BFH Urteil v. - IV R 50/98

Tarifbegrenzung gemäß § 32c EStG bei gewerbesteuerlicher Organschaft

Leitsatz

Die Tarifbegrenzung gemäß § 32c EStG 1990 ist bei einer nur gewerbesteuerrechtlichen Organschaft für Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft zu gewähren, die im Gewerbeertrag des Organträgers enthalten sind. § 32c EStG 1990 ist als Ausgleich dafür gedacht, dass ein der Einkommensteuer unterliegender Gewinn zugleich der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag unterliegt. Diese Belastung tritt bei der gewerbesteuerrechtlichen Organschaft beim Organträger ein. Auf die Besteuerung des Einkommens bei der Organgesellschaft kommt es dabei nicht an, weil die Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte keinen beliebigen Ausgleichsposten im Rahmen einer Gesamtsteuerrechnung darstellt .

Gesetze: EStG § 32c; GewStG § 2 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine in der Rechtsform der KG geführte Verwaltungsgesellschaft für Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die im Baugewerbe tätig sind. Komplementärin der Klägerin ist die H GmbH, die nicht am Gewinn oder Verlust beteiligt ist, sondern lediglich eine feste Vergütung für die Geschäftsführung erhält (im Streitjahr 5 000 DM). Kommanditisten der Klägerin mit Anteilen von 90 v.H. und 10 v.H. sind Herr H und Frau H. Nach den tatsächlichen und von den Beteiligten nicht angegriffenen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) waren im Verhältnis der Klägerin zu den Gesellschaften, von denen sie im Streitjahr (1994) Gewinnausschüttungen bezogen hat, in diesem Zeitraum die Voraussetzungen einer gewerbesteuerrechtlichen Organschaft erfüllt. Ergebnisabführungsverträge zwischen der Klägerin und diesen Gesellschaften bestanden nicht. Die Ausschüttungen der Organgesellschaften beliefen sich einschließlich der anrechenbaren Körperschaftsteuer (3 534 000 DM) auf insgesamt 11 780 000 DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) stellte den Gewinn der Klägerin, den diese ohne Berücksichtigung der anrechenbaren Körperschaftsteuer ermittelt hatte, zunächst erklärungsgemäß fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nachdem dem FA bekannt geworden war, dass der festgestellte Gewinn die anrechenbare Körperschaftsteuer nicht umfasste, änderte es die Feststellung, indem es den Gewinn um diesen Betrag erhöhte. Die Anteile der Kommanditisten an den Einkünften, die der Tarifbegrenzung nach § 32c des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Standortsicherungsgesetzes vom EStG 1990— (BGBl I 1993, 1569) unterliegen, stellte es —wie bereits bei der erstmaligen Feststellung— mit 0 DM fest.

Einspruch und Klage gegen diese Feststellung blieben erfolglos. Einen während des Klageverfahrens ergangenen, aus anderen Gründen geänderten Bescheid hat die Klägerin fristgerecht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1646 abgedruckt.

Mit der Revision macht die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts geltend.

Sie beantragt sinngemäß, das aufzuheben und den geänderten Feststellungsbescheid für 1994 vom dahin zu ändern, dass die gewerblichen Einkünfte, die der Tarifbegrenzung nach § 32c EStG 1990 unterliegen, mit einem Betrag von 10 236 400 DM festgestellt werden.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist überwiegend begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben; die im angefochtenen Bescheid festgestellten Einkünfte sind —mit Ausnahme der auf die Komplementärin der Klägerin entfallenden Einkünfte (5 000 DM)— als gewerbliche Einkünfte i.S. von § 32c EStG 1990 festzustellen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das FG hat es zu Unrecht abgelehnt, § 32c EStG 1990 im Streitfall anzuwenden. Auch die Verfassungsmäßigkeit der Tarifbegrenzung des § 32c EStG 1990 steht nicht mehr in Frage (, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2006, 1316).

1. Gewerbliche Einkünfte i.S. von § 32c EStG 1990 sind nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift vorbehaltlich des Satzes 2 Gewinne oder Gewinnanteile, die nach § 7 oder § 8 Nr. 4 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) der Gewerbesteuer unterliegen. Dazu gehören auch Ausschüttungen einer Organgesellschaft an den Organträger, weil sie dessen Gewinn (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG) erhöhen und damit —vorbehaltlich einer gewerbesteuerlichen Kürzung— Teil seines Gewerbeertrags i.S. von § 7 GewStG sind (a.A. , EFG 1998, 767). Die für das Streitjahr festgestellten Einkünfte der Klägerin beruhen in vollem Umfang auf Ausschüttungen ihrer Organgesellschaften. Es handelt sich daher —was zwischen den Beteiligten auch nicht strittig ist— um gewerbliche Einkünfte i.S. von § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG 1990.

