VGA bei Erteilung einer sofort unverfallbaren Pensionszusage an beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer zwei Jahre und drei Monate nach dessen Anstellung
Gesetze: KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
Instanzenzug: ,F (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Unternehmensgegenstand der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, ist die Durchführung von Straßen- und Tiefbauarbeiten. Ihr früherer alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer X hatte seine Anteile zum und zum je zur Hälfte auf —den zwischenzeitlich verstorbenen— Y, geb. 1940, und auf Z, geb. 1943, übertragen. Beide wurden zum zu (weiteren) Geschäftsführern der Klägerin bestellt. X schied zum aus der Geschäftsführung aus.
Die Klägerin erteilte Y und Z am gleich lautende Versorgungszusagen über eine Alters-, Invaliden- und Witwenversorgung. Nach dem Inhalt dieser Vereinbarungen sollten die Gesellschafter-Geschäftsführer ein lebenslängliches Ruhegehalt in Höhe von monatlich 5 250 DM für den Fall erhalten, dass sie nach dem vollendeten 65. Lebensjahr oder infolge Berufsunfähigkeit vor Erreichen dieses Alters aus den Diensten der Klägerin ausscheiden. Bei vorzeitiger Inanspruchnahme sollten sich die Altersrente und die Anwartschaft auf Hinterbliebenenversorgung um je 0,5 v.H. pro Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme vermindern. Als Witwenrente wurde eine lebenslängliche Zahlung von 60 v.H. des Ruhegehalts zugesagt. Bei vorzeitigem Ausscheiden aus den Diensten der Klägerin sollten die bis dahin unverfallbar gewordenen Rentenansprüche bestehen bleiben; als unverfallbar galt dabei der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit der Gesellschafter-Geschäftsführer vom Eintritt in die Firma bis zur Vollendung ihres 65. Lebensjahres entsprechende Teil der Renten. Die Klägerin behielt sich vor, zur Rückdeckung der Ruhegehaltsverpflichtungen Rückdeckungsversicherungen abzuschließen; dies geschah am rückwirkend zum .
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erkannte die hierfür gebildeten Pensionsrückstellungen nicht an und behandelte sie als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA), und zwar zum einen wegen fehlender Finanzierbarkeit der Zusagen im Versorgungsfall und zum anderen deswegen, weil die Zusagen bereits zwei Jahre und drei Monate nach Anstellung der beiden Gesellschafter als Geschäftsführer zum erteilt worden seien. Es fehle an deren hinreichender Erprobung in dieser Leitungsfunktion.
Die Klage gegen die dementsprechend ergangenen Steuerbescheide blieb in diesem Streitpunkt für die noch streitgegenständlichen Jahre 1990 und 1991 ohne Erfolg. Das ,F ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 484 abgedruckt.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).
Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben, die angefochtenen Steuerbescheide für 1990 und 1991 abzuändern und die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen in Höhe von 348 107 DM (1990) und 116 860 DM (1991) nicht als vGA anzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die —ausweislich des Revisionsantrages auf die Streitjahre 1990 und 1991 beschränkte— Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Dessen Feststellungen reichen für eine abschließende Entscheidung nicht aus.
Unter einer vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung). In diesen Fällen indiziert das vom Fremdvergleich abweichende Verhalten der Kapitalgesellschaft und ihres Gesellschafters die Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis.
1. Wie der Senat wiederholt entschieden hat (vgl. z.B. , BFH/NV 1993, 330; vom I R 73/97, BFH/NV 1998, 1262; vom I R 18/01, BFHE 199, 144, BStBl II 2002, 670), ist davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer GmbH ihrem Geschäftsführer eine Pension erst dann zusagen wird, wenn er die Leistungsfähigkeit des neu bestellten Geschäftsführers zuverlässig abzuschätzen vermag. Ohne Erprobung des Geschäftsführers der Kapitalgesellschaft würde eine Pension nicht zugesagt werden.
An dieser Rechtsprechung ist nach wie vor festzuhalten: Ein langfristiges finanzielles Engagement zugunsten des Geschäftsführers wie eine betriebliche Altersversorgung muss sorgfältig bedacht sein. Aufgabe eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ist es, unmittelbar im unternehmerischen Interesse der Körperschaft und damit nur mittelbar im Interesse der Gesellschafter, nicht aber unmittelbar im Interesse einzelner Gesellschafter zu handeln (vgl. , BFHE 166, 251, BStBl II 1992, 359; Frotscher/ Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, Anhang § 8 KStG Rdnr. 174). Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird sich deswegen Gewissheit insbesondere aufgrund einer entsprechenden Probezeit über die Qualifikation eines neu bestellten Geschäftsführers verschaffen, bevor er diesem eine Pension zusagt.
Allerdings hat der Senat das Erfordernis einer Probezeit bei solchen Unternehmen für verzichtbar gehalten, die über gesicherte Erkenntnisse über die Befähigung des Geschäftsleiters verfügen und diese hinreichend deutlich abschätzen können. Diese Kriterien sind bei einem Unternehmen als erfüllt angesehen worden, das seit Jahren tätig war und lediglich sein Rechtskleid ändert, wie beispielsweise bei Begründung einer Betriebsaufspaltung oder einer Umwandlung oder einem sog. Management-buy-out (vgl. , BFHE 184, 487, BStBl II 1999, 318; vom I R 51/98, BFH/NV 1999, 1384; vom I R 10/99, BFH/NV 2000, 225; in BFHE 199, 144, BStBl II 2002, 670).
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter unter den gegebenen Umständen auch gesellschaftsfremden Geschäftsführern zum Pensionen zugesagt hätte. Die entgegenstehende Einschätzung des FG wird von dessen tatsächlichen Erkenntnissen nicht getragen.
