Abzug der Aufwendungen für ein Arbeitszimmer
Gesetze: EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Streitig ist der Abzug von Aufwendungen für zwei Arbeitszimmer.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wird zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte im Streitjahr 1998 als Bereichsleiter bei der X-GmbH (GmbH) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erhielt er noch ein Honorar in Höhe von 500 DM vom Z-Verlag für einen in den…veröffentlichten Beitrag. Seine Ehefrau war im Streitjahr arbeitslos und bezog vom 1. Januar bis Arbeitslosengeld.
Der Kläger bewohnte im Streitjahr zusammen mit seiner Ehefrau eine angemietete Wohnung, die nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) im Erdgeschoss eines Drei-Familien-Hauses lag. Ein Raum wurde von dem Kläger nach dessen Angaben bis zum gemeinsam mit seiner Ehefrau als Arbeitszimmer genutzt. Die anteiligen Aufwendungen hierfür hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) im Streitjahr als Sonderausgaben der Ehefrau des Klägers gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 1 785 DM berücksichtigt.
Mit Vertrag vom mietete die Ehefrau des Klägers ab im Untergeschoss des Hauses eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von ca. 40 qm (nebst Küche, Diele, Bad/Dusche, Toilette, Terrasse und Stellplatz) für eine monatliche Miete nebst Nebenkosten in Höhe von insgesamt 740 DM an. Unter dem schlossen die Ehefrau und der Kläger per einen Untermietvertrag.
In der Einkommensteuererklärung 1998 machte der Kläger u.a. folgende Aufwendungen für ein Arbeitszimmer bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten geltend:
Januar bis September 1998 1 070,86 DM
Oktober bis Dezember 1998 2 574,79 DM
insgesamt 3 645,65 DM.
Das FA erkannte diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten an. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom ). Im Bescheid vom erfasste das FA das Zeitschriftenhonorar nach pauschalem Abzug von Betriebsausgaben mit einem Betrag von 400 DM als Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit.
Das FG gab der Klage teilweise statt. Im Streitfall komme gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG ein (anteiliger) Betriebsausgabenabzug —soweit ein Zusammenhang mit den Honorareinnahmen in Höhe von 500 DM bestehe— in Betracht, da für diese betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Dagegen sei ein (anteiliger) Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht möglich, weil ein Arbeitsplatz des Klägers in der Firma seines Arbeitgebers zur Verfügung gestanden und die Nutzung des Arbeitszimmers nicht mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit betragen habe. Hinsichtlich des Betriebsausgabenabzugs gelte die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung des Klägers bilde.
In den Monaten Januar bis September 1998 sei das in der selbst genutzten Wohnung belegene „häusliche Arbeitszimmer” unstreitig von dem Kläger und dessen Ehefrau gemeinsam genutzt worden. Da der Kläger das Arbeitszimmer auch für seine nichtselbständige Tätigkeit genutzt, zu dem Umfang der zeitanteiligen Nutzung aber keine Angaben gemacht habe, werde die Nutzung des Arbeitszimmers im Rahmen der selbständigen Tätigkeit auf 50 v.H. geschätzt. Folglich sei ein Betrag in Höhe von 50 v.H. von 900 DM = 450 DM als Betriebsausgabe bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit (Honorareinnahmen) abziehbar. Bei der in den Monaten Oktober bis Dezember 1998 genutzten Zwei-Zimmer-Wohnung handele es sich ebenfalls um ein häusliches Arbeitszimmer. Die räumliche Nähe der als Arbeitszimmer angemieteten Räume zu der von dem Kläger eigengenutzten Wohnung sei gegeben, da sich die Räumlichkeiten in demselben Haus befänden, nur etagenweise getrennt seien. Somit könne der Kläger für diese drei Monate zeitanteilig einen Betrag in Höhe von 300 DM als Betriebsausgaben absetzen (Höchstbetrag = 2 400 DM geteilt durch 12 Monate x 3 Monate = 600 DM geteilt durch 2 = 300 DM). Insgesamt könne der Kläger somit 750 DM (450 DM + 300 DM) als Betriebsausgaben bei seinen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit abziehen. Da das FA bereits einen Betrag von 100 DM als Betriebsausgaben berücksichtigt habe, verblieben noch 650 DM.
Allerdings seien im Wege der Saldierung noch weitere 284 DM zu kürzen, da bei der Ehefrau des Klägers im Zusammenhang mit dem häuslichen Arbeitszimmer ein Betrag in Höhe von 1 785 DM als Sonderausgaben berücksichtigt worden sei, aber nur 1 500 DM (900 DM für die Monate Januar bis September 1998 und 600 DM für die Monate Oktober bis Dezember 1998) abzugsfähig seien. Insgesamt verbleibe noch ein Betrag von 366 DM, der als Betriebsausgabe zu berücksichtigen sei (750 DM ./. 100 DM —bereits vom FA anerkannt— ./. 284 DM —Saldierung— = 366 DM).
