Leitsatz
Absolventen eines abgeschlossenen technischen Studiums waren in der DDR zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" nur berechtigt, wenn sie den Nachweis des Abschlusses durch ein Ingenieurzeugnis einer Fachschule der DDR erbringen konnten (Fortführung von = SozR 3-8570 § 1 Nr 8, , und ).
Gesetze: AAÜG § 1 Abs 1 S 1; AAÜG § 1 Abs 1 S 2; AAÜG § 5; AAÜG § 8; AAÜG Anl 1 Nr 1; EinigVtr Anlage II Kap VII F III Nr 8; EinigVtr Anlage II Kap VII F; EinigVtr Anlage II Kap VIII H III Nr 9 Buchst a S 1 Halbs 2; EinigVtr Anlage II Kap VIII H; ZAVtIV § 1; ZAVtIVDBest 2 § 1 Abs 1 S 3; RAnglG § 22 Abs 1; IngV § 1 Abs 1 Buchst c; IngV § 2; IngV § 3
Instanzenzug: SG Detmold S 2 RA 132/02 vom LSG Essen L 8 RA 54/04 vom
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, Beschäftigungszeiten des Klägers in der DDR als fiktive Zugehörigkeitszeiten zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die dabei erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.
Dem 1953 geborenen Kläger wurde 1975 in der DDR der akademische Grad eines Diplom-Physikers verliehen. Vom bis war er im volkseigenen Kombinat Kernkraftwerke G. als Reaktoroperator, Blockleiter, Doppelblockleiter und ab 1986 wieder als Blockleiter beschäftigt. In ein Zusatzversorgungssystem war der Kläger von der DDR nicht einbezogen worden.
Im August 2001 beantragte er, seine Beschäftigungszeiten bis zum als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech und die dabei erzielten Arbeitsverdienste festzustellen. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom ). Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, ursprünglich seien Stellen der von ihm verrichteten Art nur mit Ingenieuren besetzt worden; in den 70er Jahren seien dann in Ausnahmefällen auch Diplom-Physiker eingestellt worden. Wie Ingenieure und Diplom-Ingenieure habe er sein Fachwissen durch eine mehrjährige Zusatzausbildung nachweisen müssen. Er sei daher den Personen, die den Titel "Ingenieur" führten, gleichzustellen.
Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom ). Das Sozialgericht hat die hiergegen gerichteten Klagen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen und ausgeführt, der Kläger erfülle als Diplom-Physiker nicht die persönliche Voraussetzung für die Zuerkennung einer fiktiven Versorgungsanwartschaft, sodass die Beklagte es zu Recht abgelehnt habe, seine Beschäftigungszeiten als Zugehörigkeitszeiten zur AVItech festzustellen.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 1 Abs 1 Satz 1 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG). Er trägt vor, auf Grund seiner Beschäftigung als Reaktoroperator und Blockleiter sei er einem Ingenieur gleichzustellen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Ablehnungsentscheidungen im Bescheid vom in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten vom bis als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz und die dabei erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die angefochtene Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden sei.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Mit der Revision begehrt der Kläger im Ergebnis, die vorinstanzlichen Entscheidungen aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Ablehnungsentscheidungen im Bescheid vom in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom zu verpflichten, die geltend gemachten Beschäftigungszeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech und die dabei erzielten Verdienste festzustellen. Revision und Berufung sind zulässig. Der Kläger verfolgt sein Klagebegehren zulässig in Kombination von Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Die Klagen sind jedoch unbegründet. Im Bescheid vom in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom hat die Beklagte zu Recht den Erlass der vom Kläger erstrebten feststellenden Verwaltungsakte abgelehnt.
1. In einem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (dazu stellvertretend: Urteil des Bundessozialgerichts <BSG> vom , SozR 3-8570 § 8 Nr 2), ist die Beklagte nur dann zu den vom Kläger begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn dieser dem persönlichen Anwendungsbereich des am in Kraft getretenen AAÜG unterfällt. Dies beurteilt sich nach der Maßstabsnorm des § 1 Abs 1 AAÜG iVm den Regelungen der einschlägigen Versorgungsordnungen - hier derjenigen der AVItech -, soweit sie auf Grund der Anordnung im Einigungsvertrag (EinigVtr), dessen Vereinbarungen durch das Einigungsvertragsgesetz vom (BGBl II S 885) in die bundesdeutsche Rechtsordnung transformiert worden sind, zu (sekundärem) Bundesrecht geworden sind; dies gilt allerdings nur unter der Einschränkung, dass sie im Einklang mit dem Grundgesetz (GG) und dem supranationalen europäischen Gemeinschaftsrecht stehen. Da das Recht der Versorgungssysteme auf Lebenssachverhalte abstellte, die in der DDR verwirklicht worden waren, bestimmt sich das Verständnis dort verwandter rechtlicher Ausdrücke ggf faktisch nach dem staatlichen Sprachverständnis der DDR, wie es bei Schließung der Systeme am (dazu sogleich) in staatlichen Regelungen verlautbart worden war.
