Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine —im April 1995 verstorbene— Ehefrau lebten seit ihrer Eheschließung im Jahr 1975 im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Mit Ehevertrag vom vereinbarten die Ehegatten den Ausgleich der bisher entstandenen Zugewinnansprüche (mit Ausnahme des Wertes der Praxis des Klägers), wobei die Ehegatten ausdrücklich vereinbarten, dass es beim gesetzlichen Güterstand „auch weiterhin verbleiben” soll. Ohne die Zugewinnausgleichsforderung der verstorbenen Ehefrau des Klägers im Vertragstext zu beziffern, trat der Kläger „zum Ausgleich des Zugewinns” an seine Ehefrau einen Kaufpreisanspruch aus dem Verkauf eines Grundstücks, eine Darlehnsforderung gegen Dritte sowie ein Festgeldkonto bei einer Bank ab und verzichtete seiner Ehefrau gegenüber auf zwei Darlehnsforderungen (zuzüglich aufgelaufener Zinsen), die unter Bezugnahme auf Konten in der Buchhaltung des Klägers nach dem Stande vom bezeichnet wurden. Im Übrigen verzichteten die Ehegatten wechselseitig auf den Ausgleich eines weiter gehenden Zugewinns sowie auf Rückforderungsansprüche, falls der vereinbarte Ausgleich zu hoch ausgefallen sei. Weiter bestimmten die Ehegatten, dass zum Anfangsvermögen für die zukünftige Berechnung des Zugewinns die Vermögensgegenstände gehören sollten, die sich am im Eigentum eines jeden Ehegatten befinden.
Das seinerzeit zuständige Finanzamt setzte mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom gegen den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger nach seiner Ehefrau Schenkungsteuer in Höhe von 69 570 DM fest. Das Finanzamt legte seiner Berechnung hierbei die vom Kläger in einem Schreiben vom erklärten Werte zugrunde. Gegen den Bescheid legte der Kläger Einspruch ein.
Mit Bescheid vom lehnte das Finanzamt den Antrag des Klägers ab, die mit Wirkung vom eingefügte Regelung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) im Billigkeitswege anzuwenden und die Steuer im näher bezeichneten Umfang zu erlassen (§ 163 der Abgabenordnung —AO 1977—). Auch dagegen legte der Kläger Einspruch ein.
Der mittlerweile zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erhöhte mit Einspruchsentscheidung vom die Steuer auf 76 940 DM. Die Änderung beruhte auf den Angaben, die der Kläger in der Schenkungsteuererklärung zur Höhe der Forderungen gemacht hatte.
Der Einspruch gegen die Versagung des Billigkeitserlasses blieb erfolglos.
Die beide Verfahren betreffende Klage wurde abgewiesen; das Finanzgericht (FG) ging in seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1254 veröffentlichten Entscheidung davon aus, mangels Beendigung des gesetzlichen Güterstandes sei eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gegeben. Auch habe das FA sein Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt, als es die Voraussetzungen für einen Billigkeitserlass verneint habe.
Mit der Revision verfolgt der Kläger seine bereits im finanzgerichtlichen Verfahren vorgetragene Rechtsauffassung weiter. Im Kern macht er geltend, die zivilrechtlich gegebene Möglichkeit, den Zugewinn auch bei fortbestehender Zugewinngemeinschaft zwischenzeitlich auszugleichen, sei mit der Wirkung des § 5 Abs. 2 ErbStG steuerrechtlich anzuerkennen. Jedenfalls sei der Ehevertrag so auszulegen, dass die getroffenen Vereinbarungen einer Beendigung und Wiederbegründung des gesetzlichen Güterstandes gleichkämen.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung, den angefochtenen Schenkungsteuerbescheid sowie die zugehörige Einspruchsentscheidung aufzuheben, hilfsweise, unter Aufhebung des die Billigkeitsmaßnahme ablehnenden Bescheids sowie der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung das FA zu verpflichten, aus Billigkeitsgründen von der Schenkungsteuerfestsetzung abzusehen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Vereinbarung über den Ausgleich der „bisher entstandenen Zugewinnansprüche” vom zu freigebigen Zuwendungen geführt hat, die gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar sind. Die Auslegung des Ehevertrages durch das FG, dass die Zugewinngemeinschaft nicht beendet worden ist, kann revisionsrechtlich nicht beanstandet werden.