Mit der Revision macht der Kläger geltend:
1. Die Wohnung des Klägers liege im Obergeschoss. Es entziehe sich der Kenntnis des Klägers, wie das FG zu der Erkenntnis komme, dass die Wohnung im Erdgeschoss liege.
2. Zu Unrecht gehe das FG davon aus, dass es sich bei den im Untergeschoss angemieteten Räumen um ein ”häusliches Arbeitszimmer” handele. Die als Arbeitszimmer angemietete Einheit sei kein zur Wohnung gehörender Raum; es bestehe zwischen den in Rede stehenden Räumen und der Wohnung des Klägers keine Funktionseinheit. Dass die Räume im selben Objekt lägen sei unschädlich. Die fragliche Einheit werde ausschließlich beruflich genutzt.
3. Für die hälftige Aufteilung des Höchstbetrags zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau für die Zeit von Januar bis September 1998 gebe es keine Rechtsgrundlage. Die Ehefrau habe als Sonderausgaben 1 800 DM, der Kläger 1 800 DM (2 400 DM x 9/12) als Werbungskosten abziehen können.
4. Das (BFHE 201, 86, BStBl II 2003, 350) habe Kellerräume zum Gegenstand gehabt, die funktionell noch der Wohnung zuzurechnen seien. Die jüngst ergangenen Entscheidungen des BFH sprächen für die Auffassung, dass hier ein häusliches Arbeitszimmer nicht gegeben sei.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Das FA nimmt Bezug auf das Urteil in BFHE 201, 86, BStBl II 2003, 350. Darin habe der BFH ausgeführt, dass sich die häusliche Sphäre nicht notwendig auf den eigentlichen Wohnbereich beschränke.
II. Die Revision ist begründet und führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG hat den Höchstbetrag des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG zu Unrecht monatsweise aufgeteilt. Die vom FG getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um eine abschließende Beurteilung der Sache vornehmen zu können.
1. Hinsichtlich des Abzugs von Aufwendungen für das in der Hauptwohnung gelegene Arbeitszimmer durch die Ehefrau des Klägers fehlen Feststellungen, in welcher Weise § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllt sein soll; es ist nicht geklärt, inwieweit die Ehefrau ihre Berufsausbildung oder ihre Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf betrieben hat.
2. Bezüglich der in dem Untergeschoss gelegenen Wohnung lässt sich nicht beurteilen, in welchem Umfang die Nutzung dieser Wohnung beruflich veranlasst war. Diese Bedenken beziehen sich insbesondere auf die Größe der Wohnung und auf die Nutzung von Küche, Terrasse und Stellplatz. Gegebenenfalls wird das FG auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG zu prüfen haben.
Ebenfalls nicht geklärt ist die Verbindung zur Hauptwohnung. An die Feststellung des FG, diese befinde sich im Erdgeschoss, ist der Senat nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden, weil nicht nachvollziehbar ist, auf welcher Grundlage das FG sie getroffen hat (vgl. , BFH/NV 2005, 1713). Nach den Äußerungen des Klägers, die durch die Bauzeichnungen gestützt werden, lag die Hauptwohnung entgegen den vom FG getroffenen Feststellungen nicht im Erdgeschoss, sondern in der ersten Etage. Dieser Umstand könnte für die Frage eines „häuslichen” Arbeitszimmers von Bedeutung sein (dazu vgl. im Einzelnen , BFHE 202, 101, BStBl II 2003, 515).
3. Soweit ein häusliches Arbeitszimmer gegeben sein sollte, ist der Höchstbetrag des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG auch bei nicht ganzjähriger Nutzung in voller Höhe anzusetzen (so auch , BStBl I 2004, 143, Rz. 17; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 24. Aufl., 2005, § 4 Rz. 598). Nach dem Wortlaut der Regelung ist der Höchstbetrag ein Jahresbetrag; es soll sichergestellt sein, dass —unter bestimmten weiteren Voraussetzungen— pro Jahr kein höherer Betrag als 2 400 DM (im Streitjahr) für Aufwendungen, die ein häusliches Arbeitszimmer betreffen, abgezogen wird.
Nutzt ein Steuerpflichtiger sein häusliches Arbeitszimmer für mehrere Tätigkeiten im Rahmen mehrerer Einkunftsarten, ist die Abzugsmöglichkeit oder Abzugsbegrenzung für jede Tätigkeit selbständig zu prüfen (, BFHE 208, 239, BStBl II 2005, 344; so auch BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 143, Rz. 15, 18). Die durch die jeweilige Einkunftserzielung veranlassten Aufwendungen sind gegebenenfalls im Wege sachgerechter Schätzung unter Berücksichtigung des jeweiligen Nutzungsumfangs aufzuteilen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 504 Nr. 3
NWB-Eilnachricht Nr. 37/2006 S. 3103
YAAAB-75580