Mehrwertsteuer: Keine Befreiung von Bewertungen von Kraftfahrzeugschäden, die eine Vereinigung, deren Mitglieder Versicherungsgesellschaften sind, für ihre Mitglieder durchführt als Versicherungsumsätze oder dazugehörige Dienstleistungen
Leitsatz
[1] 1. Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass Bewertungen von Kraftfahrzeugschäden, die eine Vereinigung, deren Mitglieder Versicherungsgesellschaften sind, für ihre Mitglieder durchführt, weder Versicherungsumsätze noch dazugehörige Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden, im Sinne dieser Vorschrift darstellen.
Nach allgemeinem Verständnis ist es nämlich das Wesen eines Versicherungsumsatzes, dass der Versicherer sich verpflichtet, dem Versicherten gegen vorherige Zahlung einer Prämie beim Eintritt des Versicherungsfalls die bei Vertragsschluss vereinbarte Leistung zu erbringen. Entsprechend dieser Definition setzt ein Versicherungsumsatz seinem Wesen nach eine Vertragsbeziehung zwischen dem Erbringer der Versicherungsdienstleistung und der Person, deren Risiken von der Versicherung gedeckt werden, d. h. dem Versicherten, voraus. Eine Vereinigung, deren Mitglieder Versicherungsgesellschaften sind und die Bewertungen von Kraftfahrzeugschäden für ihre Mitglieder durchführt, unterhält aber keine Vertragsbeziehung zu den Versicherten.
( vgl. Randnrn. 39, 41-42, 46, Tenor 1 )
2. Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass die Gewährung der Befreiung von der Mehrwertsteuer aufgrund dieser Vorschrift für eine Vereinigung, die auch im Übrigen den Tatbestand dieser Vorschrift erfüllt, abzulehnen ist, wenn eine reale Gefahr besteht, dass die Befreiung für sich genommen unmittelbar oder in der Zukunft zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann. Eine nationale Regelung, die es ermöglicht, eine zeitlich begrenzte Steuerbefreiung zu gewähren, wenn zweifelhaft ist, ob diese Befreiung zu einem späteren Zeitpunkt eine Wettbewerbsverzerrung hervorrufen kann, ist mit dieser Vorschrift vereinbar, sofern die Befreiung so lange erneuert wird, wie der Interessierte den Tatbestand dieser Vorschrift erfüllt.
( vgl. Randnrn. 65, 69, Tenor 2-3 )
Gesetze: Richtlinie 77/388 Art. 13 Teil B Buchst. a; Richtlinie 77/388 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
1 Das Østre Landsret hat mit Beschluss vom , beim Gerichtshof eingegangen am , gemäß Artikel 234 EG fünf Fragen nach der Auslegung von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f und Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) (im Folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Assurandør-Societetet (Büro der Versicherungsgesellschaften) als Mandatar für Taksatorringen (im Folgenden: Taksatorring) und Skatteministeriet (dem dänischen Ministerium für Steuern, im Folgenden: Skatteministerium) wegen dessen Weigerung, die Tätigkeit des Taksatorring von der Mehrwertsteuer zu befreien.
Rechtlicher Rahmen
Die Gemeinschaftsregelung
3 Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie bestimmt:
"Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
...
f) die Dienstleistungen, die die selbständigen Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt."
4 Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie lautet:
" Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
a) die Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazugehörigen Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden."
5 Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 77/92/EWG des Rates vom über Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für die Tätigkeiten des Versicherungsagenten und des Versicherungsmaklers (aus ISIC-Gruppe 630), insbesondere Übergangsmaßnahmen für solche Tätigkeiten (ABl. 1977, L 26, S. 14), sieht vor:
"Diese Richtlinie gilt für folgende Tätigkeiten, soweit sie zu der Gruppe aus 630 ISIC des Anhangs III des Allgemeinen Programms zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit gehören:
a) die Berufstätigkeit von Personen, die zum Zweck der Herstellung eines Versicherungs- oder Rückversicherungsschutzes als Vermittler zwischen Versicherungsnehmern und frei von ihnen gewählten Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen auftreten, den Abschluss von Versicherungsverträgen vorbereiten und gegebenenfalls bei ihrer Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall, mitwirken;
b) die Berufstätigkeit von Personen, die aufgrund eines oder mehrerer Verträge oder von Vollmachten damit betraut sind, im Namen und für Rechnung oder nur für Rechnung eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen Versicherungsverträge anzubieten, vorzuschlagen und vorzubereiten oder abzuschließen oder bei deren Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall, mitzuwirken;
c) die Tätigkeiten von Personen, die nicht unter die Buchstaben a und b fallen, jedoch für Rechnung der dort genannten Personen handeln und insbesondere mit der Durchführung von einführenden Arbeiten, der Vorlage der Versicherungsverträge oder der Einziehung der Prämien beauftragt sind, ohne dass sie dadurch Verpflichtungen gegenüber oder von der Öffentlichkeit übernehmen."
