Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BtMG § 31; BtMG § 30 a Abs. 3; BtMG § 30 a Abs. 1; StGB § 49 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StPO § 349 Abs. 2; StPO § 267 Abs. 1 Satz 1
Instanzenzug: LG Krefeld
Gründe
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in acht (M. ), neun (R. ) bzw. elf (S. ) Fällen sowie den Angeklagten M. zusätzlich und den Angeklagten G. allein wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Freiheitsstrafen von sechs Jahren und sechs Monaten (M. ), acht Jahren und sechs Monaten (R. ), sieben Jahren und neun Monaten (S. ) sowie zwei Jahren und sechs Monaten (G. ) verurteilt. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten M. , R. und S. haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen sind sie - was für die Revision des Angeklagten G. in vollem Umfang gilt - unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die auf Antrag des Generalbundesanwalts erfolgte Einstellung des Verfahrens in den Fällen B II. 7, 9 , 10 und 11 der Urteilsgründe führt zu der Berichtigung der Schuldsprüche und dem Wegfall der zugehörigen Einzelstrafen.
2. In den Fällen B II. 8 und 14 der Urteilsgründe halten die Strafaussprüche rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Der Fall 8 betrifft einen von den Angeklagten M. , R. und S. unter Einsatz eines Kuriers durchgeführten Kokaintransport von Argentinien nach Europa, bei dem der Kurier nach der Landung auf einem Pariser Flughafen und vor der geplanten Weiterreise nach Italien festgenommen und das Betäubungsmittel sichergestellt worden ist. Nach den Urteilsfeststellungen lag den deutschen Strafverfolgungsbehörden eine telefonische Nachricht über die Untersuchung des Rauschgifts in Frankreich vor, wonach es sich um "10,419 Kilogramm Kokain (brutto)" mit einem Reinheitsgehalt von 91 % gehandelt hatte. Das Landgericht ist zu Gunsten der Angeklagten von einer Mindestmenge von 5 Kilogramm und einem Reinheitsgehalt von 33 % ausgegangen.
Die deswegen gegen den Angeklagten M. verhängte Einzelstrafe von vier Jahren und neun Monaten muß aufgehoben werden, weil das Landgericht wegen des Scheiterns des Geschäfts und wegen der Aufklärungshilfe des Angeklagten einen minder schweren Fall nach § 30 a Abs. 3 BtMG angenommen hat und dabei von einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünfzehn Jahren ausgegangen ist (UA S. 133), die Höchststrafe indes nur fünf Jahre beträgt. Selbst wenn es sich bei der Strafrahmenbestimmung nur um einen Schreibfehler gehandelt haben sollte, hätte die Findung einer Strafe knapp unter der Höchstgrenze des Strafrahmens hier eingehenderer Begründung bedurft.
Die wegen dieser Tat gegen den Angeklagten S. verhängte Einzelstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten muß aufgehoben werden, weil das Landgericht wegen des Scheiterns des Geschäfts einen minder schweren Fall nach § 30 a Abs. 3 BtMG angenommen (UA S. 138), den Strafrahmen mit einer Obergrenze von fünf Jahren sodann zwar richtig bestimmt, aber eine oberhalb des Strafrahmens liegende Einzelstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten festgesetzt hat (UA S. 139).
Gegen den Angeklagten R. hat das Landgericht eine Einzelstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verhängt. Es hat hier trotz des Scheiterns des Geschäfts wegen der Menge des Rauschgifts und dem Umfang, in dem der Transport bereits gediehen war, einen minder schweren Fall verneint und die Strafe dem Strafrahmen des § 30 a Abs. 1 BtMG entnommen (UA S. 144 f.). Der Senat hebt diese Strafe auf, weil die im Vergleich zum Angeklagten S. entgegengesetzt getroffene Entscheidung über die Strafrahmenwahl angesichts der im wesentlichen gleichgelagerten Umstände nicht nachvollziehbar ist.
b) Vergleichbares gilt für den Fall 14, in dem nach den Feststellungen des Landgerichts insgesamt drei Versuche der Angeklagten M. , R. und S. gescheitert sind, Kokain in der Größenordnung von mehreren Kilogramm und mindestens 33 % KHC-Gehalt aus Argentinien nach Europa zu transportieren.
