Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb unter der Bezeichnung A eine Molkerei, die u. a. von den Landwirten W und P beliefert wurde. Im Rahmen einer Steueraufsichtsmaßnahme bei der Molkerei (Käuferin) wurde festgestellt, daß der Erzeuger W seit 1985 die Anlieferungsreferenzmenge (ARM) des Landwirts P ausgenutzt und die Milch auf die ARM des P geliefert hatte. Mit Schreiben vom 14. September 1990 wies der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt -- HZA --) die Käuferin darauf hin, daß die dort in den Zwölfmonatszeit räumen 1985/1986 bis 1989/1990 auf den Namen des P verbuchte Milch nicht in dessen Betrieb, sondern im Betrieb des W erzeugt worden sei. Die beiden Landwirte hätten die Feststellungen der Prüfer inzwischen schriftlich bestätigt. Unter Berechnung im einzelnen wurde die Käuferin aufgefordert, neue Abrechnungen zu erstellen und eine berichtigte Abgabeanmeldung für eine Milch-Garantiemengenabgabe des Erzeugers W in Höhe von ... DM zu übersenden. Die durch die Käuferin berichtigten Anmeldungen gingen am 30. Oktober 1990 beim HZA ein. Die nachgeforderte Milch-Garantiemengenabgabe zahlte die Klägerin im Januar 1991 an die Bundeskasse X. Mit Vertrag vom 28. Januar 1991 verkaufte die Klägerin mit Wirkung zum 1. Februar 1991 das zu A gehörige Anlage- und Umlaufvermögen an Y. Dem HZA wurde dies mitgeteilt. Am 3./5. Juli 1991 beantragte die Klägerin beim HZA die Rückzahlung des Betrages von ... DM wegen rechtsgrundloser Zahlung. Die Prüfung ihrer Rechtsabteilung habe ergeben, daß die an das HZA geleistete Milch-Garantiemengenabgabe in dieser Höhe ohne rechtlichen Grund gezahlt worden und daher zu erstatten sei. Seit dem Verkauf der Molkerei sei es der Klägerin unmöglich, die für W gezahlte Summe von laufenden Milchgeldrechnungen einzubehalten. Das HZA lehnte dies ab. Der gegen diesen Bescheid eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 1055 veröffentlichten Gründen als unbegründet ab. Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des § 11 der Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) sowie von § 33 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 48 der Abgabenordnung (AO 1977). Als Käuferin sei die Klägerin Entrichtungsschuldnerin i. S. des § 33 Abs. 1 AO 1977 gewesen. Sie habe die Milch-Garantiemengenabgaben ihrer Erzeuger für deren Rechnung einzubehalten und abzuführen gehabt. Als Entrichtungsschuldnerin habe die Klägerin von vornherein nicht Dritte i. S. von § 48 Abs. 1 AO 1977 sein können. Es sei zwar richtig, daß Erstattungsberechtigter im Rahmen des § 37 Abs. 2 AO 1977 auch bei Abzugsteuern grundsätzlich der Abgabenschuldner sei. Die Rechtsprechung sei aber von diesem Prinzip in Sonderfällen, vor allem im Lohnsteuerrecht, immer wieder abgewichen. Auch hier gehe es um einen Sonderfall. Das HZA habe die Klägerin als vermeintliche Entrichtungsschuldnerin in Anspruch genommen. Tatsächlich bestehe eine Entrichtungsschuld der Klägerin im vorliegenden Fall aber nicht. Eine Entrichtungsschuld sei gemäß § 11 MGV und § 33 Abs. 1 AO 1977 davon abhängig, daß die Klägerin die Abgabe zuvor einbehalten gehabt hätte. Dies sei aber unstreitig nicht der Fall gewesen. Auf nachträgliche Verrechnungsmöglichkeiten der Klägerin gegenüber dem Erzeuger W komme es nicht an. Die Klägerin sei keine Haftungsschuldnerin. Ihr könne daher auch das wirtschaftliche Risiko einer etwaigen späteren Verrechnung gegenüber dem Erzeuger W nicht auferlegt werden. Im übrigen habe sie auch nicht mehr die Möglichkeit, die nachgeforderten Abgaben gegenüber dem Erzeuger W zu verrechnen. Es könne der Klägerin auch nicht angelastet werden, daß sie A veräußert habe. Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Bescheid des HZA vom 20. August 1991 und die Einspruchsentscheidung des HZA vom 8. Oktober 1992 aufzuheben sowie das HZA zu verpflichten, dem Antrag der Klägerin vom 3. Juli 1991 auf Erstattung des Betrages von ... DM stattzugeben. Das HZA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es ist der Auffassung, das FG habe in der angefochtenen Vorentscheidung richtig ausgeführt, daß entgegen der Auffassung der Klägerin weder das Gemeinschaftsrecht noch die nationale MGV eine Vorschrift enthalte, nach der die Entrichtungspflicht des Käufers unter der Bedingung stehe, daß er in der Lage sei und bleibe, die Abgaben vom laufenden Milchgeld des die Abgaben schuldenden Milcherzeugers in Zukunft einzubehalten. Die Entrichtungspflicht des Käufers bestehe auch, wenn der Abgabebetrag nicht vom laufenden Milchgeld des Erzeugers eingezogen worden sei, weil die Käuferin nach dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1546/88 (VO Nr. 1546/88) der Kommission vom 3. Juni 1988 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften -- ABlEG -- Nr. L 139/12), jetzt Art. 3 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 536/92 (VO Nr. 536/92) der Kommission vom 9. März 1993 (ABlEG Nr. L 57/12) nicht den einbehaltenen, sondern den geschuldeten Betrag der Abgabe zu zahlen habe. Damit könne nur eine Zahlungspflicht aus dem eigenen Vermögen des Käufers gemeint sein, ohne daß dieser indes Haftungsschuldner werde. Entscheidend sei, daß die Klägerin nicht ohne Rechtsgrund gezahlt habe. Die Zahlungsverpflichtung der Klägerin habe ihren Rechtsgrund in der Abgabenschuld des Milcherzeugers W gehabt. Daß sich die Klägerin durch die Veräußerung von A die Möglichkeit der Verrechnung gegenüber dem Erzeuger W genommen habe, sei ihrem unternehmerischen Risiko zuzurechnen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): BFH/NV 1996 S. 92 BFH/NV 1996 S. 92 Nr. 1 AAAAB-37605
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