Die nationale Regelung
6 Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f und Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie wurde durch § 13 Absatz 1 Nummer 10 und Nummer 20 des Momslov (Mehrwertsteuergesetz) umgesetzt. Nach dieser Vorschrift sind von der Mehrwertsteuer befreit:
"10. Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeiten einschließlich der dazugehörigen Leistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden.
...
20. Leistungen, die die selbständigen Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen. Voraussetzung ist, dass die Vergütung, die das einzelne Mitglied für diese Leistungen zahlt, genau dem Anteil des Mitglieds an den gemeinsamen Kosten entspricht und dass die Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann."
Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefragen
7 Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass der Taksatorring eine Vereinigung ist, deren Mitglieder kleinere und mittelgroße Versicherungsgesellschaften sind, die die Genehmigung zum Abschluss von Kraftfahrzeugversicherungen in Dänemark haben. Die Vereinigung hat etwa 35 Mitglieder.
8 Zweck des Taksatorring ist die Feststellung von Kraftfahrzeugschäden in Dänemark für seine Mitglieder. Diese sind verpflichtet, die Dienstleistungen des Taksatorring für die in Dänemark eingetretenen Schäden bei Kraftfahrzeugen in Anspruch zu nehmen.
9 Die Kosten der Tätigkeit des Taksatorring werden zwischen den Mitgliedern so verteilt, dass die Vergütungen, die das einzelne Mitglied der Vereinigung für ihre Leistungen zahlt, genau dem Anteil des Mitglieds an den gemeinsamen Kosten entspricht.
10 Die Mitglieder können ihre Mitgliedschaft beim Taksatorring mit einer Frist von sechs Monaten kündigen.
11 Ist das Fahrzeug eines Versicherungsnehmers beschädigt worden und soll es auf Kosten eines Mitglieds des Taksatorring repariert werden, füllt der Versicherte eine Schadensanmeldung aus, die er zusammen mit dem beschädigten Fahrzeug bei einer Kraftfahrzeugwerkstatt seiner Wahl abgibt. Die Werkstatt untersucht das beschädigte Fahrzeug und ersucht dann einen Schätzer, der einer der örtlichen Zentralen des Taksatorring angehört, um ein Gutachten.
12 Der Schätzer stellt den Schaden am Kraftfahrzeug nach einer Besprechung mit der Werkstatt fest. Er erstellt ein detailliertes Gutachten mit einer Beschreibung der durchzuführenden Arbeiten und Angaben zu den Gesamtkosten der Schadensbehebung. Diese ist genau gemäß dem Schadensgutachten durchzuführen. Stellt die Werkstatt während der Reparaturarbeiten fest, dass die Angaben im Gutachten nicht mit den tatsächlichen Schäden übereinstimmen, muss sie sich mit dem Schätzer in Verbindung setzen, damit eine genaue Vereinbarung über eventuelle Änderungen der Schadensbewertung getroffen werden kann.
13 Liegen die Kosten der Behebung des Schadens an dem Fahrzeug unter 20 000 DKK (etwa 2 700 Euro), so zahlt die Versicherungsgesellschaft sofort nach Abschluss der Arbeiten den im Gutachten errechneten Betrag unmittelbar an die Werkstatt. Das betreffende Gutachten gilt als Rechnung über die betreffenden Arbeiten. Übersteigen die Kosten der Schadensbehebung 20 000 DKK, stellt die Werkstatt eine Rechnung aus, die vom Schätzer genehmigt werden muss, bevor die Versicherungsgesellschaft sie der Werkstatt begleicht.
14 Bei Totalschäden, d. h. bei Schäden, bei denen die Reparaturkosten 75 % des Handelswerts des Fahrzeugs übersteigen, vereinbart der Schätzer mit dem Versicherten eine Entschädigung, die dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs entspricht. Der Schätzer erstellt dann eine Kostenberechnung, auf deren Grundlage die Versicherungsgesellschaft den Versicherten entschädigt. Der Schätzer holt anschließend ein Angebot für das beschädigte Fahrzeug ein, sorgt für die Veräußerung des Fahrzeugs und übersendet den Veräußerungserlös an die Versicherungsgesellschaft, womit die Sache für den Taksatorring abgeschlossen ist.
15 Die vom Taksatorring beschäftigten Schätzer verwenden für die Bewertung der Schäden ein EDV-gestütztes System namens Autotaks". Dieses System wird seit 1990 in Dänemark von allen Versicherungsgesellschaften genutzt, die Kraftfahrzeugversicherungsverträge abschließen. Zwar haben die dänischen Kraftfahrzeugwerkstätten keine Rechte in Bezug auf das Autotaks-System; sie haben jedoch durch Vereinbarungen mit den Versicherungsgesellschaften dessen Anwendung akzeptiert.
16 Das Autotaks-System beruht auf einem internationalen EDV-System, das Eigentum einer Schweizer Gesellschaft ist, die Lizenzen an die Benutzer vergibt. Das Recht zu seiner Benutzung liegt in Dänemark bei Forsikring & Pension, einer sektoriellen Vereinigung von u. a. Versicherungsgesellschaften, die die sich auf das Autotaks-System beziehenden Tätigkeiten des Automobilforsikringsselskabernes Fællesråd (gemeinsamer Rat der Kraftfahrzeugversicherer) übernahm, als dieser seine Tätigkeiten am einstellte.
