Instanzenzug:
Gründe
Der Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Erinnerungsführer) und die Steuerberaterin S hatten Klage gegen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit 1995 und 1996 für eine nach Meinung des Finanzamts (FA) aus ihnen beiden bestehende Steuerberatersozietät erhoben. Sie hatten die ersatzlose Aufhebung der Feststellungsbescheide und die Verpflichtung zum Erlass eines negativen Feststellungsbescheids beantragt, weil sie der Auffassung waren, es habe keine Mitunternehmerschaft bestanden.
Nachdem das Finanzgericht (FG) die Klage abgewiesen hatte, legte der Erinnerungsführer am zunächst Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil ein, nahm diese aber mit Schriftsatz vom wieder zurück. Daraufhin wurde das Verfahren (IV B 132/04) mit Beschluss des Senats vom eingestellt.
Die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) erließ am eine Kostenrechnung gegenüber dem Erinnerungsführer, mit der die Gerichtskosten für das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde auf 1 256 € festgesetzt wurden. Dieser Betrag ergab sich aus einer 1/1 Gebühr nach Nr. 6501 des Kostenverzeichnisses auf der Grundlage eines Streitwerts von 163 449 €. Den Streitwert hatte die Kostenstelle aus dem Streitwertansatz im erstinstanzlichen Verfahren übernommen.
Mit der Erinnerung vom nahm der Erinnerungsführer auf sein Vorbringen in dem Verfahren IV B 100/05 gegen die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung Bezug. Der Streitwert sei nach der aus dem Antrag zu entnehmenden Bedeutung der Sache festzusetzen. Ausweislich der Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre 1995 und 1996 ergebe sich für ihn, den Erinnerungsführer, eine steuerliche Auswirkung von 77 006 DM in 1995 und 0 DM in 1996. Außerdem werde nach der Rechtsprechung des BFH die Auswirkung von Gewinnänderungen im gesonderten Feststellungsverfahren pauschal mit 25 v.H. angesetzt. Das seien hier bezogen auf eine Gewinndifferenz von 301 170 DM insgesamt 75 292,50 DM. Der Sache nach habe der Rechtsstreit schließlich auch nur einer Verschiebung der Gewinne in ein späteres Jahr dienen sollen.
Daraufhin erließ die Kostenstelle des BFH am eine geänderte Kostenrechnung über 1 056 €. Sie beruhte auf einer geänderten Streitwertberechnung, die dem Erinnerungsführer zuvor mitgeteilt worden war. Die Kostenstelle legte nunmehr die Gewinnanteile des Erinnerungsführers in den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden zugrunde, weil nur er und nicht die —angebliche— Mitunternehmerin Nichtzulassungsbeschwerde erhoben habe. Den Streitwert ermittelte die Kostenstelle wie folgt:
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Gewinnanteil | Satz | Streitwert | |
1995 | 466 968 DM | 50 v.H. | 233 484 DM |
1996 | 85 261 DM | 25 v.H. | 21 315 DM |
254 799 DM | |||
entspricht € | 130 276 € |
Der Erinnerungsführer hielt jedoch daran fest, dass eine Verdoppelung des Satzes von 25 v.H. auf 50 v.H. fehlerhaft sei. Denn das Gericht habe gewusst, dass das Klagebegehren nur auf eine Gewinnverschiebung gerichtet gewesen sei und die persönliche Steuerbelastung sehr viel niedriger als 50 v.H. liege.
Mit Schriftsatz vom teilte der Erinnerungsführer mit, er wolle darauf hinweisen, dass er nicht mit Wissen und Wollen ein Verfahren gegen eine Vertreterin der Staatskasse beim BFH (Erinnerungsgegnerin) anhängig gemacht habe. Mittlerweile habe der BFH in der Sache selbst unter dem Az. IV B 100/05 entschieden. Weiteres sei nicht zu veranlassen.
Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß, die Kosten nach einem Streitwert von 77 006 DM festzusetzen.
Die Erinnerungsgegnerin beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen.
Eine unrichtige Sachbehandlung durch das Gericht ist ihrer Auffassung nach nicht erkennbar.
Die Erinnerung ist nicht begründet.
1. Der Erinnerungsführer hat die Erinnerung nicht mit Schriftsatz vom zurückgenommen. Den dortigen Äußerungen ist nicht eindeutig zu entnehmen, dass der Erinnerungsführer sich nicht mehr gegen den hier streitigen Kostenansatz für das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde wenden will. Denn das vom Erinnerungsführer erwähnte Verfahren IV B 100/05 betraf eine Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Änderung eines Beschlusses über die Festsetzung des Streitwerts im erstinstanzlichen Verfahren. Der beschließende Senat hat diese Beschwerde mit Beschluss vom IV B 100/05 wegen fehlender Statthaftigkeit als unzulässig verworfen. Diese Entscheidung hat jedoch keine Bedeutung für die Frage, wie der Streitwert im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde zu bemessen ist.