Auch ist das FG im Verfahren gegen die Versagung des Billigkeitserlasses zutreffend davon ausgegangen, das FA habe nicht ermessensfehlerhaft gehandelt, als es § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG nicht im Billigkeitswege auf Zeiträume vor seinem In-Kraft-Treten angewendet hat.
1. Die Zuwendungen des Klägers an seine Ehefrau sind schenkungsteuerbar. Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; vgl. auch § 516 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs —BGB—).
a) Durch die Zuwendungen in Form der Forderungsabtretungen und -verzichte wurde die Ehefrau des Klägers aus dem Vermögen des Klägers unentgeltlich bereichert.
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Erwerb eines zugewendeten Gegenstandes, auf den kein Rechtsanspruch besteht, unentgeltlich, wenn er nicht rechtlich abhängig ist von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung des Erwerbers. Dabei kommen als rechtliche Abhängigkeit, welche die Unentgeltlichkeit ausschließt und die Entgeltlichkeit begründet, Verknüpfungen sowohl nach Art eines gegenseitigen Vertrages als auch durch Setzung einer Bedingung oder eines entsprechenden Rechtszwecks in Betracht (vgl. grundlegend , BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366).
Nach diesen Grundsätzen erfolgten die hier zu beurteilenden Zuwendungen in Form der Forderungsabtretungen und Forderungsverzichte objektiv unentgeltlich. Die Ehefrau des Klägers hatte auf diese Leistungen weder einen Rechtsanspruch noch waren die Zuwendungen des Klägers im o.g. Sinne —d.h. synallagmatisch, konditional oder kausal— mit einer Gegenleistung der Ehefrau verknüpft.
aa) Die Zuwendungen des Klägers an seine Ehefrau sind nicht deshalb entgeltlich, weil sie „zum Ausgleich des Zugewinns” erbracht wurden. Dabei kann offen bleiben, ob die Eheleute —wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat— den Zugewinnausgleichsanspruch im Einzelnen berechnet haben und einen solchen konkret bezifferten Anspruch mit dem Abschluss des „Ehevertrages” vom schuldrechtlich begründen wollten. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, schlösse dies die Unentgeltlichkeit der Zuwendungen nicht aus, weil die Ehefrau des Klägers keinen Anspruch gegen den Kläger auf einen vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns hatte. Der Kläger kann sich als Zuwendender nicht darauf berufen, in Erfüllung einer solchen Verpflichtung geleistet zu haben, die er ohne rechtliche Verpflichtung und damit freiwillig zuvor selbst gegenüber dem Zuwendungsempfänger begründet hat.
bb) Der Ehefrau des Klägers stand —wie das FG zutreffend erkannt hat— auch kein kraft Gesetzes entstandener Zugewinnausgleichsanspruch zu, der der Unentgeltlichkeit der Zuwendungen entgegenstünde. Der Anspruch auf Zugewinnausgleich entsteht kraft Gesetzes —wenn nicht ausnahmsweise, was hier nicht in Betracht kommt, die Voraussetzungen für einen vorzeitigen Zugewinnausgleich vorliegen (§§ 1385 f. BGB)— erst mit der Beendigung des gesetzlichen Güterstandes (§ 1363 Abs. 2 Satz 2 BGB), d.h. bei Tod eines Ehegatten (§ 1371 BGB), Scheidung oder Aufhebung des gesetzlichen Güterstandes (§ 1414 BGB).