Der Kläger erfüllt weder einen der beiden ausdrücklich in § 1 Abs 1 AAÜG genannten Tatbestände noch den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung in erweiternder Auslegung dieser Norm herausgearbeiteten Tatbestand einer fingierten Versorgungsanwartschaft. Damit entfällt die weitere Prüfung gemäß § 5 AAÜG, ob er in seinem Berufsleben zu irgendeinem Zeitpunkt Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die den Charakter von Zugehörigkeitszeiten zur AVItech aufweisen. Denn erst wenn der persönliche Anwendungsbereich des AAÜG bejaht wird, ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob derartige Zugehörigkeitszeiten vorliegen.
a) Der Kläger war bei Inkrafttreten des AAÜG am nicht Inhaber einer Versorgungsberechtigung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG.
Nach dieser Norm gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Einen anerkannten "Anspruch" auf Versorgung (= Vollrecht) hatte der Kläger bei Inkrafttreten des AAÜG am nicht. Er war zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Denn der "Erwerb" einer Versorgungsberechtigung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG setzt voraus, dass der Betroffene nach den zu verfassungsgemäßem Bundesrecht gewordenen Regeln des jeweiligen Versorgungssystems am (noch) und damit bei Inkrafttreten des AAÜG am in das System - hier in die AVItech - einbezogen war.
§ 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG knüpft an die Neueinbeziehungsverbote in dem zu Bundesrecht gewordenen Rentenangleichungsgesetz der DDR (RAnglG-DDR) vom (GBl I S 495) sowie im EinigVtr an. § 22 Abs 1 RAnglG-DDR untersagte eine Neueinbeziehung ab , sodass in der Folgezeit nur die Personen weiterhin Vorteile aus einem Versorgungssystem in Anspruch nehmen konnten, die zu diesem Zeitpunkt bereits in das System einbezogen waren (zB durch staatlichen Akt oder durch Einzelvertrag). Hieran hat der EinigVtr durch die zeitlich befristete und modifizierte Anordnung der Weitergeltung des RAnglG-DDR als Bundesrecht (vgl Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 8) sowie in den weiteren besonderen Maßgaben für die Versorgungssysteme mit einem Neueinbeziehungsverbot - auch - ab (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 Buchst a Satz 1 Halbsatz 2) festgehalten.
Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG war der Kläger nicht in die AVItech einbezogen worden. Schon deshalb hatte er keine Versorgungsberechtigung erworben und unterfiel nicht dem Anwendungsbereich des § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG.
b) Auch der Tatbestand des § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt.
Nach dieser Norm gilt ein Verlust der Versorgungsanwartschaft als nicht eingetreten, wenn die Regelungen des jeweiligen Systems einen solchen Verlust bei Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen. § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG betrifft Personen, die vor dem (= Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssysteme) aus einem Versorgungssystem der DDR rechtmäßig ausgeschieden waren und damit ihre Versorgungsanwartschaft rechtmäßig verloren hatten. Er unterwirft sie in Abweichung vom EinigVtr dem Anwendungsbereich des AAÜG, indem er sie so behandelt, als wären sie noch einbezogen gewesen und hätten damit noch eine Versorgungsanwartschaft gehabt (Fall einer gesetzlich fingierten Versorgungsanwartschaft).
Der Kläger war in der DDR nach den Feststellungen des LSG zu keinem Zeitpunkt vor dem in ein Versorgungssystem einbezogen worden und dort sodann vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeschieden. Er erfüllt nicht den Tatbestand des § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG.
c) Der Kläger war am auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich gemäß der vom BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG trotz der Weitergeltung des verfassungsgemäßen Neueinbeziehungsverbots des EinigVtr aus dieser Norm herleitet.