2. Entgegen der Auffassung des FA ist der Gewerbeertrag der Klägerin nicht nach § 9 Nr. 2a GewStG um die Ausschüttungen der Organgesellschaften zu kürzen, sondern nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG zu korrigieren. Der Begünstigungsausschluss gemäß § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG 1990 in der bis zum In-Kraft-Treten des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/ 2002) vom (BGBl I 1999, 402) geltenden Fassung ist deshalb nicht anwendbar.

a) Zur Ermittlung des Gewerbeertrags i.S. von § 7 GewStG ist nach § 9 Nr. 2a GewStG die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft i.S. des § 2 Abs. 2 GewStG, einer Kreditanstalt des öffentlichen Rechts, einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft oder einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft i.S. des § 3 Nr. 23 GewStG zu kürzen, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7 GewStG) angesetzt worden sind. Diese Vorschrift ist im Streitfall weder unmittelbar noch analog anwendbar.

Nach den unbestrittenen Feststellungen des FG waren die Gesellschaften, von denen die Klägerin die Ausschüttungen bezogen hat, im Streitjahr derart in das Unternehmen der Klägerin eingegliedert, dass die Voraussetzungen einer Organschaft gemäß § 14 Nrn. 1 und 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1991 (KStG) vorlagen. Mangels Abschlusses von Ergebnisabführungsverträgen entfaltete die Organschaft allerdings nur im Bereich der Gewerbesteuer Wirkungen. Gewerbesteuerrechtlich hat dies nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG zur Folge, dass die Organgesellschaften als Betriebsstätten der Klägerin galten.

Der Bundesfinanzhof (BFH) versteht diese Fiktion in ständiger Rechtsprechung nicht in dem Sinne, dass die Organgesellschaft —nach Art einer bloßen Filiale des Organträgers— ihre rechtliche Selbständigkeit verliert. Organträger und Organgesellschaft behalten vielmehr ihre Selbständigkeit für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags. Sie bilanzieren jeweils für sich und ermitteln ihre Gewinne zur Errechnung des Gewerbeertrags (§ 7 GewStG) voneinander getrennt (sog. eingeschränkte Einheitstheorie; vgl. z.B. , BFHE 194, 217, BStBl II 2001, 114 unter II.2.a, und vom I R 73/01, BFHE 198, 128, BStBl II 2003, 354 unter II. 1., jeweils m.w.N.). Der Gewerbeertrag der Organgesellschaft ist so zu ermitteln, als wäre diese Gesellschaft selbständiges Steuersubjekt. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags jedes der Unternehmen sind auf dieser ersten Stufe die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften (§§ 8, 9 GewStG) zu beachten. Erst der selbständig ermittelte Gewerbeertrag der Organgesellschaft ist —auf einer zweiten Stufe— mit dem für den Organträger selbst ermittelten Gewerbeertrag zusammenzurechnen. Ergeben sich dabei unberechtigte doppelte steuerrechtliche Be- oder Entlastungen, so sind diese auszuscheiden. Grundlage für diese Korrekturen ist § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG (vgl. z.B. , BFHE 145, 78, BStBl II 1986, 73; vom XI R 47/89, BFHE 167, 158, BStBl II 1992, 630; vom I R 10/93, BFHE 173, 426, BStBl II 1994, 768; vom VIII R 54/93, BFHE 178, 448, BStBl II 1995, 794, und vom I R 109/97, BFHE 186, 443, BStBl II 1998, 748).