Entgegen der Auffassung des Klägers haben die Eheleute durch den Ehevertrag vom den seit der Eheschließung bestehenden gesetzlichen Güterstand nicht aufgehoben und damit beendet. Dem steht schon die ausdrückliche Vereinbarung der Eheleute entgegen, dass es beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft „auch weiterhin verbleiben” solle. Diese eindeutige und klare Formulierung steht der Annahme entgegen, dass die Eheleute sämtliche Rechtswirkungen der Zugewinngemeinschaft beseitigen bzw. beenden, d.h. über den Ausgleich „bisher entstandener Zugewinnansprüche” hinaus auch die nach §§ 1365 ff. BGB bestehenden Verfügungsbeschränkungen beseitigen wollten. Der Vertrag zwischen den Eheleuten enthält vielmehr ausschließlich (zivilrechtlich zulässige) Abreden über die Modifikation der gesetzlichen Ausgleichsregeln. Dies gilt für die Vereinbarung über den Ausgleich des „bisher entstandenen” Zugewinns wie auch bezüglich der zukünftigen Berechnung des Zugewinns. Auch soweit die Eheleute vereinbart haben, den in der Zeit zwischen dem Abschluss des Ehevertrages und dem entstehenden Zugewinn im Ergebnis nicht auszugleichen, liegt ebenfalls nur eine Einschränkung der gesetzlichen Ausgleichsregeln, nicht jedoch eine Aufhebung des gesetzlichen Güterstandes insgesamt vor. Die Auslegungsregel in § 1414 Satz 2 BGB kommt hier wegen der eindeutigen Vereinbarung, es solle beim gesetzlichen Güterstand „auch weiterhin verbleiben”, nicht zur Anwendung. Die diesen Gesichtspunkten entsprechende Vertragsauslegung durch das FG ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie entspricht den gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) und verstößt nicht gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze; sie ist deshalb für den BFH als Revisionsgericht auch dann bindend, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 118 Rdnr. 24, mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).
cc) Der Umstand, dass zivilrechtlich der Abschluss eines Ehevertrages in der Regel keine Schenkung darstellt und damit keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB) auslöst (vgl. Palandt/Edenhofer, Bürgerliches Gesetzbuch, 64. Aufl., § 2325 Rdnr. 10) oder unbenannte (ehebedingte) Zuwendungen wegen ihrer ehegüterrechtlichen causa im Verhältnis zwischen den Ehegatten nicht als unentgeltlich angesehen werden (vgl. Lange in Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 4. Aufl., § 2325 Anm. 15 f., 26; Soergel-Dieckmann, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl., § 2325 Anm. 34), führt nicht zu einer entsprechenden schenkungsteuerrechtlichen Beurteilung. Das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht folgt dieser zivilrechtlichen Qualifizierung nicht, sondern stellt auf die objektive Unentgeltlichkeit ab (vgl. BFH-Urteil in BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 336, 368 f.).
dd) Soweit danach einerseits eine durch Beendigung der Zugewinngemeinschaft kraft Gesetzes entstandene Ausgleichsforderung bzw. auf ihr beruhende Leistungen des Ausgleichsverpflichteten keine freigebige Zuwendungen darstellen und nicht unter § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG fallen, und andererseits ein rechtsgeschäftlich (ehevertraglich) vereinbarter Zugewinnausgleich der Schenkungsteuer unterliegt, weil insoweit eine freigebige und unentgeltliche Zuwendung vorliegt, entsprechen diese unterschiedlichen Steuerfolgen der Sachgesetzlichkeit des ErbStG, nämlich (nur) eine Bereicherung durch freigebige Zuwendungen zu erfassen ( u.a., BVerfGE 67, 70, BStBl II 1984, 608). Die Erbschaftsteuer knüpft an bestimmte Rechtsvorgänge an. Dies schließt den Einwand des Klägers aus, er habe dasselbe wirtschaftliche Ergebnis auch bei anderer, der Steuer nicht unterliegender Rechtsgestaltung, hier durch Beendigung des gesetzlichen Güterstandes, erreichen können. Der Kläger ist diesen (nichtsteuerbaren) Weg nicht gegangen; er hat insbesondere die Rechtsfolgen nicht herbeigeführt, die zum Ausschluss der Steuerbarkeit geführt hätten.
ee) Die Zuwendungen können auch nicht deswegen als entgeltlich angesehen werden, weil ihnen als Gegenleistung ggf. eine durch sie begründete Befreiung von einer künftigen Ausgleichsforderung —deren zivilrechtliche Zulässigkeit offen bleiben kann— gegenübersteht. Denn ob und in welcher Höhe eine solche Ausgleichsforderung bei einer späteren Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft bestehen wird, ist ungewiss. Es handelt sich lediglich um eine Erwerbschance, die nicht in Geld veranschlagt werden kann und deshalb nach § 7 Abs. 3 ErbStG bei der Feststellung, ob eine Bereicherung vorliegt, nicht zu berücksichtigen ist.