Auch hier ist die Einzelstrafe von vier Jahren und neun Monaten für den Angeklagten M. bei dem nach § 31 BtMG, § 49 Abs. 2 StGB erneut gemilderten Strafrahmen des § 30 a Abs. 3 BtMG (ein Monat bis fünf Jahre) nicht ausreichend begründet. Die Einzelstrafe von sechs Jahren für den Angeklagten S. liegt außerhalb des gewählten Strafrahmens des § 30 a Abs. 3 BtMG. Die Einzelstrafe von fünf Jahren für den Angeklagten R. beruht auf einer angesichts des annähernd gleichen Sachverhalts unzureichenden Begründung, warum hier - im Gegensatz zu dem Angeklagten S. - ein minder schwerer Fall nach § 30 a Abs. 3 BtMG nicht vorliegt.
Für beide Fälle kann der Senat angesichts der umfangreichen und deshalb schwer zu übersehenden Strafzumessungserwägungen von 25 Seiten letztlich nicht ausschließen, daß dem Tatrichter ein Wertungsfehler in der Weise unterlaufen ist, daß er das Auseinanderfallen der Strafzumessungserwägungen übersehen hat.
3. Der Senat schließt aus, daß die Einzelstrafen in den übrigen Fällen von dem Wegfall der vier Taten und der Aufhebung der beiden Einzelstrafen berührt werden. Sie können daher bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird in den Fällen B II. 8 und 14 der Urteilsgründe die Einzelstrafen neu festzusetzen und daraus und den übrigen Einzelstrafen die Gesamtstrafen neu zu bilden haben.
4. Die angefochtene Entscheidung gibt dem Senat Anlaß zu folgenden Hinweisen:
a) Für das Vorliegen eines minder schweren Falls des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln ist entscheidend, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maß abweicht, daß die Anwendung des milderen Strafrahmens geboten erscheint. Dabei ist die Gesamtmenge des Wirkstoffs bezogen auf die einfache nicht geringe Menge ein wesentlicher Umstand (vgl. BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 8 und BtMG § 30 Abs. 2 Wertungsfehler 3), der seine Bedeutung auch nicht dadurch verliert, daß das Betäubungsmittelgeschäft kurz vor dem Abschluß scheitert. Je deutlicher die Grenze der nicht geringen Menge überschritten wird, desto gewichtiger müssen die für die Annahme eines minder schweren Falls herangezogenen Gründe sein. Durch die großzügige Annahme minder schwerer Fälle sind die Angeklagten jedoch nicht beschwert.
b) Die Urteilsgründe müssen die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO. Darüber hinaus soll in den Feststellungen das enthalten sein, was zum Verständnis und zur Beurteilung der Tat notwendig ist. Es ist nicht erforderlich, die der Feststellung von Betäubungsmittelgeschäften vorausgehenden Telefonüberwachungsmaßnahmen in ihren Einzelheiten zu schildern. Dies steht nicht nur der Verständlichkeit des Urteils entgegen, es birgt auch die Gefahr, daß beim Abfassen des Urteils die unbedingt erforderliche Feststellung der Umstände aus dem Blick gerät, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören (). Es ist auch nicht die Aufgabe des Revisionsgerichts, sich aus einer Fülle erheblicher und unerheblicher Tatsachen diejenigen herauszusuchen, in denen nach seiner Auffassung eine Straftat - oder wie hier: Wesentliches über die Struktur einer Bande - gesehen werden kann (vgl. ). Anstelle einer nahezu 30seitigen Wiedergabe von TÜ-Protokollen in den Urteilsgründen hätte eine zusammenfassende Darstellung des Inhalts genügt, soweit er für die Überzeugung des Landgerichts von Bedeutung war.
Fundstelle(n):
NAAAC-09255
1Nachschlagewerk: nein