BAG Urteil v. - 9 AZR 710/00

Leitsatz

[1] Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerinnen, die ihre bisherige Arbeitszeit verringern, ohne nach § 3 Abs. 1 TV ATZ einen Altersteilzeitarbeitsvertrag zu schließen, haben keinen Anspruch auf den tariflichen Aufstockungsbetrag. Durch den Ausschluß von den tariflichen Leistungen, die Altersteilzeitarbeitnehmer erhalten, werden teilzeitbeschäftigte Frauen weder unmittelbar noch mittelbar diskriminiert.

Gesetze: EG Art. 141; GG Art. 3 Abs. 3; BGB § 612 Abs. 3; TV ATZ § 3; TV ATZ § 5

Instanzenzug: ArbG Hamburg 4 Ca 302/99 vom LAG Hamburg 6 Sa 109/99 vom

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung eines zusätzlichen Entgelts ab .

Die am geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem als Sozialpädagogin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft Vereinbarung das für den öffentlichen Dienst jeweils geltende Tarifrecht anzuwenden. Bis einschließlich Juli 1992 arbeitete die Klägerin mit einer Arbeitszeit von 50 % der regelmäßigen tariflichen Wochenarbeitszeit. Vom bis zum war sie vollzeitig tätig. Seitdem arbeitet sie wieder mit der Hälfte der regelmäßigen vollen Arbeitszeit, das sind zur Zeit 19,25 Stunden in der Woche.

Im Februar 1999 beantragte die Klägerin schriftlich, ab "in den Genuß der Altersteilzeit nach dem Tarifvertrag zu kommen". Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil nach dem damals geltenden Tarifvertrag zur Regelung der Alters-teilzeitarbeit (TV ATZ) in der Fassung vom Altersteilzeitarbeitsverhältnisse nur mit vollbeschäftigten Arbeitnehmern vereinbart werden konnten. Diese Voraussetzung ist durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom mit Wirkung zum entfallen. § 2 TV ATZ lautet nunmehr:

"§ 2

Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit

(1) Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die

a) das 55. Lebensjahr vollendet haben,

b) eine Beschäftigungszeit (z.B. § 19 BAT/BAT-O) von fünf Jahren vollendet haben und

c) innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muß ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein.

..."

Nach § 3 TV ATZ beträgt die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses die Hälfte der bisherigen regelmäßigen Arbeitszeit. Hierfür erhält der Arbeitnehmer die der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Bezüge (§ 4 TV ATZ). Außerdem erhält er Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers. Nach § 5 Abs. 1 TV ATZ werden die dem Arbeitnehmer nach § 4 TV ATZ zustehenden Bezüge um 20 vH aufgestockt (Aufstockungsbetrag); der Aufstockungsbetrag muß nach § 5 Abs. 2 TV ATZ so hoch sein, daß der Arbeitnehmer 83 vH des Nettobetrages des bei Beibehaltung der bisherigen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts erhält (Mindestnettobetrag). Nach § 5 Abs. 4 TV ATZ entrichtet der Arbeitgeber zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nach Maßgabe des Altersteilzeitgesetzes (ATG).

Die Klägerin hat mit ihrer im Juli 1999 erhobenen Klage zunächst verlangt, sie so zu behandeln als habe sie ihre Arbeitszeit nach den Bestimmungen des Altersteilzeitgesetzes (ATG) zum herabgesetzt und weitere Hilfsanträge gestellt. Zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht im Oktober 1999 hat sie allein Zahlung begehrt. Sie habe auch ohne Verringerung ihrer Arbeitszeit Anspruch auf Erhöhung ihres Arbeitsentgelts um 20 %. Andernfalls werde sie als Frau mittelbar diskriminiert, weil sie schlechter bezahlt werde als die Vollzeitbeschäftigten, die auf der Grundlage eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ebenfalls mit der Hälfte der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit arbeiteten. Bezogen auf ihre Arbeitszeit erhalte sie einen Stundenlohn von 33,45 DM während der Stundenlohn eines vergleichbaren Altersteilzeitlers einschließlich des Aufstockungsbetrags 40,14 DM erreiche. Daraus ergebe sich ein monatlicher Unterschiedsbetrag von 578,64 DM.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ab dem über ihr Entgelt hinaus weitere 578,64 DM brutto monatlich zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Klägerin mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision. Die Beklagte beantragt deren Zurückweisung.

Gründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

A. Die Klage ist zulässig.

I. Die Klage richtet sich auf die Zahlung monatlicher Beträge beginnend mit Oktober 1999. Zur Zeit der Klageerhebung war dieser Zahlungstermin noch nicht erreicht, der Anspruch mithin nicht fällig iSv. § 271 BGB. Ein noch nicht fälliger Anspruch kann mit der Klage auf künftige Leistung nach § 259 ZPO verfolgt werden, wenn die Besorgnis besteht, der Schuldner werde sich der Leistung entziehen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Schuldner - wie hier die beklagte Stadt - das Entstehen der geltend gemachten Ansprüche ernsthaft bestreitet.

II. Die Klage ist auch nicht unzulässig geworden, als die Klägerin zZ der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht die seit Oktober 1999 aufgelaufenen Beträge hätte beziffern können. Die nachträgliche Bezifferung war nicht erforderlich. Der sich ergebende Betrag ist rechnerisch ohne weiteres durch Addition zu ermitteln. Soweit bei Entscheidungsreife Ansprüche fällig sind, sind sie ohne Antragsänderung zuzusprechen.

III. Den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist genügt. Im Klageantrag ist der Monat genannt, ab dem Zahlung begehrt wird. Auch die Höhe des fortlaufend verlangten monatlich Betrags ist angegeben. Ob die Klägerin "richtig" gerechnet hat und ob sie durchgehend für die Zeit ab Oktober 1999 Anspruch auf die verlangte Aufstockung hat, betrifft die Begründetheit der Klageforderung und nicht die Bestimmtheit des Klageantrags, wie die Beklagte meint. Das gilt auch, soweit die Klägerin den Zeitraum, für den sie Zahlung begehrt, nicht begrenzt hat. Das von der Klägerin verfolgte Klageziel ist nicht zweifelhaft. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses soll die Zahlungsverpflichtung der Beklagten enden.

B. In der Sache hat die Revision keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin erhält das Entgelt, das ihr für ihre Tätigkeit als Sozialpädagogin arbeitsvertraglich zusteht. Sie hat keinen Anspruch auf Zahlung von monatlich weiteren 578,64 DM brutto seit Oktober 1999.

Die Klägerin stützt ihren prozessualen Anspruch allein auf das Verbot der geschlechtsbezogenen Diskriminierung. Eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts liegt jedoch nicht vor.

I. § 612 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BGB begründen für eine Arbeitnehmerin, die wegen ihres Geschlechts eine geringere Vergütung erhält, Anspruch auf die höhere Vergütung. Art. 141 EG (ex-Art. 119 EWG) und die Lohngleichheitsrichtlinie 75/117/EWG sowie Art. 3 Abs. 3 GG gewährleisten die Lohngleichheit. Sie stehen allen Vorschriften, Regelungen oder Maßnahmen entgegen, die eine im Ergebnis unterschiedlich hohe Vergütung von männlichen und weiblichen Arbeitnehmern bewirken, sofern sich die unterschiedliche Behandlung nicht mit objektiv gerechtfertigten Faktoren erklären läßt, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts zu tun haben (ständige Rechtsprechung des EuGH vgl. nur - C-281/97 - EuGHE I 1999, 5141 mwN). Das gilt grundsätzlich auch für Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien (vgl. - EuGHE I 1991, 314). Die gemeinschaftsrechtliche Vorgabe ist durch das Arbeitsrechtliche EG-Anpassungsgesetz vom (BGBl. I S 1308) umgesetzt worden. Trotz seiner Formulierung als Verbotsnorm ist § 612 Abs. 3 Satz 1 BGB Anspruchsgrundlage ( - BAGE 71, 195; - 4 AZR 264/96 - BAGE 87, 272 = AP BGB § 612 Diskriminierung Nr. 3 mit zust. Anm. Walker; - 5 AZR 942/93 - BAGE 80, 343). Der Angehörige des unzulässig benachteiligten Geschlechts hat Anspruch auf die ihm vorenthaltene Leistung.