Bei Personen, die am in kein Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht auf Grund originären Bundesrechts (zB Art 17 EinigVtr) einbezogen wurden, ist zu prüfen, ob sie nach dem am geltenden Bundesrecht an diesem Tag auf Grund der am gegebenen tatsächlichen Umstände einen fiktiven bundesrechtlichen "Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage" erlangt haben (vgl ua: BSG, Urteile vom 9. und , SozR 3-8570 § 1 Nr 2 bis 8).
In den genannten höchstrichterlichen Entscheidungen ist darauf hingewiesen worden, dass der Bundesgesetzgeber an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme in der DDR sowie an die gegebene versorgungsrechtliche Lage der Betroffenen ohne Willkürverstoß anknüpfen und damit ua zu Grunde legen durfte, dass nur derjenige in das Zusatzversorgungssystem der AVItech einbezogen werden durfte, der am (Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssysteme) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie und des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt war. Art 3 Abs 1 und 3 GG gebietet nicht, von jenen zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme sowie von den historischen Fakten, aus denen sich etwa Ungleichheiten ergeben, abzusehen und sie "rückwirkend" zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Diese verfassungsrechtliche Wertung hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigt (Beschluss vom , 1 BvR 1557/01, SozR 4-8570 § 5 Nr 4; Beschluss vom , 1 BvR 1921/04, SozR 4-8560 § 22 Nr 1 RdNr 38 ff).
Der umschriebene fiktive bundesrechtliche Anspruch hängt im Bereich der AVItech gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (nachfolgend: VO-AVItech) vom (GBl S 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (nachfolgend: 2. DB) vom (GBl S 487), soweit diese am zu sekundärem Bundesrecht geworden sind, von drei Voraussetzungen ab (stellvertretend: SozR 3-8570 § 1 Nr 2 und 6). Generell war dieses System eingerichtet für Personen,
(1)
die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und
(2)
die entsprechende Tätigkeiten ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar
(3)
in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Der Kläger erfüllte schon nicht die persönliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVItech. Während die VO-AVItech vor allem den allgemeinen Rahmen vorgibt, erfolgt die konkrete Ausgestaltung, welche nur teilweise zu justitiablem Bundesrecht geworden ist, in der 2. DB. Insoweit macht § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB deutlich, dass die "technische Intelligenz" - wie auch immer dieser Ausdruck in der DDR verstanden worden sein mag - nicht insgesamt erfasst wird, sondern innerhalb dieser sozialen Gruppe nur ganz bestimmte Professionen. Diese Norm benennt die Berufsgruppe der Diplom-Physiker nicht, also nicht die Gruppe, in die der Kläger auf Grund des ihm verliehenen akademischen Grades einzuordnen ist. Zu der ausdrücklich aufgeführten Gruppe der Ingenieure gehört der Kläger nicht. Insoweit verdeutlicht § 1 Abs 1 Satz 3 der 2. DB, dass als "Ingenieure" nur solche Personen einbezogen wurden, die den "Titel eines Ingenieurs hatten". Es musste also das Recht zur Führung des Titels "Ingenieur" bestanden haben (vgl hierzu grundsätzlich: SozR 3-8570 § 1 Nr 8).
Der Kläger hat die tatsächliche Feststellung des LSG, er habe nach dem staatlichen Sprachgebrauch der DDR am nicht das Recht gehabt, den "Berufstitel" eines Ingenieurs zu führen, nicht mit Verfahrensrügen zulässig angegriffen. Soweit er eine falsche Auslegung des § 1 der DDR-Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" (nachfolgend: IngVO-DDR) vom (GBl II S 278), insbesondere dessen Abs 1 Buchst c, rügt, hat er nicht aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich, gegen welche bundesrechtliche Auslegungsregel das LSG verstoßen haben könnte; die DDR-Verfassung ist schlechthin kein Bundesrecht, an dem allein die Entscheidungen der Beklagten und die Rechtsauslegung des LSG gemessen werden dürfen.