2. Für die Erinnerung sind die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes in dessen Fassung seit In-Kraft-Treten des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (im Folgenden: GKG) vom (BGBl I 2004, 718) maßgebend. Die Neuregelung gilt erstmals für Rechtsmittel, die nach dem anhängig geworden sind (§ 72 Nr. 1 GKG). Die Nichtzulassungsbeschwerde ist im Juli 2004 erhoben worden.
3. Über die Erinnerung entscheidet der Senat in der bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung gemäß § 10 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) maßgebenden Besetzung von drei Richtern. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter nach § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 GKG kommt nicht in Betracht. Denn beim BFH ist eine Entscheidung durch den Einzelrichter gerichtsverfassungsrechtlich oder prozessrechtlich nicht vorgesehen (, BFHE 209, 422, BStBl II 2005, 646).
4. Gegenstand des Erinnerungsverfahrens ist jetzt die Kostenrechnung vom . Wie der Senat mit Beschluss vom IV E 4/02 (BFH/NV 2003, 1064) entschieden hat, wird eine im Lauf des Erinnerungsverfahrens erlassene geänderte Kostenrechnung automatisch zum Gegenstand des Verfahrens.
5. Die Kostenstelle des BFH ist nicht von einem zu hohen Streitwert ausgegangen.
a) Der Streitwert ist nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Wird die Aufhebung eines Gewinnfeststellungsbescheids beantragt, ist grundsätzlich der gesamte Gewinn Gegenstand des Rechtsstreits. Bei Klage nur eines Gesellschafters gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid ist der Streitwert nach der Rechtsprechung des Senats aber lediglich von dem Betrag zu berechnen, um den der Gewinnanteil des klagenden Gesellschafters zu vermindern wäre (Senatsbeschlüsse vom IV B 98/95, BFH/NV 1997, 432, und vom IV R 187/84, BFH/NV 1987, 316). Dementsprechend hat die Kostenstelle des BFH mit der geänderten Kostenrechnung zutreffend nur den auf den Erinnerungsführer als einzigen Rechtsmittelführer entfallenden Gewinnanteil für die Berechnung des Streitwerts berücksichtigt.
b) Allerdings richtet sich der Streitwert im Gewinnfeststellungsverfahren nach der typisierten einkommensteuerlichen Bedeutung für den Kläger. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist diese grundsätzlich auf 25 v.H. des streitigen Gewinns oder Verlustes zu bemessen (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom IV E 3/99, BFH/NV 2000, 334, sowie , BFH/NV 2001, 1035, jeweils m.w.N.). Die tatsächlichen Auswirkungen auf die Einkommensteuer des Klägers werden nicht ermittelt.
Ausnahmsweise kommt der Ansatz eines höheren oder niedrigeren Prozentsatzes dann in Betracht, wenn ohne besondere Ermittlungen im Gewinnfeststellungsverfahren erkennbar ist, dass der Pauschalsatz von 25 v.H. den tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen nicht gerecht wird (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom IV E 1/78, BFHE 125, 7, BStBl II 1978, 409; auch Senatsurteil vom IV R 46/79, BFHE 135, 457, BStBl II 1982, 542, zum Revisionsstreitwert; weiter Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 5. Aufl., Vor § 135 Rz. 35 „Einheitliche Gewinnfeststellung”). An der pauschalen Ermittlung des Streitwerts ist selbst dann festzuhalten, wenn im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung die tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen bei den Feststellungsbeteiligten bekannt geworden sind (Senatsbeschlüsse vom IV E 1/98, BFH/NV 1999, 807, m.w.N., und vom IV E 3/00, juris, sowie , BFH/NV 2002, 1323).
c) Die Kostenstelle des BFH hat die einkommensteuerliche Bedeutung des Antrags des Erinnerungsführers danach zu Recht pauschal ermittelt. Zutreffend hat sie für das Jahr 1996 den üblichen Satz von 25 v.H. berücksichtigt. Für 1995 war angesichts der Höhe des laufenden Gewinns von dem Satz von 25 v.H. abzuweichen, weil typisierend bei einem so hohen Gewinn von einer höheren durchschnittlichen Einkommensteuerbelastung auszugehen ist. Hier ist bei der Höhe des Gewinns von 466 968 DM anzunehmen, dass sich der Durchschnittsteuersatz dem Spitzensteuersatz von seinerzeit 53 v.H. annähert. Die Bemessung des Streitwerts nach einem Satz von 50 v.H. erscheint damit zutreffend. Auswirkungen auf ein anderes Streitjahr (Gewinnverschiebung) bleiben außer Betracht.
6. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 315 Nr. 2
RAAAB-71119