BFH Urteil v. - III R 6/03 BStBl 2004 II S. 1081

Begünstigung angeschaffter, vom Veräußerer unter Verwendung auch von Altteilen hergestellter WG [BStBl 2004 II S. 1081]

Leitsatz

1. Schafft der Anspruchsberechtigte ein vom Veräußerer hergestelltes bewegliches Wirtschaftsgut an, ist das Wirtschaftsgut nur dann neu i.S. des § 2 Satz 1 InvZulG 1991, wenn es noch nicht in Gebrauch genommen oder sonst verwendet worden ist und wenn der Veräußerer ein neues Wirtschaftsgut hergestellt hat.

2. Eine unter Verwendung gebrauchter und neuer Bauteile hergestellte Maschine ist als neu zu beurteilen, wenn der Teilwert der gebrauchten Bauteile 10 v.H. des Teilwerts der Maschine nicht übersteigt. Wieder verwendete neuwertige Bauteile, die dem Standard neuer Bauteile entsprechen oder verschleißfrei sind und nach Fertigstellung des Wirtschaftsgutes nicht von neuen Bauteilen zu unterscheiden sind, sind jedenfalls dann nicht den gebrauchten Bauteilen zuzurechnen, wenn der Verkaufspreis der Maschine von dem Anteil der verwendeten neuen und neuwertigen Bauteile unabhängig ist.

Gesetze: InvZulG 1991 § 2 Satz 1

Instanzenzug: (EFG 2003, 1188) (Verfahrensverlauf),

Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform einer GmbH den Innenausbau und die Herstellung von Möbeln aller Art. Im Jahr 1992 schaffte sie eine sog. werksüberholte CNC-gesteuerte Formatbearbeitungs- und Kantenleimmaschine KF 62 der Firma Homag (künftig: Homag KF 62) an sowie im Jahr 1993 zwei Rollenteller, die in die Homag KF 62 eingebaut wurden.

Nach den Angaben der Klägerin im Klageverfahren wird eine „werksüberholte” Maschine —wie eine neue Maschine— nach dem vom Besteller vorgegebenen speziellen Anforderungsprofil entwickelt und von Grund auf neu zusammengebaut. Jedoch würden teilweise Komponenten aus Maschinen verwendet, die von anderen Kunden zurückgegeben worden seien. Diese Maschinen würden vollständig zerlegt, die wieder verwendbaren Teile zunächst gelagert und anschließend nach Bedarf wieder eingesetzt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) setzte für diese Wirtschaftsgüter zunächst antragsgemäß Investitionszulage unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Nach einer Außenprüfung im Jahr 1996 änderte das FA die Investitionszulagenbescheide für die Streitjahre 1992 und 1993 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) und setzte die Investitionszulage für 1992 und für 1993 herab. Es war der Auffassung, für die Homag KF 62 stehe der Klägerin keine Investitionszulage zu, weil es sich nicht um ein neues Wirtschaftsgut handle. Als Nachrüstung für die Homag KF 62 seien die Rollenteller mangels Selbständigkeit ebenfalls nicht begünstigt. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage nach Vernehmung des Verkaufsleiters der Firma Homag, Herrn X, als sachverständigen Zeugen ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1188 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Satz 1 des Investitionszulagengesetzes —InvZulG— 1991 und 1993) sowie Verfahrensmängel (§ 76 Abs. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Sie führt im Wesentlichen aus:

Bei der Herstellung werksüberholter Maschinen würden ausschließlich verschleißfreie Altkomponenten verwendet, die nicht aus einer (bestimmten) Altmaschine stammten. Die Homag KF 62 sei einer neu hergestellten Maschine völlig gleichwertig, aber um ca. 30 v.H. billiger, weil der Konstruktions- und Organisationsaufwand geringer als bei einer Neumaschine sei. Für beide Arten von Maschinen gelte eine sechsmonatige Werksgarantie. Im Übrigen seien die gesamte Elektrik, Elektronik und Pneumatik stets vollständig neu.

