch kein Verfahrensfehler darin, dass das FG die in der mündlichen Verhandlung beantragte Beweiserhebung unterlassen hat.
Der Kläger hatte beantragt, den Sachbearbeiter des Steuerfalls und den entsprechenden Sachgebietsleiter als Zeugen zu vernehmen „zu den Fragen,
- ob und ggf. welchen begründeten Zweifel der Sachbearbeiter daran hatte, dass die Steuererklärungen noch eingereicht werden,
- warum von den das Finanzamt bindenden Anweisungen abgewichen wurde, und
- zu der Frage, ob der Sachbearbeiter durch 'Anweisungen' und ggf. durch welche, an einer freien Ausübung des Ermessens gehindert war.”
Dieser Beweisantrag ist nicht —wie gemäß § 82 FGO i.V.m. § 359 Nr. 1 der Zivilprozessordnung erforderlich— auf die Ermittlung von „Tatsachen”, sondern auf die Klärung von „Fragen” gerichtet und im Übrigen nach der im Rahmen des § 115 Abs. 3 Nr. 3 FGO maßgeblichen Rechtsauffassung des FG unerheblich.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 463 Nr. 3
RAAAC-34381