Die Anwendung von § 9 Nr. 2a GewStG im gewerbesteuerrechtlichen Organkreis ist damit nicht von vornherein ausgeschlossen. Hält eines der Unternehmen des Organkreises eine sog. Schachtelbeteiligung, so richtet sich die Kürzung seines Gewerbeertrags um die Ausschüttungen des Beteiligungsunternehmens —wie sonst auch— nach § 9 Nr. 2a GewStG. Die Vorschrift ist dagegen nicht anwendbar, soweit es um Ausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger geht (vgl. , EFG 1998, 468, bestätigt durch Senatsbeschluss vom IV B 49/97, BFHE 185, 418, BStBl II 1998, 608; , EFG 1998, 768, Revision VIII R 18/98; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 8 Nr. 10 Anm. 7; Meyer-Scharenberg in Meyer-Scharenberg/Popp/Woring, Gewerbesteuer-Kommentar, 2. Aufl., § 7 Rdn. 40; Blümich/von Twickel, § 7 GewStG Rz. 120 —10/2004—; Blümich/Hofmeister, § 8 GewStG Rz. 226 —Juli 1999—; Blümich/Gosch, § 12 GewStG Rz. 165 —Juni 1992—; Schmidt/Müller/Stöcker, Die Organschaft im Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuerrecht, 6. Aufl., Rn. 999; Schmidt/Glanegger, a.a.O., 18. Aufl., § 32c Rz. 9; Pauka, Der Betrieb —DB— 1988, 2224, 2227; Herzig, DB 1990, 133, 136; Stimpel, Deutsches Steuerrecht —DStR— 1994, 164; Herzig/Kessler, DStR 1994, 261, 264; Blumers, Betriebs-Berater —BB— 1994, 841, 843; Steuerfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer, Die Wirtschaftsprüfung —WPg— 1994, 252; Crezelius, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht —JbFSt— 1995/1996, 289, 291; Groh, Finanz-Rundschau —FR— 1998, 1122, 1124; a.A. —Kürzung aufgrund von § 9 Nr. 2a GewStG—; Paus, BB 1994, 2457, 2465; Moog, DStR 1996, 161, 162; Müller-Gatermann, Festschrift für Wolfgang Ritter, 1997, 457, 472; Müller, DB 1998, Beilage Nr. 3, 6; Hoffmann, GmbH-Steuerberater 1999, 27; ebenso Sarrazin, JbFSt 1995/1996, 292; Sydow, DB 1999, 2435, 2438; M. Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach, § 32c EStG Anm. 39; derselbe, Deutsche Steuer-Zeitung —DStZ— 1996, 698, 705; Gosch, Die steuerliche Betriebsprüfung —StBp— 1998, 192, 193, wohl auch Wüllenkemper, FR 1998, 525, die § 32c EStG jedoch aufgrund der Zusammenfassung der Gewerbeerträge von Organgesellschaft und Organträger bei diesem gleichwohl für anwendbar halten, weil sich die Kürzung damit im Ergebnis nicht auswirke).

§ 9 Nr. 2a GewStG ist 1963 in das GewStG eingefügt worden, um über das bestehende Schachtelprivileg und die Organschaft hinaus eine Doppelbelastung von Ertrag sowohl bei dem diesen erzielenden Unternehmen als auch bei dem ihn —in Form der Ausschüttung— empfangenden Unternehmen zu vermeiden (BTDrucks IV/1343, 2; Güroff in Glanegger/Güroff, a.a.O., § 9 Nr. 2a Anm. 1; Killinger, BB 1999, 500). Zu einer derartigen Doppelbelastung kann es nur kommen, wenn das Unternehmen, an dem die Beteiligung besteht, persönlich der Gewerbesteuer unterliegt. § 9 Nr. 2a GewStG stellt deshalb bei den zu kürzenden Gewinnen —abgesehen von denen aus Anteilen an Unternehmensbeteiligungsgesellschaften i.S. von § 3 Nr. 23 GewStG— darauf ab, dass es sich um solche aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft, einer Kreditanstalt des öffentlichen Rechts oder einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft handelt. Die Organgesellschaft unterliegt jedoch, solange sie in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist, nicht der Gewerbesteuer. Die sachliche Gewerbesteuerpflicht ihres Gewerbebetriebs besteht zwar fort. Die persönliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaft wird dagegen für die Dauer der Organschaft dem Organträger zugerechnet (, BFHE 161, 157, BStBl II 1990, 916; vom I R 44/95, BFHE 181, 504, BStBl II 1997, 181, und in BFHE 198, 128, BStBl II 2003, 354 unter II.1.). Damit liegen die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG hinsichtlich der Ausschüttungen einer Organgesellschaft an den Organträger nicht vor.