17 Das vorlegende Gericht führt aus, dass nichts dem entgegenstuende, dass eine der Forsikring & Pension angehörende Versicherungsgesellschaft einen Subunternehmer damit beauftrage, Bewertungen durchzuführen, und diesem das Recht zur Benutzung des Autotaks-Systems gegen eventuelle Zahlung einer Gebühr an Forsikring & Pension abtrete.
18 Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich auch, dass der Taksatorring erstmals im Dezember 1992 von der Told- og Skattestyrelse (zentrale Zoll- und Steuerverwaltung) eine vorläufige Genehmigung dafür erhielt, seine Tätigkeit befreit von der Pflicht zur Mehrwertsteuerregistrierung auszuüben. Aufgrund der Beschwerden mehrerer Unternehmen wurde ihm diese vorläufige Genehmigung am entzogen. Das vorlegende Gericht führt jedoch aus, dass sich herausgestellt habe, dass die Beschwerde führenden Unternehmen keine Schätzungen von Kraftfahrzeugschäden durchführten und auch keine konkreten Pläne hätten, diese Dienstleistung anzubieten.
19 Der Taksatorring reichte daraufhin einen neuen Antrag auf Mehrwertsteuerbefreiung ein; dieser wurde jedoch von der Told- og Skatteregion (regionale Zoll- und Steuerbehörde) Hvidovre (Dänemark) abgelehnt. Diese Ablehnung wurde von der Told- og Skattestyrelse bestätigt, woraufhin der Taksatorring die Sache dem Momsnævn (Mehrwertsteuerausschuss) vorlegte.
20 Der Taksatorring machte vor dem Momsnævn geltend, dass seine Tätigkeit gemäß § 13 Absatz 1 Nummer 20 des Momslov als von der Mehrwertsteuer befreit anzusehen sei.
21 Mit Entscheidung vom bestätigte der Momsnævn die ablehnende Entscheidung der Told- og Skattestyrelse u. a. mit der Begründung, dass eine Befreiung zu Wettbewerbsverzerrungen führen könne, da sich die vom Taksatorring erbrachten Bewertungsleistungen grundsätzlich nicht von anderen Bewertungsleistungen unterschieden und da die Leistungen des Taksatorring ihrer Art nach auch von anderen unabhängigen Schätzern erbracht werden könnten. Selbst wenn man annehme, dass eine Befreiung unter den seinerzeitigen Bedingungen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen geführt hätte, würde dies nicht auf der Art der Leistungen des Taksatorring beruht haben, sondern auf dem Umstand, dass die in ihm zusammengeschlossenen Unternehmen durch die Satzung des Taksatorring selbst einen solchen Wettbewerb verhinderten.
22 Der Taksatorring legte gegen die Entscheidung des Momsnævn Rechtsmittel zum Østre Landsret ein.
23 Das vorlegende Gericht stellt fest, dass der Taksatorring zur Begründung seines Rechtsmittels im Wesentlichen geltend mache, dass Leistungen wie die von ihm erbrachten unter die für Versicherungstätigkeit geltende Befreiung nach Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie fielen, hilfsweise, dass sie nach derselben Bestimmung als Leistungen, die im Rahmen einer von einem Versicherungsmakler oder -vertreter ausgeübten Versicherungstätigkeit erbracht würden, befreit seien. Außerdem könne die Mehrwertsteuerbefreiung eines Unternehmens, das auch im Übrigen den Tatbestand des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie erfülle, nicht abgelehnt werden, wenn diese Befreiung weder zu einer aktuellen noch zu einer konkret drohenden Wettbewerbsverzerrung führe.
24 Nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts ist zwischen den Parteien unstreitig, dass zu dem Zeitpunkt, als die Mehrwertsteuerbefreiung des Taksatorring abgelehnt wurde, keine aktuelle oder konkrete Gefahr bestand, dass die Befreiung zu einer Wettbewerbsverzerrung führen werde.
25 Unter diesen Umständen hat das Østre Landsret das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende fünf Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Sind die Bestimmungen der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage und insbesondere Artikel 13 Teil B Buchstabe a dahin auszulegen, dass Bewertungsleistungen, die ein Unternehmen an seine Mitglieder erbringt, unter den Begriff "Versicherungsumsätze" im Sinne dieser Bestimmung oder unter den Begriff dazugehörige Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden" fallen?
2. Ist Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass Leistungen, die ein Unternehmen - das im Übrigen die Voraussetzungen der Bestimmung für die Mehrwertsteuerbefreiung erfüllt - an seine Mitglieder erbringt, von der Mehrwertsteuer zu befreien sind, wenn sich nicht nachweisen lässt, dass die Steuerbefreiung weder zu einer aktuellen noch zu einer konkret drohenden Wettbewerbsverzerrung führt, sondern nur eine solche Möglichkeit besteht?