Im Übrigen hat das BSG entschieden, dass § 1 IngVO-DDR, die lediglich faktisches Indiz für den Sprachgebrauch der DDR am war und kein sekundäres Bundesrecht geworden ist, die Bezeichnung zur Führung der Berufsbezeichnung in allen Varianten stets davon abhängig gemacht hat, dass ein entsprechender staatlicher Akt der DDR (in welcher Form auch immer) ergangen ist (stellvertretend: SozR 3-8570 § 1 Nr 8). Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
Die IngVO-DDR unterscheidet die Fallgruppen nach Art und/oder Qualität des Ausbildungsgangs und der erworbenen Abschlüsse. In den Fällen des § 1 Abs 1 Buchst a und b IngVO-DDR stellen die Texte auf eine Ausbildung an Hochschulen, Universitäten oder Akademien und auf die Verleihung entsprechender akademischer Grade ab. Nach Buchst a (aaO) war erforderlich, dass der akademische Grad eines "Dr.-Ing." und "Dr.-Ing. habil." vor 1945 von einer deutschen Hochschule oder Universität oder danach von den Hochschulen, Universitäten und Akademien der DDR "verliehen", also in einem staatlichen Akt zuerkannt worden war. Diese Voraussetzung erfüllte der Kläger nicht. Er war auch nicht gemäß § 1 Abs 1 Buchst b IngVO-DDR zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" berechtigt; denn hierzu waren in der Wortverbindung "Dipl.-Ing." nur Personen befugt, die den "Nachweis" eines abgelegten technischen Abschlussexamens an einer deutschen Hochschule oder Universität vor 1945 oder danach an den Hochschulen bzw Universitäten der DDR erbringen konnten und denen das entsprechende Diplom "verliehen" worden war. Der Kläger kann den geforderten Nachweis eines technischen Abschlussexamens an einer Hochschule oder Universität nicht erbringen; ihm ist demgemäß auch ein entsprechendes Diplom nicht verliehen worden. Er hat ein naturwissenschaftliches Studium absolviert und ihm ist der akademische Grad eines Diplom-Physikers verliehen worden.
Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 Buchst c IngVO-DDR. Diese Regelung behandelte die Abschlüsse an Fachschulen. Danach waren Personen zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" berechtigt, die den "Nachweis" eines abgeschlossenen Studiums bzw einer erfolgreich abgelegten Prüfung "durch das Ingenieurzeugnis" einer staatlich anerkannten deutschen Fachschule vor 1945 oder danach einer Fachschule der DDR erbringen konnten. Die Auffassung des Klägers, er falle unter den Tatbestand dieser Regelung, lässt sich weder mit dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Nachweisregelung noch mit der Regelungssystematik der IngVO-DDR vereinbaren. Der Senat hält daher an der Rechtsprechung des ) fest, dass der Nachweis sowohl eines abgeschlossenen technischen Studiums als auch einer erfolgreich abgelegten Prüfung durch ein Ingenieurzeugnis einer Fachschule zu erbringen war. Ergänzend wird Folgendes angemerkt:
Zwar behandelt der Tatbestand des § 1 Abs 1 Buchst c IngVO-DDR zwei Fallgruppen, nämlich einerseits Personen mit einem abgeschlossenen technischen Studium und andererseits solche mit einer erfolgreich abgelegten Prüfung. In beiden Fällen muss aber der "Nachweis" durch "das Ingenieurzeugnis" erbracht werden. Die Ansicht des Klägers, dass nur im zweiten Fall (erfolgreich abgelegte Prüfung) der Nachweis durch das Ingenieurzeugnis zu erbringen gewesen sei, nicht dagegen im ersten Fall (abgeschlossenes technisches Studium), lässt sich schon nicht mit dem Wortlaut des Verordnungstextes in Einklang bringen. Beide Varianten stehen im Genitiv und beziehen sich - mangels eines anderen Bezugsworts - auf das vorangestellte Wort "Nachweis". Dies wird auch dadurch bestätigt, dass beide Varianten durch das Wort "bzw." verbunden sind, das die Varianten im Sinne von "sowohl .... als auch" verknüpft. Dem Sinn nach hätte dieser Satzteil auch als "... Nachweis sowohl eines abgeschlossenen technischen Studiums als auch einer erfolgreich abgelegten Prüfung ..." formuliert werden können. Wie der erforderliche Nachweis in beiden Varianten zu erbringen ist, umschreibt der unmittelbar nachfolgende Text, nämlich "durch das Ingenieurzeugnis einer ...".