Die Vorschrift ist auch nicht analog anwendbar. Mangels Kürzung der Ausschüttungen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Organträgers käme es zwar bei der Zusammenrechnung der Gewerbeerträge von Organträger und Organgesellschaft dadurch zu einer Doppelbelastung, dass beim Organträger sowohl die Ausschüttungen als auch der Gewerbeertrag der Organgesellschaft, der durch die Ausschüttungen nicht gemindert wird (vgl. § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG), angesetzt würden. Dies wird jedoch durch § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG verhindert. Damit fehlt es im Ergebnis an einer Regelungslücke, aus der sich ein Bedürfnis für eine analoge Anwendung von § 9 Nr. 2a GewStG ergeben könnte. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG ist stets eine geeignete Grundlage, unberechtigte doppelte steuerliche Be- oder Entlastungen im gewerbesteuerrechtlichen Organkreis zu korrigieren, wenn die Voraussetzungen der Hinzurechnungs- oder Kürzungsregelungen nicht vorliegen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 145, 78, BStBl II 1986, 73; vgl. auch Raupach, JbFSt 1995/1996, 293).

b) Die Nichtanwendung des in § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG 1990 geregelten Begünstigungsausschlusses entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 32c EStG 1990. Die Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte soll einen Ausgleich für die Sonderbelastung nur dieser Einkünfte mit Gewerbesteuer schaffen (BTDrucks 12/4487, 25). Sie stellt daher darauf ab, dass es sich bei den Einkünften um Gewinne oder Gewinnanteile handelt, die der Gewerbesteuer unterliegen (vgl. § 32c Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 und BTDrucks 12/4487, 34; 12/5016, 88). Von der Tarifbegrenzung ausgenommen sein sollen folglich nur Gewinne und Gewinnanteile, bei denen eine gewerbesteuerrechtliche Kürzungsvorschrift dazu führt, dass sie keiner Gewerbesteuerbelastung mehr unterliegen. Dies trifft auf Ausschüttungen einer Organgesellschaft an den Organträger im wirtschaftlichen Ergebnis nicht zu. Die Korrektur des Gewerbeertrags des Organträgers um die Ausschüttungen der Organgesellschaft erfolgt nicht, um diese der Sache nach von der Gewerbesteuer freizustellen. Verhindert werden soll dadurch —wie ausgeführt— eine unberechtigte Doppelbelastung, die sich dadurch ergäbe, dass dem Organträger der Gewerbeertrag der Organgesellschaft und damit der Gewinn zugerechnet wird, aus dem die Ausschüttungen vorgenommen worden sind (vgl. Sarrazin, JbFSt 1995/1996, 292). Die Ausschüttungen unterliegen damit zwar nicht als solche, wohl aber in Gestalt des Gewinns, auf dem sie beruhen, beim Organträger der Gewerbesteuer (Gosch, StBp 1998, 192, 193). Da § 32c EStG 1990 einen Ausgleich für die Belastung mit Gewerbesteuer gewähren will, ist es folgerichtig, die Vorschrift im Rahmen der gewerbesteuerrechtlichen Organschaft auch auf Ausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger anzuwenden.

Der Bundesrat hat allerdings in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 1997 (BTDrucks 13/5359, 123) die Auffassung vertreten, dass Gewinne oder Gewinnanteile einer Organgesellschaft im Rahmen einer gewerbesteuerrechtlichen Organschaft nicht begünstigt seien. Die von ihm vorgeschlagene Neufassung des § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG, die inhaltlich § 32c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/ 2002 entspricht, habe daher nur klarstellende Bedeutung. Diese Einschätzung gibt keinen Anlass, § 32c Abs. 1 EStG 1990 bezogen auf die hier zu beurteilenden Ausschüttungen anders als im dargelegten Sinne zu verstehen. Die gegenteilige Auffassung des Bundesrates beruht darauf, dass er § 9 Nr. 2a GewStG und nicht § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als die auf Ausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger anzuwendende Vorschrift ansieht. Dem vermag der Senat im Hinblick auf die Systematik der gewerbesteuerrechtlichen Organschaft (oben I.2.a) nicht zu folgen.