Beide Gesellschafter waren im Zeitpunkt der Zusageerteilung jeweils zwei Jahre und drei Monate für die Klägerin als Geschäftsführer tätig. Diese Zeitspanne allein wird gemeinhin geeignet sein, ein abschließendes Bild über Leistungsfähigkeit und Qualifikation eines neu eingestellten Geschäftsführers —wie jedes anderen Arbeitnehmers auch— zu ermöglichen. Im Streitfall spricht nichts dafür, diese Zeitspanne zu verlängern. Es kommt hier im Gegenteil hinzu, dass beide Geschäftsführer über eine für den Tiefbaubetrieb der Klägerin wirtschaftlich sinnvolle Zertifizierung für die Zusammenarbeit mit den Stadtwerken innehatten. Das FG hat es als „nachvollziehbar„ angesehen, dass die Klägerin sich aufgrund dieser Zertifizierung von einem notleidenden zu einem gesunden Unternehmen hat entwickeln können, wie sich durch die nachfolgende Umsatzentwicklung (von 1,2 Mio. DM auf 2,4 Mio. DM in 1987 und 1988 und später bis 1992 auf jeweils mehr als 2,5 Mio. DM) auch tatsächlich bestätigte. Es lag insofern nahe, beide Geschäftsführer über die Erteilung der Zusagen stärker an das Unternehmen zu binden. Dieser Umstand gewönne an Gewicht, wenn sich aus ihm auf eine langjährige einschlägige Berufserfahrung beider Personen schließen ließe. Eine solche Berufserfahrung wird von der Klägerin behauptet. Das FA hat dem nicht widersprochen. Der Senat geht deshalb davon aus, dass das Vorbringen der Klägerin zutrifft.
Dass die Zusagen unmittelbar nach vollständiger Übernahme der Geschäftsanteile an der Klägerin durch Y und Z erteilt wurden, stellt demgegenüber keinen tragfähigen Grund dafür dar, die Probezeit bis zur Zusageerteilung zeitlich weiter auszudehnen. Denn dieses Erfordernisses bedarf es, um die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers zu überprüfen, nicht aber dessen Stellung als Gesellschafter. Es lässt sich im Streitfall deshalb eher umgekehrt argumentieren, dass die Zeitspanne vom an bis zur vollen Anteilsübertragung genutzt wurde, um diese Leistungsfähigkeit bei Y und Z unter Beweis zu stellen, bevor der bisherige (und erfahrene) Geschäftsführer X aus dieser Funktion ausschied, und dadurch den reibungslosen Übergang der Leitungstätigkeit nach umfassender Einarbeitung der neuen Geschäftsführer zu gewährleisten.
3. Das Urteil der Vorinstanz, die eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, war betreffend die Streitjahre 1990 und 1991 aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.
a) Zum einen sollten nach den Feststellungen des FG für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens von Y und Z aus dem Unternehmen die bis dahin unverfallbar gewordenen Rentenansprüche bestehen bleiben; als unverfallbar galt dabei der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit der Gesellschafter-Geschäftsführer vom Eintritt in das Unternehmen bis zur Vollendung ihres 65. Lebensjahres entsprechende Teil der Renten. Das deckt sich mit § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung. Gegen die Zusage sofort unverfallbarer, aber zeitanteilig bemessener Rentenansprüche ist unter den im Streitfall gegebenen Umständen aus steuerlicher Sicht im Grundsatz ebenso wenig einzuwenden wie gegen die Dauer der Probezeit der beiden neu eingestellten Geschäftsführer (vgl. auch Senatsbeschlüsse vom I B 75/01, BFH/NV 2002, 952; vom I B 131/97, BFH/NV 1998, 1530; vgl. auch BStBl I 2002, 1393, unter 1.). Bei Zusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer —und damit auch im Streitfall an Y und Z im Hinblick auf ihre insoweit gleich gelagerten Interessen— darf die unverfallbare Anwartschaft sich jedoch wegen des für diesen Personenkreis geltenden Nachzahlungsverbots (vgl. , BFHE 176, 413, BStBl II 1995, 419; vom I R 41/95, BFHE 180, 272, BStBl II 1997, 440) nur auf den Zeitraum zwischen Erteilung der Versorgungszusage und der gesamten tatsächlich erreichbaren Dienstzeit erstrecken. Soweit die Rückstellung unter Berücksichtigung des Diensteintritts berechnet sein sollte, liegt eine vGA vor (zutreffend BMF-Schreiben in BStBl I 2002, 1393). Das FG wird dem im 2. Rechtsgang nachzugehen haben.
b) Zum anderen hat das FG zwar geprüft und bejaht, dass die versprochenen Pensionszusagen im Rahmen der Gesamtausstattung von Y und Z ihrer Höhe nach angemessen waren. Es hat jedoch ausdrücklich unbeantwortet gelassen, ob die Pensionen von der Klägerin bei Eintritt der Versorgungsfälle —und zwar aus Sicht der Zusagezeitpunkte— auch (ganz oder teilweise) hätten finanziert werden können. Der Senat kann die erforderliche Prüfung aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht selbst vornehmen. Dies ist im 2. Rechtsgang nach Maßgabe der Anforderungen, die nach der jüngeren Rechtsprechung aus steuerlicher Sicht an das Merkmal der Finanzierbarkeit zu stellen sind (vgl. z.B. , BFHE 197, 164, BFH/NV 2002, 287; vom I R 44/02, BFH/NV 2003, 945, jeweils, m.w.N.), ebenfalls nachzuholen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 373
BFH/NV 2004 S. 373 Nr. 3
DStRE 2004 S. 273 Nr. 5
IAAAB-15368