Das FG habe den Begriff des neuen Wirtschaftsgutes in § 2 Satz 1 InvZulG 1991/1993 unzutreffend ausgelegt und die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht beachtet. Soweit die Rechtsprechung für die —unschädliche— Verwendung von Altteilen eine Grenze von 10 v.H. zugrunde lege, habe das FG keine ausreichenden Tatsachenfeststellungen getroffen und die Altkomponenten ebenfalls aufgrund eines unrichtigen Sachverhaltes bewertet. Insbesondere fehlten Feststellungen zu den Teilwerten.

Hilfsweise werde eine unvollständige Beweiserhebung und Beweiswürdigung gerügt. Bereits in ihrer Klagebegründung sowie in weiteren Schriftsätzen habe sie, die Klägerin, für die Neuheit der Homag KF 62 ein Sachverständigengutachten angeboten. Sollte es für die Neuheit auf die 10 v.H.-Grenze ankommen, seien eingehende Wertfeststellungen zu Art und Umfang der gebrauchten, wieder verwendeten Teile, zu ihren Teilwerten und zum Teilwert des fertigen Produkts sowie zum Verhältnis dieser Teilwerte zueinander erforderlich.

Die zwei Rollenteller seien ebenfalls zulagenbegünstigt. Sie seien für die ordnungsgemäße Funktion der Homag KF 62 nicht notwendig. Sie könnten problemlos wieder ausgebaut und an anderen Möbelbearbeitungsmaschinen eingesetzt werden. Die Rollenteller seien selbständig verkehrsfähig auf einem eigenständigen Markt und mithin selbständig bewertbar. Allein durch ihre Verbindung mit einem anderen Wirtschaftsgut verlören sie nicht ihre Eigenschaft als selbständig bewertbares Wirtschaftsgut. Die fehlende selbständige Nutzbarkeit begründe keine zulagenrechtliche Einheit der Wirtschaftsgüter.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG und den geänderten Investitionszulagenbescheid für 1992 in der Fassung der Einspruchsentscheidung aufzuheben sowie unter Änderung des Investitionszulagenbescheids für 1993 in der Fassung der Einspruchsentscheidung die Investitionszulage für 1993 auf ... € festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

1. Nach § 2 Satz 1 InvZulG 1991 sind neben weiteren Voraussetzungen die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens begünstigt.

a) Was unter einem neuen Wirtschaftsgut zu verstehen ist, erläutert das InvZulG nicht. Zur Auslegung dieses Begriffs in früheren Fassungen der InvZulG hat der BFH maßgeblich die Entstehungsgeschichte und den Normzweck herangezogen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 1 Abs. 5 InvZulG 1969 (BTDrucks V/3890, S. 26, zu Abs. 3) sollte die Zulage nur für neue Wirtschaftsgüter gewährt werden, damit die im Fördergebiet neu errichteten oder erweiterten Betriebsstätten mit modernen Maschinen und Geräten ausgestattet würden, um sie gegenüber Betrieben im übrigen Bundesgebiet wettbewerbsfähig zu machen. Hieraus hat der BFH gefolgert, ein aus gebrauchten Teilen zusammengefügtes Wirtschaftsgut sei im Regelfall nicht als neu zu beurteilen, weil es nicht geeignet sei, die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs zu fördern (, BFHE 116, 573, BStBl II 1976, 96). Ein neues Wirtschaftsgut werde nur hergestellt bei Umgestaltung zu einem andersartigen Wirtschaftsgut (BFH-Urteil in BFHE 116, 573, BStBl II 1976, 96) oder wenn das Wirtschaftsgut durch die neuen Teile geprägt werde und die Altteile wertmäßig von untergeordneter Bedeutung seien (, BFH/NV 2001, 484, m.w.N.).

In dem Bericht und Antrag des Finanzausschusses des Bundestages zu § 4a InvZulG 1975 (BTDrucks 7/3010, S. 5, zu Art. 2, Nr. 1, Abs. 2) wird der Begriff „neu” ebenfalls definiert als „ungebraucht”. Dies lässt nach Auffassung des BFH den Willen des Gesetzgebers erkennen, die Anschaffung gebrauchter Wirtschaftsgüter nicht zu begünstigen (, BFHE 127, 117, BStBl II 1979, 287, zu § 4b InvZulG 1975).

Durch diese Auslegung des Begriffs „neu” wird zugleich ausgeschlossen, dass mehrere Personen hinsichtlich desselben Wirtschaftsgutes die Fördervoraussetzungen erfüllen. Investitionen sollen zulagenrechtlich nur einmal gefördert werden (, BFHE 188, 471, BStBl II 1999, 613).

Auch in anderen Fördertatbeständen wird das Merkmal „neues Wirtschaftsgut” trotz der unterschiedlichen Zwecke der Regelungen im gleichen Sinn ausgelegt (vgl. , BFHE 130, 102, BStBl II 1980, 341, und vom III R 64/79, BFHE 141, 198, BStBl II 1984, 630, jeweils zu § 4b InvZulG 1975 und zu § 19 des BerlinförderungsgesetzesBerlinFG—; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 7g EStG Anm. 21).

b) Diese Auslegungsgrundsätze gelten auch für § 2 Satz 1 InvZulG 1991. Das vom Investor angeschaffte Wirtschaftsgut ist daher nur dann neu, wenn es noch nicht in Gebrauch genommen oder sonst verwendet worden ist (, BFH/NV 2002, 537) und wenn der Hersteller, von dem der Investor erworben hat, ein neues Wirtschaftsgut hergestellt hat (gl.A. , BStBl I 1991, 768, Rz. 33). Das setzt im Regelfall die Verwendung ausschließlich neuer, d.h. ungebrauchter Teile voraus (BFH-Urteile in BFHE 130, 102, BStBl II 1980, 341; vom III R 108/90, BFHE 167, 257, BStBl II 1992, 452, und in BFH/NV 2001, 484).

Bei Verwendung gebrauchter Teile wird ein neues Wirtschaftsgut hergestellt, wenn eine gebrauchte Sache durch Verwirklichung einer neuen Idee zu einem andersartigen Wirtschaftsgut umgestaltet wird oder wenn eine bereits vorhandene und gebrauchte bewegliche Sache unter Verwendung neu angeschaffter Teile so tiefgreifend umgestaltet oder in einem solchen Ausmaß erweitert wird, dass die neuen Teile dem Gesamtbild das Gepräge geben. Weitere Voraussetzung ist, dass die verwendeten Altteile wertmäßig von untergeordneter Bedeutung sind.

Eine wertmäßig untergeordnete Bedeutung nimmt der BFH —der Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung folgend— an, wenn der Teilwert der bei der Herstellung (als dem maßgebenden Zeitpunkt) verwendeten gebrauchten Wirtschaftsgüter 10 v.H. des Teilwertes des hergestellten neuartigen Wirtschaftsgutes nicht überschreitet (BFH-Urteile in BFHE 130, 102, BStBl II 1980, 341; vom III R 21/80, BFHE 141, 200, BStBl II 1984, 631, und in BFHE 167, 257, BStBl II 1992, 452). Die Höchstgrenze für den Teilwert des hergestellten Wirtschaftsgutes in diesen Fällen bildet die Summe sämtlicher Anschaffungskosten für Neu- und Altteile nebst den Montagekosten (BFH-Urteil in BFHE 141, 200, BStBl II 1984, 631).

Im (BStBl I 1992, 236, Tz. 2) hat die Finanzverwaltung die von der Rechtsprechung gebilligte 10 v.H.-Regelung (BMF-Schreiben in BStBl I 1991, 768, Rz. 33) ergänzt. Danach gelten nicht als gebrauchte Wirtschaftsgüter i.S. der 10 v.H.-Regelung „neuwertige Bauteile, die vom Hersteller neben gleichartigen neuen Bauteilen in einem Produktionsprozess wieder verwendet werden, wenn der Verkaufspreis des hergestellten Wirtschaftsgutes unabhängig vom Anteil der bei der Herstellung verwendeten neuen und neuwertigen Bauteile ist. Neuwertig sind gebrauchte Bauteile, die dem Standard neuer Bauteile entsprechen oder verschleißfrei sind und die nach Fertigstellung des Wirtschaftsgutes nicht von neuen Bauteilen unterschieden werden können”.

Nach Auffassung des Senats wird im BMF-Schreiben in BStBl II 1992, 236 der Begriff „neu” insoweit zutreffend ausgelegt, als gebrauchte, aber verschleißfreie Teile als neuwertig zu behandeln und nicht in die 10 v.H.-Regelung einzubeziehen sind. Dagegen hat der Senat Zweifel, ob die Abhängigkeit des Verkaufspreises von dem Anteil der bei der Herstellung verwendeten neuen und neuwertigen Bauteile ein geeignetes Kriterium für die Abgrenzung gebrauchter von neuen Wirtschaftsgütern ist. Hierüber braucht der Senat im Streitfall aber nicht zu entscheiden. Denn nach dem BMF-Schreiben sind die wieder verwendeten verschleißfreien Teile jedenfalls nur dann den gebrauchten Bauteilen zuzuordnen, wenn sich der Verkaufspreis nach dem Anteil der verwendeten neuen und neuwertigen Teile bemisst. Allein die Tatsache, dass der Verkaufspreis einer —teilweise unter Verwendung verschleißfreier Altteile hergestellten— Maschine unter dem einer fabrikneuen Maschine liegt, rechtfertigt es nicht, die verschleißfreien Altteile in die 10 v.H.-Regelung einzubeziehen. Denn durch die Verwendung verschleißfreier, neuwertiger Komponenten kann weder die Wettbewerbsfähigkeit von Investoren im Fördergebiet beeinträchtigt werden noch wird der Grundsatz, eine Doppelförderung auszuschließen, insoweit wesentlich berührt.

2. Das FG hat zu Recht die Maschine nicht wegen der Verwirklichung einer neuen Idee bei der Herstellung als neu angesehen. Auch wenn die Maschine nach dem besonderen Anforderungsprofil der Klägerin hergestellt worden ist, ist jedoch keine im Vergleich zu Formatbearbeitungs- und Kantenleimmaschinen völlig andersartige Maschine auf der Grundlage neuer Ideen konstruiert worden. Auch die Klägerin behauptet nicht, dass die Voraussetzungen für einen solchen Ausnahmefall vorlägen. Jedoch ist das FG bei der Würdigung, ob die Maschine als neu zu beurteilen ist, weil die neuen Teile die Maschine prägen und die verwendeten gebrauchten Teile wertmäßig von untergeordneter Bedeutung sind, von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen. Das Urteil war daher insoweit aufzuheben.

Nach dem vom Zeugen X im Einzelnen beschriebenen Herstellungsvorgang ist keine gebrauchte Maschine unter Einbau verschiedener Komponenten wie der Steuerung, verschiedener Fräseinrichtungen, Elektrik und Pneumatik generalüberholt worden. Vielmehr wurden auch die sog. „werksüberholten” Maschinen von Grund auf neu zusammengesetzt. Dabei wurden neben fabrikneuen Komponenten nur verschleißfreie Teile verwendet, die aus verschiedenen, von anderen Kunden zurückgegebenen Maschinen stammten. Die werksüberholten Maschinen weisen den gleichen Standard auf wie aus neuen Teilen hergestellte Maschinen. Auch die Nutzungsdauer unterscheidet sich nicht von Neumaschinen.

Daraus, dass die Bauteile großenteils aus zurückgegebenen gebrauchten Maschinen stammten, hat das FG gefolgert, die neu eingesetzten Teile hätten der Homag KF 62 nicht das Gepräge gegeben; dem Einbau der neuen Teile sei lediglich die Bedeutung einer umfassenden Überholung zugekommen. Hierbei hat das FG nicht berücksichtigt, dass wieder verwendete verschleißfreie Teile als neuwertig zu beurteilen und neuen Bauteilen gleichzustellen sind.

Auch bei der Prüfung, ob die gebrauchten gegenüber den neuen Bauteilen von untergeordneter Bedeutung sind, hat das FG nicht zwischen gebrauchten und wieder verwendeten neuwertigen Bauteilen unterschieden. Es hat die verschleißfreien Teile den gebrauchten Komponenten zugeordnet und unterstellt, dass sie in der Summe 10 v.H. des Teilwerts der Maschine übersteigen. Zu Unrecht hat das FG allein wegen des niedrigeren Preises einer „werksüberholten” Maschine die wieder verwendeten verschleißfreien Teile nicht als neuwertig behandelt. Dies kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Verkaufspreis durch den Anteil der verwendeten neuen und neuwertigen Bauteile beeinflusst wird.

Im Streitfall hat der als Verkaufsleiter tätige sachverständige Zeuge X aber ausgeschlossen, dass die Kalkulation des Verkaufspreises von dem Anteil der bei der Herstellung verwendeten fabrikneuen Komponenten oder verschleißfreien Altkomponenten abhängt. Er hat, nachdem das FA Zweifel bezüglich der Preisgestaltung geäußert hatte, mit Bestimmtheit erklärt, für den Preis solcher Maschinen komme es nicht darauf an, ob einzelne Komponenten aus fabrikneuer Herstellung oder aus „Rückläufern” stammten.

Für das FG kam es nach seiner rechtlichen Auffassung nicht darauf an, aus welchen Gründen der Kaufpreis der Homag KF 62 um 30 v.H. niedriger als der einer fabrikneuen Maschine war. Es wird daher im zweiten Rechtsgang die Aussage des Zeugen X unter Berücksichtigung der unter II. 1. b dargestellten rechtlichen Kriterien erneut würdigen und ggf. weitere Ermittlungen anstellen. Sofern das FG keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des sachverständigen Zeugen X hat —solche sind nach dem Akteninhalt bislang auch nicht ersichtlich—, liegen die Fördervoraussetzungen für die von der Klägerin angeschaffte Homag KF 62 vor.

3. Das Urteil war auch insoweit aufzuheben, als das FG für die Rollenteller keine Investitionszulage gewährt hat. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die Rollenteller aufgrund ihrer Verbindung mit der Homag KF 62 nicht mehr selbständig bewertbar und deshalb nicht nach § 2 Satz 1 InvZulG 1993 begünstigt sind. Das Fehlen ausreichender Feststellungen stellt einen materiell-rechtlichen Mangel dar, der —auch ohne Rüge— zur Aufhebung der Vorentscheidung führt (, BFHE 189, 255, BStBl II 1999, 670, m.w.N.)

a) Ein neues bewegliches Wirtschaftsgut, das bestimmungsgemäß mit einem anderen Wirtschaftsgut verbunden oder gemeinsam mit diesem genutzt wird, ist nur dann ein mögliches Objekt der Zulagenförderung, wenn es weiterhin selbständig bewertbar ist (, BFHE 180, 480, BStBl II 1996, 542). Nicht begünstigt nach § 2 Satz 1 InvZulG 1993 sind nachträgliche Herstellungskosten (, BFHE 192, 181, BStBl II 2000, 628).

Gegenstände im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind nach der Rechtsprechung des Senats zulagenrechtlich nur dann selbständige Wirtschaftsgüter, wenn sie einen eigenen wirtschaftlichen Wert verkörpern, von greifbarem längerfristigen Nutzen sind und vor allem selbständig bewertet werden können. Ein im Wirtschaftsleben selbständig bewertbares Gut liegt dann vor, wenn es in seiner Einzelheit von Bedeutung und bei einer Veräußerung greifbar ist. Ob ein Gegenstand in diesem Sinn gegenüber einem lediglich unselbständigen Teil eines Wirtschaftsgutes oder gegenüber einem anderen Wirtschaftsgut abgegrenzt, d.h. individualisiert werden kann, ist nach der allgemeinen Verkehrsanschauung zu entscheiden. Für die Ermittlung der hier maßgebenden Verkehrsanschauung hat der Senat mehrere Kriterien genannt. Danach sind neben dem Zweck, den zwei oder mehrere bewegliche Sachen gemeinsam zu erfüllen haben, vor allem von Bedeutung: der Grad der Festigkeit einer eventuell vorgenommenen Verbindung (§ 93 BGB), der Zeitraum, auf den eine eventuelle Verbindung oder die gemeinsame Nutzung angelegt sind, sowie das äußere Erscheinungsbild. Ist dieses dadurch bestimmt, dass die Gegenstände für sich genommen unvollständig erscheinen oder ein Gegenstand ohne den/die anderen gar ein negatives Gepräge erhält, ist regelmäßig von einem einheitlichen Wirtschaftsgut auszugehen (vgl. , BFHE 164, 156, BStBl II 1991, 361, m.w.N.; vom III R 30/00, BFHE 196, 442, BStBl II 2001, 842; vom III R 13/99, BFHE 198, 178, BStBl II 2002, 433).

Maßgebend für die Entscheidung, ob ein Gegenstand selbständig bewertbar ist, ist auf den Zeitpunkt der bestimmungsgemäßen Verwendung des betreffenden Gegenstandes abzustellen. Sind Gegenstände im Zeitpunkt ihrer beabsichtigten betrieblichen Verwendung nicht mehr selbständig bewertbar, so ist für die Gewährung der Investitionszulage der vorangegangene Anschaffungsvorgang unbeachtlich. Bei der Zusammenfassung mehrerer getrennter oder nur lose verbundener Wirtschaftsgüter hat die Rechtsprechung den Nutzungs- und Funktionszusammenhang indes regelmäßig als nicht geeignetes Kriterium angesehen (, BFHE 162, 177, BStBl II 1991, 187). Die Zweckeinheit stellt lediglich ein Indiz dar.

Bei der Beurteilung sog. maschinengebundener Werkzeuge hat der Senat zwar deren selbständige Nutzbarkeit i.S. von § 6 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verneint. Daraus kann indes nicht geschlossen werden, dass sie auch (zulagen-)rechtlich eine Einheit mit den betreffenden Maschinen bilden (, BFHE 179, 522, BStBl II 1996, 166; vom III R 34/93, BFH/NV 1996, 707).

Die Feststellung der Verkehrsanschauung obliegt zwar dem FG als Tatsacheninstanz (BFH-Urteil in BFHE 180, 480, BStBl II 1996, 542). Indes ist die vollständige und richtige Anwendung der die Verkehrsanschauung konkretisierenden Kriterien vom BFH revisionsrechtlich nachprüfbar.

b) Nach den Grundsätzen zu den maschinengebundenen Werkzeugen erscheint die Homag KF 62 ohne die Rollenteller nicht unvollständig. Die Rollenteller können an verschiedenen Maschinen der Klägerin im Wechseleinsatz verwendet werden. Wäre die Homag KF 62 ohne Rollenteller nicht voll funktionsfähig, so könnte sie kaum isoliert angeboten werden. Die bereits im November 1992 gelieferte Homag KF 62 besaß offenbar zunächst keine Rollenteller. Vielmehr sind diese erst Mitte Februar 1993 aufgrund einer Bestellung vom Januar 1993 angeschafft worden.

Der Zeuge X hat zwar erklärt, nur die der Endloszuführung von Kantenmaterial dienenden Rollenteller gewährleisteten einen sinnvollen Produktionsablauf. Allerdings könne die Homag KF 62 theoretisch auch ohne Rollenteller betrieben werden. Das FG geht bei seiner Beurteilung von einer durch Feststellungen nicht näher belegten Annahme aus, dass, anders als bei selbständigen Zubehörstücken, im Interesse einer reibungslosen Nutzung die Rollenteller nach deren Anbringung nicht wieder demontiert würden, um sie —auch nur vorübergehend— auszutauschen oder anderweitig zu verwenden.

Der Zeuge X hat hingegen erklärt, die Rollenteller könnten an anderen Möbelbearbeitungsmaschinen eingesetzt werden. Das FG hat nicht festgestellt, wie die Rollenteller technisch angebracht sind, ob die Klägerin die Rollenteller an andere Holzbearbeitungsmaschinen ohne großen technischen und zeitlichen Aufwand hätte anbauen können (vgl. auch BFH-Urteile in BFHE 162, 177, BStBl II 1991, 187; in BFH/NV 1996, 707) und sie ggf. tatsächlich ausgewechselt hat.

Schließlich stellt das FG für seine Beurteilung erkennbar auf die Nutzung der Rollenteller ab (vgl. Beweisbeschluss vom , Frage 4, und S. 9 des FG-Urteils), die indes kein Kriterium für die Qualifizierung als selbständiges Wirtschaftsgut ist (BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 707).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
BStBl 2004 II Seite 1081
BB 2004 S. 2398 Nr. 44
BFH/NV 2004 S. 1732
BFH/NV 2004 S. 1732 Nr. 12
BStBl II 2004 S. 1081 Nr. 23
DB 2004 S. 2621 Nr. 49
DStRE 2004 S. 1353 Nr. 22
FR 2005 S. 110 Nr. 2
INF 2004 S. 889 Nr. 23
KÖSDI 2004 S. 14393 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 36/2005 S. 3036
StB 2004 S. 443 Nr. 12
ZAAAB-27813