3. Ist es für die Beantwortung der Frage 2 von Bedeutung, wie fernliegend die Möglichkeit einer Wettbewerbsverzerrung ist, z. B., wenn die Möglichkeit nicht als realistisch erscheint?
4. Ist es mit Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie nicht vereinbar, soweit nach nationalem Recht die Mehrwertsteuerbefreiung, die nach dieser Bestimmung gewährt wird, in den Fällen zeitlich begrenzt wird, in denen zweifelhaft ist, ob die Befreiung zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Wettbewerbsverzerrung führen kann?
5. Ist es für die Beantwortung der Fragen 1 und 2 von Bedeutung, dass Bewertungsleistungen für die größten Versicherungsgesellschaften von bei diesen Gesellschaften angestellten Schätzern erbracht werden und damit von der Steuer befreit sind?
Zur ersten Frage
26 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass Bewertungen von Kraftfahrzeugschäden, die eine Vereinigung, deren Mitglieder Versicherungsgesellschaften sind, für ihre Mitglieder durchführt, Versicherungsumsätze oder dazugehörige Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden, darstellen.
Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen
27 Zur Auslegung des Begriffes Versicherungsumsätze" trägt der Taksatorring vor, dass sich aus Randnummer 17 des Urteils vom in der Rechtssache C-349/96 (CPP, Slg. 1999, I-973) ergebe, dass dieser nicht nur die Deckung des Risikos des Eintretens eines bestimmten Ereignisses umfasse, sondern sich auch auf die Auszahlung einer Entschädigung zugunsten des Versicherten erstrecke, wenn der Versicherungsfall eintrete. Da die Schätzung des Schadens eine notwendige Phase der Festsetzung der dem Versicherten zustehenden Entschädigung sei, sei sie als notwendige und von der Ausübung der Versicherungstätigkeit nicht trennbare Phase anzusehen und falle daher unter den Begriff "Versicherungsumsätze" nach Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie.
28 Im Übrigen könne die Schadensschätzung sowohl von einer Organisation wie dem Taksatorring als auch von der Versicherungsgesellschaft selbst durchgeführt werden, ohne dass dies für die Steuerbefreiung von Bedeutung sei (vgl. für Geldinstitute Urteil vom in der Rechtssache C-2/95, SDC, Slg. 1997, I-3017).
29 Zum Begriff "Versicherungsmakler und -vertreter" könne man sich auf die Richtlinie 77/92 beziehen. Aus Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b dieser Richtlinie ergebe sich, dass ein "Versicherungsmakler oder -agent" eine Tätigkeit in Form u. a. einer "Mitwirkung" bei der Verwaltung und Erfüllung der Versicherungsverträge, insbesondere im Schadensfall, namens und für Rechnung einer oder mehrerer Versicherungsunternehmen ausübe. Die vom Taksatorring ausgeübte Tätigkeit falle also unter diese Definition, so dass er als Versicherungsmakler oder -agent im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sei.
30 Das Skatteministerium und die Regierung des Vereinigten Königreichs sind der Auffassung, in dem genannten Urteil CPP und im Urteil vom in der Rechtssache C-240/99 (Skandia, Slg. 2001, I-1951) werde festgestellt, dass Bewertungsdienstleistungen der Art, wie sie der Taksatorring an seine Mitglieder erbringe, nicht als Versicherungsumsätze" in dem Sinne angesehen werden könnten, in dem dieser Begriff in Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie verwendet werde.
31 Sie tragen vor, dass ein Versicherungsumsatz seinem Wesen nach eine Vertragsbeziehung zwischen dem Erbringer der Versicherungsdienstleistung und der Person, deren Risiken von der Versicherung gedeckt würden, d. h. dem Versicherten, voraussetze (vgl. Urteil Skandia, Randnr. 41). Eine solche Vertragsbeziehung bestehe zwischen dem Taksatorring und den Versicherten nicht, denn der Taksatorring verpflichte sich nicht zur Risikodeckung.
32 Was den Begriff der zu den Versicherungsgeschäften "dazugehörigen Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden", angeht, trägt das Skatteministerium vor, dass es sich um die Leistungen handele, die im Rahmen ihrer laufenden Tätigkeit von Personen erbracht würden, die als Vermittler zwischen dem Versicherer und dem Versicherten bei der Vorbereitung und dem Abschluss von Versicherungsverträgen aufträten und eventuell an deren Verwaltung und Erfüllung im Schadensfall mitwirkten. Die Gutachtertätigkeit des Taksatorring stelle aber nur eine Leistung eines Subunternehmers für seine Mitglieder dar.
33 Die Regierung des Vereinigten Königreichs trägt vor, dass die Tätigkeiten des Taksatorring nicht denen eines Versicherungsmaklers oder eines Versicherungsagenten im Sinne der Richtlinie 77/92 entsprächen, deren Charakteristikum es sei, dass sie zu einer unmittelbaren Beziehung zu den Versicherten führten.
