Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: KSchG § 1 Abs. 2
Instanzenzug: ArbG Cottbus 3 Ca 2311/02 vom LAG Brandenburg 8 Sa 140/03 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung infolge einer Betriebsstilllegung.
Der Kläger war bei der Beklagten als Monteur in C beschäftigt.
Nach Ziff. 1 des mit der "Firma K GmbH" abgeschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrages wurde der Kläger "ab bei der Firma K GmbH in Cottbus als Monteur" eingestellt.
Ziff. 9 des schriftlichen Arbeitsvertrages bestimmt:
"Sollte während des Vertragsverhältnisses Arbeitsmangel auftreten, so kann Herr T auch an anderer Stelle oder in einer anderen K-Niederlassung eingesetzt werden."
Die Beklagte betrieb ein Unternehmen für Haustechnik, Sanitär, Heizung, Lüftung und Service mit Betrieb in Cottbus. Sie war im Handelsregister des Amtsgerichts Cottbus als GmbH eingetragen. Ihre Geschäftsführer waren J und Jo K. Gesellschafter der Beklagten waren Herr B (10 % Gesellschaftsanteile), Herr S (10 %) sowie G K (28 %), J K (26 %) und Jo K (26 %). In weiteren acht Städten der Bundesrepublik sind Gesellschaften mit beschränkter Haftung und dem Namensteil "K" ins Handelsregister eingetragen. Sie sind hervorgegangen aus Niederlassungen eines ursprünglich einheitlichen Unternehmens; Einzelheiten hierzu sind nicht festgestellt. Geschäftsführer der K Sanitär GmbH, W sind die Herren J und Jo K; Alleingesellschafter dieser Firma ist die K Beteiligungs GmbH & Co. KG, deren Gesellschafter die Herren J, Jo und G K sind. In der Vergangenheit wurden Arbeitnehmer der Beklagten in der K-Gruppe, insbesondere in der K Sanitär GmbH am Standort W (Hauptsitz der Unternehmensgruppe), eingesetzt. Diese unterbreitete dem Kläger mit Schreiben vom ein Vertragsangebot, das der Kläger nicht annahm.
Die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschloss am die Gesellschaft zum aufzulösen, ihre Liquidation durchzuführen und den Betrieb zum stillzulegen. Ab sofort sollten deshalb keine Angebote mehr abgegeben, keine Aufträge mehr angenommen und allen Mitarbeitern gekündigt werden. Seit dem befindet sich die Beklagte in Liquidation. Seit dem ist der Betrieb in Cottbus geschlossen.
Nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers bereits mit Schreiben vom und gekündigt hatte, kündigte sie es erneut mit Schreiben vom zum . Mit der vorliegenden Klage hat sich der Kläger ua. gegen die Kündigung vom gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, es liege kein betriebsbedingter Kündigungsgrund vor. Zum Kündigungszeitpunkt habe noch keine endgültige Stilllegungsabsicht bestanden. Die Beklagte habe weiter versucht, den Betrieb an Dritte zu veräußern. Sie hätte deshalb näher darlegen müssen, was mit den Betriebsmitteln habe geschehen sollen und welche Subunternehmen noch welche Arbeiten hätten ausführen sollen. Sie hätte ihm auch eine Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen auf einem - unstreitig - freien Arbeitsplatz bei der K Sanitär GmbH in W anbieten müssen. Durch seinen - unstreitigen - dem schriftlichen Arbeitsvertrag entsprechenden Einsatz in W und an anderen Standorten (D, M) sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Auf Grund der Personenidentität der Geschäftsführer hätte die Beklagte eine Weiterbeschäftigung in W auch durchsetzen können.
Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Interesse - zuletzt beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, die Kündigung sei wegen der Betriebsstilllegung sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG. Die Stilllegung sei bereits vor dem Ausspruch der Kündigung endgültig beschlossen und Ende Februar 2003 tatsächlich vollzogen worden. Die Restarbeiten seien an Subunternehmer vergeben worden. Der Kläger habe auch nicht auf Grund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung einen Anspruch auf eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigung. Die Vertragsklausel habe lediglich kurzfristige Arbeitseinsätze außerhalb von Cottbus zu einem Zeitpunkt ermöglichen sollen, als die einzelnen Betriebe der Unternehmensgruppe noch nicht rechtlich selbstständig gewesen seien. Der bisherige Einsatz des Klägers an anderen Standorten sei auf der Grundlage eines Subunternehmerverhältnisses erfolgt.