Das grammatikalische Auslegungsergebnis dieses Textindizes für das Sprachverständnis wird durch den Zweck einer solchen Nachweisregelung bestätigt. Der Betroffene sollte den Nachweis nur durch Vorlage eines Beweismittels führen können, das jeden Zweifel an der erworbenen Qualifikation ausschloss. Bei Abschluss eines (ingenieur)technischen Studiums (= Ausbildung) oder einer erfolgreich abgelegten Prüfung an einer Fachschule der DDR erhielt der Absolvent ein entsprechendes Zeugnis. Durch Vorlage eines solchen Zeugnisses (= Beweisurkunde) ließ sich der Nachweis einfach und zweifelsfrei erbringen. Demzufolge ist es offenkundig, dass sich das Beweismittel "Ingenieurzeugnis" auch auf beide Varianten bezog. Würde man der Auffassung des Klägers folgen, bliebe offen, wie im Fall der ersten Variante der Nachweis zu erbringen gewesen wäre.
Auch die Systematik der IngVO-DDR spricht für dieses Textverständnis. Personen "ohne abgeschlossene ingenieurtechnische Ausbildung" waren gemäß § 3 IngVO-DDR berechtigt, unter bestimmten Voraussetzungen (dazu sogleich) einen Antrag auf Zuerkennung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu stellen. Diese Vorschrift wäre weitgehend gegenstandslos gewesen, wenn der Betroffene im Rahmen des § 1 Abs 1 Buchst c IngVO-DDR den Nachweis eines Abschlusses des technischen Studiums in Form eines Ingenieurzeugnisses überhaupt nicht hätte erbringen müssen.
Den Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass der Kläger ein Ingenieurzeugnis einer Fachschule der DDR als Nachweis eines abgeschlossenen technischen Studiums oder einer erfolgreich abgelegten Prüfung nicht besitzt. Dies hat er auch selbst nicht behauptet. Damit kann dahin stehen, ob das technische Zusatzstudium, das er während seiner Beschäftigung im (Atom-)Kraftwerk G. absolviert hatte, überhaupt ein abgeschlossenes technisches Studium an einer Fachschule der DDR iS des § 1 Abs 1 Buchst c IngVO-DDR gewesen ist.
Auch die weiteren Tatbestände der IngVO-DDR, die zur Führung der Berufsberufsbezeichnung "Ingenieur" berechtigen, hat der Kläger nicht erfüllt. Ihm war nicht "auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen" (der DDR) eine solche Berufsbezeichnung zuerkannt worden (§ 1 Abs 1 Buchst d IngVO-DDR). Er verfügt auch nicht über "Zeugnisse mittlerer oder höherer technischer Schulen anderer Staaten", die den Urkunden iS des § 1 Buchst a bis c IngVO-DDR gleichgesetzt wurden (§ 2 Buchst a IngVO-DDR). Er fällt schon auf Grund seines Lebensalters nicht unter die "Kriegsfolgenregelung" des § 2 Buchst b IngVO-DDR.
Schließlich kann er sich auch nicht auf die bereits angesprochene Regelung des § 3 IngVO-DDR berufen. Danach waren Personen ohne abgeschlossene ingenieurtechnische Ausbildung, die das 50. Lebensjahr überschritten hatten und eine mindestens 15jährige erfolgreiche Ingenieurtätigkeit nachweisen konnten, berechtigt, einen Antrag auf Zuerkennung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu stellen. Der Kläger hatte in der DDR - wohl schon wegen der fehlenden Altersvoraussetzungen - keinen Zuerkennungsantrag gestellt. Es ist deshalb nicht weiter darauf einzugehen, dass allein die Stellung eines solchen Antrags ohnehin nicht ausreichend gewesen wäre; vielmehr wäre er nur dann zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigt gewesen, wenn ein entsprechender Zuerkennungsakt durch die zuständige Behörde ergangen wäre (vgl hierzu auch: SozR 3-8570 § 1 Nr 8).
Da der Kläger nicht berechtigt war, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" in der DDR zu führen, erfüllte er nicht die persönliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVItech. Unerheblich ist, dass er - wie von ihm behauptet - in der Berufspraxis Tätigkeiten wie ein Ingenieur ausgeübt haben mag. Dieses Kriterium berührt allein die Frage, ob die sachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung gegeben ist, nicht jedoch die persönliche Voraussetzung. Demzufolge hat das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass Diplom-Physiker nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich der AVItech fallen (Urteil vom , B 4 RA 62/01 R; die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen: ; , und Urteil vom , B 4 RA 16/04 R).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
SAAAC-13720