34 Die Kommission macht geltend, dass sich aus den Randnummern 16 und 17 des genannten Urteils CPP ergebe, dass ein "Versicherungsumsatz" darin bestehe, dass ein Versicherer ein Risiko übernehme, dass anderenfalls der Versicherte trage. Eine Leistung, die in der Bewertung eines Schadens bestehe, führe aber nicht zur Übernahme eines Risikos, sondern stelle eine gesonderte, zur Ausübung der Versicherungstätigkeit notwendige Leistung dar.
35 Zum Begriff "dazugehörige Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden" trägt die Kommission vor, dass ein Unternehmen wie der Taksatorring weder ein "Versicherungsmakler" noch ein "Versicherungsvertreter" sei und seine Tätigkeit nicht unter die Definition in Artikel 2 der Richtlinie 77/92 falle.
Würdigung durch den Gerichtshof
36 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Artikel 13 der Sechsten Richtlinie umschrieben sind, eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (vgl. u. a. Urteile vom in der Rechtssache 348/87, Stichting Uitvoering Financiële Acties, Slg. 1989, 1737, Randnr. 13, und vom in der Rechtssache C-287/00, Kommission/Deutschland, Slg. 2002, I-5811, Randnr. 43).
37 Nach ständiger Rechtsprechung sind diese Steuerbefreiungen autonome gemeinschaftsrechtliche Begriffe, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems verhindern sollen (vgl. u. a. Urteile CPP, Randnr. 15, Skandia, Randnr. 23, und Kommission/Deutschland, Randnr. 44).
38 Die Sechste Richtlinie definiert weder den Begriff "Versicherungsumsätze" noch den Begriff "dazugehörige Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden".
39 Zum Begriff "Versicherungsumsätze" hat der Gerichtshof jedoch ausgeführt, dass es nach allgemeinem Verständnis das Wesen eines Versicherungsumsatzes ist, dass der Versicherer sich verpflichtet, dem Versicherten gegen vorherige Zahlung einer Prämie beim Eintritt des Versicherungsfalls die bei Vertragsschluss vereinbarte Leistung zu erbringen (vgl. Urteile CPP, Randnr. 17, und Skandia, Randnr. 37).
40 Zwar hat der Gerichtshof dargelegt, dass der Ausdruck "Versicherungsumsätze" nicht nur die von den Versicherern selbst getätigten Umsätze erfasst, sondern grundsätzlich weit genug ist, um die Gewährung von Versicherungsschutz durch einen Steuerpflichtigen zu umfassen, der nicht selbst der Versicherer ist, der aber im Rahmen einer Gruppenversicherung seinen Kunden einen solchen Schutz durch Inanspruchnahme der Leistungen eines Versicherers verschafft, der das versicherte Risiko zu decken übernimmt (vgl. Urteile CPP, Randnr. 22, und Skandia, Randnr. 38).
41 Entsprechend der in Randnummer 39 dieses Urteils angeführten Definition des Versicherungsumsatzes hat der Gerichtshof indessen in Randnummer 41 des genannten Urteils Skandia festgestellt, dass die Identität des Dienstleistungsempfängers für die Bestimmung der von Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie erfassten Art von Dienstleistungen von Bedeutung ist und dass ein Versicherungsumsatz seinem Wesen nach eine Vertragsbeziehung zwischen dem Erbringer der Versicherungsdienstleistung und der Person, deren Risiken von der Versicherung gedeckt werden, d. h. dem Versicherten, voraussetzt.
42 Eine Vereinigung wie der Taksatorring, deren Mitglieder Versicherungsgesellschaften sind und die Bewertungen von Kraftfahrzeugschäden für ihre Mitglieder durchführt, unterhält aber keine Vertragsbeziehung zu den Versicherten.
43 Zum Vorbringen des Taksatorring hinsichtlich einer Auslegung in Analogie zum Urteil SDC, das Geldinstitute betraf, genügt der Hinweis, dass die Befreiung gemäß Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie anders als deren Artikel 13 Teil B Buchstabe d, um den es in jenem Urteil ging und der in den Nummern 3 und 5 allgemein die Umsätze erfasst, "die sich auf [bestimmte Bankgeschäfte] beziehen", ohne sich auf Bankumsätze im eigentlichen Sinne zu beschränken, nur die Versicherungsumsätze im eigentlichen Sinne erfasst (vgl. Urteil Skandia, Randnr. 36).
44 Zu der Frage, ob solche Dienstleistungen "dazugehörige Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden", sind, ist festzustellen, dass dieser Ausdruck, wie der Generalanwalt in Nummer 86 seiner Schlussanträge ausführt, allein die Dienstleistungen der Berufsausübenden erfasst, die zugleich mit dem Versicherer und dem Versicherten in Verbindung stehen, wobei klargestellt wird, dass der Makler lediglich ein Vermittler ist.
