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Scheinunternehmen
Dieser Beitrag wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.
I. Definition des Scheinunternehmens
Ein Scheinunternehmen (Scheinfirma) ist ein in- oder ausländisches Rechtsgebilde, das den Schein eines Unternehmens hervorruft, in Wirklichkeit aber selbst nicht existiert oder keine unternehmerische Tätigkeit entfaltet. Dies ist der Fall bei
einem nicht existenten Unternehmen;
einer wirtschaftlich / unternehmerisch nicht aktiven Domizilgesellschaft / Briefkastenfirma
Der Begriff Scheinunternehmen ist von dem Begriff des Strohmanns abzugrenzen, da es sich bei dem Strohmann um ein vorgeschobenes Unternehmen handelt.
II. Bedeutung
Ob ein Scheinunternehmen vorliegt, ist einerseits insbesondere im Rahmen der Verlagerung des Leistungsortes bei sonstigen Leistungen an Unternehmer in das Ausland sowie bei innergemeinschaftlichen Lieferungen und andererseits für den Vorsteuerabzug von Bedeutung:
Der Leistende macht für sonstige Leistungen an ausländische Unternehmer die Ortverlagerung in das Ausland bzw. für innergemeinschaftliche Lieferungen die Steuerbefreiung geltend, der vorgebliche Leistungsempfänger ist von der ausländischen Finanzverwaltung aber nicht identifizierbar. Hier tritt das Scheinunternehmen als Leistungsempfänger in Erscheinung.
Der Leistungsempfänger legt eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis vor und begehrt den Vorsteuerabzug, der leistende „Unternehmer” oder die berechnete Leistung ist nicht identifizierbar. Das Scheinunternehmen agiert in diesem Fall als Leistender.
Im Rahmen betrügerischer Karussellgeschäfte spricht man bei Scheinunternehmen vom “missing trader”.
III. Das Scheinunternehmen als Leistungsempfänger
1. Verlagerung des Orts der sonstigen Leistungen bei B2B-Umsätzen
Sonstige Leistungen zwischen Unternehmern gelten grundsätzlich dort als ausgeführt, wo der Leistungsempfänger seinen Sitz bzw. seine Zweigniederlassung hat ( § 3a Abs. 2 UStG). Voraussetzung ist, dass der Leistungsempfänger:
ein Unternehmer ist,
der die sonstige Leistung für sein Unternehmen bezieht,
eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, der eine USt-IdNr. erteilt worden ist,
oder eine juristische Person die Leistung nicht für den privaten Bedarf ihres Personals bezogen hat.
Die sonstige Leistung an einen Leistungsempfänger im Ausland ist mithin in Deutschland nicht steuerbar. Die Verlagerung des grundsätzlichen Leistungsorts (Tätigkeitsort) tritt aber nur ein, wenn es sich bei dem ausländischen Leistungsempfänger um einen (echten) Unternehmer i.S.des § 2 UStG handelt - also nicht um einen Scheinunternehmer. Verwendet allerdings der Leistungsemfänger gegenüber seinem Auftragnehmer eine ihm von einem Mitgliedstaat erteilte USt-IdNr., kann dieser regelmäßig davon ausgehen, dass der Leistungsempfänger Unternehmer ist und die Leistung für dessen unternehmerischen Bereich bezogen wird. Dagegen trifft den leistenden Unternehmer die Beweislast dafür, dass auch wirklich eine Leistung im Ausland erbracht worden ist.