Das Arbeitsgericht hat der gegen die Kündigungen vom 30. August, 25. September und gerichteten Kündigungsschutzklage des Klägers stattgegeben und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers als Monteur verurteilt. Gegen die Feststellung der Unwirksamkeit der beiden ersten Kündigungen vom 30. August und hat sich die Beklagte nicht gewandt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Kündigungsschutzklage hinsichtlich der dritten Kündigung vom abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger auch insoweit die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Gründe
Die Revision ist begründet. Zwar liegt auf Grund der Stilllegung des Betriebs Cottbus ein dringendes betriebliches Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung des Klägers in diesem Betrieb der Beklagten entgegensteht, vor (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG). Nach den bisherigen Feststellungen steht jedoch noch nicht fest, ob der Kläger nicht auf dem freien Arbeitsplatz bei der K Sanitär GmbH in W hätte weiterbeschäftigt werden müssen.
A. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner klageabweisenden Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Kündigung sei wegen der Stilllegung des Betriebes aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 KSchG). Zum sei der Betrieb tatsächlich geschlossen worden. Diese Schließung habe zum Kündigungszeitpunkt bereits greifbare Formen angenommen. Die erklärte Absicht der Beklagten, im Geschäftsleben nicht mehr werbend tätig zu werden und gleichzeitig die gesellschaftsrechtliche Liquidation durchzuführen, rechtfertige diesen Schluss. Dies gelte um so mehr, als das Unternehmen den Beschluss umgesetzt habe. Aus der einmonatigen Verzögerung bis zur endgültigen Schließung lasse sich nicht auf eine mangelnde Ernsthaftigkeit des Stilllegungsentschlusses schließen.
Der Kläger habe auch nicht in einem anderen Unternehmen der K-Gruppe weiterbeschäftigt werden können. Eine Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz bei der K Sanitär GmbH in W, also einem anderen Unternehmen der Unternehmensgruppe, sei rechtlich nicht möglich. Die Weiterbeschäftigungspflicht der Beklagten weise keinen Konzernbezug auf. Ein denkbarer Ausnahmefall liege nicht vor. Der Kläger sei nach seinem Arbeitsvertrag nicht für die "K-Gruppe", sondern nur für die Beklagte eingestellt worden. Aus Ziff. 9 seines Arbeitsvertrages lasse sich keine Verpflichtung der Beklagten herleiten, vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung eine Unterbringung in einem anderen Unternehmen des Konzerns zu versuchen. Auch übe die Beklagte keinen bestimmenden Einfluss auf die anderen Konzernunternehmen aus.
B. Dem folgt der Senat nicht. Ob die Kündigung vom sozial gerechtfertigt und damit rechtswirksam ist (§ 1 Abs. 2 und Abs. 1 KSchG), kann auf Grund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht abschließend beurteilt werden.
I. Bei der Beantwortung der Frage, ob eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt ist, weil dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegen stehen, handelt es sich um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Diese kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das Landesarbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil die Rechtsbegriffe selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und schließlich, ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr. vgl. zB - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118; - 2 AZR 326/02 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Diesem Maßstab wird die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht gerecht.
II. Das Landesarbeitsgericht hat zunächst zutreffend erkannt, dass die Kündigung vom auf Grund der Stilllegung des Betriebs in Cottbus durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt war.
1. Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen gehört die Stilllegung des gesamten Betriebs.
Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen (st. Rspr. des Senats zB. - 2 AZR 514/99 - BAGE 97, 10; - 2 AZR 139/03 - AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 12; zuletzt: - 2 AZR 48/03 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 64 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128). Der Arbeitgeber ist allerdings nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung zu erklären. Er kann sie auch wegen einer beabsichtigten Stilllegung eines Betriebes aussprechen. Wird die Kündigung auf die künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt, so kann sie bereits erklärt werden, wenn die betreffenden betrieblichen Umstände greifbare Formen angenommen haben. Solche greifbaren Umstände liegen vor, wenn im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs auf Grund einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, zum Zeitpunkt des Kündigungstermins werde mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegen (Senat , aaO; - 2 AZR 256/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118; aaO). Dementsprechend ist der Entschluss des Arbeitgebers, ab sofort keine Aufträge mehr anzunehmen, allen Arbeitnehmern zum nächst möglichen Kündigungstermin zu kündigen und zur Abarbeitung der vorhandenen Aufträge keine eigenen Arbeitnehmer mehr oder diese nur noch während der Kündigungsfrist einzusetzen, als unternehmerische Entscheidung grundsätzlich geeignet, ein betriebsbedingtes Erfordernis für eine Kündigung abzugeben (Senat aaO). Auch kann bei einer solchen Prognoseentscheidung aus dem tatsächlichen Eintritt der prognostizierten Entwicklung ein tragfähiger Rückschluss auf die Ernsthaftigkeit und Plausibilität der zum Kündigungszeitpunkt aufgestellten Prognose gezogen werden (Senat aaO). Dies gilt jedenfalls dann, wenn zwischen diesen Aspekten keine wesentliche zeitliche Lücke klafft.
2. Es ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe angenommen hat, zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am hätten hinreichend greifbare Anhaltspunkte für eine Betriebsstilllegung und damit für den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs des Klägers zum Ablauf der zutreffend nach § 622 Abs. 2 Nr. 4 BGB zu errechnenden Kündigungsfrist am vorgelegen. Die Gesellschafterversammlung der Beklagten hatte unstreitig einen Stilllegungsbeschluss am gefasst. Die Beklagte hatte ihre "werbende" Tätigkeit eingestellt. Sie hat keine Angebote mehr abgegeben und keine Aufträge mehr angenommen. Sie hat ferner ihre operative Tätigkeit zurückgefahren, indem sie lediglich noch die bereits akquirierten Aufträge während der Kündigungsfrist abgearbeitet hat. Weiterhin hat sie sämtlichen Mitarbeitern des Betriebes gekündigt. Schließlich bestätigt die tatsächliche Entwicklung auch das Ergebnis. Unstreitig ist der Betrieb seit dem geschlossen. Nach diesem Datum sind keine Arbeiten mehr im Betrieb C ausgeführt worden.
III. Ob die Kündigung aber nicht deshalb sozial ungerechtfertigt ist, weil der Kläger hätte in einem anderen Betrieb der "K-Gruppe" weiterbeschäftigt werden können, kann auf Grund der bisherigen Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden.
1. Ist der bisherige Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers weggefallen, muss der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung prüfen, ob der Arbeitnehmer nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz in seinem Betrieb oder Unternehmen weiter beschäftigt werden kann. Diese Weiterbeschäftigungspflicht ist eine Ausprägung des das gesamte Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Danach kommt eine Beendigungskündigung immer erst und nur dann in Betracht, wenn mildere Mittel, einem eingetretenen Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes zu begegnen, nicht zur Verfügung stehen. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz, sei es zu den selben oder zu geänderten Arbeitsbedingungen. Dabei erstreckt sich die Prüfung einer derartigen Möglichkeit nicht nur auf den Beschäftigungsbetrieb, sondern auch auf andere Betriebe desselben Unternehmens. Die Weiterbeschäftigungspflicht ist unabhängig davon, ob im Betrieb ein Betriebsrat besteht und ob er gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 1b KSchG iVm. § 102 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG der Kündigung widersprochen hat (vgl. Senat - 2 AZR 255/91 - AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 6 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 72).
2. Vorliegend lassen die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen noch nicht den Schluss zu, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers in einem anderen Betrieb - sei es auch eines anderen Unternehmens der K-Gruppe - nicht möglich und geboten war.
a) Nach der ständigen Rechtssprechung des Senats ist das Kündigungsschutzgesetz allerdings nur betriebs- bzw. hinsichtlich der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit unternehmensbezogen.
Ob der Kläger nicht sogar noch unternehmensweit auf einem freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden konnte, kann auf Grund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden.