Der Gewährung der Tarifbegrenzung bei einer nur gewerbesteuerrechtlichen Organschaft kann entgegen der Ansicht der Vorinstanz auch nicht entgegengehalten werden, dass bei dieser Gestaltung —anders als bei der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft— der Organgesellschaft der abgesenkte Körperschaftsteuertarif von 45 v.H. (§ 23 KStG i.d.F. ab dem Veranlagungszeitraum 1994) und zugleich dem Organträger die einkommensteuerrechtliche Entlastung nach § 32c EStG 1990 zugute kommen (so aber Müller, DB 1998, Beilage Nr. 3, 6, und zweifelnd Schmidt, JbFSt 1995/1996, 294). § 32c EStG 1990 ist als Ausgleich dafür gedacht, dass ein der Einkommensteuer unterliegender Gewinn zugleich der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag unterliegt (BVerfG-Beschluss in DStR 2006, 1316, Rn. 76 ff.). Diese Belastung tritt bei der gewerbesteuerrechtlichen Organschaft beim Organträger ein. Auf die Besteuerung des Einkommens bei der Organgesellschaft kommt es dabei nicht an, weil die Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte keinen beliebigen Ausgleichsposten im Rahmen einer Gesamtsteuerrechnung darstellt (Gosch, StBp, 1998, 192, 193).

c) Die Neufassung des § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 (EStG 1997) gibt keinen Anlass, der Klägerin die Tarifbegrenzung für das Streitjahr zu versagen. Nach § 32c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 EStG 1997 gilt der Begünstigungsausschluss auch für Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die im Rahmen einer Organschaft i.S. des § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 GewStG Betriebsstätte des Organträgers ist, soweit die Gewinne oder Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns des Organträgers angesetzt worden sind. Diese Regelung gilt indes erst ab dem Veranlagungszeitraum 1999. Dass der Gesetzgeber darin nur eine Klarstellung der bisherigen Rechtslage gesehen hat (BTDrucks 14/23, 182; 14/265, 183), bedeutet nicht, dass der Senat für Veranlagungszeiträume bis 1998 an einer anderen Auslegung gehindert wäre. Den Regelungsabsichten des Gesetzgebers kommt zwar erhebliches Gewicht bei der Auslegung zu, sofern Wortlaut und Sinnzusammenhang einer Norm Zweifel offen lassen. Dies gilt allerdings nur für die in der Regelung erkennbar ausgeprägten und in ihr angelegten Grundentscheidungen, Wertsetzungen und Regelungszwecke; konkrete Vorstellungen, die von Ausschüssen oder einzelnen Mitgliedern der gesetzgebenden Körperschaften über die nähere Bedeutung oder Reichweite einer einzelnen Bestimmung, eines Normbestandteils oder eines Begriffs und ihrer Handhabung wie Wirkung geäußert werden, stellen für die Gerichte jedenfalls nicht eine bindende Anleitung dar, so erhellend sie im Einzelfall für die Sinnermittlung auch sein mögen (, BVerfGE 54, 277, 297 f.). Die Motive und Vorstellungen der Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie im Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden haben (, BFHE 164, 516, BStBl II 1992, 167, sowie , BFHE 189, 351 unter II.1.c aa, und vom IV R 33/98, BFHE 189, 132, BStBl II 2003, 58 unter 4.b). Da die Kürzung des Gewerbeertrags des Organträgers um Ausschüttungen der Organgesellschaft bei einer nur gewerbesteuerrechtlichen Organschaft in der Rechtsprechung des BFH seit jeher auf § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG gestützt wird, stellt die Neufassung von § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG 1997 insoweit keine bloße Klarstellung dar, sondern eine Änderung der Rechtslage im Hinblick auf die Anwendung der gewerbesteuerrechtlichen Vorschriften im Rahmen dieser einkommensteuerrechtlichen Bestimmung. Die im Gesetzgebungsverfahren zum StEntlG 1999/2000/2002 zum Ausdruck gekommene gegenteilige Auffassung des Gesetzgebers erweist sich damit als unverbindliche Meinungsäußerung, der für die Auslegung des § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG 1990 für Veranlagungszeiträume bis 1998 keine Bedeutung zukommt.

3. Die Klage ist allerdings unbegründet, soweit der Antrag der Klägerin auch die ihrer Komplementärin zugerechnete Geschäftsführungsvergütung (in Höhe von 5 000 DM), die Teil der festgestellten Einkünfte ist, umfasst. Die Komplementärin der Klägerin unterliegt der Besteuerung nach dem KStG. § 32c EStG kann mithin auf ihr Einkommen keine Anwendung finden.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 239 Nr. 2
GmbHR 2007 S. 164 Nr. 3
KÖSDI 2007 S. 15420 Nr. 2
NWB-Eilnachricht Nr. 6/2007 S. 12
GAAAC-31826