b) Die Zuwendungen an die Ehefrau des Klägers erfüllen auch den subjektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats genügt zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes der freigebigen Zuwendung der (einseitige) Wille des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit. Ein auf die Bereicherung des Empfängers gerichteter Wille im Sinne einer Bereicherungsabsicht („animus donandi”) ist nicht erforderlich. Der „Wille zur Unentgeltlichkeit” liegt nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn sich der Zuwendende der Unentgeltlichkeit der Zuwendung derart bewusst ist, dass er seine Leistung ohne Verpflichtung (und sei es auch nur in Bezug auf eine Naturobligation) und ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung (oder einem Gemeinschaftszweck) erbringt. Anders ausgedrückt ist der Wille zur Unentgeltlichkeit dann gegeben, wenn der Zuwendende in dem Bewusstsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende Gegenleistung zu erhalten (vgl. m.w.N. BFH-Urteil in BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366). Der Wille zur Freigebigkeit wird aufgrund der dem Zuwendenden und dem Zuwendungsempfänger bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen bestimmt (vgl. m.w.N. , BFHE 148, 69, BStBl II 1987, 80).
Da im Streitfall, anders als bei vollständiger Beendigung des gesetzlichen Güterstandes, keine gesetzliche Ausgleichsforderung entstanden ist, sondern der Kläger seiner Ehefrau ohne rechtliche Verpflichtung einen Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns eingeräumt hat, ist anzunehmen, dass der Kläger bewusst die Zuwendungen an seine Ehefrau ohne Verpflichtung und ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung erbracht hat.
bb) Der subjektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 entfällt zwar, wenn der Zuwendende seine Leistung —wenn auch irrtümlich— als entgeltliche ansieht, wenn er also annimmt, entweder zu seiner Leistung rechtlich verpflichtet zu sein oder dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Allerdings schließt nicht jeder Irrtum des Zuwendenden über die Unentgeltlichkeit den subjektiven Tatbestand der freigebigen Zuwendung aus. Bei der „(Un-)Entgeltlichkeit” handelt es sich um einen komplexen normativen („wertausfüllungsbedürftigen”) Begriff, dessen exakter Sinngehalt sich nur durch rechtliche Wertungen und Subsumtionen erschließt. Für die zutreffende —irrtumsausschließende— Vorstellung des Zuwendenden von dem Begriff der (Un-)Entgeltlichkeit genügt es, wenn er dessen rechtlich-sozialen Bedeutungsgehalt „nach Laienart” zutreffend erfasst; eine exakte juristische Subsumtion ist nicht erforderlich (vgl. m.w.N. BFH-Urteil in BFHE 148, 69, BStBl II 1987, 80).
Irrt der Zuwendende aber —wie im Streitfall— über die Reichweite einer von ihm angenommenen Steuerfreiheit —die insbesondere aus § 5 Abs. 2 ErbStG folgen soll—, so irrt er nicht über die Unentgeltlichkeit, sondern unterliegt —lediglich— einem Subsumtionsirrtum. Denn einen solchen Subsumtionsirrtum zu begehen setzt voraus, dass der rechtlich-soziale Bedeutungsgehalt auch ohne exakte juristische Subsumtion zunächst zutreffend erfasst worden ist.
2. Der Steuerbarkeit der Zuwendungen an die Ehefrau des Klägers steht —entgegen der Auffassung des Klägers— § 5 Abs. 2 ErbStG nicht entgegen.
Nach dieser Vorschrift gehört die Ausgleichsforderung (§ 1378 BGB) u.a. dann nicht zum Erwerb i.S. der §§ 3 und 7 ErbStG, wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft in anderer Weise als durch den Tod eines Ehegatten beendet wird. Diese gesetzliche Regelung schränkt den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht ein; ihr kommt nach allgemeiner Meinung (Hübner in Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2. Aufl., § 5 Anm. 45; Moench/Weinmann, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, § 5 Anm. 54; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, § 5 Anm. 38; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, Stand , § 5 Anm. 60; so auch , BFHE 171, 321, BStBl II 1993, 510) in Bezug auf § 7 ErbStG lediglich deklaratorische Bedeutung zu. Sie grenzt nach denselben Merkmalen wie § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG die steuerbaren von den nicht steuerbaren Vorgängen, nämlich danach ab, ob der der Zuwendung zugrunde liegende (Ausgleichs-)Anspruch kraft Gesetzes entstanden ist oder durch ehevertragliche Vereinbarungen von den Ehegatten freiwillig begründet wurde, indem er auf die Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft abstellt. Denn nur bei Beendigung des gesetzlichen Güterstandes entsteht der Zugewinnausgleichsanspruch kraft Gesetzes und damit ohne gewillkürten, den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ausfüllenden Zuwendungsakt der Ehegatten. Der Kläger und seine Ehefrau haben im Streitfall den gesetzlichen Güterstand nicht i.S. von § 5 Abs. 2 ErbStG beendet, sondern —wie oben bereits ausgeführt— lediglich einen zwischenzeitlichen Zugewinnausgleich schuldrechtlich vereinbart.