Es liegen nämlich schon keine klaren Feststellungen vor, mit welcher juristischen Person der Kläger ursprünglich seinen Arbeitsvertrag geschlossen hat und bei welcher juristischen Person der freie Arbeitsplatz in W existiert. Es mag vieles dafür sprechen, dass die beiden Betriebe in Cottbus und W von zwei unterschiedlichen juristischen Personen betrieben wurden, hinreichend festgestellt sind die insoweit maßgeblichen Umstände (Handelsregisterauszüge der betroffenen Unternehmen) zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses und zum Kündigungszeitpunkt vom Landesarbeitsgericht nicht worden.
b) Sollten die Betriebe in Cottbus und W unterschiedlichen juristischen Personen zuzuordnen sein, wovon das Berufungsgericht offensichtlich ausgegangen ist, so kommt hier dennoch ausnahmsweise auch eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht in Betracht.
aa) Grundsätzlich ist die Weiterbeschäftigungspflicht auf einem freien Arbeitsplatz nicht konzernbezogen. Der Arbeitgeber ist vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb eines anderen Unternehmens unterzubringen (Senat - 2 AZR 568/80 - BAGE 41, 72; - 2 AZR 612/85 - AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 4 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 22; - 2 AZR 225/91 - AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 6 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 72; - 2 AZR 489/93 - AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 8 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 74; - 2 AZR 648/97 - BA- GE 90, 353; - 2 AZR 139/03 - AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 12; - 2 AZR 749/00 - EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 7; - 2 AZR 636/01 - BAGE 103, 31). Dies ergibt sich schon aus der Tatsache, dass Arbeitgeber als Partner des Arbeitsvertrages das vertragschließende Unternehmen ist. Eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Unternehmen führt deshalb zwangsläufig zu einem Wechsel des Arbeitgebers und der Vertragsparteien (zusammenfassend: Rost FS Schwerdtner S. 169, 170).
bb) Ausgehend von der grundlegenden Entscheidung des Senats vom (aaO) hält der Senat in ständiger Rechtsprechung aber bei besonderen Sachverhaltsgestaltungen im Ausnahmefall eine konzernweite Weiterbeschäftigungspflicht für denkbar. Voraussetzung hierfür ist es, dass sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat oder sich seine Übernahmeverpflichtung unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag oder anderen vertraglichen Absprachen ergibt. Der Arbeitnehmer kann nach dem Arbeitsvertrag von vornherein für den gesamten Unternehmens- oder Konzernbereich eingestellt worden sein. Er kann - obwohl nur für ein Unternehmen eingestellt - sich arbeitsvertraglich mit einer Versetzung innerhalb der Konzerngruppe einverstanden erklärt haben. Bei einer solchen Vertragsgestaltung muss der Arbeitgeber als verpflichtet angesehen werden, zunächst eine Unterbringung des Arbeitnehmers in einem anderen Konzernbetrieb zu versuchen, bevor er dem Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen kündigt. Gleiches muss auch dann gelten, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine entsprechende Zusage erteilt oder eine Übernahme durch ein anderes Unternehmen oder durch einen Konzernbetrieb fest in Aussicht gestellt hat. Bei derartigen Fallgestaltungen kann der Arbeitnehmer einen vertraglichen Anspruch gegen seinen Arbeitgeber auf Verschaffung eines Arbeitsvertrages haben.
Weitere Voraussetzung einer derartigen unternehmensübergreifenden Weiterbeschäftigungspflicht ist nach der Rechtsprechung des Senats ein bestimmender Einfluss des Beschäftigungsbetriebs bzw. des vertragsschließenden Unternehmens auf die "Versetzung". Die Versetzungsentscheidung darf grundsätzlich nicht dem zur Übernahme bereiten Unternehmen vorbehalten sein (s. auch APS-Kiel § 1 KSchG Rn. 590; KR-Etzel 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 539 f.; Rost FS Schwerdtner S. 171; Stahlhacke/Preis/Vossen Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 8. Aufl. Nr. 1014; Lingemann/von Steinau-Steinrück DB 1999, 2161, 2163). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Möglichkeit der Einflussnahme des Vertragspartners des Arbeitnehmers auf Grund eindeutiger rechtlicher Regelungen (zB Beherrschungsvertrag) oder aus eher faktischen Gründen besteht (Senat - 2 AZR 749/00 - EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 7). Von Bedeutung ist auch, ob sich das Drittunternehmen selbst gebunden hat, beispielsweise indem es den Arbeitnehmer schon im Wege der Abordnung in seinem Betrieb beschäftigt hat (Windbichler Anm. zu BAG AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 6; dieselbe RdA 1999, 146, 149; Rost FS Schwerdtner S. 173).
