BFH Beschluss v. - X B 22/05

Instanzenzug:

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil ihre Be-gründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.

1. Ausdrücklich berufen hat sich der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) innerhalb der Frist für die Beschwerdebegründung (§ 116 Abs. 3 FGO) auf keinen der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgezählten Revisionszulassungsgründe. Im Wege der Auslegung können seine Einwendungen im Schriftsatz vom jedoch dahin gehend verstanden werden, dass er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und die Abweichung der angefochtenen Vorentscheidung vom Senatsurteil vom X R 104/92 (BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297) rügt.

2. Der Kläger hat nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO genügt nicht die vom Kläger vorgenommene Beschreibung des Rechtsstoffes, der den Rahmen für die Entscheidung der Streitsache bildet. Den Ausführungen des Beschwerdeführers müsste vielmehr zu entnehmen sein, dass, in welchem Umfang und aus welchen Gründen eine Rechtsfrage umstritten ist und worin die Bedeutung einer Entscheidung zu dieser Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) für die Fortentwicklung des Rechts zu sehen ist. Hierzu äußert sich der Kläger jedoch nicht.

Im Übrigen ist durch die Rechtsprechung des BFH bereits geklärt, dass die Besteuerung des beim Wegfall eines negativen Kapitalkontos entstehenden Veräußerungsgewinns grundsätzlich nicht sachlich unbillig ist (, BFH/NV 1994, 439). Denn der steuerpflichtige Gewinn ist rechtlich notwendige Folge aus der früheren Verlustzurechnung. Eine Ausnahme hiervon kann z.B. dann in Betracht kommen, wenn der ausgeschiedene Gesellschafter ggf. künftig für Schulden der Gesellschaft in Anspruch genommen wird (, BFHE 162, 30, BStBl II 1991, 64). Zudem hat der erkennende Senat mit Urteil in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297 ausgeführt, dass die Erhebung (Einziehung) eines Einkommensteueranspruchs auch dann sachlich unbillig sein kann, wenn das Zusammenwirken verschiedener Regelungen zu einer hohen Steuerschuld führt, obwohl dem kein Zuwachs an Leistungsfähigkeit zugrunde liegt. Die Entscheidung betraf den Fall, dass sich aus der Auflösung eines negativen Kapitalkontos anlässlich der Insolvenz der Gesellschaft ein hoher Veräußerungsgewinn ergab, indessen die Verluste, die sich zu diesem negativen Kapitalkonto aufsummiert hatten, in den betreffenden Veranlagungszeiträumen steuerlich nicht wirksam geworden waren. Im Anschluss hieran hat der IV. Senat des BFH entschieden, dass die Besteuerung eines aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten resultierenden Veräußerungsgewinns sachlich unbillig ist, wenn dem negativen Kapitalkonto Verluste zugrunde liegen, die der Steuerpflichtige wegen des Ausgleichs- und Abzugsverbots für gewerbliche Tierzucht und -haltung nicht hatte verrechnen können (, BFHE 180, 61, BStBl II 1996, 289). Der Beschluss des III. Senats des (BFH/NV 1996, 728) weist in zutreffender Abgrenzung zu den vorgenannten Entscheidungen darauf hin, dass eine sachliche Unbilligkeit im Sinne eines Widerspruchs zu Grundwertungen des Gesetzgebers nicht vorliegt, wenn sich die früheren Verluste aus der Beteiligung an einer KG beim Beteiligten in voller Höhe steuerlich ausgewirkt haben.

Zudem ist durch die Rechtsprechung bereits geklärt, dass ein Erlass wegen persönlicher Unbilligkeit nur in Betracht kommt, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde. Das ist der Fall, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden könnte oder die berufliche Existenz ernsthaft gefährdet wäre (vgl. , BFH/NV 2000, 161, 163, m.w.N.). Dies setzt allerdings voraus, dass sich der Billigkeitserlass auf die wirtschaftliche Situation des Steuerpflichtigen konkret auswirken kann. Lebt wie im Streitfall der Kläger —unabhängig von Billigkeitsmaßnahmen— in wirtschaftlichen Verhältnissen, die —weil Einkünfte und Vermögen gering sind und im Übrigen dem Pfändungsschutz unterliegen— eine Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis ausschließen, könnte ein Erlass hieran nichts ändern und wäre deshalb nicht mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Antragsteller verbunden (, BFH/NV 2002, 889, m.w.N.).

Der Umstand, dass das für die Besteuerung des Bruders des Klägers zuständige Finanzamt bei gleicher Sachlage einen Billigkeitserlass ausgesprochen hat, ist im Streitfall ohne Bedeutung, da die Ermessensentscheidung einer Finanzbehörde nicht durch die einer anderen vorgeprägt wird.

3. Auch die Zulassung der Revision wegen Abweichung der Vorentscheidung vom Senatsurteil in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297 kommt nicht in Betracht. Der Kläger hat nicht —wie es indes für eine schlüssige Divergenzrüge i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO geboten gewesen wäre— abstrakte entscheidungserhebliche Rechtssätze aus dem angeführten Urteil des BFH und abstrakte entscheidungserhebliche Rechtssätze aus dem angegriffenen Urteil des Finanzgerichts (FG) so genau bezeichnet, dass eine Abweichung erkennbar würde (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2003, 592).

Für eine solche Divergenzbezeichnung genügt es nicht darauf hinzuweisen, das FG habe ein BFH-Urteil nicht ausreichend beachtet. Damit wird allenfalls dargelegt, dass das FG die Rechtsprechung des BFH fehlerhaft angewendet hat, nicht aber, dass das FG seiner Entscheidung einen allgemeinen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den rechtlichen Erwägungen der Entscheidung des BFH nicht übereinstimmt (, BFH/NV 2003, 1585).

4. Die zusätzliche Begründung vom ist als nachgereichter Schriftsatz verspätet. Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, ist nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen; spätere Darlegungen sind —abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen— nicht zu berücksichtigen.

5. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass der Kläger bereits am den Antrag gestellt hatte, die Einkommensteuer 1980 aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen. Diesen Antrag hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) mit Verfügung vom abgelehnt. Die gegen die ablehnende Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion Münster erhobene Klage wurde durch Urteil des FG Münster vom…als unbegründet abgewiesen. Diese FG-Entscheidung wurde rechtskräftig, nachdem der BFH die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen hatte. Die dadurch eingetretene Bestandskraft der ablehnenden Erlassentscheidung aus dem Jahr 1989 stand im Streitfall einer erneuten Überprüfung der Voraussetzungen eines Erlasses aus sachlichen Billigkeitsgründen entgegen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 11 Nr. 1
XAAAB-69096