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InfoCenter - Stand: 17.05.2024

Betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer (HGB, EStG)

Falco Hänsch

1. Definition

Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind in der Handelsbilanz grundsätzlich mit den um planmäßige Abschreibungen verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten auszuweisen. Diese Abschreibungen sind auf die Geschäftsjahre zu verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann (§ 253 Abs. 3 HGB). Es handelt sich um eine an den Verhältnissen des Einzelfalles zu treffende Prognose. Kann die voraussichtliche Nutzungsdauer eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstandes ausnahmsweise nicht verlässlich geschätzt werden, sind planmäßige Abschreibungen auf die Herstellungskosten über einen Zeitraum von zehn Jahren vorzunehmen (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB). Entsprechendes gilt für entgeltlich erworbene Geschäfts- oder Firmenwerte (§ 253 Abs. 3 Satz 4 HGB). Weitergehende Regelungen enthält das HGB nicht.

Für den Ausweis in der Steuerbilanz sind bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens im Regelfall die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig auf den Zeitraum der Nutzung zu verteilen. Diese Absetzungen (= Absetzung für Abnutzung, AfA) bemessen sich nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG). Die handelsrechtliche Praxis orientiert sich für die Bestimmung des Zeitraums, über den der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann, an diesem steuerrechtlichen Begriff.

Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist der Zeitraum, über den ein abnutzbares Wirtschaftsgut voraussichtlich bestimmungsgemäß genutzt werden kann (R 7.4 Abs. 3 EStR; H 7.4 – Nutzungsdauer – EStH). Dabei handelt es sich um den Zeitraum, über den es

  • sich aufgrund seines körperlichen Zustands bei ordnungsgemäßer Instandhaltung objektiv in dem für die vorgesehene betriebliche Nutzung bestimmungsgemäßen Zustand befindet. Auf die Dauer der beabsichtigten betrieblichen Nutzung kommt es dabei nicht an (technische Nutzungsdauer),

  • wirtschaftlich sinnvoll für den vorgesehenen Zweck genutzt werden kann (wirtschaftliche Nutzungsdauer), oder

  • aufgrund der dem Nutzenden zustehenden Berechtigung eingesetzt werden kann (rechtliche Nutzungsdauer).

Folgende Besonderheiten sind für die Steuerbilanz zu beachten:

  • Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Geschäfts- oder Firmenwerts eines Gewerbetriebs oder eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs beträgt 15 Jahre (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG).

  • Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist für die lineare Gebäude-AfA nur dann maßgebend, wenn die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer als der Zeitraum ist, der aus dem vorgegebenen Prozentsatz abzuleiten ist (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG).

  • Die degressive Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 5 EStG ist zwingend nach den vorgegebenen Prozentsätzen vorzunehmen. Eine davon abweichende Bemessung nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ist ausgeschlossen. Auch ein Wechsel von der degressiven AfA gem. § 7 Abs. 5 EStG zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer gem. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist nicht zulässig. Die AfA nach § 7 Abs. 5 EStG kann für begünstigte Gebäude nur beansprucht werden, die vom Steuerpflichtigen aufgrund eines nach dem und vor dem gestellten Bauantrags hergestellt oder eines unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb dieses Zeitraums abgeschlossenen obligatorischen Vertrags angeschafft worden sind. Die Regelungen des § 7 Abs. 5 EStG sind danach bei dem Zugang von Gebäuden in jüngerer Zeit nicht anwendbar.

  • Die degressive AfA für Wohngebäude nach § 7 Abs. 5a EStG kann nach einem unveränderlichen Prozentsatz i. H. von 5 % vom jeweiligen Buchwert/Restwert vorgenommen werden. Der Steuerpflichtige hat ein Wahlrecht, zur linearen AfA nach § 7 Abs. 4 EStG zu wechseln (§ 7 Abs. 5a Satz 7 EStG ). Die degressive Abschreibung wird ausschließlich für Gebäude ermöglicht, die Wohnzwecken dienen und vom Steuerpflichtigen hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sind. Mit der Herstellung des Wohngebäudes muss nach dem und vor dem begonnen werden. Im Fall der Anschaffung ist die Inanspruchnahme der degressiven AfA nur dann möglich, wenn der obligatorische Vertrag nach dem und vor dem rechtswirksam abgeschlossen wird.

  • Die vollständige Abschreibung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann bei der Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen neben der regulären AfA oder erhöhten Absetzungen anstelle der regulären AfA bereits vor Ablauf der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer möglich sein.

2. Bedeutung

2.1. Technische Nutzungsdauer

Die technische Nutzungsdauer umfasst den Zeitraum vom Beginn der erstmaligen Nutzung bis zum körperlichen Verschleiß. Dabei ist es unerheblich, ob die betriebliche Nutzung bis zu diesem Zeitpunkt vorgesehen ist oder aber vorher eine Veräußerung stattfindet und damit die Nutzung zu einem früheren Zeitpunkt beendet werden soll.

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