Ist das Drittunternehmen vor allem durch eine wiederholte Beschäftigung des Arbeitnehmers in der Vergangenheit und sogar zum Zeitpunkt des Wegfalls des Arbeitsplatzes beim vertragsschließenden und kündigenden Arbeitgeber bereits erheblich eingebunden, kann so ein Tatbestand geschaffen worden sein, der ein Vertrauen auf Übernahme des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt. Das Drittunternehmen hat sich dann durch sein Tun zurechenbar gebunden (Windbichler Anm. zu BAG AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 6; Rost FS Schwerdtner S. 172).
cc) Auf Grund der bisherigen Feststellungen und unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze hätte das Landesarbeitsgericht einen hinreichenden Konzernbezug für eine Weiterbeschäftigung des Klägers auf dem freien Arbeitsplatz bei der K Sanitär GmbH in W noch nicht ablehnen dürfen.
Ob die Voraussetzungen eines sich nach den vorstehenden Grundsätzen aus einer ausdrücklichen oder konkludenten vertraglichen Verpflichtung ergebenden Vertrauenstatbestandes auf eine Übernahme in ein anderes Unternehmen und ein bestimmender Einfluss der Beklagten auf die Durchsetzung dieser Übernahme vorliegen, hat das Landesarbeitsgericht nicht hinreichend überprüft.
(1) Das Berufungsgericht hat, soweit es eine arbeitsvertragliche Verpflichtung der Beklagten zur Versetzung im Hinblick auf die vertragliche Klausel in Ziff. 9 des Arbeitsvertrags verneint hat, wesentliche Aspekte bei der Auslegung des Formulararbeitsvertrags nicht ausreichend berücksichtigt. Dabei kann dahinstehen, ob die Vertragsklausel zu Ziff. 9 als atypische Willenserklärung nur beschränkt revisibel ist (vgl. - AP BGB § 280 Nr. 1 = EzA BGB § 615 Nr. 109, zu II 2 der Gründe; - 10 AZR 640/02 - AP InsO § 47 Nr. 1 = EzA InsO § 47 Nr. 1; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 5. Aufl. § 73 Rn. 16) oder die Auslegung der Vertragsklausel als Teil eines typischen Formulararbeitsvertrages voll vom Revisionsgericht nachgeprüft werden kann ( - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 33 = EzA KSchG § 4 Ausgleichsquittung Nr. 1; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge § 73 Rn. 155). Selbst wenn man die Vertragsklausel zu Ziff. 9 als eine nicht typische Willenserklärung, deren Auslegung vorrangig den Tatsachengerichten obliegt, ansehen würde, so hält die Auslegung des Landesarbeitsgerichts gleichwohl auch dem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab nicht stand. Das Revisionsgericht kann die Auslegung einer atypischen Willenserklärung zwar nur darauf überprüfen, ob die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt sind, dabei nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen und ob wesentlicher Auslegungsstoff nicht herangezogen oder sogar eine gebotene Auslegung völlig unterlassen worden ist (Senat - 2 AZR 725/97 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 36 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 36; - 2 AZR 460/00 - EzA BGB § 620 Kündigung Nr.3; zuletzt: - 2 AZR 628/03 - DB 2005, 395, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; - AP BGB § 611 Mehrarbeitsvergütung Nr.37 = EzA BGB § 611 Mehrarbeitsvergütung Nr. 9). Das Berufungsurteil hat aber schon wesentlichen Auslegungsstoff nicht berücksichtigt.