45 Zur Richtlinie 77/92 genügt es - ohne dass es einer Stellungnahme zu der Frage bedarf, ob die Begriffe "Versicherungsmakler" oder "Versicherungsvertreter" in dieser Richtlinie notwendigerweise genauso auszulegen sind wie in der Sechsten Richtlinie - festzustellen, dass aus den vom Generalanwalt in den Nummern 90 und 91 seiner Schlussanträge angeführten Gründen die Tätigkeit einer Vereinigung wie des Taksatorring weder den Tatbestand des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 77/92 noch den des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe b dieser Richtlinie erfüllt. Denn die Mitwirkung bei der Verwaltung und Erfüllung der Versicherungsverträge nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a dieser Richtlinie tritt zu den Tätigkeiten hinzu, eine Verbindung zwischen den Versicherungsnehmern und den Versicherungsunternehmen herzustellen und den Abschluss der Versicherungsverträge vorzubereiten, und die Mitwirkung nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b dieser Richtlinie umfasst die Befugnis, den Versicherer gegenüber dem Versicherten, dem ein Schaden entstanden ist, zu verpflichten.
46 Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass Bewertungen von Kraftfahrzeugschäden, die eine Vereinigung, deren Mitglieder Versicherungsgesellschaften sind, für ihre Mitglieder durchführt, weder Versicherungsumsätze noch dazugehörige Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden, im Sinne dieser Vorschrift darstellen.
Zur zweiten und zur dritten Frage
47 Mit diesen beiden Fragen, die gemeinsam zu prüfen sind, fragt das vorlegende Gericht im Wesentlichen danach, ob Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass die Gewährung der Befreiung von der Mehrwertsteuer aufgrund dieser Vorschrift für eine Vereinigung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die auch im Übrigen den Tatbestand dieser Vorschrift erfüllt, abzulehnen ist, wenn eine auch nur hypothetische Gefahr besteht, dass diese Befreiung zu Wettbewerbsverzerrungen führt.
Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen
48 Der Taksatorring macht geltend, dass die Argumentation, bei der Anwendung von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie sei die Wettbewerbsverzerrung zu berücksichtigen, die eine Befreiung von der Mehrwertsteuer in der Zukunft zur Folge haben könne, dazu führe, dieser Vorschrift ihren Sinn zu nehmen, da die rein hypothetische Möglichkeit, dass eines Tages eine Wettbewerbsverzerrung eintreten könne, niemals ausgeschlossen werden könne, ob es sich nun um die Tätigkeit der Schadensbewertung oder irgendeine andere Tätigkeit handele. Das könne nicht die Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers gewesen sein. Eine Ablehnung der Befreiung müsse von einer realen und begründeten Wahrscheinlichkeit abhängig gemacht werden, die sich nur dann herausstellen könne, wenn feststehe, dass die Befreiung zu einer aktuellen oder konkreten Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung führe.
49 Das Skatteministerium trägt vor, dass die Befreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie immer dann abzulehnen sei, wenn sie aktuell oder potenziell zu Wettbewerbsverzerrungen führen könne. Es reiche aus, dass eine solche Befreiung eine potenzielle Gefahr mit sich bringe, dass unabhängige Dritte davon absähen, sich auf dem Markt der Erbringung der fraglichen Dienstleistungen zu etablieren.
50 Im Ausgangsverfahren sei es aus rein wirtschaftlichen Gründen offensichtlich vorteilhaft gewesen, Mitglied des Taksatorring zu bleiben und die fraglichen Bewertungsleistungen durch diesen erbringen zu lassen, statt einen unabhängigen Dritten mit dieser Aufgabe zu betrauen, solange die von der Vereinigung an ihre Mitglieder erbrachten Dienstleistungen aufgrund vorläufiger Genehmigung der dänischen Steuerbehörden steuerbefreit gewesen seien. Die Genehmigungen hätten also zur Folge gehabt, einen aktuellen Wettbewerb auf dem Markt für Gutachten für Kraftfahrzeuge in Dänemark zu verhindern und zugleich unabhängige Dritte davon abzuhalten, ernsthaft in Erwägung zu ziehen, sich auf diesem Markt zu etablieren.
51 Diese, wenn auch restriktive, Auslegung von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie entleere die Vorschrift nicht ihres Sinnes, denn es gebe immer Fälle, in denen eine Befreiung nicht als potenzielles Hindernis für unabhängige Dritte angesehen werde, sich auf dem betreffenden Markt zu etablieren.
52 Dazu erwähnt das Skatteministerium u. a. den Fall, dass nach den nationalen Rechtsvorschriften besondere Beschränkungen der Möglichkeit, sich auf dem Markt zu etablieren, bestehen, z. B., weil diese Vorschriften bestimmten Unternehmen unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts spezielle oder ausschließliche Rechte verliehen, die Dienstleistungen zu erbringen, die der betreffende Mitgliedstaat nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie von der Steuer befreien wolle.
53 Das Skatteministerium führt aus, wenn das Bestehen einer potenziellen Gefahr festgestellt worden sei, dass die Befreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie Wettbewerbsverzerrungen hervorrufen würde, sei es nicht Sache der nationalen Steuerbehörden, zu beurteilen, ob eine solche Wettbewerbsverzerrung als fernliegend einzustufen sei. Es sei für die nationalen Steuerbehörden außerordentlich schwierig, eine solche Beurteilung vorzunehmen, da sie eine vertiefte Kenntnis des betreffenden Wirtschaftszweigs und der Wettbewerbsbedingungen auf dem fraglichen Markt voraussetze, wie sie Steuerbehörden im Allgemeinen nicht besäßen.