II. Der Klägerin wird der tarifvertragliche Aufstockungsbetrag nicht zu Unrecht vorenthalten.

1. Der Aufstockungsbetrag ist Vergütung iSv. § 612 Abs. 3 BGB. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen.

a) Der Begriff Vergütung ist ebenso auszulegen wie der in Art. 141 EG (ex -Art. 119 EWG) verwendete Begriff Entgelt. Er umfaßt nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH nicht nur die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und - Gehälter, sondern alle gegenwärtigen oder künftigen Leistungen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar auf Grund des Arbeitsverhältnisses in bar oder als Sachleistung, freiwillig oder unfreiwillig gewährt. Ausreichend ist, wenn die Leistung im weitesten Sinn mit dem Beschäftigungsverhältnis in Zusammenhang steht (vgl. - EuGHE I 1999, 7266).

b) Die Beklagte gewährt den Arbeitnehmern, mit denen sie ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis vereinbart, den tarifvertraglichen Aufstockungsbetrag von 20 %, mindestens aber den Nettomindestbetrag, weil diese arbeitsvertraglich ihre Arbeitszeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, verringern. Sie gleicht mit ihm teilweise die finanziellen Nachteile aus, die dem Arbeitnehmer durch die Verringerung der Arbeitszeit entstehen. Grundlage ist das bisherige und nunmehr geänderte Arbeitsverhältnis. In der Höhe knüpft die Leistung an das Entgelt an, das der Arbeitnehmer vor der Vertragsänderung erhalten hat. An dieser Zuordnung ändern die von den Tarifvertragsparteien mit dem Tarifvertrag verfolgten sozialpolitischen Zwecke, wie sie in der Präambel des TV ATZ angegeben sind, nichts (vgl. - EuGHE I 1990, 2607 zum Übergangsgeld).

2. Der Tarifvertrag bewirkt weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Benachteiligung der Klägerin als Frau.

a) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt nicht vor. Das wäre nur der Fall, wenn nach den tarifvertraglichen Regelungen das Geschlecht Voraussetzung für den Erhalt der Leistungen ist. Anspruch auf den Abschluß eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses haben jedoch alle Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, soweit sie vom persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags erfaßt werden und die sachlichen Voraussetzungen erfüllen. Die hierfür maßgeblichen Vorschriften (§§ 2, 3 TV ATZ) unterscheiden nicht nach dem Geschlecht der Arbeitnehmer. Sie enthalten auch keine Merkmale, die biologisch nur von einem der Geschlechter erfüllt werden könnten.

b) Die Klägerin wird auch nicht als Frau mittelbar diskriminiert.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH enthält eine nationale Regelung eine mittelbare Diskriminierung weiblicher Arbeitnehmer, wenn sie zwar neutral gefaßt ist, jedoch tatsächlich prozentual erheblich mehr Frauen als Männer benachteiligt, sofern diese unterschiedliche Behandlung nicht durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts zu tun haben (vgl. nur - EuGHE I 1993, 6215). Eine mittelbar benachteiligende Maßnahme knüpft mithin nicht an das Geschlecht "Frau" an, sondern an Merkmale, die zwar bei beiden Geschlechtern vorliegen können, tatsächlich jedoch regelmäßig nicht von Frauen erfüllt werden.

Ob der Tatbestand einer mittelbaren Benachteiligung gegeben ist, wird mit Hilfe eines statistischen Vergleichs ermittelt ( - EuGHE I 1993, 5566). Verglichen wird die Gruppe, die durch die Anwendung des Kriteriums benachteiligt wird mit der Gesamtgruppe derjenigen, auf die das Kriterium angewendet werden kann. Erhalten danach tatsächlich erheblich weniger Frauen als Männer die Vergünstigung, so wird diese Regelung als "wahrscheinlich geschlechtsbedingt" ausgewiesen (ErfK/Schlachter 3. Aufl. EG Art. 141 Rn. 16 f.). Daß der Leistungsausschluß überwiegend Frauen trifft, genügt allerdings noch nicht. Vielmehr muß das zahlenmäßige Verhältnis unter den Begünstigten wesentlich anders sein als das zahlenmäßige Verhältnis unter den Benachteiligten ( - BAGE 85, 224).

bb) Das Landesarbeitsgericht hat nicht näher geprüft, ob das Vorbringen der Klägerin den Schuß auf eine mittelbare Diskriminierung von Frauen rechtfertigt. Es hat zu ihren Gunsten eine mögliche Benachteiligung von Frauen unterstellt und angenommen, diese sei jedenfalls durch die mit dem TV ATZ verfolgten Ziele objektiv gerechtfertigt.