3. Zu Recht hat das FG im Streitfall auch die Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze zur mittelbaren Grundstücksschenkung (vgl. m.w.N. , BFHE 207, 360, BStBl II 2005, 188, und vom II R 88/00, BFH/NV 2005, 213) abgelehnt. Eine solche mittelbare Schenkung scheitert schon daran, dass es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Ehefrau des Klägers die ihr zugewendeten Forderungen und Verzichte ihrerseits nur zur Renovierung des betreffenden Grundstücks verwenden durfte; eine mittelbare Grundstücksschenkung scheidet somit von vornherein aus (vgl. , BFH/NV 2005, 971).
4. Auch der im Revisionsverfahren erstmals geltend gemachte Rückforderungsanspruch kann der Revision schon deswegen nicht zum Erfolg verhelfen, weil seine Geltendmachung gemäß § 118 Abs. 2 FGO nicht berücksichtigt werden kann (vgl. m.w.N. Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rdnr. 36). Im Übrigen ist nicht erkennbar —wovon das FG ebenfalls zu Recht ausgegangen ist—, dass im Streitfall die steuerrechtliche Anerkennung des Ehevertrages Geschäftsgrundlage der zivilrechtlichen und als solcher auch wirksamen Gestaltung geworden ist.
5. Der vom Kläger unter Berufung auf das (BGBl I 2004, 591, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 2004, 471) vertretenen Auffassung, das ErbStG sei wegen struktureller Vollzugsmängel verfassungswidrig, folgt der Senat nicht.
Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen. Nach dem Gebot tatsächlich gleicher Steuerbelastung durch gleichen Gesetzesvollzug begründet die in den Verantwortungsbereich des Gesetzgebers fallende strukturell gegenläufige Erhebungsregel im Zusammenwirken mit der zu vollziehenden materiellen Steuernorm deren Verfassungswidrigkeit. Strukturell gegenläufig wirken sich Erhebungsregelungen gegenüber einem Besteuerungstatbestand aus, wenn sie dazu führen, dass der Besteuerungsanspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann. Vollzugsmängel, wie sie immer wieder vorkommen können und sich tatsächlich ereignen, führen allein noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der materiellen Steuernorm. Verfassungsrechtlich verboten ist jedoch der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht auf Durchsetzung dieses Befehls angelegten Erhebungsregel. Zur Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlichen auf Ineffektivität angelegten Rechts (BVerfG-Urteil in BGBl I 2004, 591, HFR 2004, 471).
Der Vortrag des Klägers legt ein solches normatives Defizit nicht dar; der Senat vermag es im Hinblick auf die vom Kläger geschilderten Sachverhalte auch nicht zu erkennen. Denn nach § 34 Abs. 1 ErbStG haben u.a. die Notare Anzeige zu erstatten über diejenigen Beurkundungen, die —wie im Streitfall— für die Festsetzung einer Erbschaftsteuer von Bedeutung sein können. Ein normatives Defizit liegt insoweit nicht vor.
6. Die Revision hat auch insoweit keinen Erfolg, als der Kläger sich gegen die Entscheidung des FG richtet, das FA habe nicht ermessensfehlerhaft gehandelt, als es § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG nicht im Billigkeitswege auf Zeiträume vor seinem In-Kraft-Treten angewendet hat. Die Entscheidung des FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, soweit das FG darauf abstellt, dass dem Gesetzgeber die mit der Einführung der Begünstigungsvorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG ab einem bestimmten Zeitpunkt verbundene Härte bekannt gewesen sei.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 63 Nr. 1
DStR 2006 S. 178 Nr. 5
DStRE 2006 S. 252 Nr. 4
HFR 2005 S. 1217 Nr. 12
KÖSDI 2006 S. 14937 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 20/2006 S. 54
XAAAB-70200