Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
BFH Urteil v. - IV R 5/93

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) und der B-Fonds sind zu ideellen Anteilen von 46,315/100 und 53,685/100 Miteigentümer des Grundstücks X in Berlin. Der Eigentümer des Grundstücks hatte gemäß § 8 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (WEG) vom 15. März 1951 (BGBl I 1951, 175) das Eigentum an dem Grundstück in zwei Miteigentumsanteile geteilt. Die Klägerin erwarb 1984 den Miteigentumsanteil, der mit dem Sondereigentum an den im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten 12 Wohnungen und einem Laden in einem zu errichtenden Gebäude (Neubau), sechs auszubauenden Wohnungen im 2. bis 4. Obergeschoß eines von Kriegsschäden betroffenen anderen Gebäudes (Ruine) und sechs Wohnungen in dem auszubauenden Dachgeschoß eines weiteren Gebäudes (Altbau) verbunden war. Der Miteigentumsanteil des B-Fonds umfaßte das Sondereigentum an den im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichneten, in der Ruine und dem Altbau gelegenen 17 Wohnungen und vier Läden. Der B-Fonds modernisierte diese Räumlichkeiten. Die Klägerin errichtete den Neubau und führte die Ausbauten in der Ruine und dem Dachgeschoß des Altbaus durch. Die Baumaßnahmen wurden von der Wohnungsbau-Kreditanstalt Berlin (WBK) durch Aufwendungsbeihilfen für den öffentlich geförderten Wohnungsbau bezuschußt. Einer Bescheinigung des zuständigen Bezirksamts zufolge fand die Schlußabnahme für die Erstellung eines Mehrfamilienhauses, Umbau des Altbaus sowie den Ausbau des Dachgeschosses am 19. Dezember 1986 statt. In ihren Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Streitjahre 1986 und 1987 nahm die Klägerin erhöhte Absetzungen nach § 14a des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) von ... DM für 1986 und ... DM für 1987 in Anspruch. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) gewährte mit der Begründung, es sei kein Mehrfamilienhaus errichtet, sondern nur Wohnungseigentum mit mehreren in sich abgeschlossenen Wohnungen begründet worden, lediglich Absetzungen für Abnutzungen (AfA) gemäß § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) von ... DM für 1986 und ... DM für 1987. Hiergegen wandte sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruch mit der Klage, mit der sie u.a. geltend machte, mehrere Eigentumswohnungen lägen zivilrechtlich nicht vor, wenn ein Wohnungseigentumsrecht mehrere Wohnungen umfasse; die Auffassung des FA stehe im Widerspruch zur Begriffsbestimmung der Eigentumswohnung in § 12 Abs. 1 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II.WoBauG) i.d.F. vom 11. Juli 1985 (BGBl I 1985, 1284, 1661, BStBl I 1985, 505, 609). Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es führte aus: Das BerlinFG gewähre erhöhte Absetzungen zum einen für Mehrfamilienhäuser (§ 14a), zum anderen für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen (§ 15), ohne die Begriffe zweifelsfrei zu definieren. Die Auffassung des FA entspreche zwar einer weit verbreiteten Ansicht (u.a. den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. März 1984 IX R 8/79, BFHE 141, 193, BStBl II 1984, 578; vom 26. April 1990 IX B 224/88, BFH/NV 1991, 240, 241). Dieser Ansicht trete der Senat insoweit bei, als der Begriff des Mehrfamilienhauses das ganze Gebäude umfasse. Andererseits sei unter einer Eigentumswohnung i.S. des § 15 BerlinFG nur ein Objekt zu verstehen, dem höchstens zwei Wohneinheiten zugeordnet seien. Das folge aus einer Gleichstellung von Eigentumswohnungen mit Ein- und Zweifamilienhäusern sowie der Begrenzung der begünstigten Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf bestimmte Höchstbeträge. Bei einer Errichtung von mehr als zwei Wohnungen in der Rechtsform einer Eigentumswohnung komme danach eine Förderung bei einer allein am Wortlaut haftenden Auslegung nicht in Betracht. Bei dieser Sachlage sei bei einem Sondereigentum an mindestens drei Wohnungen eine Analogie zu § 14a BerlinFG gerechtfertigt und förderungspolitisch auch dringend geboten. Die Analogie entspreche im Ergebnis den Absichten des Gesetzgebers. Nach dem durch das Gesetz zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 sowie zur Förderung des Mietwohnungsbaus und von Arbeitsplätzen in Privathaushalten vom 30. Juni 1989 (BGBl I 1989, 1267, BStBl I 1989, 251) eingefügten § 14a Abs. 8 BerlinFG seien - wenn auch nicht im Wege einer rückwirkenden Klarstellung - unter bestimmten Voraussetzungen nunmehr auch Gebäude und Dachgeschoßausbauten mit mehr als zwei Eigentumswohnungen in die Förderung einbezogen worden. Daß der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien von einer Neuerung ausgegangen sei, hindere die Analogie nicht. Die Ausdehnung der Vergünstigung auf alle vermieteten Eigentumswohnungen - auch soweit dem Sondereigentum jeweils nur eine Wohnung zugeordnet sei - durch § 14a Abs. 8 BerlinFG i.d.F. des Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus und zur Ergänzung des Steuerreformgesetzes 1990 (WoBauFG) vom 22. Dezember 1989 (BGBl I 1989, 2408, BStBl I 1989, 505) sei demgegenüber nicht mehr analogiefähig. Danach sei nicht mehr entscheidungserheblich, ob wenigstens der Neubau von 12 Wohnungen (ggf. mit anteiligem Dachgeschoßausbau) als Mehrfamilienhaus angesehen werden könne. Dafür sprächen das Ergebnis der baurechtlichen Schlußabnahme sowie der Umstand, daß die Wohnungen in dem Neubau ausweislich der beigezogenen Bauakten über ein eigenes Treppenhaus erschlossen seien. Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 14a BerlinFG).

Fundstelle(n):
BFH/NV 1994 S. 843
BFH/NV 1994 S. 843 Nr. 12
OAAAB-34816

In den folgenden Produkten ist das Dokument enthalten:

Kiehl Büroberufe
Kiehl Die Steuerfachangestellten Plus
NWB Lohn, Deklaration & Buchhaltung
Wählen Sie das für Ihre Bedürfnisse passende NWB-Paket und testen Sie dieses kostenfrei
Jetzt testen