Dem stimmt der Senat zu.

cc) Auch der Senat läßt offen, ob es bei einem komplexen Regelungswerk wie dem TV ATZ genügt, wenn von mehreren Voraussetzungen, die den Anspruch auf die Aufstockungsleistung begründen, nur ein Aspekt als vermeintlich diskriminierend herausgegriffen wird, nämlich die Anspruchsvoraussetzung des § 3 Abs. 1 TV ATZ "Verringerung der Arbeitszeit um die Hälfte". Offen bleibt auch, ob die Klägerin die Gruppen der Begünstigten und Benachteiligten zutreffend gebildet hat und ob der Tatbestand der mittelbaren Diskriminierung danach überwiegend wahrscheinlich ist. Die tarifliche Regelung bewirkt jedenfalls keine mittelbare Diskriminierung. Sie ist durch objektive Faktoren gerechtfertigt, die nichts mit einer Diskriminierung zu tun haben.

(1) Der Senat hat bereits entschieden, daß § 3 Abs. 1 TV ATZ nicht gegen höherrangiges Recht verstößt ( - 9 AZR 244/00 - BAGE 98, 114). Er hat sich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( - SozR 3-4170 § 2 Nr. 2) angeschlossen, das die Regelung des § 2 ATG in der bis geltenden Fassung als gemeinschaftsrechtskonform und verfassungsgemäß beurteilt hat. Der Senat hat das auch bei der Beurteilung des § 2 Abs. 1 ATG idF. des Gesetzes zur Fortentwicklung der Altersteilzeit vom (BGBl. I S 2494) und der Anpassung des TV ATZ bestätigt, mit denen Teilzeitbeschäftigte in den gesetzlichen und tariflichen Anwendungsbereich einbezogen worden sind.

Mit dem Altersteilzeitgesetz soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ein Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geleistet werden. Der Arbeitgeber erhält Zuschüsse, um Arbeitnehmer mit Hilfe von Aufstockungsleistungen zu motivieren, den Arbeitsplatz nach einer Übergangsphase vorzeitig frei zu machen. Diesem arbeitsmarktpolitischen Ziel entspricht es, daß Altersteilzeit von Teilzeitbeschäftigten nur dann gefördert wird, sofern sie ebenso deutlich wie Vollzeitbeschäftigte ihre Arbeitszeit mindern. Nur dann entsteht genügend Arbeitsbedarf, um die frei werdende Stelle mit einem Arbeitslosen, einem Ausbildungsabsolventen oder (in Kleinbetrieben) mit einem Auszubildenden zu besetzen. Dieses Ziel haben die Tarifvertragsparteien in den TV ATZ übernommen, wie die Präambel ausweist. Seine Regelungen dienen dem gleitenden Übergang älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand; vorrangig sollen dadurch Beschäftigungsmöglichkeiten für Auszubildende und Arbeitslose geschaffen werden. Die Aufstockungsleistung ist als finanzieller Anreiz gedacht, in Altersteilzeit zu gehen. Die Leistung erhält deshalb nur der Angestellte, der seine Arbeitszeit vertraglich um die Hälfte verringert und das Ende des so vereinbarten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses einvernehmlich mit dem Arbeitgeber festlegt.

(2) An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Die Revision zeigt keine überzeugenden Gründe auf, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten.

Sie verkennt zunächst, daß der vermeintlich zu Unrecht vorenthaltene Aufstockungsbetrag nicht losgelöst von dem Zweck betrachtet werden kann, der mit der Arbeitgeberleistung verfolgt wird. Soweit eine Arbeitgeberleistung nicht Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitszeit ist, sondern auf anderen Gründen beruht, beurteilt sich eine mögliche diskriminierende Wirkung nach dem Zweck, den der Arbeitgeber mit seiner Leistung verfolgt (vgl. - AP BeschFG 1985 § 2 Nr. 68 = EzA BeschFG 1985 § 2 Nr. 57). Insoweit mißversteht sie auch die Entscheidung des - C-281/97 - aaO). Der EuGH hat den Ausschluß der geringfügig Beschäftigten aus dem Geltungsbereich des BAT als unzulässig beurteilt, weil zwischen der arbeitsvertraglichen Sonderzuwendung und der sozialpolitisch motivierten Versicherungsfreiheit geringfügig Beschäftigter kein objektiver Zusammenhang bestand. Ein solcher Zusammenhang besteht hier jedoch. Die Tarifvertragsparteien haben mit dem TV ATZ das Altersteilzeitgesetz, das allein die Leistungen der öffentlichen Hand an den Arbeitgeber betrifft, umgesetzt. Altersteilzeitarbeitnehmer erhalten die Aufsstockungsleistungen allein deshalb, weil sie ihre bisherige Arbeitszeit verringern.

Ebenso verkennt die Klägerin auch den Maßstab, der nach der Beweislast- Richtlinie 97/80 EG vom bei der Prüfung der Rechtfertigungsgründe anzulegen ist. Wenn es dort heißt, "... es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind angemessen und notwendig ... " , so bezieht sich das auf den mit den betroffenen Regelungen verfolgten Zweck ( - EuGHE I 2000, 7306). Auf den Vergleich der auf die Arbeitsstunde umgerechneten Vergütung mit und ohne Aufstockungsleistung kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht an.

Deshalb greift auch ihre Erwägung nicht durch, sie habe bereits durch ihre bestehende Teilzeitbeschäftigung einen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geleistet. Hierauf und auf die von ihr genannten Gründe, die gerade Frauen zur Teilzeitarbeit bestimmen, kommt es nicht an, sondern auf den von den Tarifvertragsparteien mit dem TV ATZ bezweckten Anreiz, durch finanzielle Vorteile besetzte Arbeitsplätze vorzeitig frei zu machen. Wenn die Klägerin meint, dieser Anreiz zum Wechsel in die Altersteilzeit bestehe für Volllzeitbeschäftigte auch dann, wenn die Beklagte ihr den Aufstockungsbetrag zahle, so ist das sicherlich richtig. Ein Sachgrund, weshalb die Beklagte ihr ab Vollendung des 55. Lebensjahres ohne inhaltliche Änderung des Arbeitsvertrags ein zusätzliches monatliches Entgelt von 20 % schulden soll, ergibt sich daraus aber nicht.

Soweit die Klägerin meint, es kämen auch andere Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Betracht, übersieht sie, daß Benachteiligungsverbote den Schutz vor Ungleichbehandlung durch bestehende Regelungen bezwecken. Lassen die bestehenden Regelungen keine unzulässige mittelbare Diskriminierung erkennen, kommen Ansprüche nicht schon allein deshalb in Betracht, weil auch andere Regelungen möglich wären.

(3) Daß die Beklagte nicht verpflichtet ist, die Klägerin in den Kreis der Zahlungsempfänger aufzunehmen, zeigt sich schließlich auch anhand des Ergebnisses, hätte die Klägerin Recht. Ihre Auffassung führte letztlich zu einer allgemeinen Lohnsteigerung im öffentlichen Dienst um 20%: Anspruch auf den Aufstockungsbetrag hätten zunächst alle bereits mit der Hälfte der bisherigen Arbeitszeit beschäftigten Arbeitnehmerinnen ab Vollendung des 55. Lebensjahres auch dann, wenn sie ihre Arbeitszeit nicht halbieren. Männliche Teilzeitbeschäftigte mit derselben Arbeitszeit würden hieran partizipieren. Andernfalls würden sie ihrerseits geschlechtsbezogen diskriminiert. Teilzeitbeschäftigte mit einer unter - oder überhälftigen Arbeitszeit wären aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) anspruchsberechtigt. Erfaßt würden auch alle jüngeren Teilzeitbeschäftigten, weil die Altersgrenze 55.Lebensjahr nur im Zusammenhang mit der Herabsetzung der Arbeitszeit zum gleitenden Übergang in den Ruhestand Sinn macht. Verbliebe die Gruppe der Vollzeitbeschäftigten. Ihnen kann schwerlich vermittelt werden, weshalb der Arbeitgeber allen Teilzeitbeschäftigten eine zusätzliche Leistung gewähren müßte, nicht aber ihnen.

III. Das von der Klägerin angeregte Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH kommt nicht in Betracht. Es ist Sache des nationalen Gerichts zu beurteilen, ob eine nationale Regelung durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit dem Geschlecht zu tun haben ( - EuGHE I 1997, 5274 mwN).

IV. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Fundstelle(n):
DB 2003 S. 727 Nr. 13
NAAAB-95096

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