54 Die Kommission macht geltend, dass sich bereits aus dem Wortlaut "vil kunne fremkalde konkurrencefordrejning" (wörtlich: "zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte") ergebe, dass die in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie vorgesehene Befreiung in den Fällen potenzieller Wettbewerbsverzerrrungen ausgeschlossen sei.
55 Außerdem seien die Vorschriften, die es ermöglichten, einen Umsatz dem Anwendungsbereich der Sechsten Richtlinie zu entziehen, wegen ihres Ausnahmecharakters eng auszulegen (vgl. zu Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie Urteil Stichting Uitvoering Financiële Acties).
56 Der letzte Teil des Satzes von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie beschränke daher den Anwendungsbereich der Vorschrift auf die Fälle, in denen eine Steuerbefreiung zweifellos weder aktuell noch potenziell eine Wettbewerbsverzerrung hervorrufe. So befänden sich die unabhängigen Erbringer bestimmter Dienstleistungen abgabenrechtlich in derselben Situation wie autonome Personenzusammenschlüsse, die eine befreite Tätigkeit ausübten.
57 Aufgrund dieser Auslegung gebe es keine Wettbewerbsverzerrung im Sinne des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie, wenn die Art der Investition - z. B. für einen Scanner zu medizinischen Zwecken - und die beschränkte Gruppe der "Kunden", die ihn nutzten, potenzielle Dienstleistende wegen des wirtschaftlichen Risikos dieser Tätigkeit abhalte, und zwar obwohl es potenziell einen zusätzlichen Dienstleistenden geben könnte. Dagegen sei die Befreiung von Reinigungsdienstleistungen geeignet, eine Wettbewerbsverzerrung hervorzurufen, da es keine besondere Spezialisierung und auch keine Beschränkung des Kundenkreises für einen klar definierten Sektor gebe.
Würdigung durch den Gerichtshof
58 Zunächst ist festzustellen, dass die Befreiung von der Mehrwertsteuer als solche nicht geeignet sein darf, Wettbewerbsverzerrungen hervorzurufen, und zwar auf einem Markt, auf dem der Wettbewerb jedenfalls aufgrund der Gegenwart eines Akteurs beeinträchtigt ist, der Dienstleistungen an seine Mitglieder erbringt und dem das Gewinnstreben untersagt ist. Es ist also der Umstand, dass die Dienstleistungen, die ein Zusammenschluss durchführt, befreit sind, und nicht der Umstand, dass dieser Zusammenschluss den Tatbestand der in Rede stehenden Vorschrift im Übrigen erfüllt, der geeignet sein muss, Wettbewerbsverzerrungen hervorzurufen, damit diese Steuerbefreiung abgelehnt werden kann.
59 Wie der Generalanwalt in Nummer 131 seiner Schlussanträge hervorhebt, ist dann, wenn die Zusammenschlüsse unabhängig von jeder Besteuerung oder Befreiung sicher sind, sich die Kundschaft ihrer Mitglieder zu erhalten, nicht anzunehmen, dass die Befreiung, die ihnen gewährt wird, unabhängigen Wirtschaftsteilnehmern den Markt verschließt.
60 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass durch Artikel 13 Teil A der Sechsten Richtlinie bestimmte dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit werden sollen. Durch diese Vorschrift werden jedoch nicht alle dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit, sondern nur diejenigen, die in ihr einzeln aufgeführt und sehr genau beschrieben sind (vgl. u. a. Urteile vom 12. November 1998 in der Rechtssache C-149/97, Institute of the Motor Industry, Slg. 1998, I-7053, Randnr. 18, und Kommission/Deutschland, Randnr. 45).
61 Wie sich aus der oben in Randnummer 36 dieses Urteils zitierten Rechtsprechung ergibt, sind zwar die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Artikel 13 der Sechsten Richtlinie umschrieben werden, eng auszulegen.
62 Doch hat diese Rechtsprechung gleichwohl nicht zum Ziel, eine Auslegung aufzuerlegen, die diese Befreiungen gleichsam praktisch unanwendbar machte.
63 Obwohl eine vergleichende Prüfung der verschiedenen Sprachfassungen des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie zeigt, dass der Ausdruck "under forudsætning af at denne fritagelse ikke vil kunne fremkalde konkurrencefordrejninger" (wörtlich: "vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte") nicht nur die Wettbewerbsverzerrungen betrifft, die die Befreiung unmittelbar hervorrufen könnte, sondern auch solche, die sie in der Zukunft hervorrufen könnte, ist es doch erforderlich, dass die Gefahr, dass die Befreiung für sich genommen Wettbewerbsverzerrungen hervorruft, real ist.
64 Daraus folgt, dass die Gewährung der Befreiung von der Mehrwertsteuer dann abzulehnen ist, wenn eine reale Gefahr besteht, dass die Befreiung für sich genommen unmittelbar oder in der Zukunft zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann.