Es hat den Vortrag des Klägers nicht hinreichend gewürdigt, die Klausel über den anderweitigen Einsatz des Klägers sei zu einem Zeitpunkt in den Vertrag aufgenommen worden, als die einzelnen Betriebe des damals einheitlichen Unternehmens noch nicht rechtlich verselbständigt gewesen seien. Sollte dieser Vortrag zutreffend sein, so bestand zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durchaus die Möglichkeit, den Kläger in allen Standorten - auch in W - einzusetzen. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob sich in diesem Fall die vertraglichen Rahmenbedingungen durch eine mögliche Unternehmensspaltung geändert und deshalb möglicherweise dem Kläger ein vertraglicher "Besitzstand" entzogen wurde und es hierfür nicht einer ausdrücklichen Vertragsanpassung bedurft hätte.
Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Auslegung ferner nicht hinreichend die tatsächliche Durchführung des Vertrages berücksichtigt. Zwar ist es nicht gerechtfertigt, aus Umständen, die erst nachträglich zutage treten, zwingend auf den Inhalt der Willenserklärungen - hier anlässlich des Abschlusses des Arbeitsvertrages - zum Zeitpunkt ihres Zugangs zu schließen ( - NJW 1988, 2878, 2879). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts kann aber bei der Auslegung von Willenserklärungen auch ein nachträgliches Verhalten der Parteien berücksichtigt werden ( - NJW 1971, 1844; aaO; BAG - 1 AZR 302/69 - AP BGB § 133 Nr. 32), wenn das spätere Verhalten der Parteien bei der Vertragsdurchführung Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der Vertragsparteien zulässt. Dementsprechend hätte das Landesarbeitsgericht bei seiner Auslegung berücksichtigen müssen, dass der Kläger mehrfach - wobei allerdings konkrete Feststellungen zum Umfang und Häufigkeit eines solchen Einsatzes fehlen - in anderen Betrieben der K-Gruppe an anderen Standorten eingesetzt worden war. Vom Landesarbeitsgericht ist nicht festgestellt worden, wie lange dieser Einsatz gedauert hat und ob auch vorher schon solche Einsätze dort oder woanders in welchem Umfang erfolgt sind. Sollten die Einsätze nicht nur von ganz geringer zeitlicher Dauer und singulär gewesen sein, so lässt sich aus ihnen durchaus ein Rückschluss auf eine mögliche Selbstbindung des für den W Betrieb zuständigen Unternehmens ziehen.
(2.) Das Landesarbeitsgericht hat weiter nicht näher geprüft, ob nicht auf Grund der - zumindest teilweisen - Identität der Gesellschafter und der Geschäftsführer die Beklagte eine mögliche Weiterbeschäftigung des Klägers in dem Weinheimer Betrieb der Unternehmensgruppe gesellschaftsrechtlich durchaus hätte durchsetzen können. Für eine solche Prüfung bestand genügend Anlass. Die Geschäftsführer beider Unternehmen sind bzw. waren nach den bisherigen Feststellungen zum Kündigungszeitpunkt identisch. J und Jo K sind darüber hinaus sowohl Gesellschafter der Beklagten als auch Gesellschafter der Komplementärin der K Sanitär GmbH in W. Sollten sie deshalb auch einen bestimmenden Einfluss als Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter in der KG haben und deshalb über die K Beteiligungs GmbH & Co. KG einen bestimmenden Einfluss auf die K Sanitär GmbH in W ausüben können, so ließe sich ohne weiteres die Annahme rechtfertigen, dass sie ggf. eine Versetzung/Einstellung des Klägers auf einem freien Arbeitsplatz bei der K Sanitär GmbH W hätten durchsetzen können. Ob diese gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen wirklich vorliegen, kann auf Grund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht ausreichend beurteilt werden. Das Berufungsgericht wird die notwendigen tatsächlichen Feststellungen hierzu nachzuholen haben.
d) Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass ausnahmsweise eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht auf dem freien Arbeitsplatz bei dem W Betrieb der K-Gruppe bestanden hat, so steht dem nicht entgegen, dass nach dem Ausspruch der Kündigung das Drittunternehmen dem Kläger diesen Arbeitsplatz angeboten und er ihn abgelehnt hat. Das Angebot ist erst nach dem Ausspruch der Kündigung erfolgt und muss deshalb für die auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung abstellende rechtliche Würdigung der Kündigung außer Betracht bleiben.
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