BGH Beschluss v. - VIII ZB 122/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 233; ZPO § 234 Abs. 2; ZPO § 236 Abs. 2 Satz 2; ZPO § 568 Satz 2 Nr. 2; ZPO § 568 Satz 3; ZPO § 575 Abs. 1 Satz 1; GKG § 8

Instanzenzug: LG Ingolstadt vom

Gründe

I.

Die Klägerin erstritt im März 2002 vor dem Amtsgericht Ingolstadt gegen die Beklagte ein obsiegendes Urteil. Auf ihren nachfolgenden Antrag hat das Amtsgericht Ingolstadt die von der Beklagten zu erstattenden Kosten festgesetzt, dabei allerdings die Fahrtkosten ihres Prozeßbevollmächtigten (zunächst geltend gemacht in Höhe von 260,96 €, im Laufe des weiteren Verfahrens reduziert auf 180 €) abgesetzt.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen diesen Beschluß hat der Einzelrichter der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ingolstadt mit Entscheidung vom als unbegründet zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Der Beschluß ist der Klägerin am mit einer Rechtsmittelbelehrung zugestellt worden, wonach gegen die Entscheidung (auch) beim Landgericht Ingolstadt binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung Beschwerde eingelegt werden könne. Mit einem am beim Landgericht Ingolstadt per Fax eingegangenen Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten im Verfahren der ersten Instanz (Rechtsanwalt G. S. aus M. ) hat die Klägerin "Rechtsbeschwerde" eingelegt. Das Landgericht Ingolstadt hat daraufhin die Akten dem Bundesgerichtshof, dort eingegangen am , zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde vorgelegt. Mit richterlicher Verfügung vom ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, daß eine Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof wirksam nur durch einen dort zugelassenen Anwalt eingelegt werden kann. Am ist sodann eine mit Gründen versehene "Rechtsbeschwerde" durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt hier eingegangen.

II.

1. Der Klägerin ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung (und Begründung) der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Ingolstadt vom von Amts wegen zu gewähren.

a) Die Klägerin hat diese Fristen versäumt. Denn das am beim Landgericht Ingolstadt eingegangene Rechtsmittel war schon deswegen nicht wirksam eingelegt, weil das Landgericht nicht Rechtsbeschwerdegericht im Sinne des § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist. Mit der am beim Bundesgerichtshof eingegangenen, durch einen hier zugelassenen Anwalt gefertigten Rechtsbeschwerde ist die Frist des § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht gewahrt worden.

b) Die Klägerin war ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert, § 233 ZPO. Dem steht nicht entgegen, daß die Klägerin durch einen Rechtsanwalt im Prozeß einschließlich des Beschwerdeverfahrens vertreten war. Auch ein Anwalt darf sich auf die Rechtsmittelbelehrung des Ausgangsgerichts verlassen (, NJW 1993, 3206 unter III 3).

c) Die Klägerin hat mit der Rechtsbeschwerde vom die versäumte Prozeßhandlung rechtzeitig nachgeholt, § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Denn erst mit Kenntnisnahme von der hiesigen Verfügung vom war das Hindernis im Sinne des § 234 Abs. 2 ZPO behoben.

2. Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das Beschwerdegericht.

Wie der , NJW 2003, 1254, z. Veröff. in BGHZ best.) dargelegt hat, ist die Rechtsbeschwerde nach einer Zulassung durch den Einzelrichter der Kammer statthaft, weil auch diese Zulassungsentscheidung durch den Einzelrichter wirksam und daher für das Rechtsbeschwerdegericht bindend ist. Die angefochtene Einzelrichterentscheidung unterliegt der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Der Einzelrichter durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Wie in der genannten Entscheidung ausgeführt, ist der erkennende Senat durch § 568 Satz 3 ZPO nicht gehindert, den Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters zu berücksichtigen. Denn es kann nicht Sinn dieser Vorschrift sein, eine anderenfalls nur im Wege der Verfassungsbeschwerde mögliche Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht auszuschließen.

III.

Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 8 GKG Gebrauch.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
FAAAC-03718

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein