Viertes Kapitel: Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern
Neunter Abschnitt: Sicherung der Qualität der Leistungserbringung
§ 136b Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Qualitätssicherung im Krankenhaus [1]
(1) 1Der Gemeinsame Bundesausschuss fasst für zugelassene Krankenhäuser grundsätzlich einheitlich für alle Patientinnen und Patienten auch Beschlüsse über
die im Abstand von fünf Jahren zu erbringenden Nachweise über die Erfüllung der Fortbildungspflichten der Fachärzte und der Psychotherapeuten,
einen Katalog planbarer Leistungen, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist, sowie Mindestmengen für die jeweiligen Leistungen je Arzt oder Standort eines Krankenhauses oder je Arzt und Standort eines Krankenhauses,
Inhalt, Umfang und Datenformat eines jährlich zu veröffentlichenden strukturierten Qualitätsberichts der zugelassenen Krankenhäuser,
vier Leistungen oder Leistungsbereiche, zu denen Verträge nach § 110a mit Anreizen für die Einhaltung besonderer Qualitätsanforderungen erprobt werden sollen; bis zum 31. Dezember 2023 beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss hierzu weitere vier Leistungen oder Leistungsbereiche.
2§ 136 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. 3Der Verband der Privaten Krankenversicherung, die Bundesärztekammer sowie die Berufsorganisationen der Pflegeberufe sind bei den Beschlüssen nach den Nummern 1 bis 5 zu beteiligen; bei den Beschlüssen nach den Nummern 1 und 3 ist zusätzlich die Bundespsychotherapeutenkammer zu beteiligen.
(2) 1Die Beschlüsse nach Absatz 1 Satz 1 sind für zugelassene Krankenhäuser unmittelbar verbindlich. 2Sie haben Vorrang vor Verträgen nach § 112 Absatz 1, soweit diese keine ergänzenden Regelungen zur Qualitätssicherung enthalten. 3Verträge zur Qualitätssicherung nach § 112 Absatz 1 gelten bis zum Inkrafttreten von Beschlüssen nach Absatz 1 und Richtlinien nach § 136 Absatz 1 fort. 4Ergänzende Qualitätsanforderungen im Rahmen der Krankenhausplanung der Länder sind zulässig.
(3) 1Der Gemeinsame Bundesausschuss prüft kontinuierlich die Evidenz zu bereits festgelegten Mindestmengen sowie die Evidenz für die Festlegung weiterer Mindestmengen und fasst innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme der Beratungen Beschlüsse über die Festlegung einer neuen oder zur Anpassung oder Bestätigung einer bereits bestehenden Mindestmenge. 2In den Beschlüssen kann der Gemeinsame Bundesausschuss insbesondere
vorsehen, dass Leistungen nur bewirkt werden dürfen, wenn gleichzeitig Mindestmengen weiterer Leistungen erfüllt sind, sowie
gleichzeitig mit der Mindestmenge Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität nach § 136 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 festlegen.
3Der Gemeinsame Bundesausschuss soll bei den Mindestmengenfestlegungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Übergangsregelungen sowie Regelungen für die erstmalige und für die auf eine Unterbrechung folgende erneute Erbringung einer Leistung aus dem Katalog festgelegter Mindestmengen vorsehen. 4Er soll insbesondere die Auswirkungen von neu festgelegten Mindestmengen möglichst zeitnah evaluieren und die Festlegungen auf der Grundlage des Ergebnisses anpassen. 5Das Bundesministerium für Gesundheit kann beantragen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss die Festlegung einer Mindestmenge für bestimmte Leistungen prüft. 6Für die Beschlüsse nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, zu denen das Beratungsverfahren vor dem begonnen hat, ist § 136b sowie die Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses in der bis zum geltenden Fassung zugrunde zu legen.
(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in seiner Verfahrensordnung mit Wirkung zum das Nähere insbesondere
zur Auswahl einer planbaren Leistung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 sowie zur Festlegung der Höhe einer Mindestmenge,
zur Festlegung der Operationalisierung einer Leistung,
zur Einbeziehung von Fachexperten und Fachgesellschaften,
zur Umsetzung des Prüfauftrags und zur Einhaltung der Fristvorgabe nach Absatz 3 Satz 1 sowie
zu den Voraussetzungen einer Festlegung von gleichzeitig mit der Mindestmenge zu erfüllenden Mindestanforderungen an Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität.
(5) 1Wenn die nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erforderliche Mindestmenge bei planbaren Leistungen voraussichtlich nicht erreicht wird, dürfen entsprechende Leistungen nicht bewirkt werden. 2Einem Krankenhaus, das die Leistungen dennoch bewirkt, steht kein Vergütungsanspruch zu. 3Für die Zulässigkeit der Leistungserbringung muss der Krankenhausträger gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen für Krankenhausstandorte in ihrer Zuständigkeit jährlich darlegen, dass die erforderliche Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr auf Grund berechtigter mengenmäßiger Erwartungen voraussichtlich erreicht wird (Prognose). 4Eine berechtigte mengenmäßige Erwartung liegt in der Regel vor, wenn das Krankenhaus im vorausgegangenen Kalenderjahr die maßgebliche Mindestmenge je Arzt oder Standort eines Krankenhauses oder je Arzt und Standort eines Krankenhauses erreicht hat. 5Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt im Beschluss nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 das Nähere zur Darlegung der Prognose. 6Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen müssen für Krankenhausstandorte in ihrer Zuständigkeit ab der Prognose für das Kalenderjahr 2023 bei begründeten erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit die vom Krankenhausträger getroffene Prognose durch Bescheid widerlegen (Entscheidung); der Gemeinsame Bundesausschuss legt im Beschluss nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 mit Wirkung zum Regelbeispiele für begründete erhebliche Zweifel fest. 7Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen übermitteln dem Gemeinsamen Bundesausschuss einrichtungsbezogene Informationen der erfolgten Prognoseprüfungen, soweit dies für Zwecke der Qualitätssicherung und ihrer Weiterentwicklung erforderlich und in Beschlüssen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 vorgesehen ist. 8Der Gemeinsame Bundesausschuss informiert die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden standortbezogen über das Prüfergebnis der abgegebenen Prognosen. 9Bei den Entscheidungen nach Satz 6 und den Übermittlungen nach Satz 7 und 8 handeln die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich. 10Gegen die Entscheidung nach Satz 6 ist der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben. 11Ein Vorverfahren findet nicht statt; Klagen gegen die Entscheidungen nach Satz 6 haben ab der Prognose für das Jahr 2023 keine aufschiebende Wirkung. 12Bis zur Prognose für das Jahr 2022 sind § 136b sowie die Beschlüsse nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und die Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses in der bis zum geltenden Fassung zugrunde zu legen.
(5a) 1Die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde kann Leistungen aus dem Katalog nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bestimmen, bei denen die Anwendung des Absatzes 5 Satz 1 und 2 die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung gefährden könnte. 2Die Landesbehörde entscheidet auf Antrag des Krankenhauses im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen für diese Leistungen über die Nichtanwendung des Absatzes 5 Satz 1 und 2. 3Bei den Entscheidungen nach Satz 2 handeln die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich. 4Die Nichtanwendung des Absatzes 5 Satz 1 und 2 ist auf ein Kalenderjahr zu befristen, wiederholte Befristungen sind zulässig. 5Die Landesbehörde hat über die Bestimmung gemäß Satz 1 und über Entscheidungen zur Nichtanwendung gemäß Satz 2 den Gemeinsamen Bundesausschuss sowie das Bundesministerium für Gesundheit zu informieren und die Entscheidung zu begründen.
(6) 1In dem Bericht nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 ist der Stand der Qualitätssicherung insbesondere unter Berücksichtigung der Anforderungen nach § 136 Absatz 1 und § 136a sowie der Umsetzung der Regelungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 darzustellen. 2Der Bericht hat auch Art und Anzahl der Leistungen des Krankenhauses auszuweisen sowie Informationen zu Nebendiagnosen, die mit wesentlichen Hauptdiagnosen häufig verbunden sind, zu enthalten. 3Ergebnisse von Patientenbefragungen, soweit diese vom Gemeinsamen Bundesausschuss veranlasst werden, sind in den Qualitätsbericht aufzunehmen. 4Der Bericht ist in einem für die Abbildung aller Kriterien geeigneten standardisierten Datensatzformat zu erstellen. 5In dem Bericht sind die besonders patientenrelevanten Informationen darzustellen. 6Besonders patientenrelevant sind insbesondere Informationen zur Patientensicherheit und hier speziell zur Umsetzung des Risiko- und Fehlermanagements, zu Maßnahmen der Arzneimitteltherapiesicherheit, zur Einhaltung von Hygienestandards sowie zu Maßzahlen der Personalausstattung in den Fachabteilungen des jeweiligen Krankenhauses.
(7) 1Die Qualitätsberichte nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 sind über den in dem Beschluss festgelegten Empfängerkreis hinaus vom Gemeinsamen Bundesausschuss, von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen im Internet zu veröffentlichen. 2Zum Zwecke der Erhöhung von Transparenz und Qualität der stationären Versorgung können die Kassenärztlichen Vereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte und die Versicherten auf der Basis der Qualitätsberichte auch vergleichend über die Qualitätsmerkmale der Krankenhäuser informieren und Empfehlungen aussprechen. 3Das Krankenhaus hat den Qualitätsbericht auf der eigenen Internetseite leicht auffindbar zu veröffentlichen.
(8) 1Der Gemeinsame Bundesauschuss hat das Institut nach § 137a bei den nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 ausgewählten Leistungen oder Leistungsbereichen mit einer Untersuchung zur Entwicklung der Versorgungsqualität während des Erprobungszeitraums zu beauftragen. 2Gegenstand der Untersuchung ist auch ein Vergleich der Versorgungsqualität von Krankenhäusern mit und ohne Vertrag nach § 110a. 3Auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse nach Satz 1, die bis zum 31. Dezember 2028 vorliegen, beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Oktober 2029 Empfehlungen zum Nutzen der Qualitätsverträge zu den einzelnen Leistungen und Leistungsbereichen sowie Empfehlungen zu der Frage, ob und unter welchen Rahmenbedingungen Qualitätsverträge als Instrument der Qualitätsentwicklung weiter zur Verfügung stehen sollten. 4In dem Beschluss über die Empfehlungen nach Satz 3 hat der Gemeinsame Bundesausschuss darzustellen, inwieweit auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse erfolgreiche Maßnahmen aus den Qualitätsverträgen in Qualitätsanforderungen nach § 136 Absatz 1 Satz 1 überführt werden sollen. 5Ab dem Jahr 2021 veröffentlicht der Gemeinsame Bundesausschuss auf seiner Internetseite regelmäßig eine aktuelle Übersicht der Krankenkassen und der Zusammenschlüsse von Krankenkassen, die Qualitätsverträge nach § 110a geschlossen haben, einschließlich der Angaben, mit welchen Krankenhäusern und zu welchen Leistungen oder Leistungsbereichen sowie über welche Zeiträume die Qualitätsverträge geschlossen wurden. 6Das Institut nach § 137a übermittelt dem Gemeinsamen Bundesausschuss die hierfür erforderlichen Informationen.
Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
IAAAB-27100
1Anm. d. Red.: § 136b i. d. F. des Gesetzes v. (BGBl I S. 2754) mit Wirkung v. .