65 Daher ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass die Gewährung der Befreiung von der Mehrwertsteuer aufgrund dieser Vorschrift für eine Vereinigung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die auch im Übrigen den Tatbestand dieser Vorschrift erfüllt, abzulehnen ist, wenn eine reale Gefahr besteht, dass die Befreiung für sich genommen unmittelbar oder in der Zukunft zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann.
Zur vierten Frage
Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen
66 Der Taksatorring und das Skatteministerium tragen vor, dass sich aus den Vorarbeiten zu § 13 Absatz 1 Nummer 20 des Momslov ergebe, dass die Befreiung mit einer Befristung versehen gewährt werden könne, wenn zweifelhaft sei, ob eine Steuerbefreiung zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Wettbewerbsverzerrung führen könne.
67 Der Taksatorring, das Skatteministerium und die Kommission stimmen darin überein, dass die Möglichkeit, eine solche zeitlich begrenzte Befreiung zu gewähren, mit Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie vereinbar ist.
Würdigung durch den Gerichtshof
68 Es ist festzustellen, dass nichts in der Sechsten Richtlinie den Schluss zulässt, dass eine nationale Vorschrift, die es ermöglicht, eine zeitlich begrenzte Steuerbefreiung zu gewähren, wenn zweifelhaft ist, ob diese Befreiung zu einem späteren Zeitpunkt eine Wettbewerbsverzerrung hervorrufen kann, mit Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie unvereinbar ist, sofern die Befreiung so lange erneuert wird, wie der Interessierte den Tatbestand dieser Vorschrift erfüllt.
69 Daher ist auf die vierte Vorlagefrage zu antworten, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die es ermöglicht, eine zeitlich begrenzte Steuerbefreiung zu gewähren, wenn zweifelhaft ist, ob diese Befreiung zu einem späteren Zeitpunkt eine Wettbewerbsverzerrung hervorrufen kann, mit Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie vereinbar ist, sofern die Befreiung so lange erneuert wird, wie der Interessierte den Tatbestand dieser Vorschrift erfüllt.
Zur fünften Frage
70 Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob der Umstand, dass die großen Versicherungsgesellschaften die Bewertung der Kraftfahrzeugschäden durch ihre eigenen Schätzer durchführen lassen und so vermeiden, dass sie insoweit mehrwertsteuerpflichtig sind, einen Einfluss auf die Beantwortung der ersten, der zweiten und der dritten Frage hat.
Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen
71 Der Taksatorring macht geltend, dass es vom mehrwertsteuerlichen Standpunkt aus keinen Unterschied machen dürfe, ob die Bewertung der Kraftfahrzeugschäden innerhalb der Versicherungsgesellschaft durchgeführt werde oder ob diese sie einem Dienstleistenden wie dem Taksatorring übertrage.
72 Insoweit weist der Taksatorring darauf hin, dass die großen Versicherungsgesellschaften in Dänemark selbst die Bewertung der Kraftfahrzeugschäden vornähmen, wohingegen dies für die kleineren und mittleren Unternehmen aufgrund der Mittel, die dies voraussetze, finanziell nicht möglich sei. Wenn letztere Unternehmen für die vom Taksatorring erbrachten Bewertungsleistungen Mehrwertsteuer entrichten müssten, käme den großen Versicherungsgesellschaften, die für ihre Bewertungen keine Mehrwertsteuer zahlen müssten, ein Wettbewerbsvorteil zugute.
73 Das Skatteministerium und die Kommission sind der Auffassung, dass der Umstand, dass die Mehrwertsteuer nicht auf die Bewertungen anwendbar sei, die von den bei den großen Versicherungsgesellschaften beschäftigten Schätzern durchgeführt würden, keinerlei Auswirkung auf die Auslegung der in Rede stehenden Bestimmungen habe.
Würdigung durch den Gerichtshof
74 Insoweit ist festzustellen, dass der Gerichtshof in seiner Untersuchung im Rahmen der Beantwortung der ersten bis dritten Vorlagefrage alle Gesichtspunkte der in Rede stehenden Vorschriften und das Mehrwertsteuersystem insgesamt berücksichtigt hat. Nach alledem ist der Umstand, dass die großen Versicherungsgesellschaften die Bewertung der Kraftfahrzeugschäden durch ihre eigenen Schätzer durchführen lassen und so vermeiden, dass diese Dienstleistungen der Mehrwertsteuer unterliegen, nicht geeignet, sich in eigenständiger Weise auf die Auslegung des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f und Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie auszuwirken.
75 Daher ist auf die fünfte Frage zu antworten, dass der Umstand, dass die großen Versicherungsgesellschaften die Bewertung der Kraftfahrzeugschäden durch ihre eigenen Schätzer durchführen lassen und so vermeiden, dass diese Dienstleistungen der Mehrwertsteuer unterliegen, keinen Einfluss auf die Beantwortung der ersten bis dritten Frage hat.
Kostenentscheidung:
Kosten
76 Die Auslagen der dänischen Regierung und der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BAAAB-72867
1Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg